Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 12.10.2016, Az.: 1 B 171/16

Beobachtung; Dash-cam; Dashcam; Datenschutzrechtliche Anordnung; Onboard-Kamera; Personenbezogene Daten; Wahrnehmung berechtigter Interessen

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
12.10.2016
Aktenzeichen
1 B 171/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43343
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Nutzung von Dashcams im Straßenverkehr zum Selbst- und Eigentumsschutz sowie zur Beweisdokumentation stellt keine ausschließlich persönliche oder familiäre Tätigkeit i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 3 und § 27 Abs. 1 S. 2 BDSG dar, sodass der Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes eröffnet ist.
2. Die Beobachtung anderer Verkehrsteilnehmer zur Dokumentation von Verkehrsordnungswidrigkeiten ohne eigene Betroffenheit stellt keine Wahrnehmung berechtigter Interessen im Sinne des § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG dar.
3. Bei der permanenten anlasslosen Beobachtung des Straßenverkehrs mittels Dashcam bestehen Anhaltspunkte i. S. d. § 6 Abs. 1 BDSG dafür, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Verkehrsteilnehmer die auf Selbst- und Eigentumsschutz gerichteten Interessen des Beobachtenden überwiegen (vgl. VG Ansbach, Urteil vom 12.08.2014 - AN 4 K 13.01634 -, juris, Rn. 59 f.).

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege des Eilrechtsschutzes gegen eine datenschutzaufsichtliche Anordnung der Antragsgegnerin.

Der Antragsteller zeigte im Laufe der vergangenen Jahre ca. 50.000 Verkehrsordnungswidrigkeiten bei den zuständigen Stellen an. In seinem Pkw sind an Front- und Heckscheibe Onboard-Kameras, sogenannte Dashcams, installiert, mit denen er den vorausfahrenden und nachfolgenden Straßenverkehr aufzeichnen kann. Bereits im Jahr 2014 führte die Antragsgegnerin gegen den Antragsteller ein Ordnungswidrigkeitenverfahren nach dem Bundesdatenschutzgesetz wegen der Beobachtung und Aufzeichnung des Straßenverkehrs mit Dashcams. Nach dessen Einstellung teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller am 29.10.2014 mit, dass im Falle eines erneuten Einsatzes einer Dashcam zur Dokumentation von Verkehrsordnungswidrigkeiten ein neues Bußgeldverfahren bzw. ein Untersagungsverfahren eingeleitet werden würde.

Am 01.11.2014 und am 04.11.2014 zeigte der Antragsteller beim Landkreis M. verschiedene Verkehrsordnungswidrigkeiten an und übersandte mittels einer Dashcam erstellte Bilddateien als Beweismittel per E-Mail zur Dokumentation des Verstoßes. Daraufhin leitete die Antragsgegnerin ein aufsichtsbehördliches Kontrollverfahren gegen den Antragsteller ein und gab ihm die Beantwortung konkreter Fragen zur Verwendung der Dashcams auf. Weitere Anzeigen von Verkehrsordnungswidrigkeiten unter Vorlage von Bildaufnahmen einer Dashcam erstattete der Antragsteller am 10.11., 19.11. und 26.11.2014. Er verwies auf seine Stellungnahme im Ordnungswidrigkeitenverfahren, in der er ausgeführt hatte, sich die Kameras angeschafft zu haben, nachdem er diverse Male Opfer von Straftaten geworden sei. Die Kameras würden dem Selbst- und Eigentumsschutz sowie einer diesbezüglichen Beweissicherung dienen. Mit Schreiben vom 09.01.2015 forderte die Antragsgegnerin nochmals zur Beantwortung der Fragen auf und hörte den Antragsteller zum Erlass einer beabsichtigten datenschutzaufsichtlichen Anordnung nach § 38 Abs. 5 S. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) an. Mit Bescheid vom 27.01.2015 setzte sie gegen den Antragsteller wegen der Nichtbeantwortung von sieben Fragen ein Zwangsgeld in Höhe von 700,- € fest. Hiergegen erhob der Antragsteller am 02.03.2015 beim Verwaltungsgericht Göttingen Klage (Az. 1 A 83/15), über die noch nicht entschieden ist.

Nachdem die Antragsgegnerin davon Kenntnis erlangt hatte, dass der Antragsteller am 02.05.2016 und 22.06.2016 erneut Anzeigen von Verkehrsordnungswidrigkeiten unter Beifügung von Bildaufnahmen einer Dashcam beim Landkreis M. erstattet hatte (Bl. 62-64, 68 BA 001), erließ sie nach Anhörung am 24.06.2016 eine datenschutzaufsichtliche Anordnung. In dieser gab sie dem Antragsteller auf,

- die Verwendung von Onboard-Videokameras jeden Typs in von ihm im öffentlichen Verkehr als Fahrer oder Beifahrer genutzten Kraftfahrzeugen so zu gestalten, dass eine Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten anderer Verkehrsteilnehmer mit den Videokameras anlässlich der widmungsgemäßen Nutzung von öffentlichen Verkehrsflächen ausgeschlossen ist (Ziff. 1.1),

- auf in seinem Besitz befindlichen Datenträgern gespeicherte Daten über im öffentlichen Straßenverkehr erhobene Videosequenzen, die aus der Verwendung von Onboard-Videokameras stammen und die nicht ausschließlich persönlichen und familiären Zwecken dienen, innerhalb einer Frist von sieben Tagen nach Bekanntgabe der Verfügung zu löschen (Ziff. 1.2).

Zudem verpflichtete sie den Antragsteller,

- ihr die in Ziff. 1.2 angeordnete Löschung innerhalb von zwei Wochen nach Unanfechtbarkeit der Verfügung schriftlich zu bestätigen (Ziff. 1.3).

Darüber hinaus drohte sie dem Antragsteller bezüglich der Ziff. 1.1 ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,- € an, wenn er der Verfügung nicht innerhalb von drei Tagen nach Bekanntgabe nachkomme (Ziff. 3.1). Bezüglich der Ziff. 1.2 drohte sie ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- € für den Fall der Nichtumsetzung innerhalb von sieben Tagen nach Bekanntgabe, bezüglich der Ziff. 1.3 ein Zwangsgeld in Höhe von 100,- € unter einer Fristsetzung von zwei Wochen nach Unanfechtbarkeit an. Schließlich ordnete sie die sofortige Vollziehung der Anordnungen zu Ziff. 1.1 und 1.2 an (Ziff.2).

Zur Begründung der Anordnung zu Ziff. 1.1 führte die Antragsgegnerin aus, dass die Aufnahmen der Kameras dem Zweck der Dokumentation von Verkehrsunfällen oder Ordnungswidrigkeiten dienen würden und keiner persönlichen oder familiären Tätigkeit zuzuordnen seien. Der Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetztes sei eröffnet. Die Videoüberwachung sei nicht nach § 6b BDSG zulässig. Insbesondere sei sie nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erfolgt. Denn die praktizierte Datenerhebung solle nur das Anzeigeverhalten des Antragstellers stützen. § 6b BDSG lasse keine permanente Videoüberwachung zur abstrakten Gefahrenvorsorge zu. Jedenfalls ergebe sich eine Unzulässigkeit der Verarbeitung der Daten aus dem Überwiegen der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen sowie aus der mangelnden Kenntlichmachung der Beobachtung. Die Anordnung sei ermessensgerecht. Der Antragsteller habe keine nachvollziehbaren Interessen, die über die Beschaffung von Beweisen im Falle eines Unfalls hinausgingen, vorgetragen. Eine Einschränkung der Anordnung auf bestimmte Kameras sei mangels Mitwirkung des Antragstellers nicht möglich gewesen, entspräche im Übrigen auch nicht dem Zweck, jegliche Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten anderer Verkehrsteilnehmer zu unterbinden. Nicht ausgeschlossen sei jedoch weiterhin eine künftige Verwendung für die dem BDSG nicht unterfallenden Zwecke.

Die Anordnung der Löschung stützte sie auf § 35 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BDSG.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung begründete die Antragsgegnerin damit, dass ein Abwarten des Eintritts der Bestandskraft angesichts des hohen Gewichts der zu schützenden Interessen der betroffenen Verkehrsteilnehmer nicht hingenommen werden könne.

Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 30.06.2016 förmlich zugestellt, seine durch schriftliche Vollmacht ausgewiesene Bevollmächtigte erhielt ihn am  04.07.2016 mittels einfachen Briefs. Am 07.07.2016 hat der Antragsteller Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes gestellt.

Der Antragsteller rügt zunächst eine Verletzung der Zustellungsfristen. Darüber hinaus ist nach seiner Ansicht im Erlass der datenschutzrechtlichen Anordnung aufgrund des Umstandes, dass die Klage gegen die Festsetzung des Zwangsgeldes noch rechtshängig ist, eine verbotene Doppelverfolgung zu sehen.

Inhaltlich meint er, der Einsatz von Dashcams in der von ihm praktizierten Weise unterfalle nicht den Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes. Aufzeichnungen mittels einer Dashcam durch eine Privatperson seien persönlicher Natur, solange – wie durch ihn - keine Veröffentlichung erfolge. Er nutze die Kameras nur gelegentlich, eine permanente Aufzeichnung erfolge nicht. Die zur Speicherung verwendeten Datenträger würden regelmäßig überspielt, zudem erhebe er keine personenbezogenen Daten, die nicht durch die Panoramafreiheit gedeckt wären. Bei den übersandten Beweisdokumentationen handele es sich nicht um datenschutzrelevante personenbezogene Daten. Zudem seien keine Screenshots von Videoaufzeichnungen, sondern mittels einer Dashcam erstellte Fotos übersandt worden. Eine Weitergabe erfolge nur in Einzelfällen, nur hinsichtlich einzelner Sequenzen und ausschließlich an die zuständige Polizei, Straßenverkehrsbehörde oder Staatsanwaltschaft. Jedenfalls habe er berechtigte Interessen am Betrieb der Kameras. Er selbst sei mehrfach Opfer von Verkehrsordnungswidrigkeiten und Straftaten geworden, die mittels Video- oder Bilddokumentation hätten bewiesen werden können. Von den sichtbar angebrachten Kameras gehe eine präventive Wirkung aus, seit ihrem Anbringen hätten sich keine weiteren Sachbeschädigungen mehr ereignet. Die Anordnung zu Ziffer 1.1 berücksichtige zudem in keiner Weise, dass der Großteil der Aufnahmen privat sei. Darüber hinaus sei die Anordnung ermessensfehlerhaft, da die Antragsgegnerin bei ihrem Erlass fälschlicherweise von einer permanenten Nutzung der Kameras ausgegangen sei. Ebenfalls sei sie nicht erforderlich, da sie nach ihrem Wortlaut entgegen einem in der Begründung enthaltenen Hinweis nicht nur die permanente Videoüberwachung des Straßenverkehrs untersage. Es sei auch nicht berücksichtigt worden, dass der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an einer Überwachung haben könne. Die Anordnung stelle zudem ein generelles Verbot dar.

Der Anordnung unter Ziff. 1.2 werde er keine Folge leisten, da er ein berechtigtes Interesse an der weiteren Speicherung der wenigen aufbewahrten Beweissequenzen habe. Dies gelte insbesondere für diejenigen, die noch in laufenden Verfahren benötigt würden und in denen er selbst Opfer gewesen sei.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziff. 1.1. und 1.2 sei schließlich nicht ausreichend begründet. Es sei keine Güterabwägung vorgenommen und hierbei berücksichtigt worden, dass ausschließlich Verkehrsteilnehmer von einer Weitergabe betroffen seien, die selbst Verkehrsordnungswidrigkeiten oder Straftaten begangen hätten.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage (1 A 170/16) gegen die Anordnungen unter Ziff. 1.1 und 1.2 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 24.06.2016 wiederherzustellen sowie bezüglich der Zwangsgeldandrohungen unter Ziff. 3 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt aus den Gründen des Bescheids,

den Antrag abzulehnen.

Ergänzend führt sie aus, dass es sich bei den vorgelegten Aufzeichnungen um Screenshots einer Videosequenz handele, da sie Angaben über die gefahrene Geschwindigkeit sowie Koordinaten enthielten. Die Differenzierung zwischen Fotos und Screenshots sei darüber hinaus bedeutungslos, da jegliches technisches Gerät, das Videos aufzeichnen könne, als optisch-elektronische Einrichtung erfasst sei. Die dem Bescheid zu Grunde liegenden Vorfälle zeigten, dass der Antragsteller nicht nur vereinzelt Videosequenzen anlassbezogen erstelle, sondern sich regelmäßig mit dauerhaft eingeschalteten Dashcams mit dem Pkw im Straßenverkehr bewege. Hierbei bringe er jede von anderen Verkehrsteilnehmern vermeintlich begangene Verkehrsordnungswidrigkeit unter Zuhilfenahme der Dashcamfotos zur Anzeige.

Dashcamaufnahmen seien wegen der überragenden Bedeutung des Persönlichkeitsschutzes anderer Verkehrsteilnehmer, die in aller Regel keinen Anlass für einen Einsatz einer Dashcam gäben und sich dieser nicht entziehen könnten, grundsätzlich nicht als Beweismittel verwertbar. Daraus folge, dass die Aufnahmen keinesfalls als rein privaten Zwecken dienend qualifiziert werden könnten. Dies zeige auch der Umstand, dass der Antragsteller die Aufnahmen dem Landkreis M. vorgelegt habe. Selbst bei Ablehnung eines Beweisverwertungsverbotes im Hinblick auf die Verwertung von Dashcam-Aufnahmen folge hieraus nicht die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Erhebung der Daten.

Schließlich sei im Rahmen des Ermessens berücksichtigt worden, dass der Antragsteller bereits mehrfach Opfer von Straftaten gewesen sei. Im Übrigen habe sich der Antragsteller nicht geäußert, für welche über die Sammlung von Beweismitteln für begangene Verkehrsordnungswidrigkeiten hinausgehenden Zwecke er die Dashcams nutze, was sie – die Antragsgegnerin – habe im Ermessen berücksichtigen dürfen. Die im Bescheid unter Ziff. 1.1 getroffene Regelung sei erforderlich, sie enthalte kein generelles Benutzungsverbot für Dashcams. Dem Antragsteller verbleibe die Möglichkeit, Dashcams für persönliche Zwecke auch künftig weiter zu verwenden. Im Übrigen sei auch die Inanspruchnahme als Beifahrer rechtmäßig, da sie sich gegen den Antragsteller als Anwender einer Dashcam und damit gegen die verantwortliche Stelle richte.

Zudem sei auch dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) genügt worden. Der Antragsteller habe durch sein aktuelles Verhalten gezeigt, trotz umfassender Belehrung über die Rechtslage an seinem datenschutzwidrigen Verhalten festhalten zu wollen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die vom Gericht zum Klageverfahren (1 A 170/16) beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin sowie auf die Gerichtsakten des beigezogenen Verfahrens 1 A 83/15 samt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig, aber nicht begründet. Er ist hinsichtlich der Ziff. 1.1 und 1.2 gem. § 80 Abs. 5 S. 1, 2. Alternative i. V. m. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO sowie hinsichtlich der Zwangsgeldandrohungen unter Ziff. 3 des Bescheids gem. § 80 Abs. 5 S. 1, 1. Alternative i. V. m. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO, § 70 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz (NVwVG), § 64 Abs. 4 S. 1 Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) statthaft und auch sonst zulässig.

Die sofortige Vollziehung der Ziff. 1.1 und 1.2 ihres Bescheids hat die Antragsgegnerin in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügenden Weise begründet. Sie hat in einzelfallbezogener Weise dargelegt, dass die schutzwürdigen Interessen der von den Aufzeichnungen (im Falle der Ziff. 1.1 zukünftig) Betroffenen das Interesse des Antragstellers an einer aufschiebenden Wirkung einer Klage überwiegen, sodass ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens nicht hingenommen werden könne.

Gemäß § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung des gegen einen Verwaltungsakt gerichteten Rechtsbehelfs anordnen oder wiederherstellen, wenn das Interesse des Adressaten, von der Vollziehung einer Maßnahme vorläufig verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Dies ist in der Regel der Fall, wenn sich der angefochtene Verwaltungsakt bei der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als rechtswidrig darstellt, denn an der Vollziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts besteht kein öffentliches Interesse. Ist der Verwaltungsakt hingegen rechtmäßig, so überwiegt regelmäßig das öffentliche Interesse an seiner sofortigen Vollziehung, sofern ihm ein besonderes Gewicht zukommt. Die danach vorzunehmende Interessenabwägung geht zum Nachteil des Antragstellers aus. So sind die Anordnungen unter Ziff. 1.1 (A.) und unter Ziff. 1.2 (B.) ebenso wie die Zwangsgeldandrohungen unter Ziff. 3.1-3.3 nach summarischer Prüfung rechtmäßig (D.). Zudem besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Ziff. 1.1 und 1.2 (C.).

A. Die auf § 38 Abs. 5 S. 1 BDSG gestützte Anordnung unter Ziff. 1.1 des Bescheides ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig. Der Anwendungsbereich der Norm ist eröffnet (1.), die Anordnung ist formell (2.) und materiell rechtmäßig (3.).

1. Der Anwendungsbereich des § 38 Abs. 1 BDSG ist eröffnet, denn die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG liegen vor (a.), Ausschlussgründe nach Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BDSG sind nicht gegeben (b.).

a. § 38 Abs. 5 BDSG findet entgegen der Ansicht des Antragstellers Anwendung, da die Voraussetzungen des § 27 BDSG erfüllt sind. Der Antragsteller verarbeitet vorliegend dafür erhobene personenbezogene Daten in nicht automatisierten Dateien als nicht-öffentliche Stelle.

Die mittels der Onboard-Kameras vom Antragsteller erstellten Aufnahmen enthalten personenbezogene Daten i. S. d. § 3 Abs. 1 BDSG. Danach sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Unter den Begriff der „persönlichen oder sachlichen Verhältnisse“ einer Person fallen auch GPS-Standortdaten (Plath/Schreiber in: Plath, BDSG/DSGVO, 2. Aufl. 2016, § 3 BDSG, Rn. 8) und Kfz-Kennzeichen      (Schaffland/Wiltfang, BDSG, Stand Mai 2016, § 3, Rn. 14). Eine Person ist bestimmt, wenn sie ohne weitere Identifikationsmerkmale klar zu erkennen ist. Auf welche Weise der Betroffene identifiziert werden kann, ist unerheblich. Bestimmbar ist eine Person, wenn auf sie Rückschlüsse möglich sind und sie damit individualisierbar ist (zu Vorstehendem: Schaffland/Wiltfang, a. a. O., § 3, Rn. 17). Auf den vorgelegten Ausdrucken der übermittelten Aufnahmen (Bl. 6, 22, 22a, 23, 28, 28a, 30, 31a, 35 und 35a der BA B VG GÖ zu 1 A 83/15 sowie Bl. 62-64, 68 BA 001) sind teilweise Gesichter erkennbar und Kfz-Kennzeichen sowie (Werbe-) Aufschriften auf Pkws lesbar, wobei das Gericht davon ausgeht, dass die Qualität durch den Ausdruck bereits vermindert wurde. Überdies befinden sich auf den Aufnahmen die Längen- und Breitengrade und der Zeitpunkt ihrer Entstehung, so dass der genaue Aufenthaltsort zumindest bestimmbarer Personen zu einem bestimmten Zeitpunkt ermittelt werden könnte.

Diese personenbezogenen Daten liegen in nicht automatisierten Dateien gem. § 3 Abs. 2 S. 2 BDSG vor. Die Aufzeichnungen stellen eine Sammlung personenbezogener Daten dar. Auf den Aufnahmen sind, wie dargelegt, Datum, Uhrzeit sowie geographische Angaben abgebildet. Die Daten sind gleich aufgebaut und nach bestimmten Merkmalen zugänglich, eine Auswertung kann somit erfolgen (vgl. Plath/Schreiber in: Plath, a. a. O., § 3 BDSG, Rn. 29; VG Ansbach, Urteil vom 12.08.2014 – AN 4 K 13.01634 –, juris, Rn. 41).

Die personenbezogenen Daten werden verarbeitet, genutzt und auch hierfür erhoben. Das Verarbeiten umfasst gem. § 3 Abs. 4 S. 1 BDSG u. a. das Speichern (§ 3 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 BDSG) personenbezogener Daten. Der Antragsteller speichert die personenbezogenen Daten (zunächst) auf einem Datenträger ab. Dass der Antragsteller die Daten nach eigener Darstellung regelmäßig überspielt, ist unerheblich. Überdies nutzt der Antragsteller die personenbezogenen Daten gem. § 3 Abs. 5 BDSG durch die Vorlage bei der Polizei, der Ordnungswidrigkeitenbehörde und der Staatsanwaltschaft (vgl. VG Ansbach, a. a. O., Rn. 42). Der Antragsteller erhebt die personenbezogenen Daten i. S. d. § 3 Abs. 3 BDSG auch hierfür, da er sie sich durch den absichtlichen Betrieb der Kameras beschafft, d. h. Verfügungsmacht über sie erhält (vgl. Plath/Schreiber in: Plath, a. a. O., § 3 BDSG, Rn. 30).

Der Antragsteller ist als natürliche Person überdies eine nicht-öffentliche Stelle i. S. d. § 2 Abs. 4 BDSG, da er keine hoheitlichen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

b. Die Anwendung des § 38 Abs. 5 BDSG ist nicht gem. § 27 Abs. 1 S. 2 BDSG ausgeschlossen, da die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der Daten nicht ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten erfolgt. Zwar unterfällt die private Videoüberwachung grundsätzlich der Ausnahme für persönliche und familiäre Tätigkeiten. Werden jedoch öffentliche Räume, zum Beispiel Teile einer Straße oder ein Nachbargrundstück miterfasst, dient sie nicht mehr „ausschließlich“ persönlicher oder familiärer Tätigkeit, mit der Folge der Anwendbarkeit des Bundesdatenschutzgesetzes (Schaffland/Wiltfang, a. a. O., § 1, Rn. 22a; EuGH, Urteil vom 11.12.2014 – C-212/13 -, juris, Rn. 33). Der Antragsteller nutzt die Kameras, wie den übersandten Aufnahmen zu entnehmen ist, unstreitig zumindest auch, um Verkehrsordnungswidrigkeiten anderer Verkehrsteilnehmer unabhängig von einer eigenen Betroffenheit im öffentlichen Verkehrsraum zu dokumentieren. Soweit er sich so eingelassen hat, die Kameras zum Selbst- und Eigentumsschutz sowie zur Beweissicherung angeschafft zu haben, stellen diese Zwecke selbst bei einer möglichen eigenen Betroffenheit des Antragstellers von Verkehrsordnungswidrigkeiten grundsätzlich keinen ausschließlich privaten oder familiären Zweck dar. Werden Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten unter dem erklärten Zweck vorgenommen, sich Beweismittel in möglichen straf- oder zivilgerichtlichen Verfahren zu beschaffen und die Aufnahmen im Bedarfsfall bei Behörden vorzulegen, wird dadurch der persönliche und familiäre Bereich verlassen (VG Ansbach, a. a. O., Rn. 44). Das weitere Vorbringen des Antragstellers, die Kameras zum weit überwiegenden Großteil für private oder familiäre Zwecke zu nutzen - solche hat er im Übrigen nicht benannt -, ist schon wegen der festgestellten Nutzung zu anderen Zwecken unerheblich.

Ein Ausschluss des § 38 Abs. 5 BDSG ergibt sich auch nicht aus § 27 Abs. 2 BDSG.

2. Die Anordnung ist formell rechtmäßig, insbesondere ist die Antragsgegnerin gem. § 22 Abs. 6 S. 1 Niedersächsisches Datenschutzgesetz als Aufsichtsbehörde für den Erlass von Anordnungen nach § 38 Abs. 5 BDSG sachlich und örtlich zuständig.

3. Die Anordnung ist auch materiell rechtmäßig. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 38 Abs. 5 S. 1 BDSG liegen vor (a.), die Anordnung ist ausreichend bestimmt (b.) und Ermessensfehler sind nicht zu erkennen (c.).

a. Der Tatbestand des § 38 Abs. 5 S. 1 BDSG ist erfüllt. Danach kann die Aufsichtsbehörde zur Gewährleistung der Einhaltung des BDSG und anderer Vorschriften über den Datenschutz Maßnahmen zur Beseitigung festgestellter Verstöße bei der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten oder technischer oder organisatorischer Mängel anordnen.

Der Betrieb der Onboard-Kameras in der vom Antragsteller ausgeübten Praxis stellt einen datenschutzrechtlichen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 BDSG dar. Es liegt weder eine Einwilligung der Betroffenen vor, noch ergibt sich eine Zulässigkeit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten aus dem Gesetz. Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen ist nur unter den Voraussetzungen des § 6b BDSG, der den allgemeinen Zulässigkeitsnormen als lex specialis vorgeht, zulässig (vgl. VG Ansbach, a. a. O., Rn. 52, m. w. N.).

Die vom Antragsteller genutzten Dashcams unterfallen dem Begriff der „optisch-elektronischen Einrichtung“. Die Norm erfasst aufgrund ihres nicht einschränkenden Wortlautes nicht nur ortsfeste, sondern auch mobile Geräte (so auch Becker in: Plath, a. a. O., § 6b BDSG, Rn. 12; OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.05.2016 – 4 Ss 543/15 –, juris, Rn. 12, m. w. N.).

Mit den Dashcams hat der Antragsteller öffentlich zugängliche Räume beobachtet. Alle dem öffentlichen Verkehr formal gewidmeten Flächen sind öffentlich zugängliche Räume i. S. d. § 6b Abs. 1 BDSG (Becker in: Plath, a. a. O., § 6b BDSG, Rn. 9). Unter Beobachtung ist die Sichtbarmachung von Geschehnissen und Personen mit Hilfe technischer Einrichtungen zu verstehen. Der Begriff der Beobachtung setzt nicht die elektronische oder sonstige Aufzeichnung der erfassten Bilder voraus. § 6b BDSG findet auch im Fall der reinen Beobachtung ohne Aufzeichnung oder Speicherung von Daten Anwendung (Schaffland/Wiltfang, a. a. O., § 6b, Rn. 4; Becker in: Plath, a. a. O., § 6b BDSG, Rn. 13). Soweit eine Dashcam über ein Display verfügt, kommt es daher nicht darauf an, ob sie Videos aufzeichnet oder Bildaufnahmen erstellt. Allein der Monitor-Betrieb einer Dashcam fällt bereits unter den Anwendungsbereich des § 6b BDSG.

Ob die Dashcam des Antragstellers über ein Display verfügt, ist hier jedoch nicht entscheidungserheblich. Der Antragsteller hat zumindest in den Fällen der von ihm angezeigten Rotlichtverstöße (Bl. 6, 19, 19a, 22-23 der BA B VG GÖ zu 1 A 83/15) nicht lediglich Fotos, sondern Videos erstellt und gespeichert. Dies ergibt sich bereits aus den von ihm übersandten Aufnahmen, auf denen ein Screenshot eines geöffneten Programms zum Abspielen und Bearbeiten von Videos zu erkennen ist.

Die Beobachtung ist nicht gem. § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG zulässig, da sie nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Dies gilt in der Folge auch für die anschließende Verarbeitung und Nutzung der Daten nach § 6b Abs. 3 BDSG.

Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die gesamte Datenverwendung aufgrund des Gesetzesvorbehalts in § 4 Abs. 1 S. 1 BDSG grundsätzlich verboten ist. Folge dieses Verbots mit Erlaubnisvorbehalt ist, dass im Regelfall die verantwortliche Stelle (§ 3 Abs. 7 BDSG) die Zulässigkeit der Datenverarbeitung zu beweisen hat (Bergmann/Möhrle/Herb, Datenschutzrecht, Stand Mai 2016, § 35 BDSG, Rn. 51). Der Antragsteller hat bislang nicht substantiiert vorgetragen, inwiefern er die Beobachtung und die Datenverwendung auf § 6b Abs. 1, 3 BDSG stützen will. Soweit er vorgetragen hat, die Kameras dienten berechtigten Interessen wie Selbst- und Eigentumsschutz und einer diesbezüglichen Beweissicherung, reicht dies zur Substantiierung nicht aus. Hieraus wird in keiner Weise ersichtlich, wann und in welcher Weise die Kameras betrieben werden. Soweit der Antragsteller zumindest zwei konkrete Situationen beschrieben hat, in denen er selbst von strafrechtlich oder ordnungsrechtlich relevantem Verhalten betroffen war und die angefertigten Aufnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts dien(t)en, mag dies zwar ein Beleg für die potenzielle Nützlichkeit solcher Aufnahmen sein. Aus dieser kann allerdings nicht auf eine ordnungsgemäße Erhebung der Daten geschlossen werden. Die Ausführungen des Antragstellers enthalten keine Informationen über die konkrete Aufnahmesituation, die jedoch für die Frage der Zulässigkeit der Beobachtung sowie der Verarbeitung und Nutzung der Daten nach § 6b Abs. 1, 3 BDSG von entscheidender Bedeutung ist. Unabhängig von der fehlenden Substantiierung ergibt sich aber bereits aus den dem Verfahren zu Grunde liegenden Tatsachen die Unzulässigkeit der konkreten Verwendungspraxis der Dashcams.

Soweit der Antragsteller die Kameras nutzt, um andere Verkehrsteilnehmer zu beobachten und im Falle des Begehens von Verkehrsordnungswidrigkeiten hiervon Beweisdokumentationen anzufertigen, ist hierin schon keine Wahrnehmung berechtigter Interessen zu sehen. Der Antragsteller verfolgt mit dieser Praxis keine schützenswerten eigenen Interessen, sondern schwingt sich zum Sachwalter öffentlicher Interessen auf. Die öffentliche Aufgabe der Gewährleistung eines gesetzeskonformen Straßenverkehrs obliegt ausschließlich den Straßenverkehrsbehörden und der Polizei, nicht aber privaten Dritten (so bereits Urteil der beschließenden Kammer vom 09.05.2012, Az. 1 A 114/11, Bl. 6 d. Urteilsabdruck, unveröffentlicht; Nds. OVG, Beschluss vom 23.09.2013 – 13 LA 144/12 –, juris, Rn. 10). Inwieweit die Beobachtung in diesen Fällen dem Selbst- und Eigentumsschutz dienen soll, ist ebenfalls nicht vorgetragen worden und für die Kammer nicht ersichtlich. Selbst wenn jedoch von der Wahrnehmung berechtigter Interessen auszugehen wäre, würden die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen das Interesse des Antragstellers an der Verkehrsbeobachtung überwiegen. Denn das Interesse des Antragstellers ist im Hinblick auf die konkrete Nutzung aus den oben dargelegten Gründen bereits nicht schützenswert und unterliegt im Rahmen einer Güterabwägung dem Interesse der Betroffenen, nicht Ziel einer heimlichen, in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreifenden Videobeobachtung zu sein.

Nach Ansicht der Kammer durfte die Antragsgegnerin zudem davon ausgehen, dass der Antragsteller sich regelmäßig mit dauerhaft eingeschalteten Dashcams im Straßenverkehr bewegt. Dafür spricht, dass der Antragsteller direkt nach der Einstellung des wegen des Vorwurfs einer unzulässigen Dashcamnutzung geführten Ordnungswidrigkeitenverfahrens innerhalb des kurzen Zeitraums von einem Monat vom 01.11.2014 bis zum 30.11.2014 fünf Verkehrsordnungswidrigkeiten mit seinen Dashcams dokumentiert und angezeigt hat. Auch die vom Antragsteller angeführten Fälle mit eigener Betroffenheit lassen den Schluss zu, dass er die Kameras anlasslos aufzeichnen lässt. Soweit er geschildert hat, ihm sei im Dezember 2015 in einer Kurve ein Fahrzeug mit sehr hoher Geschwindigkeit auf seiner Fahrspur entgegen gekommen, darf davon ausgegangen werden, dass die Dashcam des Antragstellers unabhängig von diesem Anlass betrieben wurde. Anders ist, zumindest ohne weitere Darlegung, nicht verständlich, aus welchem Grund eine sich derart unvorhersehbar ereignende Situation aufgezeichnet wurde. Die permanente Verkehrsbeobachtung ist ebenfalls nicht mit § 6b Abs. 1 BDSG vereinbar, denn es bestehen zumindest Anhaltspunkte dafür, dass die schutzwürdigen Interessen der anderen Verkehrsteilnehmer (auch Fußgänger) mit ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung die Interessen des Antragstellers auf Selbst- und Eigentumsschutz ohne konkrete Gefährdung überwiegen (vgl. VG Ansbach, a. a. O., Rn. 59).

Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass der Antragsteller den Umstand der Beobachtung gem. § 6b Abs. 2 BDSG durch geeignete Maßnahmen erkennbar gemacht hat.

Die von der Antragsgegnerin gewählte Maßnahme unterfällt nach Ansicht der Kammer auch § 38 Abs. 5 S. 1 BDSG. Denn ihre Anordnung enthält kein umfassendes Verbot der Nutzung von Dashcams in Fahrzeugen als solches, vielmehr beabsichtigt sie deren Beschränkung auf ein mit dem Bundesdatenschutzgesetz in Einklang stehendes Maß unter grundsätzlicher Erhaltung der Einrichtung. Aber selbst wenn aufgrund der enthaltenen Teiluntersagung in Ziff. 1.1 eine Anordnung im Sinne des § 38 Abs. 5 S. 2 BDSG zu sehen wäre, wären dessen Voraussetzungen ebenfalls gegeben. Der datenschutzrechtliche Verstoß ist als schwerwiegend anzusehen, da in der heimlichen Beobachtung und Aufzeichnung von Straßenverkehrsteilnehmern in zumindest nicht geringem Umfang durch den Antragsteller ein besonders schwerer Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen zu sehen ist. Zudem ist in diesem Fall nicht ersichtlich, wie eine vorherige Anordnung nach § 38 Abs. 5 S. 1 BDSG zum Erfolg hätte führen sollen, so dass hier vom Grundsatz des Stufenverhältnisses zwischen § 38 Abs. 5 S. 1 und 2 BDSG hätte abgewichen werden dürfen.

b. Die Anordnung genügt noch dem Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG. Dieses verlangt, dass der maßgebliche Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes zweifelsfrei zum Ausdruck kommt. Der Anordnung in Ziff. 1.1 lässt sich entnehmen, welches Verhalten von dem Antragsteller gefordert wird. Danach hat er die Nutzung von Dashcams in Kraftfahrzeugen so zu beschränken, dass keine personenbezogenen Daten anderer Verkehrsteilnehmer erhoben oder verarbeitet werden. Soweit in der Begründung an einer Stelle ausgeführt wird, dass „lediglich die permanente Videoüberwachung des Straßenverkehrs“ untersagt worden sei, steht dies der Bestimmtheit nicht entgegen. Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass hiermit offensichtlich das bisherige Nutzungsverhalten des Antragstellers bezeichnet werden, nicht jedoch der Anwendungsbereich der Anordnung unter Ziff. 1.1 beschrieben werden sollte. Denn in der Begründung wird ebenfalls ausgeführt, dass der Anordnungszweck in der Unterbindung jeglicher Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten anderer Verkehrsteilnehmer bestehe. Dieser Zweck könnte durch eine Beschränkung der Untersagung auf permanente Aufzeichnungen, gerade vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller eine solche durchgehend bestritten hat, nicht erreicht werden.

c. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Die Anordnung ist geeignet zur Wiederherstellung datenschutzkonformer Zustände. Die Anordnung ist überdies erforderlich. Dem steht nicht entgegen, dass die Anordnung keine Ausnahme für eine Nutzung zu familiären oder persönlichen Zwecken enthält. Wie vom Antragsteller selbst vorgetragen, unterfällt eine solche Nutzung bereits nicht dem Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes. Da dies insoweit nicht im Regelungsbereich der Antragsgegnerin liegt, war sie nicht zur Aufnahme einer entsprechenden Einschränkung verpflichtet. Im Übrigen hat sie in den Gründen des Bescheids klargestellt, dass eine Nutzung zu familiären und persönlichen Zwecken weiterhin möglich sei. Ebenfalls steht der Erforderlichkeit nicht entgegen, dass keine Ausnahme für Fälle der zulässigen Verarbeitung oder Nutzung nach § 6b Abs. 3 S.1 BDSG enthalten ist. Insoweit findet in der Anordnung der Grundsatz des § 4 Abs. 1 S. 1 BDSG Anwendung. Wie bereits dargelegt, obliegt im Regelfall der verantwortlichen Stelle die Beweisführung für die Zulässigkeit der Datenverarbeitung. Da der Antragsteller bislang seiner Substantiierungspflicht nicht nachgekommen ist, durfte die Antragsgegnerin davon ausgehen, dass der Antragsteller über keine berechtigten Interessen, die eine Beobachtung erforderlich machen und die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen überwiegen, verfügt. Nach dem Verständnis der Kammer stünde dem Antragsteller im Falle einer zukünftigen Ahndung eines Verstoßes gegen Ziffer 1.1 des Bescheids jedoch noch immer die Möglichkeit offen, die Zulässigkeit der konkreten Datenerhebung/-verarbeitung zu beweisen. Die Aufnahme einer allgemeinen Ausnahme für Fälle zulässiger Datenverarbeitung würde zudem ihrerseits zu Problemen mit dem Bestimmtheitsgebot führen. Die Antragsgegnerin wäre im Ergebnis gezwungen, im Rahmen ihrer Verfügung festzulegen, in welchen Situationen die Verwendung einer Dashcam nach dem Bundesdatenschutzgesetz zulässig bzw. unzulässig wäre. Da dies jedoch regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls abhängig ist, kann eine solche Festlegung im Voraus nicht erfolgen. Eine Beschränkung z. B. auf das Verbot einer permanenten Nutzung von Dashcams würde anlässlich des Verhaltens des Antragstellers nicht ausreichen, um den Zweck der Anordnung zu erreichen.

Die Anordnung ist auch angemessen. Die Antragsgegnerin hat zutreffend festgestellt, dass das schutzwürdige Interesse der zukünftig von den Beobachtungen und Aufzeichnungen betroffenen Verkehrsteilnehmer, nicht heimlich beobachtet zu werden, höher zu bewerten ist, als das Interesse des Antragstellers, weiterhin Dashcams - in datenschutzwidriger Weise - zu nutzen.

B. Die Anordnung unter Ziff. 1.2 des Bescheides ist nach summarischer Prüfung ebenfalls rechtmäßig. Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung ist § 38 Abs. 5 S. 1 BDSG in Verbindung mit § 35 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BDSG. Danach kann die Antragsgegnerin als zuständige Aufsichtsbehörde zur Gewährleistung der Einhaltung der Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes die Löschung unzulässig gespeicherter personenbezogener Daten anordnen. Die Speicherung der personenbezogenen Daten durch den Antragsteller ist aus den beschriebenen Gründen unzulässig. Soweit sich der Antragsteller auf ein berechtigtes Interesse an der Speicherung einzelner Beweissequenzen berufen hat, hat er dieses Interesse in keiner Weise substantiiert. Das Vorbringen, dass derzeit bei der Staatsanwaltschaft noch Verfahren anhängig seien, bei denen der Antragsteller persönlich betroffen gewesen sei, ist angesichts des Umstandes, dass er als verantwortliche Stelle für das Nichtbestehen eines Löschanspruchs die Beweislast trägt (vgl. Bergmann/Möhrle/Herb, a. a. O., § 35 BDSG, Rn. 51), nicht ausreichend. Soweit der Antragsteller in zulässiger Weise Aufnahmen zu Beweiszwecken angefertigt haben will, könnte er diese gemäß ihrem Zweck an die zuständigen Stellen übermitteln. Im Anschluss hieran würde eine Löschpflicht aus § 6b Abs. 5 BDSG entstehen. Ermessensfehler sind auch hier nicht ersichtlich. Aufgrund des Ablaufs der in der Verfügung gesetzten Frist vor der Entscheidung im Eilverfahren ist jedoch eine neue angemessene Frist durch die Antragsgegnerin zu bestimmen.

C. An der sofortigen Vollziehung der Ziff. 1.1 und 1.2 besteht ein besonderes öffentliches Interesse. Wie die Antragsgegnerin ausgeführt hat, besteht ohne die Anordnung die Gefahr, dass der Antragsteller bis zum rechtskräftigen Abschluss des gerichtlichen Verfahrens seine Dashcams in datenschutzwidriger Weise nutzt und hierdurch sowie durch die andauernde unzulässige Speicherung personenbezogenen Daten in schwerwiegender Weise in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eines nicht einzugrenzenden Personenkreises eingreift.

D. Die gemäß § 70 NVwVG i. V. m. § 65 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 67 Abs. 1, 70 Nds. SOG erfolgte Androhung des Zwangsgeldes in den Ziff. 3.1, 3.2 und 3.3 ist nach summarischer Prüfung ebenfalls nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der Ziffern 3.1 und 3.2 liegt ein rechtmäßiger Grundverwaltungsakt vor (s. o.). Auch der Grundverwaltungsakt zu 3.3, die Anordnung unter Ziffer 1.3, wonach der Antragsteller zur schriftlichen Bestätigung der angeordneten Löschung innerhalb von 2 Wochen nach Unanfechtbarkeit verpflichtet wird, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Zwangsgeldandrohung selbst ist ebenfalls ermessensfehlerfrei, insbesondere sind die festgelegten Höhen noch angemessen. Auch hier ist wegen des Ablaufs der in der Verfügung gesetzten Fristen vor der Entscheidung im Eilverfahren bezüglich der Ziff. 3.1 und 3.2 je eine neue Frist durch die Antragsgegnerin zu bestimmen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Ziffern 1.5 und 1.7.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57ff.).