Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 03.11.2016, Az.: 2 B 361/16
Abschiebungsandrohung; Abschiebungshindernis; Asylrecht; Bulgarien; internationaler Schutz; Konzept normativer Vergewisserung; unmenschliche oder erniedrigende Behandlung
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 03.11.2016
- Aktenzeichen
- 2 B 361/16
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2016, 43476
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 29 Abs 1 Nr 2 AsylVfG
- § 35 AsylVfG
- § 60 Abs 5 AufenthG
- Art 3 MRK
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Der Abschiebung von Ausländern nach Bulgarien, denen dort internationaler Schutz zuerkannt worden ist, steht wegen einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK ein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG entgegen.
Gründe
Der gemäß §§ 80 Abs. 5 S. 1 Alt.1, Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. §§ 75 Abs. 1, 35, 29 Abs. 1 Nr. 2 des Asylgesetzes (AsylG; in der Fassung des Art. 6 des Gesetzes vom 31.07.2016 - Integrationsgesetz -, BGBl. I, S. 1939) statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist begründet.
Die aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage vorzunehmende Abwägung zwischen dem öffentlichen Vollzugsinteresse und dem privaten Aussetzungsinteresse geht zugunsten der Antragstellerin aus. Denn die in Ziffer 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 26.09.2016 verfügte Androhung ihrer Abschiebung nach Bulgarien ist im nach § 77 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Eilantrag rechtswidrig, sodass kein öffentliches Interesse an ihrem Vollzug besteht.
Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. In einem solchen Fall droht das Bundesamt dem Ausländer nach § 35 AsylG die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war. Vorliegend hat die Republik Bulgarien - ein Mitgliedstaat der Europäischen Union - der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 08.12.2015 mitgeteilt, der Antragstellerin sei dort am 22.04.2015 der Flüchtlingsstatus und damit internationaler Schutz i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt worden. Ungeachtet dessen durfte die Antragsgegnerin wegen des Vorliegens eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses gemäß § 60 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes nicht die Abschiebung der Antragstellerin nach Bulgarien androhen. Nach dieser Vorschrift darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Eine Abschiebung der Antragstellerin nach Bulgarien würde gegen Art. 3 EMRK verstoßen, wonach niemand einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen werden darf.
Allerdings unterliegt Bulgarien als Mitgliedstaat der EU deren Recht und ist den Grundsätzen einer gemeinsamen Asylpolitik sowie den Mindeststandards eines gemeinsamen Asylsystems verpflichtet und somit ein sicherer Drittstaat im Sinne von Art. 16a Abs. 2 S. 1 GG und § 26a Abs. 2 AsylG. Es besteht deshalb die auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründende Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber dort - wie in jedem anderen Mitgliedstaat - den Erfordernissen der EU-Grundrechtecharta sowie der Genfer Flüchtlingskonvention (GK) und der EMRK entspricht und dass das bulgarische Asylrecht im Allgemeinen in Einklang mit den internationalen und europäischen Standards steht und die wichtigsten Garantien enthält (sog. „Konzept normativer Vergewisserung“, vgl. BVerfG, Urteil vom 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, BVerfGE 94, 49 und juris Rn. 180 f.). Die Bundesrepublik Deutschland hat jedoch Schutz zu gewähren, wenn Abschiebungshindernisse durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (Art. 3 EMRK) greift und dadurch zum Verfolgerstaat wird. Eine Prüfung solcher ausnahmsweise vorliegenden Hinderungsgründe kann der Ausländer nur erreichen, wenn es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass er von einem in dem Konzept nicht berücksichtigten Sonderfall betroffen ist. An diese Darlegung sind strenge Anforderungen zu stellen (BVerfG, a.a.O., juris Rn. 189 f.). Insbesondere kann Art. 3 EMRK nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR; Urteil vom 04.11.2014 - Nr. 29217/12 -, Tarakhel gegen die Schweiz, NLMR 2014, 478) nicht dahingehend ausgelegt werden, dass er die Mitgliedstaaten verpflichtet, jede auf ihrem Hoheitsgebiet befindliche Person mit einer Unterkunft zu versorgen. Auch enthalte Art. 3 EMRK keine generelle Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren, um ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass die Verantwortlichkeit eines Staates unter Art. 3 EMRK gegeben sein könne, wenn ein völlig von staatlicher Unterstützung abhängiger Flüchtling mit Gleichgültigkeit seitens des Staates konfrontiert sei, während er sich in einer mit der Menschenwürde unvereinbaren Situation ernster Bedürftigkeit befinde. Des Weiteren ist bei der Prüfung eines Verstoßes gegen Art. 3 EMRK zu berücksichtigen, dass das Unionsrecht den Betroffenen lediglich Inländergleichbehandlung (vgl. etwa Art. 26, 27, 28 Abs. 1, 29, 30 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes; sog. Qualifikationsrichtlinie) oder Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig aufhaltenden Drittstaatsangehörigen (vgl. etwa Art. 32 und 33 der Qualifikationsrichtlinie) gewährt.
Auch unter Beachtung dieser strengen Maßstäbe darf eine Abschiebung der Antragstellerin nach Bulgarien nicht durchgeführt werden, weil sie nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar wäre. Eine Behandlung ist unmenschlich im Sinne von Art. 3 EMRK, wenn sie absichtlich und über eine gewisse Dauer hinweg erfolgt und entweder eine Körperverletzung oder intensives psychisches oder physisches Leid verursacht. Als erniedrigend ist eine Behandlung anzusehen, wenn sie eine Person erniedrigt oder entwürdigt, indem sie es an Achtung für die Menschenwürde fehlen lässt oder diese angreift oder Gefühle der Angst, des Schmerzes oder der Unterlegenheit erweckt, die geeignet sind, den moralischen oder körperlichen Widerstand der Person zu brechen. Art. 3 EMRK kann auch verletzt sein, wenn ein subjektiver Einschlag fehlt, z. B. im Fall objektiv unmenschlicher oder erniedrigender Haftbedingungen (Karpenstein/Mayer, EMRK, 2. Aufl. 2015, Art. 3 Rn. 8). Vorliegend spricht alles dafür, dass die Antragstellerin im Fall einer Rückkehr nach Bulgarien obdachlos würde und ihren Lebensunterhalt nicht sicherstellen könnte. Sie besitzt in Bulgarien keinen faktischen Zugang zu einer Wohnung und zu Geldleistungen. Schon angesichts ihres Alters - die Antragstellerin ist am xx.xx.2001 geboren und somit 15 Jahre alt - kann sie die notwendigen Mittel für den Lebensunterhalt auch nicht durch eine Erwerbstätigkeit sicherstellen. Sie würde deshalb im Fall einer Abschiebung nach Bulgarien mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in die Gefahr der Obdachlosigkeit und in eine existenzielle Notlage geraten, die sie nicht aus eigener Kraft abwenden könnte. Hierin würde eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung im oben genannten Sinn liegen, die dem bulgarischen Staat zuzurechnen wäre.
Das Gericht stützt seine Einschätzung maßgeblich auf die Auskünfte von Pro Asyl - Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V. - vom 17.06.2015 an das VG Köln, des Auswärtigen Amts (AA) vom 23.07.2015 an das VG Stuttgart und der Rechtsanwältin Dr. Valeria Ilareva vom 27.08.2015 an den VGH Baden-Württemberg. Danach bestand von 2005 bis 2013 in Bulgarien ein „Nationales Programm zur Integration von Flüchtlingen“, das alle drei Jahre mit entsprechenden Haushaltsmitteln erneuert wurde. Dieses Programm sei im Dezember 2013 ausgelaufen. Seitdem existiere in Bulgarien kein konkreter nationaler Integrationsplan und es fehle mangels entsprechenden Haushalts an einem ausreichenden Budget für eine effektive Integrationspolitik. Dies führe im Ergebnis zu einer absoluten Verweigerung jeglicher Integrationshilfe.
Für anerkannte Schutzberechtigte gebe es zwar einen Anspruch auf Sozialhilfe, aber im Vergleich zu bulgarischen Staatsangehörigen in geringerer Höhe. Tatsächlich erhielten aber nur sehr wenige der anerkannten Schutzberechtigten diese finanzielle Unterstützung (AA). So seien im Jahr 2014 7.000 Personen als schutzberechtigt anerkannt worden; nur in 12 Fällen seien an Schutzberechtigte Sozialleistungen ausgezahlt worden (Pro Asyl). Dies sei darauf zurückzuführen, dass grundsätzlich ein bulgarisches Ausweisdokument benötigt werde, um einen Antrag auf Sozialhilfe stellen zu können. Um ein solches Ausweisdokument zu beantragen, müsse man unter anderem eine von der jeweiligen Kommune ausgestellte Meldebescheinigung beifügen. In diesem Zusammenhang müsse man sich dem Verfahren der Adressregistrierung unterziehen, die wiederum den Nachweis einer Unterkunft voraussetze. Dies könne in einem Teufelskreis dazu führen, dass der Flüchtling keine Sozialhilfe beantragen könne, weil er keine Unterkunft nachweisen könne (Ilareva).
Die Schwierigkeiten, eine Unterkunft zu erhalten, sei eines der wesentlichsten Probleme für Flüchtlinge in Bulgarien. Bei der Wohnraumsuche erhalte nur ein verschwindend geringer Teil der Betroffenen Unterstützung (AA). In den in Bulgarien vorhandenen Flüchtlingslagern könnten Schutzberechtigte nach ihrer Anerkennung im Regelfall nur noch 14 Tage lang bleiben (Pro Asyl), wobei die Handhabung extrem willkürlich sei (Ilareva). Auch in kommunalen Obdachlosenunterkünften oder Sozialwohnungen könnten sie keine Unterkunft finden, weil eine solche Unterbringung voraussetze, dass mindestens ein Familienmitglied bulgarischer Staatsbürger sei (Pro Asyl). In der Regel bedeute der Erhalt eines Schutzstatus daher Obdachlosigkeit, zumal anerkannte Schutzberechtigte auf dem Wohnungsmarkt auch aufgrund der Voreingenommenheit der Bevölkerung geringe Chancen hätten bzw. ihre Situation durch das Verlangen horrender Mieten ausgenutzt werde (AA; Pro Asyl).
Der Zugang zum Arbeitsmarkt sei ebenfalls äußerst erschwert. Es fehle an Sprachkenntnissen der Flüchtlinge und an der Bereitschaft der Arbeitgeber, anerkannte Schutzberechtigte anzustellen. Auf dem Schwarzmarkt seien die Möglichkeiten gleichfalls beschränkt, da dieser überwiegend von Roma eingenommen sei (AA). Eine Registrierung beim Jobcenter setze wiederum die Vorlage eines Ausweisdokuments voraus, das man (s.o.) nur bekomme, wenn man eine Meldebescheinigung vorlegen könne, deren Erteilung wiederum den Nachweis einer Unterkunft erfordere (Ilareva).
Auch der Zugang zur Gesundheitsversorgung sei für anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Geschützte in Bulgarien nicht gewährleistet. Solange sich Schutzsuchende im Asylverfahren befänden, könnten sie theoretisch in den Aufnahmezentren medizinisch versorgt oder an ein Krankenhaus überwiesen werden. Nach der Anerkennung seien sie jedoch selbst verantwortlich für die Zahlung von Beiträgen zur Krankenversicherung (Ilareva, Pro Asyl). Während die Beiträge von Arbeitnehmern durch den Arbeitgeber geleistet würden, müssten Arbeitslose sie selbst tragen. Das Verfahren der Anmeldung zur Krankenversicherung sei zudem kompliziert (vgl. im Einzelnen die Darstellung durch Ilareva) und Schutzberechtigte könnten dabei keine Unterstützung beanspruchen und seien oft über die notwendigen Schritte nicht informiert. Ohnehin könnten Schutzberechtigte kassenfinanzierte Leistungen schon deshalb kaum in Anspruch nehmen, weil dies voraussetze, dass man auf der Patientenliste eines Allgemeinmediziners/Hausarztes geführt werde. Diese Patientenlisten seien jedoch begrenzt und Ärzte mit freien Listenplätzen seien oft nicht bereit, diese Flüchtlingen zu überlassen (Pro Asyl).
Im Ergebnis haben danach international Schutzberechtigte in Bulgarien faktisch keinen Zugang zum Arbeitsmarkt und zu staatlichen Sozialleistungen. Ihre Lage unterscheidet sich daher auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Lebensbedingungen für große Teile der bulgarischen Bevölkerung gleichfalls schwierig sein dürften, grundlegend von deren Lebenssituation. Sie haben keine sozialen Kontakte, können nicht auf wirksame familiäre oder nachbarschaftliche Hilfe zurückgreifen und sind weitgehend auf sich allein gestellt. Hinzu kommen Verständigungsprobleme, da sie die bulgarische Sprache nicht beherrschen und die Angestellten in den Behörden üblicherweise keine Fremdsprache sprechen (Ilareva). Angesichts der Fülle der geschilderten Probleme ist das Gericht davon überzeugt, dass Schutzberechtigte, die nach Bulgarien abgeschoben würden, dort in eine Notlage geraten würden, die ihre Existenz bedrohen und zu einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK führen würde. Die festgestellte Situation, die mit dem Auslaufen des Nationalen Programms zur Integration von Flüchtlingen entstanden ist, liegt außerhalb der Grenzen der normativen Vergewisserung über die Situation in Bulgarien. Das Gericht hat keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Lage seit Erstellung der verwerteten Erkenntnismittel zugunsten der Schutzberechtigten geändert hat.
Zu dem Fehlen nahezu jeglicher staatlicher Unterstützung bei der Sicherung des Existenzminimums und der Befriedigung elementarster Bedürfnisse kommen Rassismus und Intoleranz hinzu, die weit verbreitet sind und denen staatliche Behörden und Politiker nur selten entgegentreten (vgl. Nils Muiznieks, Menschenrechtskommissar des Europarats, Bericht vom 22.06.2015 über einen Besuch in Bulgarien vom 09. bis 11.02.2015, Ziffer 130 ff.; Pro Asyl; Tagesschau vom 13.04.2016: Selbsternannte Bürgerwehren in Bulgarien - Im Panzer auf Migrantenjagd, https://www.tagesschau.de/ausland/fluechtlinge-bulgarien-103.html; taz vom 04.08.2016, Rechtsextreme Milizen in Bulgarien - Auf Flüchtlingsjagd, http://www.taz.de/!5323792/). Das Versäumnis staatlicher bulgarischer Verfolgungsbehörden, möglichen rassistischen Motiven für eine Gewaltanwendung gegenüber einem sudanesischen Staatsangehörigen nachzugehen, hat in der Vergangenheit bereits zu einer Verurteilung Bulgariens durch den EGMR wegen einer Verletzung von Art. 3 EMRK geführt (Urteil vom 11.03.2014 - Nr. 26827/08 -, Abdu gegen Bulgarien).
Vorliegend kommt hinzu, dass die Antragstellerin im Hinblick auf ihr Alter in besonderem Maß des Schutzes bedarf. Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil vom 04.11.2014 - Nr. 29217/12 -, a.a.O.) bedürfen Asylwerber als besonders unterprivilegierte und verletzliche Bevölkerungsgruppe bei der Prüfung der Anwendung von Art. 3 EMRK besonderen Schutzes. Diese Anforderung sei „angesichts von deren speziellen Bedürfnissen und extremer Verletzlichkeit besonders wichtig, wenn die betroffenen Personen Kinder sind“. Dies gelte selbst dann, wenn die Kinder von ihren Eltern begleitet würden. Die Aufnahmebedingungen für Kinder müssten daher an ihr Alter angepasst sein, um sicherzustellen, dass „diese Bedingungen für sie keine Situation von Stress und Sorge mit besonders traumatischen Folgen schaffen“. Die 15-jährige Antragstellerin wäre von den Folgen der Situation, in die sie im Fall einer Abschiebung nach Bulgarien nach dem oben Gesagten geraten würde, in besonderem Maß betroffen. Abgesehen von den geschilderten Problemen wäre sie schon angesichts ihres Alters nicht in der Lage, ihre Lebenssituation zu organisieren und sich eine Existenzgrundlage zu schaffen. Ihre Eltern sind nicht mit ihr zusammen aus Syrien ausgereist und stehen daher nicht zur Verfügung, um sie zu unterstützen. Ihr älterer Bruder, der ihr Vormund ist, ist in Deutschland als Flüchtling anerkannt, sodass nicht davon auszugehen ist, dass er sie nach Bulgarien begleiten würde. Soweit das Bundesamt im angefochtenen Bescheid ausführt, ihrem Onkel und seiner Familie sei gleichfalls die Abschiebung nach Bulgarien angedroht worden, beseitigt das die für die Antragstellerin bestehenden Risiken bereits deshalb nicht, weil die Familie des Onkels nach den vorstehenden Ausführungen dort gleichfalls in eine Notlage geraten würde und nicht in der Lage wäre, der Antragstellerin die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen.
Da die Antragsgegnerin unterliegt, hat sie gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).