Landgericht Osnabrück
Beschl. v. 03.07.2013, Az.: 2 Qs / 612 Js 52443/10 - 43/13

(Anteilige) Berücksichtigung von gezahlten Pflichtverteidigergebühren nach Fällen oder Verfahrensteilen i.R.d. Festsetzung der Verfahrensgebühr und Terminsgebühr

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
03.07.2013
Aktenzeichen
2 Qs / 612 Js 52443/10 - 43/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 48708
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2013:0703.2QS.612JS52443.0A

In der Strafsache
gegen
,
Verteidiger:
wegen Verstoßes gegen das BtMG
hat das Landgericht - 2. Große Strafkammer - Osnabrück durch die unterzeichnenden Richter am 03.07.2013
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde vom 10.06.2013 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Lingen (Ems) vom 29.05.2013 (Az. 27 Ls 612 Js 52443/10 (8/11)) wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdewert beträgt 558,10 EUR.

Gründe

Am 19.08.2011 ordnete das Amtsgericht Lingen (Ems) dem Beschwerdeführer seinen bisherigen Wahlverteidiger als Pflichtverteidiger bei (Az. 27 Ls (612 Js 52443/10) 8/11). Erstinstanzlich wurde der Beschwerdeführer wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in dreizehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Auf seine Berufung ermäßigte das Landgericht Osnabrück mit Urteil vom 05.04.2012 die Freiheitsstrafe auf zwei Jahre, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Kostenrechtlich urteilte das Landgericht aus, die Berufungsgebühr werde um 3/5 ermäßigt; in diesem Umfang trage die Staatskasse auch die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers.

Am 12.09.2012 setzte das Amtsgericht die Pflichtverteidigervergütung i.H.v. 647,36 EUR für das Verfahren 2. Instanz fest (Bl. 58 Bd. III). Mit Kostenrechnung vom 23.11.2012 stellte die Staatsanwaltschaft dem Beschwerdeführer die Pflichtverteidigerkosten in Rechnung (Bl. 75 Bd. III). Zahlungen hierauf erfolgten nicht. Das Amtsgericht ermittelte die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers für das Berufungsverfahren auf 656,88 EUR und brachte hiervon den bereits festgesetzten Betrag von 647,36 EUR in Abzug. 3/5 des verbliebenen Betrages von 9,52 EUR, mithin 5,71 EUR wurden dem Beschwerdeführer erstattet (Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29.05.2013, Bl. 84 f. Bd. III). Hiergegen richtet sich seine sofortige Beschwerde vom 10.06.2013.

II.) Die gem. §§ 464b S. 3, 311 Abs. 2 S. 1 StPO, § 104 Abs. 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet.

Das Amtsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung vom 29.05.2013 zu Recht die Verfahrensgebühr in der Berufungsinstanz (Ziff. 4124 VV RVG) auf 220,-- EUR und die Terminsgebühr in der Berufungsinstanz (Ziff. 4126 VV RVG) ebenfalls auf 220,-- EUR, mithin die von der Landeskasse zu erstattenden Auslagen - nebst Fahrkosten, Abwesenheitsgeld, Pauschalen und Umsatzsteuer - zunächst auf 656,88 EUR zzgl. Zinsen festgesetzt. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen in der Stellungnahme des Bezirksrevisors vom 13.02.2013 (Bl. 67 f. verwiesen).

Dass das Amtsgericht die mit Beschluss vom 12.09.2012 (Bl. 58 f Bd. III) auf 647,36 EUR festgesetzten und bereits an den Pflichtverteidiger gezahlten Gebühren für die Berufungsinstanz in voller Höhe auf den Auslagenerstattungsanspruch angerechnet hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Auch der Anspruch des gerichtlich bestellten Verteidigers gegen den Angeklagten auf Zahlung der Wahlverteidigergebühren entfällt nach einem Teilerfolg des Rechtsmittels in Höhe der gesamten, aus der Staatskasse gezahlten Pflichtverteidigergebühren. Diese Auffassung entsprach § 100 BRAGO a.F. (OLG Hamburg, NStZ-RR 1999, 2888, Leitsatz; LG Koblenz, Beschluss vom 27.05.2005, Az. 1 Qs 106/05, zitiert nach [...]) und steht immer noch im Einklang mit dem wortgleichen § 52 RVG (LG Koblenz, Beschluss vom 24.02.2012, Az. 4 Qs 6/12, zitiert nach [...]). Danach entfällt der Anspruch des Wahlverteidigers gegen seinen Mandanten "insoweit, als die Staatskasse Gebühren gezahlt hat".

Dass nur eine anteilige Berücksichtigung gezahlter Pflichtverteidigergebühren nach Fällen oder Verfahrensteilen berücksichtigt werden soll (so aber OLG Düsseldorf, NStZ-RR 1999, 64 [OLG Düsseldorf 27.08.1997 - 3 Ws 625/97]) lässt sich weder § 100 BRAGO a.F., noch § 52 RVG entnehmen. Vielmehr bringt der Gesetzgeber durch die Formulierung "insoweit" zum Ausdruck, dass eine volle Anrechnung gewollt ist. Nichts anderes kann für die Verrechnung des Erstattungsanspruchs des ehemaligen Angeklagten mit den bereits ausgekehrten Pflichtverteidigergebühren gelten. Das hat sogar zur Konsequenz, dass gar kein Anspruch des ehemaligen Angeklagten gegen die Landeskasse mehr bestehen kann, wenn die Pflichtverteidigergebühr im Einzelfall höher war als der Gebührenanspruch des Wahlverteidigers (OLG Oldenburg, Beschluss vom 13.08.2008, Az. 1 WS 479/08; LG Osnabrück, Beschluss vom 16.07.2012, Az. 2 Qs 49/12).

III.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.