Landgericht Osnabrück
Beschl. v. 16.09.2013, Az.: 10 KLs (720 Js 35696/11) 14/13
Erlass eines ersten Urteils von einer Kammer mit besonderer Zuständigkeit (hier: Schwurgerichtskammer oder Jugendkammer); Erhalt von Schwurgerichtsgebühren für die Teilnahme eines Rechtsanwalts an der Hauptverhandlung
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 16.09.2013
- Aktenzeichen
- 10 KLs (720 Js 35696/11) 14/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2013, 45643
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOSNAB:2013:0916.10KLS720JS35696.1.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Osnabrück - 12.07.2013
Rechtsgrundlagen
- § 354 Abs. 3 StPO
- § 74 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 GVG
- Nr. 4118 VV RVG
- Nr. 4120 VV RVG
Amtlicher Leitsatz
Wenn ein erstes Urteil von einer Kammer mit besonderer Zuständigkeit (Schwurgerichts- oder Jugendkammer) erlassen worden ist, ist vorbehaltlich einer besonderen Anordnung nach § 354 Abs. 3 StPO für die neue Hauptverhandlung nach Zurückverweisung eine Kammer gleicher Art auch dann zuständig, wenn das Revisionsgericht nicht ausdrücklich von ihr gesprochen hat und es beispielsweise nur noch um die Strafaussetzung wegen eines Delikts geht, das dem Schwurgerichtskatalog des § 74 Abs. 2 GVG nicht unterfällt. Der Rechtsanwalt erhält für seine Teilnahme an der Hauptverhandlung dann die besonderen Schwurgerichtsgebühren.
Tenor:
In der Strafsache gegen
pp.
wegen gefährlicher Körperverletzung
wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Osnabrück vom 12.07.2013, soweit er den Kostenfestsetzungsantrag vom 02.07.2013 betrifft, auf die Erinnerung von Rechtsanwalt Klein als beigeordnetem anwaltlichen Beistand des Nebenklägers pp. dahingehend abgeändert, dass eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4118 VV RVG in Höhe der beantragten 264,- EUR, eine Terminsgebühr gemäß Nr. 4120 VV RVG in Höhe der beantragten 356,- EUR und damit die an Rechtsanwalt Klein aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf die beantragten 761,60 EUR festgesetzt werden.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
1.
Am 27.12.2011 erhob die Staatsanwaltschaft Osnabrück gegen den Angeklagten und zwei heranwachsende Mitangeklagte Anklage zur Jugendkammer beim Landgericht Osnabrück, wobei sie den drei Angeklagten eine gemeinschaftlich begangene gefährliche Körperverletzung und darüber hinaus den beiden heranwachsenden Mitangeklagten des Angeklagten unter anderem einen versuchten Mord vorwarf.
Mit Beschluss vom 19.01.2012 ließ die 3. Große Strafkammer (Jugendkammer) des Landgerichts Osnabrück die Anklage der Staatsanwaltschaft Osnabrück zu.
Am 25.04.2012 verurteilte die 3. Große Strafkammer (Jugendkammer) den Angeklagten Wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom 24.01.2012 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten (Aktenzeichen 3 KLs / 720 Js 35696/11 - 3C)/11).
Auf die Revision des Angeklagten hob der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 07.02.2013 -Aktenzeichen: 3 StR 468/12- das Urteil vom 25.04.2012 im Ausspruch über die Gesamtstrafe, im Adhäsionsausspruch und soweit eine Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben war, auf. Der Schuldspruch und die am 25.04.2012 verhängten Einzelfreiheitsstrafen erwuchsen dagegen in Rechtskraft. Im verbleibenden Umfang der Aufhebung verwies der Bundesgerichtshof die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Osnabrück zurück.
Am 02.07.2013 verhängte die 10. Große Strafkammer (Jugendkammer) nach eintägiger Hauptverhandlung gegen den durch Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 25.04.2012 rechtskräftig wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu Einzelstrafen von einem Jahr und zwei Monaten und acht Monaten verurteilten Angeklagten unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom 24.01.2012 eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten. Ferner ordnete die 10. Große Strafkammer (Jugendkammer) die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt an. Jenes Urteil ist noch nicht rechtskräftig, nachdem der Angeklagte dagegen Revision eingelegt hat.
Mit Schriftsatz vom 02.07.2013 hat Rechtsanwalt Klein als am 19.01.2012 beigeordneter anwaltlicher Beistand des Nebenklägers Radle K beantragt,
seine aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung für das Verfahren vor der 10. Großen Strafkammer (Jugendkammer) in einer Gesamthöhe von 761,60 EUR festzusetzen,
wobei er eine Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug vor dem Schwurgericht gemäß Nr. 4118 VV RVG in Höhe von 264,- EUR und eine Terminsgebühr für den ersten Rechtszug vor dem Schwurgericht gemäß Nr. 4120 VVRVG in Höhe von 356,EUR geltend macht.
Die Kostenbeamtin des Landgerichts Osnabrück hat den Antrag vom 02.07.2013 mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12.07.2013 -Aktenzeichen: 10 KLs (720 Js 35696/11) 14/13- beschieden, indem sie unter Hinweis auf die Ausführungen des Bezirksrevisors beim Landgerichts Osnabrück die an Rechtsanwalt Klein aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf 428,- EUR festsetzte, wobei sie Rechtsanwalt Klein lediglich eine Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug vor der Strafkammer, gemäß Nr. 4112 VV RVG in Höhe von 124,- EUR und eine Terminsgebühr für den ersten Rechtszug vor der Strafkammer gemäß Nr. 4114 VVRVG in Höhe von 216,- EUR zugestanden hat.
Mit Schriftsatz vom 15.07.2013 hat Rechtsanwalt Klein gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12.07.2013, soweit dieser seinen Antrag vom 02.07.2013 betrifft, Erinnerung eingelegt. Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt. Der Bezirksrevisor beim Landgericht Osnabrück ist gehört worden und beantragt, die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Zuständig für die Entscheidung über die Erinnerung ist gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG der Einzelrichter.
Die Erinnerung ist zulässig und begründet.
Rechtsanwalt Klein hat als beigeordneter anwaltlicher Beistand des Nebenklägers pp. Anspruch auf eine Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug vor dem Schwurgericht gemäß Nr. 4118 VVRVG in Höhe von 264,- EUR und eine Terminsgebühr für den ersten Rechtszug vor dem Schwurgericht gemäß Nr. 4120 VV RVG in Höhe von 356,- EUR.
Nicht nur die 3. Große Strafkammer (Jugendkammer) sondern auch die 10. Große Strafkammer (Jugendkammer) haben in dem Verfahren in einer Sache entschieden, die nach der allgemeinen Vorschrift des § 74 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 GVG zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehört. Die 3. Große Strafkammer (Jugendkammer) hat bezüglich der beiden heranwachsenden Mitangeklagten des Angeklagten den Vorwurf des versuchten Mordes verhandelt. Dass das Verfahren vor der 10. Großen Strafkammer nach der Zurückverweisung durch den Bundesgerichtshof nur noch den Angeklagten betroffen hat, die Strafbarkeit des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen nebst der Einzelstrafen bereits rechtskräftig festgestanden hat und der Besetzungsbeschluss der 10. Großen Strafkammer (Jugendkammer) keine Verweisung auf § 76 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 GVG bzw. § 33b Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 JGG enthält, ändert nichts daran, dass Rechtsanwalt Klein auch für das Verfahren vor der 10. Großen Strafkammer (Jugendkammer) Anspruch auf Schwurgerichtsgebühren hat.
Wenn -wie in vorliegender Sache- das Revisionsgericht nur allgemein an eine andere Kammer zurückverweist, ist damit der nach dem maßgeblichen Geschäftsverteilungsplan zuständige Spruchkörper gleicher Art gemeint. Wenn das erste Urteil von einer Kammer mit besonderer Zuständigkeit (Schwurgerichts- oder Jugendkammer) erlassen worden ist, ist vorbehaltlich einer besonderen Anordnung nach § 354 Abs. 3 StPO für die neue Verhandlung eine Kammer gleicher Art auch dann zuständig, wenn das Revisionsgericht nicht ausdrücklich von ihr gesprochen hat und es beispielsweise nur noch um die Strafaussetzung wegen eines Delikts geht, das dem Schwurgerichtskatalog des § 74 Abs. 2 GVG nicht unterfällt (vgl. Franke in Löwe- Rosenberg, Großkommentar zur Strafprozessordnung und zum Gerichtsverfassungsgesetz, 26. Aufl. 2012, § 354 StPO Rn. 64). Eine Anordnung entsprechend § 354 Abs. 3 StPO hat der Bundesgerichtshof in seinem Zurückverweisungsbeschluss jedoch nicht getroffen.
Die an Rechtsanwalt Klein für das Verfahren vor der 10. Großen Strafkammer (Jugendkammer) aus der Landeskasse zu zahlende und von ihm auch beantragte Vergütung in Höhe 761,60 EUR setzt sich daher wie folgt zusammen:
Verfahrensgebühr Nr. 4118 VV RVG | 264,00 EUR |
---|---|
Terminsgebühr Nr. 4120 VV RVG (Termin 02.07.2013) | 356,00 EUR |
Pauschale Nr. 7002 VV RVG | 20,00 EUR |
Zwischensumme netto | 640,00 EUR |
19% Umsatzsteuer Nr. 7008 \N RVG | 121,60 EUR |
zu zahlender Betrag | 761,60 EUR. |
Die Kostenentscheidung beruht auf § 55 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG.