Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 26.07.1984, Az.: 4 W 118/84

Erforderlichkeit der Genehmigung des Grundstückseigentümers zur Belastung eines Erbbaurechts ; Genehmigung des Grundstückseigentümers zur Belastung eines Grundstücks mit Hypotheken; Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs; Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
26.07.1984
Aktenzeichen
4 W 118/84
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1984, 16662
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1984:0726.4W118.84.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Göttingen - 18.05.1984 - AZ: 6 T 110/84

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle hat
am 26. Juli 1984
durch
den Vorsitzenden Richter ... sowie
die Richter ... und ...
beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde der Grundstückseigentümerin gegen den Beschluß der 6. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen vom 18. Mai 1984 wird zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 75.031,50 DM.

Gründe

1

I.

Als Inhalt des vorliegenden Erbbaurechts ist vereinbart und im Grundbuch eingetragen, daß der Erbbauberechtigte zur Veräußerung des Erbbaurechts, zur Bestellung von Wohnungserbbaurechten, zu jeder Belastung des Erbbaurechts mit Hypotheken, Grund- oder Rentenschulden, Reallasten und Dauerwohn- oder Dauernutzungsrechten sowie zu jeder Änderung des Inhalts dieser dinglichen Rechte, die eine weitere Belastung des Erbbaurechts enthält, der Genehmigung des Grundstückseigentümers bedürfe. Die Genehmigung des Grundstückseigentümers zur Belastung mit Hypotheken "gilt als erteilt, wenn sie für Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts sowie für Bausparkassen eingetragen werden". Auf Antrag der Zweckverbandsparkasse hat das Grundbuchamt zu deren Gunsten im Wege der Zwangsvollstreckung eine Sicherungshypothek über 75.031,50 DM auf dem halben Erbbaurechtsanteil des G. H. eingetragen. Die Grundstückseigentümerin hat dagegen die Eintragung eines Amtswiderspruchs angeregt und geltend gemacht, ohne ihre Zustimmung sei die betreffende Belastung unwirksam. Gegen den ablehnenden Beschluß des Rechtspflegers hat der Grundstückseigentümer Erinnerung eingelegt, die das Landgericht - nach Nichtabhilfe durch den Amtsrichter - als Beschwerde gehandelt und zurückgewiesen hat.

2

II.

Auch die weitere Beschwerde hat keinen Erfolg.

3

1.

Zwar ist das Rechtsmittel zulässig und die Grundstückseigentümerin beschwerdeberechtigt. Allerdings ist, wenn mit der Beschwerde die Anweisung an das Grundbuchamt erstrebt wird, einen Amtswiderspruch einzutragen, nur derjenige beschwerdeberechtigt, der einen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs nach § 894 BGB geltend machen kann. Das ist grundsätzlich derjenige, zu dessen Gunsten der Widerspruch zu buchen ist (Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann Grundbuchrecht 2. Aufl. § 71 Rdnr. 71). Ob aber, wenn aufgrund der vorliegenden Anregung ein Amtswiderspruch eingetragen werden müßte, dieser (auch) zu Gunsten der Grundstückseigentümerin vermerkt werden müßte, ist zweifelhaft, weil die eingetragene Sicherungshypothek sich grundbuchmäßig nur als Belastung des Erbbaurechts darstellt. Die Frage, zu wessen Gunsten der Amtswiderspruch gegebenenfalls einzutragen wäre, braucht indessen nicht vertieft zu werden (vgl. - zu dem vergleichbaren Fall, wenn ein Ehegatte ohne Zustimmung des anderen über ein, sein gesamtes Vermögen ausmachendes Grundstück verfügt hat - OLG Hamm NJW 1960, 436 [OLG Hamm 15.09.1959 - 15 W 341/59]; Eickmann RPfleger 1981, 213, 216). Der Senat ist jedenfalls der Auffassung, daß unabhängig von dieser Frage dem Grundstückseigentümer, der sich gegen eine Belastung des Erbbaurechts mit der Begründung wendet, es fehle an seiner nach dem Inhalt des Erbbaurechts erforderlichen Zustimmung, das Recht haben muß, die betreffende Unrichtigkeit des Grundbuchs geltend zu machen; ihm steht insoweit von Rechts wegen zumindest eine Prozeßstandschaft zu (vgl. für den bereits erwähnten Fall des § 1365 BGB die Regelung in § 1368 BGB und Eickmann a.a.O. S. 214).

4

2.

In der Sache ist das Rechtsmittel jedoch unbegründet. Die Vorinstanzen haben ohne Rechtsfehler die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs (glaubhaft gemachte Unrichtigkeit des Grundstücks infolge einer Gesetzesverletzung durch das Grundbuchamt bei der Eintragung der Sicherungshypothek) nicht für gegeben erachtet, weil die betreffende Belastung im Wege der Zwangsvollstreckung wirksam erfolgt ist und nicht der Zustimmung der Grundstückseigentümerin bedurfte.

5

a)

Ausgangspunkt ist, daß nach der hier geltenden, zum Inhalt des Erbbaurechts gemachten Vereinbarung zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten die Genehmigung des Grundstückseigentümers zur - rechtsgeschäftlichen - Belastung mit Hypotheken als erteilt gilt, wenn sie für Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts eingetragen werden. Eine derartige Ausnahme von im übrigen zum Inhalt des Erbbaurechts gemachten Beschränkungen der Belastungsbefugnis des Erbbauberechtigten ist, wie - soweit ersichtlich - allgemein anerkannt wird, wirksam (vgl. BayObLG RPfleger 1979, 384). Auch der Senat sieht insoweit keine Bedenken, und auch die weitere Beschwerde stellt dies nicht grundsätzlich in Frage. Sie wendet sich lediglich gegen die Auffassung des Landgerichts, die erwähnte Grundstücksbelastungen betreffende Inhaltsregelung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 des Erbbaurechtsvertrages) gelte generell für Hypotheken, damit also auch für die Sicherungshypothek.

6

b)

Indessen kommt es hier nicht entscheidend auf eine etwaige erweiternde Auslegung der betreffenden Vereinbarung - oder, wie das Landgericht meint, auf einen Umkehrschluß - an. Prüfungsmaßstab für die Wirksamkeit der vorliegenden Vollstreckungsmaßnahme ist nämlich in erster Linie nicht die vertragliche Inhaltsbestimmung des Erbbaurechts - die Regelungsgegenstände des § 5 Abs. 2 ErbbauVO, also rechtsgeschäftliche Belastungen betrifft -, sondern die gesetzliche Regelung in § 8 ErbbauVO: Danach sind Verfügungen, die im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgen, (nur) insoweit unwirksam, als sie die Rechte des Grundstückseigentümers aus einer Vereinbarung gemäß § 5 vereiteln oder beeinträchtigen würden. Nach dem Gesetz sind also Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in das Erbbaurecht an sich ohne weiteres zulässig; es soll nur verhindert werden, daß die Rechtsposition, die der Grundstückseigentümer sich durch einen Zustimmungsvorbehalt gemäß §.5 ErbBauVO aufgebaut hat, nicht durch einen Zwangsvollstreckungsakt umgangen wird.

7

Unter diesem Gesichtspunkt ist hier also nur zu fragen, ob eine im Wege der Zwangsvollstreckung erwirkte Zwangssicherungshypothek einer öffentlichen Körperschaft oder Anstalt die Grundstückseigentümerin mehr beeinträchtigt als ein sonst gleichartig ausgestaltetes rechtsgeschäftliches Grundpfandrecht. Diese Frage ist zu verneinen. Eine Zwangssicherungshypothek gibt dem Gläubiger dieselbe dingliche Berechtigung am Erbbaurecht wie die rechtsgeschäftlich bestellte Hypothek. In beiden Fällen kommt eine Befriedung des Gläubigers aus dem Grundstück - nach Erwirkung eines entsprechenden Duldungstitels -, also auch durch Zwangsversteigerung in Betracht. Insoweit ist allerdings hervorzuheben, daß die Zustimmung zur Belastung mit Grundpfandrechten - also auch die hier fingierte Zustimmung - noch nicht die Zustimmung zum Zuschlag in der Zwangsversteigerung enthält. Für den Zuschlag als Akt der Veräußerung des Erbbaurechts bedürfte es vielmehr einer gesonderen Zustimmung des Grundstückseigentümers (Palandt/Bassenge BGB 43. Aufl. § 8 ErbbauVO Anm. 2 mit weiteren Nachweisen) - die sich hier die Grundstückseigentümerin für Veräußerungen des Erbbaurechts uneingeschränkt vorbehalten hat.

8

Im Hinblick darauf, daß die Grundstückseigentümerin sich in Bezug auf Belastungen des Erbbaurechts mit Grundpfandrechten für Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts etwaiger Rechte gemäß § 5 ErbbauVO ausdrücklich begeben hat, ist auch die Argumentation der Beschwerde insoweit verfehlt, als sie auf die Gefahr hinweist, die betreffende Gläubigerin könne aufgrund einer Globalzession von Dritten stammende Forderungen gegen den Erbbauberechtigten mittels Zwangssicherungshypotheken an dem Erbbaurecht absichern und damit das Zustimmungserfordernis des Grundstückseigentümers für alle anderen Fälle von Grundpfandrechtsbestellungen praktisch wirkungslos machen. Denn auch durch rechtsgeschäftliche Grundpfandrechtsbestellungen des Erbbauberechtigten zu Gunsten von Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts könnten theoretisch ähnliche Ergebnisse eintreten. Um einen derartigen - unter Umständen als Rechtsmißbrauch bekämpfbaren - Vorgang geht es bei der hier konkret vorgenommenen Belastung im Wege der Zwangsvollstreckung im übrigen nicht.

9

Auch daraus, daß hier die Zwangsvollstreckung nur in einen hälftigen Erbbaurechtsanteil erfolgt ist, kann die weitere Beschwerde für ihren Rechtsstandpunkt nichts herleiten. Nach dem vereinbarten Inhalt des Erbbaurechts wären durchaus rechtsgeschäftliche Grundpfandrechtsbestellungen an ideellen Bruchteilen des Erbbaurechts ohne Zustimmung des Grundstückseigentümers möglich, wenn sie für Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts erfolgten.

Streitwertbeschluss:

Beschwerdewert: 75.031,50 DM.