Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 15.09.2014, Az.: 1 A 2114/12
Anspruch auf Aufhebung eines luftverkehrsrechtlichen Negativattestes bei einem Militärflugplatz; Vorliegen eines Ermittlungsdefizits bei der erforderlichen Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP Pflichtigkeit
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 15.09.2014
- Aktenzeichen
- 1 A 2114/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2014, 26547
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2014:0915.1A2114.12.0A
Rechtsgrundlagen
- § 71 Abs. 1 LuftVG
- § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG
- § 4 Abs. 1 S. 1 UmwRG
Amtlicher Leitsatz
Ein luftverkehrsrechtliches Negativattest ist eine Entscheidung i.S. des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG. Es ist nicht als Anzeigeverfahren vom Anwendungsbereich des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG ausgenommen. Die Aufhebung eines luftverkehrsrechtlichen Negativattestes kann nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG verlangt werden, wenn die erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP Pflichtigkeit unter einem Ermittlungsdefizit leidet. Ein Flugplatz, für den zum Stichtag 31. Dezember 1958 lediglich verwaltungsinterne Planungen bestanden, ist nicht angelegt i.S. des § 71 Abs. 1 LuftVG. Dies gilt auch für Militärflugplätze, die bis zum Inkrafttreten des neuen LuftVG keiner Genehmigungspflicht unterlegen haben.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen ein luftrechtliches Negativattest der Beklagten, in dem diese bescheinigt, dass eine luftverkehrsrechtliche Änderungsgenehmigung für Maßnahmen im Zusammenhang mit der Verlegung des Marinefliegergeschwaders 5 (MFG 5) von F. auf den Marinefliegerstützpunkt G. nicht erforderlich sei.
Die Klägerin ist Miteigentümerin eines Hausgrundstückes mit der Adresse H. in G.. Dieses bewohnt sie mit Unterbrechungen seit dem Jahr 1977. Das Grundstück befindet sich am äußeren östlichen Rand einer kleinen Siedlung mit Einfamilienhäusern. Es handelt sich um das letzte Haus der Straße; dahinter folgen Felder.
Das Flugplatzgelände des Marinefliegerstützpunktes G. beginnt ca. 1.200 m (Luftlinie) entfernt in nord-östlicher Richtung vom Grundstück der Klägerin.
Das Gelände des jetzigen Militärflugplatzes wurde erstmals im Jahr 1913 für die Luftfahrt verwendet. In diesem Jahr wurde mit der Anlage eines Luftschiffhafens der Kaiserlichen Marine begonnen. Im Jahr 1919 erfolgte die Selbstzerstörung der Luftschiffe (Zeppeline), die dort während des 1. Weltkrieges stationiert waren. In den folgenden Jahren wurden die Luftschiffhallen abgebrochen. In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre wurde ein Fliegerhorst auf dem Gelände neu aufgebaut, den die Reichsluftwaffe während des 2. Weltkrieges betrieb. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges übernahm die US-Luftwaffe im Mai 1945 den Fliegerhorst, stationierte dort Jagdflugzeuge und nutzte das Gelände bis November 1946. Danach zogen die US-Einheiten ab. Teile der Anlagen wurden dem Deutschen Roten Kreuz übergeben, das dort ein Krankenhaus betrieb. Die militärischen Anlagen und die Startbahn wurden gesprengt. In den Jahren 1947 bis 1949 fand die weitere Demontage des Flugbetriebsgeländes statt, das im Wesentlichen landwirtschaftlich genutzt wurde; teilweise diente es auch der Unterbringung von Flüchtlingen (zum Ganzen: http://www. I.).
In der zweiten Hälfte der 1950er Jahre begann die neu gegründete Bundeswehr mit vorbereitenden Planungen für einen Militärflugplatz auf dem Gelände des ehemaligen Marinefliegerhorstes. So ist in einem Organisationsplan des Verteidigungsministeriums/Abteilung Marine vom 1. Juli 1956 G. als Marinefliegerstützpunkt ausgewiesen.
Am 26. April 1963 wurde der Militärflugplatz G. in Dienst gestellt. Zuvor hatte man bereits damit begonnen, Teile des Marinefliegergeschwaders 2 (MFG 2) von F. und J. nach G. zu verlegen. Am 1. Januar 1965 übernahm das neu gegründete Marinefliegergeschwader 3 (MFG 3) "Graf Zeppelin" den Marinefliegerstützpunkt G.. Teile des MFG 2 gingen in dem neuen Geschwader auf, andere Teile wurden an anderen Standorten stationiert. Im Jahr 1981 kamen Hubschrauber des Typs Sea Lynx Mk 88 zum MFG 3 hinzu. Das MFG 2 wurde im Jahr 2005 außer Dienst gestellt. Zum MFG 3 gehören derzeit acht Seefernaufklärer des Typs Lockheed P-3C Orion und zwei Ölaufklärungsflugzeuge des Typs Dornier DO 228 (zum Ganzen: http://www. K.).
Am 21. Juni 2007 entschied das Bundesministerium der Verteidigung, das MFG 5 mit 21 Hubschraubern des Typs AgustaWestland Sea King Mk 41 von F. nach G. zu verlegen. Bei dem MFG 5 handelt es sich um die Marineseenotstaffel (Seenotrettungsdienst - SAR) der Bundesrepublik Deutschland. Neben ihren militärischen Aufgaben fliegen die Marineseenotrettungshubschrauber auf Anforderung auch andere, zivile Rettungseinsätze. Die Rettungseinsätze werden grundsätzlich von den Außenstellen in Helgoland und Warnemünde geflogen (zum Ganzen: http://www.marine.de/portal/a/marine/waffenun/flugzeug/skmk?yw_contentURL=/01DB070000000001/W269ABVP167INFODE/content.jsp). Die Verlegung des MFG 5 mit dem Waffensystem Sea King Mk 41 erfolgte in der zweiten Hälfte des Jahres 2012 (http://www. I.). Die in G. bereits stationierten 22 Hubschrauber des Typs Sea Lynx Mk 88a sind mittlerweile Teil des MFG 5. Diese Hubschrauber sind im sogenannten Bereich Bravo untergebracht, der auf der Ostseite des Flugplatzes liegt.
Der Marinefliegerstützpunkt G. verfügt über eine befestigte Start- und Landebahn mit einer Länge von 2.439 m und einer Breite von 45 m. Hinzu kommen diverse Rollwege, Vorfelder und Abstellflächen sowie Wartungs- und Abstellhallen. Parallel zur Start- und Landebahn verläuft südlich ein Rollweg, der auch für Starts und Landungen von Hubschraubern genutzt wird. Durch Verordnung der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ist unter dem 27. September 1995 (BGBl. I S. 1228) ein Lärmschutzbereich nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (in der damals geltenden Fassung) festgesetzt worden. Es besteht weiter ein Bauschutzbereich nach § 12 LuftVG. Der Flugplatz unterliegt keinen öffentlich-rechtlichen Betriebsbeschränkungen und wird auf der Grundlage einer Genehmigung der Bezirksregierung Weser-Ems vom 23. November 1998 (Nds. MBI. 1999, 25) durch zivile Luftfahrzeuge mitgenutzt.
Mit Schreiben vom 29. Juli 2010 beauftragte das Bundesministerium der Verteidigung die Oberfinanzdirektion Niedersachsen, die für eine Anzeige nach § 41 LuftVZO erforderlichen Unterlagen erarbeiten zu lassen. Mit Datum vom 14. Februar 2011 erstellte das von der Oberfinanzdirektion Niedersachsen beauftragte Planungsbüro (L.) eine Beschreibung der geplanten Baumaßnahmen und des Flugbetriebs sowie eine Liste der vorzulegenden Unterlagen nach §§ 40, 41 LuftVZO. Dem Gutachten des Planungsbüros liegen eine Stellungnahme des Kasernenkommandanten des MFG 3 (Anlage 1), eine Übersicht über die Flugbewegungen im Zeitraum 1990-1999 (Anlage 2) und eine Übersicht über die Flugbewegungen im Zeitraum 2000-2010 (Anlage 3) bei. Seit dem Jahr 1990 sind die militärischen Flugbewegungen bis zum Jahr 2010 demnach um mehr als die Hälfte zurückgegangen.
Unter dem 23. November 2011 zeigte die Oberfinanzdirektion Niedersachsen bei der damals zuständigen Wehrbereichsverwaltung Nord die Stationierung des Waffensystems Sea King Mk 41 und die dafür erforderlichen Anpassungen der Infrastruktur an. Neben betrieblichen Änderungen umfasst die Anzeige auch bauliche Änderungen. Insbesondere handelt es sich dabei um die Anpassung des bestehenden Hallenvorfeldes der Halle 89, eine neue Schleppwegverbindung, die Erweiterung der Kompensierplattform und eine Rollwegsverbreiterung. Ferner sollten Flugbetriebsflächen zurückgebaut werden. Als weitere Änderungen wurden nachrichtlich die Anpassung der bestehenden Halle 89, der Umbau der Halle 95, die Errichtung eines Triebwerksteststandes für Hubschrauber, die Errichtung eines Staffeldienstgebäudes, die Umverlegung einer bestehenden Straße und der Neubau eines Unterkunftsgebäudes dargestellt. Alle genannten Änderungen waren Gegenstand der Untersuchung zur Vorprüfung des Einzelfalls nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG). Zuletzt wurde auf weitere Änderungen in Bezug auf Hochbauten und sonstige Flächen hingewiesen, die nicht im Zusammenhang mit der Stationierung des Waffensystems Sea King Mk 41 standen. Insbesondere handelt es sich hierbei um ein neues Simulatorgebäude für Hubschrauber zu Ausbildungszwecken.
Die Änderungen im Zusammenhang mit der Stationierung des Waffensystems Sea King Mk 41 betreffen den Bereich Alpha in der süd-westlichen Ecke des Flugplatzes. Dieser Bereich befindet sich ca. zwei Kilometer vom Wohnhaus der Klägerin entfernt.
Der Anzeige nach § 41 LuftVZO lagen als Anlagen eine Untersuchung zur Vorprüfung des Einzelfalls nach dem UVPG und der immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbescheid des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes M. für die Errichtung und den Betrieb eines Triebwerksprüfstandes vom 10. März 2011 bei. Die Vorprüfung verweist für die Lärmbelästigungen durch Fluglärm auf das Anzeigeschreiben, in dem die Flugbewegungszahlen näher dargestellt worden sind.
Mit Bescheid vom 5. März 2012 (Negativattest) entschied die Beklagte, dass eine Änderungsgenehmigung gemäß §§ 6 Abs. 4 Satz 2, 30 Abs. 1 und 3 Satz 1 LuftVG für das angezeigte Vorhaben nicht erforderlich sei, weil es keine wesentliche Änderung der Flugplatzanlage oder des Flugbetriebs darstelle. Weiterhin ließ die Beklagte die mit dem Vorhaben verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft zu. Sie stellte fest, dass die angezeigten baulichen Maßnahmen nicht UVP-pflichtig seien. Unter dem Punkt "Auflagen" verpflichtete sie die Vorhabenträgerin, bei der Verwirklichung des Vorhabens die Vermeidungs-, Minimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen, wie sie der Fachbeitrag "Eingriffsregelung" vom 9. März 2011 vorsehe.
Die Beklagte führte aus, dass eine Änderung im genehmigungsrechtlichen Sinne anzunehmen sei, weil Flugbetriebsflächen, u.a. Vorfelder und Rollwege, verändert werden sollten. Allerdings seien die beabsichtigten Änderungen nicht wesentlich. Sie dienten einer Optimierung der Betriebsabläufe und nicht der Erhöhung der Kapazität des Flugplatzes. Die zusätzliche Stationierung von 21 Hubschraubern des Typs Sea King Mk 41 führe nicht zu einer geänderten Qualität des Flugbetriebes. Es sei davon auszugehen, dass nur zwei bis vier Hubschrauber dieses Typs für den regelmäßigen Flugbetrieb in G. zur Verfügung ständen. Weiter sei die Anzahl der in G. beheimateten Flugzeuge und damit auch die Anzahl der Flugbewegungen in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Die Flugbewegungen in der Flugzeuggruppe H 2 nähmen durch die Stationierung des Waffensystems Sea King Mk 41 zwar absolut gesehen um ca. 30% zu. Die Anzahl von Platzrunden und Übungsflügen könne jedoch durch den Einsatz des neuen Flugsimulators um ca. 23% reduziert werden. Angesichts des ähnlichen Flugverhaltens der Hubschrauber führe die zu erwartende überschaubare Erhöhung der Flugbewegungszahl der Hubschrauber bei einem Rückgang der Gesamtzahl der Flugbewegungen nicht zu einer geänderten Qualität des Flugplatzes.
Eine Beeinträchtigung rechtlich geschützter nachbarlicher Interessen sei nicht zu befürchten. Daher bestehe kein Anspruch der betroffenen Nachbarn auf Abwägung der Lärmproblematik. Ohnehin werde der Fluglärmbelastung nach Maßgabe des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm Rechnung getragen. Die danach zu berechnende Tagschutzzone 2 sei im aktuellen Entwurf des Flächennutzungsplans der Gemeinde G. dargestellt.
Zu einer zusätzlichen Lärmbeeinträchtigung komme es aufgrund der Neustationierung von 21 Hubschraubern des Typs Sea King Mk 41 nicht. Als Referenzszenario seien die durchschnittlichen Flugbewegungszahlen der Jahre 2001 bis 2003 herangezogen worden, die für ein Fluglärmgutachten vom 22. Juni 2005 im Zusammenhang mit der zivilen Mitbenutzungsgenehmigung ermittelt worden seien. Dieses Vorgehen sei plausibel, weil sich die Aufgabenstellung des Marineflugstützpunktes seitdem nicht wesentlich verändert habe. Im Referenzszenario sei von mehr Flugbewegungen als im Prognoseszenario auszugehen. Ein Fluglärmgutachten müsse angesichts der verminderten Flugbewegungszahlen nicht eingeholt werden. Dies gelte auch für die Lärmentwicklung im Bereich Alpha, wo die Stationierung der neu hinzugekommen Hubschrauber erfolgen solle. Denn dort sei in der Vergangenheit der Ausbildungs- und Einsatzflugbetrieb der Breguet Atlantic durchgeführt worden. Auch seien die Dornier DO 228 dort abgestellt und gewartet worden. Zwischen den Jahren 2007 und 2010 sei zudem der gesamte Flugbetrieb der Hubschrauber des Typs Sea Lynx Mk 88a im Bereich Alpha abgewickelt worden, weil in dieser Zeit die Wartungshalle im Bereich Bravo instandgesetzt worden sei. Auch nach der Neustationierung des Waffensystems Sea King Mk 41 sei der Bereich Alpha nicht für Starts und Landungen von Hubschraubern vorgesehen. Außerdem trage der neue Triebwerksprüfstand wesentlich zur Lärmminderung bei. Ab Ende 2015/2016 sei vorgesehen, die Hubschrauber der Typen Sea Lynx Mk 88a und Sea King Mk 41 durch ein einheitliches Hubschraubermuster vom Typ MH 90 zu ersetzen. Die Gesamtstückzahl werde sich dann auf 30 Hubschrauber reduzieren.
Aus den genannten Gründen seien nachteilige Auswirkungen auf das Schutzgut Mensch, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig machten, nicht zu erwarten.
Die Klägerin erhob am 21. Mai 2012 Widerspruch. Sie habe durch einen Dritten am 23. April 2012 Kenntnis von dem Negativattest erhalten. Es existiere weder eine schriftliche Genehmigung des Flugplatzes noch gelte dieser auf der Grundlage des § 71 LuftVG als genehmigt. Denn den Militärflugplatz G. habe es am 31. Dezember 1958 nicht gegeben. Der gegenwärtige Flugbetrieb sei damit rechtswidrig. Das Negativattest vom 5. März 2012 könne keine Zulassungswirkung entfalten, weil der genehmigungsrechtliche Unterbau fehle. Mit der Verlegung der Waffensysteme des MFG 5 von F. nach G. sei ein vollständiges luftverkehrsrechtliches Genehmigungsverfahren notwendig geworden. Durch die Stationierung der 21 Sea King-Hubschrauber entstehe zwangsläufig neuer, regelmäßiger Bodenlärm, den das Negativattest gar nicht berücksichtige. Die Hubschrauber des Typs Sea King seien außerdem älter, größer und lauter als die bisher stationierten Hubschrauber des Typs Sea Lynx. Zudem bestehe eine 24-Stunden-SAR-Bereitschaft.
Es stelle ein erhebliches Versäumnis dar, dass keine aktuelle Lärmprognose erstellt worden sei. Vielmehr stütze sich das Negativattest auf ein Lärmgutachten aus dem Jahr 2005, dem Flugbewegungszahlen der Jahre 2001 bis 2003 zu Grunde gelegen hätten. Der geplante Flugbetrieb dürfe weiter deswegen nicht aufgenommen werden, weil sie, die Klägerin, Widerspruch gegen den Genehmigungsbescheid des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes vom 10. März 2011 erhoben habe. Dieser betreffe die Errichtung des Triebwerksteststandes. Es sei nicht ersichtlich, dass mit diesem Bescheid Funktionsläufe mit oder ohne drehenden Rotor außerhalb des überdachten Triebwerksteststands genehmigt seien. Diese seien aber fast täglich zu erwarten und in F. bis abends um 22.00 Uhr durchgeführt worden. Eine Lärmbetrachtung dieser Funktionsläufe sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt.
Von der beabsichtigten Stationierung der Hubschrauber des Typs Sea King gingen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen aus. Es müsse eine Vorprüfung nach dem UVPG durchgeführt werden. Auch stelle es ein Versäumnis dar, dass zeitlich frühere Änderungen oder Erweiterungen des Flugplatzes nicht Gegenstand der Vorprüfung gewesen seien. Sie, die Klägerin, beantrage, ein förmliches Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen. Weiterhin beantrage sie bis zum Abschluss dieses Verfahrens die Aussetzung der beabsichtigten Verlegung bzw. des geänderten Flugbetriebes.
Die Beklagte ordnete daraufhin vorsorglich die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 5. März 2012 an.
Mit Bescheid vom 24. Juli 2012 wies sie den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Widerspruch sei bereits unzulässig, weil die Klägerin nicht zum Widerspruch befugt sei. Das angezeigte Vorhaben beeinträchtige keine rechtlich geschützten Interessen Dritter. Es sei auszuschließen, dass die Klägerin durch das Vorhaben in ihren Rechten verletzt werde. Die Fluglärmbelastung werde vorhabenbedingt nicht ansteigen; die Lärmemissionen habe sie hinzunehmen. Andere Rechte könne die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen. Insbesondere werde ihr Grundeigentum nicht in Anspruch genommen.
Das Negativattest sei rechtmäßig. Der Flugplatz gelte nach § 71 LuftVG als genehmigt. Die für den Flugbetrieb bestimmten Anlagen seien in den Jahren 1947-1949 zwar demontiert worden, aber die militärische Zweckbestimmung des Flugplatzes sei zu keinem Zeitpunkt durch einen nach außen gerichteten Widmungsakt aufgehoben worden. Der Flugplatz sei nicht aus der militärischen Trägerschaft entlassen worden. Zum gesetzlich maßgeblichen Stichtag sei der Flugplatz auch angelegt gewesen. Es sei unstreitig, dass die Investitionsentscheidung zum Wiederaufbau der Flugbetriebsflächen bereits im Jahr 1957 getroffen worden sei. Nach der damaligen Rechtslage habe der Flugplatz gemäß § 7 Abs. 3 des Luftverkehrsgesetzes aus dem Jahr 1922 ohne luftverkehrsrechtliche Genehmigung errichtet werden dürfen. Die Fiktion des § 71 LuftVG umfasse auch solche Anlagenteile, die vor der Einführung der Genehmigungspflicht hätten angelegt werden dürfen. Die Klägerin habe ihr Recht, sich auf eine fehlende Genehmigung zu berufen, überdies verwirkt. Die baulichen Veränderungen auf dem Flugplatz führten nicht zu einer Kapazitätserhöhung. Sie dienten nur der Optimierung der Abläufe. Der künftige Flugbetrieb könne auf den vorhandenen Flugbetriebsflächen abgewickelt werden. Weder der Fluglärm noch der Bodenlärm nähmen insgesamt zu. Eine Vorprüfung nach dem UVPG habe stattgefunden.
Die Klägerin hat am 30. Juli 2012 Klage erhoben und am 10. August 2012 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Das erkennende Gericht hat ihren Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz mit Beschluss vom 12. September 2012 abgelehnt, weil bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen das Interesse der Beklagten an der Verlegung und Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft des MFG 5 das Interesse der Klägerin daran, von einer möglicherweise erhöhten Lärmbelastung bis zur Klärung der Hauptsache verschont zu bleiben, überwiege.
Zur Begründung ihrer Klage wiederholt die Klägerin im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend weist sie darauf hin, dass das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht sich zu der Frage, ob der gegenwärtige militärische Flugbetrieb genehmigt sei oder als genehmigt gelte, in vorangegangenen Entscheidungen nicht geäußert habe. Aus ihrer Sicht sei nunmehr ein komplettes luftverkehrsrechtliches Genehmigungsverfahren notwendig. Der Erlass eines Negativattestes mit Zulassungswirkung setze einen genehmigten oder fiktiv genehmigten Flugplatz voraus. Die Klägerin habe zudem einen zulässigen Widerspruch gegen den Genehmigungsbescheid des Gewerbeaufsichtsamtes vom 10. März 2011 für den Triebwerksteststand erhoben, über den noch nicht entschieden worden sei. Damit sei dieser Teil der Genehmigungsunterlagen nicht rechtskräftig und der Flugbetrieb habe nicht starten dürfen. Außerdem fehlten eine Lärmbetrachtung der Funktionsläufe außerhalb des Triebwerksteststandes und eine aktuelle Lärmprognose. Es sei unzutreffend, dass der Fluglärmbelastung durch das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm Rechnung getragen werde. Auch habe die Beklagte den Bestimmungen dieses Gesetzes bereits deshalb keine Rechnung tragen können, weil sie mit einem Lärmschutzgutachten aus dem Jahr 2005 gearbeitet habe und das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm im Jahr 2007 novelliert worden sei.
Die Klägerin legt eine lärmmedizinische Stellungnahme vom 19. Juli 2005 vor, die im Zusammenhang mit der Erweiterung der Betriebsgenehmigung des zivilen Luftverkehrs am Flugplatz in G. erstellt worden ist. Daraus ergebe sich, dass die Lärmimmissionen durch den damaligen Betrieb an einigen Immissionsorten bereits einen kritischen Bereich erreicht hätten.
Weiterhin legt sie eine schriftliche Auskunft des Luftwaffenamtes vom 12. April 2013 an einen unbekannten Empfänger vor. Demnach habe eine Auswertung der Flugdichte im Bereich des Marineflugplatzes G. für den Zeitraum vom 1. bis zum 31. März 2013 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eine Erhöhung der Anzahl der Flugbewegungen ergeben. Diese sei der Verlegung des MFG 5 geschuldet. An zwei Tagen im März 2013 sei es zu Nachtflugbetrieb gekommen. Flüge im Zuge der Nachttiefflugausbildung seien in den Monaten Mai bis August an zwei Nächten pro Woche gestattet. Als Ausgleich für jede Nacht mit Flugbetrieb nach 24:00 Uhr sei der Flugbetrieb an einem anderen Tag im Zeitraum Mai bis August vorzeitig zu beenden. Die Sicherung der Nachtflugfähigkeit sei für den Erfolg militärischer Einsätze und bei der Bewältigung von Krisen unerlässlich. Der Flugbetrieb des nunmehr in G. stationierten Rettungshubschraubers (SAR) sei zu jeder Zeit möglich.
Die Klägerin beruft sich weiter auf einen Vorlagebericht der Wehrbereichsverwaltung Nord vom 29. Juli 2011. Nach ihrer Ansicht gehe aus diesem Vorlagebericht hervor, dass intern der Lärm, der durch die Verlegung des MFG 5 insbesondere im Bereich Alpha entstehe, durchaus für problematisch gehalten werde.
Die Klägerin legt zuletzt eine private Auflistung des Hubschrauberbetriebs außerhalb der regulären Öffnungszeiten im Zeitraum vom 16. Mai 2014 bis zum 1. Juli 2014 vor.
Die Klägerin beantragt,
das Negativattest der Wehrbereichsverwaltung Nord vom 5. März 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin könne eine Rechtsverletzung durch das angefochtene Negativattest nicht darlegen. Sie habe als private Dritte keinen Anspruch auf die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens. Eine Verletzung ihrer materiell-rechtlichen Positionen sei ausgeschlossen. Ihr Widerspruch gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Triebwerksteststandes habe keine Auswirkung auf die Zulässigkeit des Flugbetriebes. Eine UVP-Vorprüfung sei erfolgt. Ein Anspruch auf die Abwägung der Lärmproblematik bestehe nicht, weil die Flugbewegungszahlen nicht anstiegen. Die Klägerin habe vielmehr den Lärm hinzunehmen, der bei Ausnutzung der luftseitigen Maximalkapazität entstehen könne. Dies folge daraus, dass die Zulassung des Flugplatzes keinen Einschränkungen unterliege.
Der Flugplatz gelte als genehmigt. Denn er sei zu keinem Zeitpunkt durch einen nach außen gerichteten Entwidmungsakt außer Betrieb genommen worden. Die militärische Zweckbestimmung bestehe seit dem Jahr 1913 ununterbrochen fort; eine Genehmigungspflicht habe es damals nicht gegeben. Die Genehmigungsfiktion des § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG greife jedenfalls deshalb ein, weil der Flugplatz zum Stichtag am 31. Dezember 1958 angelegt gewesen sei. Bereits im Jahr 1956 seien Investitionsentscheidungen getroffen worden. Im Organisationsplan des Führungsstabs der Marine sei der Flugplatz als "Marinefliegerhorst G." bereits zum 1. Juli 1956 ausgewiesen gewesen. Die konkreten Planungen hätten die Errichtung eines Militärflugplatzes nach NATO-Standardkriterien vorgesehen, an dem sämtliche Luftfahrzeuge verkehren dürften. Im August 1958 sei mit dem Bau des Flugplatzes begonnen worden. Daher sei zwingend davon auszugehen, dass die Ausführungsplanungen fertiggestellt und bundeswehrintern genehmigt worden seien. Diese bundeswehrinterne Verwaltungsentscheidung stelle eine ausreichende rechtliche Grundlage dar, um die Genehmigungsfiktion nach § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG anzunehmen. Dafür sprächen auch die Gesetzgebungsmaterialien. Auf einen Betrieb des Flugplatzes zum maßgeblichen Stichtag komme es für die Genehmigungsfiktion nicht an, weil diese nicht nutzungs-, sondern anlagebezogen sei. Die Hubschraubernutzung sei von der Genehmigungsfiktion mitumfasst, weil Hubschrauberflugbetrieb seit der Indienstnahme auf dem Flugplatz stattgefunden habe. Zum 1. Oktober 1981 sei die dritte Staffel des MFG 3 dort dauerhaft in Dienst gestellt worden.
Letztlich könne die Genehmigungsfrage dahinstehen. Es sei ein Fall des § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG gegeben, wonach für Militärflugplätze von dem Genehmigungserfordernis abgesehen werden könne. Allein entscheidend sei, dass eine Fläche tatsächlich für einen Militärflugplatz genutzt werde. Dies habe bereits das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht so ausgeführt.
Die Klägerin habe das Recht, sich auf eine fehlende Genehmigung zu berufen, verwirkt. Sie wohne seit dem Jahr 1977 in unmittelbarer Nähe des Flugplatzes. Seit 1990 seien die Flugbewegungszahlen außerdem etwa um die Hälfte zurückgegangen. Die Klägerin habe außerdem nie einen Anspruch auf die Beschränkung des Flugbetriebes erhoben. Die Beklagte habe daher darauf vertrauen dürfen, dass die Klägerin gegen den Flugbetrieb und den Baubestand auch in Zukunft nicht vorgehen werde.
Eine wesentliche Änderung aufgrund der Stationierung von 21 zusätzlichen Hubschraubern, die eine Änderungsgenehmigung erforderlich gemacht hätte, sei nicht anzunehmen. Eine Erhöhung der luftseitigen Maximalkapazität sei nicht gegeben, weil der künftige Flugbetrieb von vorhandenen Betriebsflächen aus abgewickelt werde. Eine Gesichtsänderung liege auch nicht vor. Denn die Stationierung der zusätzlichen Hubschrauber führe nicht zu einer anderen Qualität des Flugbetriebes. Auch aus der Lärmsituation ergebe sich keine wesentliche Änderung; die Lärmbetrachtung im Negativattest sei plausibel.
Selbst wenn die Lärmbelastung zunehme, habe die Klägerin bis zur Grenze der Verletzung ihrer Grundrechte den Lärm hinzunehmen, der auf eine Ausnutzung der vorhandenen luftseitigen Maximalkapazität zurückzuführen sei. Denn die uneingeschränkte fiktive Genehmigung des Militärflugplatzes dürfe in vollem Umfang ausgenutzt werden.
Ob der Triebwerksteststand rechtmäßig genehmigt worden sei, habe auf das Negativattest keine Auswirkung.
Am 17. März 2014 hat ein Termin vor Ort stattgefunden, in dem die Berichterstatterin die Sach- und Rechtslage erörtert hat. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift in der Gerichtsakte verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die in dem Verfahren gewechselten Schriftsätze, weitere in den Gerichtsakten befindliche Anlagen und Schriftstücke sowie auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. Es hat auch die Gerichtsakte zum Verfahren 1 B 2171/12 vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat Erfolg. Das angefochtene Negativattest der Beklagten vom 5. März 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juli 2012 ist nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Gesetz vom 7.12.2006, BGBl. I S. 2816 i.d.F. der Änderung durch Gesetz vom 24.2.2012 mit Wirkung vom 1.6.2012, BGBl. I, S. 212 - Umweltrechtsbehelfsgesetz - UmwRG) aufzuheben.
Die Klage ist zulässig.
Das Verwaltungsgericht ist gemäß § 45 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sachlich zuständig. Ein Fall des § 48 Abs. 1 Nr. 6 VwGO ist nicht gegeben. Danach entscheidet das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug über Streitigkeiten, die das Anlegen, die Erweiterung oder Änderung und den Betrieb von Verkehrsflughäfen und von Verkehrslandeplätzen mit beschränktem Bauschutzbereich betreffen. Hier ist Streitgegenstand nicht die Erweiterung oder Änderung eines Verkehrsflughafens. Ein solcher setzt nach § 6 Abs. 3 Luftverkehrsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Mai 2007 (BGBl. I S. 698, i.d.F. der Änderung durch Gesetz vom 8.5.2012 mit Wirkung vom 12.5.2012, BGBl. I, S. 1032 - LuftVG), § 38 Abs. 2 Nr. 1 Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung in der Neufassung vom 10. Juli 2008 (BGBl. I S. 1229 i.d.F. der Änderung durch Gesetz vom 8.5.2012 mit Wirkung vom 12.5.2012, BGBl. I, S. 1032 - LuftVZO) voraus, dass er dem allgemeinen Verkehr dient. Bei dem Militärflugplatz G. handelt es sich um einen Sonderflughafen i.S. des § 38 Abs. 2 Nr. 2 LuftVZO. Für Streitigkeiten, die Sonderflughäfen betreffen, gilt die allgemeine Regelung des § 45 VwGO.
Statthafte Klageart ist die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO. Das Negativattest vom 5. März 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist ein für einen Dritten anfechtbarer, feststellender Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 22.6.1979 - IV C 40.75 -, [...]; OVG NRW, Urteil vom 14.10.2013 - 20 D 7/09.AK -, [...]). Es handelt sich um eine nach außen wirksame Regelung, die verbindlich klarstellt, ob eine geplante Maßnahme einer luftverkehrsrechtlichen Zulassung bedarf. Für den Flughafenunternehmer stellt diese Entscheidung verbindlich klar, ob er vor der Verwirklichung einer von ihm geplanten Maßnahme eine Genehmigung herbeiführen muss. Für potentiell Drittbetroffene wird mit der Entscheidung der Genehmigungsbehörde zugleich über die Möglichkeit befunden, die ihnen in einem Genehmigungsverfahren etwa zustehenden Mitwirkungsrechte wahrzunehmen und - soweit sie durch die Genehmigungsentscheidung im Rechtssinne beschwert sein können - gegen sie mit Rechtsbehelfen vorzugehen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.11.1999 - 8 S 127/99 -, [...]).
Die Regelungswirkung des angefochtenen Negativattests der Beklagten erstreckt sich dabei nur auf die unter I. getroffene Feststellung, dass eine luftverkehrsrechtliche Genehmigung für das angezeigte Vorhaben nicht erforderlich ist. Die unter II. getroffenen weiteren Entscheidungen sind nicht selbständig anfechtbar. Die Zulassung der mit dem Vorhaben verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft hat gemäß § 17 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz lediglich deklaratorische Wirkung (vgl. P. Fischer-Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl., § 17 Rn. 8). Für die Feststellung, dass die angezeigten baulichen Maßnahmen nicht UVP-pflichtig sind, folgt die fehlende selbständige Anfechtbarkeit aus § 3a Satz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I, S. 94 - UVPG). Danach ist allein die ohne Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung getroffene Sachentscheidung anfechtbar und nicht die Feststellung ihres Unterbleibens. Bei der Umweltverträglichkeitsprüfung handelt es sich nämlich um einen unselbständigen Teil von Zulassungsverfahren (Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3a UVPG Rn. 26).
Die Klägerin ist klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO. Danach ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
Eine andere gesetzliche Bestimmung, nach der von einer möglichen Rechtsverletzung ausnahmsweise abzusehen wäre, liegt nicht vor. Insbesondere stellt § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG keine Ausnahmevorschrift i.S. des § 42 Abs. 2 VwGO dar. § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG hat zur Folge, dass bei Verstößen gegen das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine natürliche Person als Beteiligter i.S. des § 61 Nr. 1 VwGO die Aufhebung eines Verwaltungsaktes auch ohne Verletzung in eigenen Rechten verlangen kann. Nach der Rechtsprechung des BVerwG (Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 30.10 -, [...]; vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 -, [...]; vom 2.10.2013 - 9 A 23.12 -, [...]; Beschluss vom 27.6.2013 - 4 B 37.12 -, [...]) und des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 8.5.2012 - 12 KS 5/10 -, [...]; vgl. auch Beschluss vom 21.10.2008 - 7 ME 170/07 -, [...]), der sich die Kammer anschließt, hat diese gesetzliche Regelung für die Beurteilung der Klagebefugnis aber keine eigenständige Bedeutung. Denn der individualrechtsbezogene Ansatz des § 42 Abs. 2 VwGO sollte nicht aufgehoben werden; die Einführung einer "Interessentenklage" war nicht beabsichtigt (BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 30.10 -, [...] unter Verweis auf die Gesetzesbegründung BT-Drs. 16/2495, S. 11).
In dem Erlass des Negativattests durch die Beklagte liegt eine mögliche Verletzung der Klägerin in ihren subjektiven Rechten.
Allerdings ist zu beachten, dass potentiell drittbetroffenen Nachbarn ein Anspruch auf die Durchführung eines mit einer Sachentscheidung abschließenden Genehmigungsverfahrens "um seiner selbst willen" grundsätzlich nicht zusteht (BVerwG, Urteil vom 5.10.1990 - 7 C 55.89, 7 C 56.89 -, [...]). Die Klägerin kann sich daher nicht mit der pauschalen Begründung gegen das Negativattest wenden, dass der "genehmigungsrechtliche Unterbau" für den Militärflugplatz G. insgesamt fehle. Selbst wenn man einen solchen Anspruch bejahen wollte, hätte die Klägerin ihr Recht verwirkt, sich bei einer Streitigkeit um die Zulassung von Änderungen im Zusammenhang mit der Verlegung eines weiteren Waffensystems nach G. durch ein luftverkehrsrechtliches Negativattest auf eine in der Vergangenheit nicht erfolgte Genehmigung des Militärflugplatzes zu berufen. Denn sie wohnt seit dem Jahr 1977 in der Nachbarschaft des Flugplatzes und hat sich seitdem nicht - etwa mit einem Unterlassungsbegehren - gegen den Betrieb des Flugplatzes gewendet (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 14.9.1999 - 12 M 2125/99 -, [...]).
Der Umstand, dass ein Änderungsgenehmigungsverfahren nach dem LuftVG wegen der Maßnahmen im Zusammenhang mit der Stationierung des Waffensystems Sea King Mk 41 nicht durchgeführt wurde, kann im Übrigen eine Klagebefugnis nur dann begründen, wenn nachteilige Folgen für die materiellen Rechte der Klägerin zu befürchten sind. Das Genehmigungsverfahren dient dem Schutz Dritter nur insofern, als es gewährleisten soll, dass die materiell-rechtlichen Schutzvorschriften eingehalten werden (BVerwG, Urteil vom 5.10.1990 - 7 C 55.89, 7 C 56.89 -, [...]). Eine solche Schutzvorschrift stellt hier § 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVG dar, wonach vor Erteilung der Genehmigung zu prüfen ist, ob die geplante Maßnahme den Erfordernissen der Raumordnung entspricht und ob die Erfordernisse des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie des Städtebaus und der Schutz vor Fluglärm angemessen berücksichtigt sind (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.11.1999 - 8 S 127/99 -, [...]). Der Schutz vor Fluglärm als drittschützender Belang ist nicht nur bei der erstmaligen Genehmigungserteilung, sondern ebenso bei der Erteilung einer Änderungsgenehmigung zu berücksichtigen. Er ist auch bei der Entscheidung darüber zu berücksichtigen, ob eine Änderungsgenehmigung überhaupt erteilt werden muss. Eine solche ist nach § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG bei einer wesentlichen Erweiterung oder Änderung der Anlage oder des Betriebs des Flugplatzes erforderlich. Die Wesentlichkeit im Sinne dieser Vorschrift ist auch danach zu bemessen, ob und wie weit das Vorhaben verstärkt rechtlich geschützte nachbarliche Interessen, insbesondere den Schutz vor Fluglärm, beeinträchtigt. Den nachbarlichen Interessen ist damit nicht nur im Genehmigungsverfahren, sondern auch dadurch Rechnung zu tragen, dass schon das gesetzliche Genehmigungserfordernis auch mit Rücksicht auf die Wesentlichkeit einer Änderung im Lichte des luftverkehrsrechtlich gebotenen Schutzes der Nachbarn vor Fluglärm beurteilt wird (BVerwG, Urteil vom 16.12.1988 - 4 C 40.86 -, [...] Rn. 38). Besteht die konkrete Möglichkeit, dass Lärmschutzbelange Dritter unberücksichtigt geblieben sind, indem anstelle einer planerische Abwägungsentscheidung in einem luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren ein Negativattest erlassen worden ist, dann ist von der Klagebefugnis potentiell Drittbetroffener auszugehen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.10.2013 - 20 D 7/09.AK -, [...] Rn. 61). In einem solchen Fall führt die fehlerhafte Wahl der Verfahrensart dazu, dass auch materielle Rechte von Drittbetroffenen möglicherweise verletzt sind.
Ein solcher Fall ist hier gegeben. Als Nachbarin im Einwirkungsbereich des Flugplatzes kann die Klägerin geltend machen, von den Lärmauswirkungen der betrieblichen und baulichen Erweiterungen und Änderungen im Zusammenhang mit der Stationierung des Waffensystems Sea King Mk 41 betroffen zu sein.
Das Grundstück der Klägerin liegt im Einwirkungsbereich des Flugplatzes und zwar in dem Bereich, der von der Stationierung des Waffensystems Sea King Mk 41 besonders betroffen ist. Das Grundstück der Klägerin ist auch nicht so weit entfernt von dem Flugplatzgelände, dass ihre tatsächliche Betroffenheit auszuschließen wäre. Vielmehr indiziert die Lage ihres Grundstücks, dass sie einer möglicherweise abwägungserheblichen Lärmvorbelastung ausgesetzt ist. Ihr Grundstück liegt nur wenige hundert Meter entfernt von der Schutzzone 2, wie sie in der Verordnung über die Festsetzung des Lärmschutzbereichs für den militärischen Flugplatz G. vom 27. September 1995 (BGBl. I S. 1228) festgesetzt ist. Bei einer Neufassung der Verordnung auf der Grundlage des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Oktober 2007 (BGBl. I S. 2550 - FluLärmG) ist zu erwarten, dass die Klägerin mit ihrem Grundstück aufgrund der niedrigeren Grenzwerte sogar innerhalb der Tag-Schutzzone 2 liegen wird. Das legen jedenfalls die Ausführungen in der Änderungsanzeige gemäß § 41 LuftVZO vom 23. November 2011 auf S. 16 nahe.
Eine möglicherweise abwägungsrelevante Lärmbetroffenheit der Klägerin scheidet auch nicht etwa deshalb aus, weil die baulichen und betrieblichen Änderungen im Zusammenhang mit der Stationierung des Waffensystems Sea King Mk 41 offenbar ohne jede abwägungserhebliche Lärmrelevanz wären.
Dies könnte in tatsächlicher Hinsicht nur angenommen werden, wenn die sogenannte abwägungserhebliche Geringfügigkeitsschwelle nicht überschritten wäre (Fellenberg, in: Grabherr/Reidt/Wsyk, LuftVG, Loseblatt, Stand Juni 2013, § 6 Rn. 304). Diese wird unterschiedlich bestimmt (dazu Fellenberg, in: Grabherr/Reidt/Wsyk, LuftVG, Loseblatt, Stand Juni 2013, § 6 Rn. 304). Jedenfalls ist die Geringfügigkeitsschwelle nicht erst dann überschritten, wenn die in § 2 Abs. 2 Satz 4, § 4 Abs. 5 Satz 2 FluLärmG genannten Lärmveränderungen (Erhöhungen) des äquivalenten Dauerschallpegels um 2 dB(A) überschritten sind (OVG NRW, Urteil vom 14.10.2013 - 20 D 7/09.AK -, [...] Rn. 71). Für eine Lärmzunahme unterhalb der Geringfügigkeitsschwelle bestehen keine Anhaltspunkte. Die Klägerin wendet sich spezifisch dagegen, dass Hubschrauber des Waffensystems Sea King Mk 41 im Bereich Alpha stationiert werden sollen. Das ist der Teil des Flugplatzes, der ihrem Grundstück am nächsten liegt. Die Beklagte geht in ihrem Negativgutachten davon aus, dass Flugbewegungen der Luftfahrzeuggruppe H 2 um ca. 30% zunehmen werden. Laut der Tabelle 1 auf S. 15 der Änderungsanzeige nehmen die Flugbewegungen tagsüber von 3.288 auf 4.268 und nachts von 154 auf 214 zu. Das Vorhaben führt also insgesamt zu 980 zusätzlichen Flugbewegungen durch Hubschrauber tagsüber und 60 zusätzlichen Flugbewegungen nachts. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass die zusätzlichen Hubschrauber zusätzlichen Bodenlärm - etwa durch Triebwerkstestläufe außerhalb des neuen Teststandes - verursachen. Allein die erhebliche Zunahme der Flugbewegungen in dieser Flugzeuggruppe lässt es nicht als ausgeschlossen erscheinen, dass die Lärmschutzbelange der Klägerin in abwägungserheblicher Weise betroffen sein können.
Das Recht der Klägerin auf Abwägung ihrer Lärmschutzbelange ist auch nicht aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen. Die Beklagte kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Klägerin deshalb nicht in abwägungserheblichen Belangen verletzt sein könne, weil die Zulassung des Flugplatzes insgesamt keinen Einschränkungen unterliege. Streitgegenständlich ist hier nicht die Frage, ob der Flugplatz insgesamt genehmigt ist oder als genehmigt gilt. Vielmehr geht es um das Negativattest, das allein die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Stationierung des Waffensystems Sea King Mk 41 zum Gegenstand hat. Diese stellen eine Änderung gegenüber dem Vorzustand dar. Zu dieser Einschätzung ist auch die Beklagte gelangt. Denn anderenfalls hätte sie weder eine Änderungsanzeige nach § 41 LuftVZO veranlasst noch ein Negativattest erteilt.
Auch wenn eine (fiktive) Genehmigung bestände, könnte diese sich auf die hier in Streit stehenden Teilanlagen nicht beziehen. Diese waren zu dem nach § 71 Abs. 2 LuftVG maßgeblichen Stichtag für die Genehmigungsfiktion weder tatsächlich vorhanden noch konkret geplant. Zudem sind Teilanlagen, die für die technische Kapazität eines Flugplatzes von Bedeutung sind, stets genehmigungsrechtlich relevante Änderungen (OVG NRW, Urteil vom 14.10.2013 - 20 D 7/09.AK -, [...] Rn. 97 ff.). Die Vorfeldfläche, wie sie hier im Bereich Alpha neu geplant worden ist, stellt eine solche Teilanlage dar. Denn die technische Kapazität eines Flughafens wird durch die Flugbetriebsflächen, also Rollfelder und Vorfelder, bestimmt (BVerwG, Urteil vom 15.9.1999 - 11 A 22.98 -, [...]; Urteil vom 16.12.2003 - 4 B 75.03 -, [...]; Reidt, in: Grabherr/Reidt/Wsyk, LuftVG, Loseblatt, Stand September 2009, § 6 Rn. 15, 55).
Der Einwand der Verwirkung kann der Klägerin ebenfalls nicht mit Erfolg entgegengehalten werden. Die Klägerin ist zwar gegen den Betrieb und den Bestand des Flugplatzes bislang nicht vorgegangen. Deshalb durfte die Beklagte aber nicht darauf vertrauen, dass die Klägerin auch in Zukunft jede Änderung bzw. Erweiterung des Flugplatzes widerspruchslos hinnehmen werde.
Schließlich entfällt das Rechtsschutzinteresse der Klägerin nicht etwa deshalb, weil Lärmschutz vorrangig über das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm zu verwirklichen wäre. Das Recht der Klägerin auf die Abwägung ihrer Interessen in einem luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren wird durch dieses Gesetz nicht abbedungen.
Die Anfechtungsklage ist begründet. Maßgeblich ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung, hier des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 24. Juli 2012.
Das Negativattest der Beklagten vom 5. März 2012 ist nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG aufzuheben. Danach kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung (Nr. 1) oder erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit (Nr. 2) nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Neben dem in Nr. 1 und Nr. 2 ausdrücklich erwähnten Fehlen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. Vorprüfung des Einzelfalls umfasst § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG auch Fälle, in denen eine UVP-Vorprüfung nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechend durchgeführt worden ist (zu eng insoweit Ziekow, NVwZ 2007, 259, 265; vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 9.7.2010 - 1 MB 12/10 -, [...]). Denn in diesen Fällen kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden ist. Ein in diesem Sinne erweitertes Verständnis des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG passt überdies mit der in § 3a Satz 4 UVPG getroffenen Regelung zusammen. Hiernach ist die Einschätzung der zuständigen Behörde, eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach einer Vorprüfung des Einzelfalls zu unterlassen, in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Damit wird eine (eingeschränkte) inhaltliche Überprüfung der UVP-Vorprüfung vorausgesetzt, die sicherstellen soll, dass Verstöße gegen § 3c UVPG, die zu einem rechtswidrigen Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung führen können, nicht völlig sanktionslos bleiben (Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl., § 4 UmwRG Rn. 13). In der Neufassung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes (vom 8.4.2013, BGBl. I S. 753) ist dementsprechend als Klarstellung der geltenden Rechtslage § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG n.F. eingefügt worden. Danach gilt § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt. Dass es sich hierbei um eine Klarstellung und nicht um eine inhaltliche Erweiterung des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG a.F. handelt, stellt die Gesetzesbegründung ausdrücklich fest (BT-Drs. 17/10957, S. 17; OVG NRW, Urteil vom 14.10.2013 - 20 D 7/09.AK -, [...] Rn. 80).
Bei dem Negativattest der Beklagten vom 5. März 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juli 2012 handelt es sich um eine Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a UmwRG bestimmt, dass dieses Gesetz Anwendung für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben findet, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann.
Die angezeigten Änderungen und Erweiterungen des Flugplatzes G. stellen ein Vorhaben i.S. der Legaldefinition in § 2 Abs. 2 Nr. 2b UVPG dar. Demnach ist ein Vorhaben die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage. Bei dem Militärflugplatz G. handelt es sich um eine sonstige Anlage. Daher genügt - anders als bei den § 2 Abs. 2 Nr. 2a UVPG unterfallenden technischen Anlagen - eine ausschließlich betriebliche Änderung nicht, um den Vorhabenbegriff des § 2 Abs. 2 Nr. 2b UVPG zu erfüllen; vielmehr ist eine bauliche Änderung erforderlich (vgl. Schiller, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, Loseblatt, Stand Juni 2013, § 6 Rn. 475 m.w.N.). Hier ist die Stationierung des Waffensystems Sea King Mk 41 mit baulichen Änderungen, insbesondere mit der Erweiterung des bestehenden Vorfeldes der Halle 89 im Bereich Alpha, verbunden.
Das Negativattest ist weiter eine Entscheidung nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG. Entscheidungen in diesem Sinne sind Bewilligung, Erlaubnis, Genehmigung, Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren. Diese Formulierung soll Art. 1 Abs. 2 lit. c der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 26, S. 1, geändert durch Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014, ABl. L 124, S.1 - UVP-Richtlinie) Rechnung tragen. Danach sind Genehmigungen Entscheidung der zuständigen Behörde oder der zuständigen Behörden, aufgrund deren der Projektträger das Recht zur Durchführung des Projekts erhält. Der unionsrechtliche Genehmigungsbegriff als "Recht zur Durchführung des Projekts" umfasst jede ausdrückliche Entscheidung einer Genehmigungsbehörde, die einem Projektträger die Verwirklichung seines Vorhabens ermöglicht. Dies muss vor allem dann gelten, wenn die Entscheidung auch Aussagen zur UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens trifft (vgl. zum unionsrechtskonformen Verständnis Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, UmwR, Band I, Stand August 2012, § 1 UmwRG Rn. 13 a.E.).
Ein luftrechtliches Negativattest ermöglicht einem Projektträger die Durchführung seines Vorhabens. Obwohl es keine förmliche Genehmigung darstellt, steht es einer behördlichen Zulassungsentscheidung gleich. Denn es entfaltet Zulassungswirkung in dem Sinne, dass es von dem präventiven Verbot der Ausführung des Vorhabens befreit (Kämper, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, Loseblatt, Stand Juni 2013, § 30 Rn. 18). Es erweitert also den Rechtskreis des Projektträgers und sichert ihm zugleich zu, dass sein Vorhaben nicht wegen einer fehlenden Genehmigung unterbunden werden wird. Zu beachten ist ferner, dass ein Negativattest nach § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG bei Flughäfen mit einer Startbahngrundlänge von mehr als 1.500 m nach Ziff. 14.12.1 der Anlage 1 UVPG auch eine Aussage zur UVP-Pflichtigkeit einer geplanten Baumaßnahme trifft. Denn nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG ist für die Änderung oder Erweiterung eines solchen Vorhabens eine Vorprüfung der UVP-Pflichtigkeit durchzuführen, weil für das Vorhaben als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht. Daher ist es unionsrechtlich geboten, ein luftrechtliches Negativattest dem Genehmigungsbegriff des Art. 1 Abs. 2c der UVP-Richtlinie unterfallen zu lassen (vgl. aber noch auf der Grundlage der Richtlinie 85/337/EWG: BVerwG, Beschluss vom 29.5.2000 - 11 B 65.99 -, [...]).
Nach Sinn und Zweck des Umweltrechtsbehelfsgesetzes ist es ebenfalls geboten, ein luftverkehrsrechtliches Negativattest als Entscheidung i.S. von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG anzusehen. Das Umweltrechtsbehelfsgesetz bezweckt, den Zugang zu Gerichten gegen Entscheidungen, Handlungen und Unterlassungen zu eröffnen, die der UVP-Richtlinie unterfallen (Schieferdecker, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl., § 1 UmwRG Rn. 4). In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/2495, S. 10) heißt es:
"§ 1 Abs. 1 Satz 1 bestimmt den Anwendungsbereich, indem auf die behördlichen Entscheidungen in denjenigen Zulassungsverfahren für UVP-Vorhaben und IVU-Anlagen Bezug genommen wird, bei denen ergänzende Rechtsbehelfe nach den europarechtlichen Vorgaben vorzusehen ist. Vom Anwendungsbereich sind gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 auch Rechtsbehelfe erfasst, die darauf gerichtet sind, dass das jeweilige Zulassungsverfahren hätte durchgeführt werden müssen, aber im Einzelfall unter Verstoß gegen Rechtsvorschriften nicht durchgeführt worden ist. Dies kommt beispielsweise in Betracht bei Errichtung und Betrieb eines Vorhabens oder einer Anlage ohne vorherige Durchführung eines Zulassungsverfahrens oder bei einer vermeintlich zulässigen Änderung eines Vorhabens solch einer Anlage auf Grund einer Anzeige anstelle einer behördlichen Zulassungsentscheidung."
Damit gilt das Umweltrechtsbehelfsgesetz bei der Überprüfung behördlicher Zulassungsentscheidungen. Es ermöglicht darüber hinaus die Überprüfung des Unterbleibens einer behördlichen Zulassungsentscheidung. Das Umweltrechtsbehelfsgesetz will umfassend sicherstellen, dass die Regelungen zur Umweltverträglichkeitsprüfung gerichtlich durchgesetzt werden können. Diesem Regelungszweck entspricht es, ein luftrechtliches Negativattest, welches - wie hier - eine abschließende behördliche Entscheidung zur Notwendigkeit der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung trifft, als Entscheidung i.S. des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG anzusehen.
Das Negativattest der Beklagten vom 5. März 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juli 2012 unterfällt auch nicht als Anzeigeverfahren der Ausschlussregelung des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG. Zwar zählt zu den Anzeigeverfahren auch das Verfahren nach § 41 LuftVZO, welches zum Erlass des luftrechtlichen Negativattestes geführt hat (Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, UmwR, Band I, Stand August 2012, § 1 UmwRG Rn. 13). Der Wortlaut des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG schließt jedoch nur die Anzeigeverfahren selbst aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes aus, nicht aber Entscheidungen, die auf das Anzeigeverfahren folgen und die Genehmigungsbedürftigkeit eines Vorhabens abschließend regeln. Sprachlich folgt das daraus, dass "Anzeigeverfahren" durch die Platzierung des letzten Kommas in § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG auf einer Sinnebene mit "Entscheidungen" steht, weil der Hauptsatz fortgeführt wird. Anders wäre es, wenn das letzte Komma fehlte und der Passus "mit Ausnahme von Anzeigeverfahren" gleich auf das "Verwaltungsverfahren" folgen würde. Dann stände die Ausnahmeregelung als Teil des Relativsatzes auf einer Sinnebene mit "Verwaltungsverfahren". Nur in diesem Fall wären Entscheidungen, die in einem Anzeigeverfahren getroffen würden, von der Ausnahmeregelung umfasst (in diese Richtung Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, UmwR, Band I, Stand August 2013, § 1 UmwRG Rn. 13 erster Satz: "Ausdrücklich ausgenommen von dem Begriff der Entscheidung i.S. des § 2 Abs. 3 UVPG sind bloße Anzeigeverfahren."; Appold, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl., § 2 UVPG Rn. 81: "Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung zählen die Anzeigeverfahren nicht zu den Entscheidungen iSd § 2 Abs. 3 Nr. 1.").
Nach allem ist hier der Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG eröffnet mit der Folge, dass die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit der angezeigten Änderungen und Erweiterungen des Flugplatzes G. auch daraufhin zu überprüfen ist, ob sie den gesetzlichen Anforderungen genügt. Bei Anwendung des Maßstabs, der sich für das Gericht aus § 3a Satz 4 UVPG ergibt, ist das nicht der Fall. § 3a Satz 4 UVPG bestimmt, dass die Einschätzung der zuständigen Behörde, eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach einer Vorprüfung des Einzelfalls zu unterlassen, in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen ist, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die behördliche Beurteilung der UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens unterliegt damit nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle (BVerwG, Urteil vom 25.6.2014 - 9 A 1.13 -, [...]).
Dabei ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls erfolgen musste. Eine solche Pflicht setzt § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG voraus. Danach besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auch für die Änderung oder Erweiterung eines UVP-pflichtigen Vorhabens, wenn eine Vorprüfung des Einzelfalls i.S. des § 3c Satz 1 und 3 ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann; in die Vorprüfung sind auch frühere Änderungen oder Erweiterungen des UVP-pflichtigen Vorhabens einzubeziehen, für die nach der jeweils geltenden Fassung dieses Gesetzes keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist. Für das Vorhaben der Beklagten ergibt sich die Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung des Einzelfalls aus Ziffer 14.12.1 der Anlage 1 UVPG. Danach ist der Bau eines Flugplatzes im Sinne der Begriffsbestimmungen des Abkommens von Chicago von 1944 zur Errichtung der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (Anhang 14) mit einer Start- und Landebahngrundlänge von 1.500 m oder mehr ein UVP-pflichtiges Vorhaben. Der Militärflugplatz G. unterfällt dieser Bestimmung. Seine Landebahn hat eine Länge von 2.439 m. Die geplanten baulichen Veränderungen und Erweiterung, insbesondere des Hallenvorfeldes und der Schleppwegverbindung im Bereich Alpha, machen eine Vorprüfung des Einzelfalls erforderlich.
Von der Vorprüfung des Einzelfalls als Teil des luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahrens nach § 6 LuftVG i.V. mit § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG und Ziffer 14.12.1 der Anlage 1 UVPG konnte auch nicht abgesehen werden. Das Anlegen oder Ändern von Militärflugplätzen unterfällt grundsätzlich dem Zulassungsregime des § 6 LuftVG. Dies ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 2 LuftVG, wonach das in § 8 vorgesehene Planfeststellungsverfahren entfällt, wenn militärische Flugplätze angelegt oder geändert werden sollen. Im Gegenschluss bedeutet dies, dass ein Genehmigungsverfahren gemäß § 6 LuftVG grundsätzlich durchzuführen ist. Abweichungen von den gesetzlichen Vorgaben sind nur nach § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG zulässig. Danach darf die Bundeswehr von den Vorschriften des Ersten Abschnitts dieses Gesetzes - ausgenommen die §§ 12, 13 und 15 bis 19 - und den zu seiner Durchführung erlassenen Vorschriften abweichen, soweit dies zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist (BVerwG, Urteil vom 3.5.1988 - 4 C 11.85 u.a. -, [...]; Urteil vom 16.12.1988 - 4 C 40.86 -, [...]). Etwa darf ein Verfahren nach § 6 LuftVG nur dann gänzlich entfallen, wenn es - wegen besonderer Eilbedürftigkeit aufgrund plötzlich auftretender Einsatzerfordernisse oder aus Gründen militärischer Geheimhaltung - mit der Erfüllung des Verteidigungsauftrages gänzlich unvereinbar wäre (Kämper, in: Grabherr/Reidt/Wsyk, LuftVG, Loseblatt, Stand Juni 2013, § 30 Rn. 13). Aus ähnlichen Gründen könnte auch von einzelnen Verfahrenselementen abgesehen werden. Dafür fehlen hier allerdings Anhaltspunkte. Die Beklagte hat ein Anzeigeverfahren gemäß § 41 Abs. 1 LuftVZO veranlasst, um die Genehmigungsbedürftigkeit der Maßnahmen für die Verlegung des Waffensystems Sea King Mk 41 nach §§ 6, 30 LuftVG zu überprüfen. Dies lässt darauf schließen, dass spezifisch militärische Bedenken gegen die Durchführung eines vollständigen luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahrens nicht bestanden haben. Die Beklagte hat sich hierauf im Übrigen auch nicht berufen.
Vorliegend entspricht die Vorprüfung des Einzelfalls, wie sie in Anlage 1 der Änderungsanzeige nach § 41 LuftVZO für das Vorhaben im Zusammenhang mit der Stationierung des Waffensystems Sea King Mk 41 auf dem Marinefliegerstützpunkt G. durchgeführt worden ist, nicht den Vorgaben des § 3c UVPG.
Nach § 3c Satz 1 und 3 UVPG ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde auf Grund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 zu berücksichtigen wären. Bei den Vorprüfungen ist zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden.
Die UVP-Vorprüfung ist nur dann den gesetzlichen Vorgaben nach § 3c UVPG entsprechend durchgeführt, wenn sie nicht unter einem Ermittlungsdefizit leidet. Die ausreichende Ermittlung der entscheidungserheblichen Belange gehört zu den Grundvoraussetzungen einer jeden planerischen Ermessensentscheidung. Die hier durchzuführende Vorprüfung des Einzelfalls nach dem UVPG bereitet eine solche Entscheidung vor, denn bei einer Änderungsgenehmigung nach § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG handelt es sich um eine planerische Ermessensentscheidung (BVerwG, Urteil vom 11.7.2001 - 11 C 14.00 -, [...] m.w.N.). Die Vorprüfung des Einzelfalls muss gewissen Ermittlungsstandards genügen. Von ihrem Ergebnis hängt es maßgeblich ab, ob eine Änderung als wesentlich i.S. des § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG anzusehen ist. Eine Änderung gilt nämlich u.a. dann als wesentlich, wenn sie UVP-pflichtig ist (Reidt, in: Grabherr/Reidt/Wsyk, LuftVG, Loseblatt, Stand September 2009, § 6 Rn. 59). Auf Grundlage der Ermittlungen im Rahmen der Vorprüfung muss eine überschlägige Prüfung der in Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien möglich sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.6.2014 - 9 A 1.13 -, [...]). Zu diesen Kriterien gehören auch Umweltverschmutzungen und Belästigungen, die von einem Vorhaben ausgehen (Ziffer 1.4. der Anlage 2).
Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG sind in der Vorprüfung alle von den baulichen Änderungen und Erweiterungen ausgehenden unmittelbaren und mittelbaren Umweltauswirkungen zu berücksichtigen. Dazu gehören auch die betrieblichen Auswirkungen der Änderungen (für Konversionsvorhaben BVerwG, Urteil vom 16.10.2008 - 4 C 5.07 -, [...] Rn. 30; Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 -, [...] Rn. 30; Schiller, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, Loseblatt, Stand Juni 2013, § 6 Rn. 480 m.w.N.).
Regelungen zur Wahl der Methode für die Ermittlung von Umweltauswirkungen im Rahmen der Vorprüfung nach § 3c UVPG trifft das UVPG nicht. Für die - vorliegend streitige - Ermittlung von Fluglärm bietet das Fluglärmgesetz (FluLärmG) Anhaltspunkte, die auch bei der Beurteilung der Lärmbelastungen nach § 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVG zu Grunde zu legen sind (Fellenberg, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, Loseblatt, Stand Juni 2013, § 6 Rn. 305 ff.). Gemäß § 3 Abs. 1 FluLärmG ist die Lärmbelastung unter Berücksichtigung von Art und Umfang des voraussehbaren Flugbetriebs anhand des dort genannten Maßes "äquivalenter Dauerschallpegel" (LAeq) zu ermitteln. Dieser berücksichtigt die in einem bestimmten Beurteilungszeitraum auftretenden Lärmereignisse mit der jeweiligen maximalen Schallpegelhöhe, Geräuschdauer und Häufigkeit. Der äquivalente Dauerschallpegel ist keine real wahrnehmbare Größe, sondern ein zeitlicher Mittelwert der Schalldruckpegel innerhalb eines Beobachtungszeitraums (Fellenberg, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, Loseblatt, Stand Juni 2013, § 6 Rn. 306). Nach der aufgrund von § 3 Abs. 2 FluLärmG ergangenen Ersten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (1. FlugLSV) vom 27. Dezember 2008 (BGBl I S. 2980) ist Grundlage für die Lärmermittlung eine Verkehrsprognose. Die aufgrund dieser Verkehrsprognose ermittelte Lärmbelastung (Prognoseszenario) muss der Lärmbelastung, die ohne Verwirklichung des zu prüfenden Vorhabens bestände (Referenzszenario), gegenübergestellt werden.
Für die Bestimmung des Referenzszenarios ist der bisherige Gestattungszustand entscheidend. Bei Änderungen und Erweiterungen UVP-pflichtiger Vorhaben ist nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG in der Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 zu untersuchen, ob die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Die Begriffe "Änderung" und "Erweiterung" i.S. des § 3e Abs. 1 UVPG sind anhand des dem LuftVG zu Grunde liegenden Begriffsverständnisses auszulegen. Gemäß § 6 Abs. 4 LuftVG umfasst eine Erweiterung oder Änderung von Anlage oder Betrieb eines Flugplatzes jede Abweichung vom genehmigungsrechtlich festgelegten Anlagenbestand oder Betriebsumfang (Reidt, in: Grabherr/Reidt/Wsyk, LuftVG, Loseblatt, Stand September 2009, § 6 Rn. 47). Bezugspunkt und Maßstab für das Vorliegen einer Änderung ist der bisherige Gestattungszustand (BVerwG, Urteil vom 7.12.2006 - 4 C 16.04 -, [...] Rn. 31).
Für die Lärmprognose in der Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V. mit § 3c Satz 1 und 3 UVPG gilt dabei, dass hinzukommender Fluglärm, der bei einer Nutzung des bereits genehmigten Anlagenbestandes in gleicher Weise entstanden wäre wie er bei Nutzung des geplanten neuen Anlagenbestandes entstehen wird, als unerheblich beurteilt werden darf. Denn eine Fluglärmsteigerung in diesem Rahmen wäre in einem Änderungsgenehmigungsverfahren nach § 6 LuftVG ohne abwägungserhebliche Bedeutung (OVG NRW, Urteil vom 14.10.2013 - 20 D 7/09.AK -, [...] Rn. 163).
Gemessen an diesem Maßstab geht die UVP-Vorprüfung, die im Anzeigeverfahren für die Stationierung des Waffensystems Sea King Mk 41 auf dem Marinefliegerstützpunkt G. durchgeführt wurde, von einem fehlerhaft ermittelten Referenzszenario aus.
Eine Genehmigung des Militärflugplatzes G., aus der sich ein bisheriger Gestattungszustand ergeben könnte, der dem Referenzszenario in der Lärmprognose hätte zu Grunde gelegt werden müssen, ist nicht gegeben. Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Militärflugplatz G. weder tatsächlich noch fiktiv genehmigt ist. Dabei hat die Widmung bzw. ausdrückliche Entwidmung des Flugplatzes G. für militärische Zwecke auf seine Genehmigung keine Auswirkung. Denn die Widmung oder die militärische Zweckbestimmung kann nur den Status als öffentliche Sache begründet haben. Der Status einer öffentlichen Sache ist zwar geeignet, andere Rechte hinsichtlich des Flugplatzes zu überlagern und damit den Betrieb gegen Eingriffe Dritter zu sichern. Das gilt jedoch nur für zivilrechtliche Rechte. Hier stehen aber mit der luftrechtlichen Zulässigkeit des Betriebs Umstände in Frage, die im öffentlichen Recht begründet sind (VG Stade, Urteil vom 1.4. 2014 - 2 A 408/10).
Eine förmliche Genehmigung des Militärflugplatzes G. liegt nicht vor. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Militärflugplatz gilt auch nicht als genehmigt i.S. des § 71 Abs. 2 Satz 1 i.V. mit Abs. 1 LuftVG. Danach gilt ein bis zum 31. Dezember 1958 in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand bis zum 3. Oktober 1990 angelegter Flugplatz, der am 1. März 1999 noch betrieben wird, im Sinne der §§ 6 bis 10 LuftVG als genehmigt. Für Flugplätze, die nach dem Stichtag erst angelegt wurden, gibt es hingegen keinen Rechtfertigungsgrund für eine Genehmigungsfiktion. Seit dem In-Kraft-Treten des Luftverkehrsgesetzes neuer Prägung ist die Situation nicht länger durch das Merkmal der Unsicherheit gekennzeichnet, das insoweit als tauglicher Anknüpfungspunkt dienen könnte. Ob ein Vorhaben zulässig ist, richtet sich nunmehr nach den §§ 6 bis 10 LuftVG. Nach § 6 Absatz 1 Satz 1 LuftVG dürfen Flugplätze nur mit Genehmigung angelegt oder betrieben werden. § 6 Absatz 4 LuftVG stellt klar, dass die Genehmigung zu ergänzen oder zu ändern ist, wenn die Anlage oder der Betrieb des Flugplatzes wesentlich erweitert oder geändert werden soll (BVerwG, Beschluss vom 26.2.2004 - 4 B 95.03 -, [...]).
Hier greift die Genehmigungsfiktion deshalb nicht ein, weil der Militärflugplatz G. bis zum Stichtag nicht im Sinne des § 71 LuftVG angelegt war. Zu dieser Vorschrift hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2004 (4 B 95.03 - [...] Rn. 9) Folgendes ausgeführt:
"Der Gesetzgeber macht die durch § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG erzeugte Stabilisierungswirkung davon abhängig, dass der Flugplatz an dem von ihm genannten Stichtag "angelegt" war. Mit diesem Tatbestandsmerkmal kennzeichnet er alle Flugplätze, die bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt die Voraussetzungen für einen Flugbetrieb erfüllten. Zu diesem Kreis gehören auch Flughäfen, die auf der Grundlage des § 7 des Luftverkehrsgesetzes in der Fassung vom 21. August 1936 (RGBl I S. 653) genehmigt waren, unabhängig davon, ob von dieser Genehmigung vor oder nach dem in § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG erwähnten Stichtag Gebrauch gemacht wurde. Denn nach der bis zum 31. Dezember 1958 gültigen Fassung des Luftverkehrsgesetzes bedurfte es für die Anlegung und den Betrieb eines Flughafens außer der in § 7 LuftVG a.F. geregelten Genehmigung keiner zusätzlichen Zulassungsentscheidung. In Anwendung dieser Bestimmung erteilte Genehmigungen wirkten auch nach dem 31. Dezember 1958 für die Maßnahmen, die ihren Regelungsgegenstand bildeten, als Rechtsgrundlage fort, ohne dass hierfür weitere Rechtsakte nach neuem Recht nötig waren. Dies kommt in Art. 2 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes vom 5. Dezember 1958 zum Ausdruck. Danach erschöpfte sich der weitere Regelungsbedarf darin, dass bei den bei In-Kraft-Treten des Gesetzes bereits genehmigten Flughäfen in entsprechender Anwendung des § 10 a Abs. 1 (jetzt § 12 Abs. 1 LuftVG) innerhalb eines Jahres gegebenenfalls eine Bauschutzbereichsfestlegung nachzuholen war. Sonstige rechtliche Nachbesserungen erübrigten sich. Wenn der Wortlaut des § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG nicht ausdrücklich auf die Fälle gemünzt ist, in denen bis zum 31. Dezember 1958 auf der Grundlage des § 7 Abs. 1 LuftVG a.F. Genehmigungen erteilt wurden, dann beruht dies darauf, dass der Gesetzgeber in die durch diese Vorschrift erzeugte Fiktionswirkung neben den Flughäfen, für die am 1. Januar 1959 eine Zulassungsentscheidung vorlag, vor allem auch die Flugplätze einbeziehen wollte, die aus der Zeit der Geltung des alten Luftrechts vorhanden sind, ohne jemals einem förmlichen Genehmigungsverfahren unterlegen zu haben (vgl. die Stellungnahme des Bundesrats zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, a.a.O. S. 54). In der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr, auf dessen Initiative die jetzige Fassung des § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG zurückgeht, wird dieses Anliegen in aller Deutlichkeit artikuliert: 'Die Neuregelung betrifft im Wesentlichen Flugplätze (in der Regel Militärflugplätze) - wie es auch in der Stellungnahme des Bundesrates zum Ausdruck kommt - die in den 30er Jahren vom Deutschen Reich angelegt wurden und die heute (zum Teil seit vielen Jahren) als zivile Flugplätze weiter betrieben werden. Diese Flugplätze bedurften nach § 7 des damals geltenden Luftverkehrsgesetzes keiner Genehmigung. Heute jedoch könnten sie ohne Genehmigung weder angelegt noch betrieben werden' (a.a.O. S. 61). Vor dem Hintergrund dieser Entstehungsgeschichte liegt auf der Hand, dass es das Tatbestandsmerkmal 'angelegt' nicht verwehrt, § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG so auszulegen, dass von der Fiktionswirkung auch vor dem 1. Januar 1959 genehmigte, aber erst danach auf der Grundlage dieser Genehmigung hergestellte Anlagenteile erfasst werden."
Allein der von der Beklagten genannte Umstand, dass die Planungen für den jetzigen Militärflugplatz bereits vor dem Stichtag des § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG begonnen hatten, reicht für die Anwendung der Vorschrift auf den vorliegenden Fall nicht aus. Die Kammer schließt sich der 2. Kammer des erkennenden Gerichts an. Diese hat in ihrem Urteil vom 1. April 2014 - 2 A 408/10 - überzeugend ausgeführt:
"Die Klägerin beruft sich ohne Erfolg darauf, dass es nach diesem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts ausreichen müsse, dass der Flugplatz 1958 geplant gewesen sei. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat zwar zum Ausdruck gebracht, dass es der Auffassung sei, § 71 Absatz 2 Satz 1 LuftVG erfasse bei Flugplätzen, die vor dem 1. Januar 1959 nach altem Recht genehmigt waren, auch diejenigen Teile, die erst danach hergestellt worden waren. Dabei sieht das Bundesverwaltungsgericht es als maßgeblich an, dass der Gesetzgeber mit dem Merkmal 'angelegt' diejenigen Flugplätze kennzeichnet, die bereits zum 1. Januar 1959 die Voraussetzungen für einen Flugbetrieb erfüllten. Die Fiktionswirkung kommt einem Flugplatz danach insgesamt zugute, auch wenn er am 1. Januar 1959 ohnehin schon im Wesentlichen genehmigt und angelegt war. - Seinerzeit stellte sich allerdings für den Flughafen N. gar nicht die Frage, ob er rechtmäßig betrieben wurde, sondern auf welchen Zeitpunkt abzustellen war, um zu beurteilen, ob sich die Emissionen nachträglich so erhöht hatten, dass sie eine Aufhebung oder Änderung der Genehmigung erforderten. Indem die Fiktion auf die gesamte Anlage, also auch auf den ohnehin genehmigten Teil, erstreckt wurde, wurde der 1. März 1999 maßgeblich, also der für die Nachbarn ungünstigste Zeitpunkt (vgl. zum Tatbestand: Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juli 2003 - 20 D 78/00.AK, zitiert nach [...]). - Das trifft aber die Fallgestaltung hier gerade nicht. Denn es geht nicht um die Herstellung einzelner zusätzlicher Teile nach dem 1. Januar 1959 zu einem damals bereits vorhandenen Flugplatz, sondern um die Herstellung des Flugplatzes einschließlich aller Flugbetriebsanlagen. Der Flugplatz G. war zudem zu keinem Zeitpunkt genehmigt und vor dem 1. Januar 1959 auch nicht betriebsbereit, sondern im Gegenteil unbrauchbar gemacht worden. Dass die interne Planung für den Flugplatz fortgeschritten oder abgeschlossen war, ist dabei ebenso unerheblich wie die Bereitstellung von Mitteln dafür. Ausgangspunkt für die Fiktion des § 71 Absatz 2 Satz 1 LuftVG ist - wie auch aus dem vorstehenden Zitat ersichtlich -, dass ein Flugplatz angelegt war, und das heißt, dass bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt die Voraussetzungen für einen Flugbetrieb erfüllt wurden. Das ist unabhängig vom Planungsstand hier nicht der Fall. Die Bedeutung, die die Klägerin dem Tatbestandsmerkmal 'angelegt' beimisst, geht über das vom Gesetzgeber Gemeinte hinaus. Der Begriff 'anlegen' ist für § 71 LuftVG ersichtlich dem § 6 Absatz 1 LuftVG entnommen. Dieser stellt nur das Anlegen und den Betrieb von Flugplätzen unter Genehmigungsvorbehalt; das Anlegen bedeutet dabei die Errichtung sämtlicher baulicher Anlagen, die der reibungslosen Durchführung des Flugbetriebs dienen (Reidt in: Grabherr/Mitverfasser, Luftverkehrsgesetz, Stand Juni 2013, Rdnr. 36 ff. zu § 6). Damit ist ersichtlich nicht gemeint, dass auch die Planung oder die Finanzierung eines Flugplatzes genehmigungspflichtig sein sollen. Es kann dahinstehen, ob der Flugplatz G. der Sache nach von der Genehmigungsfiktion hätte erfasst werden sollen. Selbst wenn es im Gesetzgebungsverfahren nur irrtümlich oder versehentlich unterblieben sein sollte, § 71 Absatz 2 Satz 1 LuftVG so zu formulieren, dass auch der Flugplatz G. erfasst wurde, wäre das Gericht nicht befugt, diesen Irrtum oder dieses Versehen zu korrigieren. Das Gericht ist an den Wortlaut gebunden, der für das Angelegtsein einen klaren Stichtag festlegt.
Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil es bis zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Mai 1988 (4 C 11 und 12 /85, siehe auch Urteil vom 16. Dezember 1988 . 4 C 40/86) unangefochtene Staatspraxis und einhellige Meinung war, dass militärische Flugplätze nach § 30 Absatz 1 LuftVG keine 'externe' Genehmigung brauchen (so insbesondere ausdrücklich BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 1980 - 2 BvR 584, 598, 599, 604/76, BVerfGE 56, 298, 316; für diese Bewertung sprechen auch zum einen die vom Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 26. Februar 2004 [4 B 95/03] zitierte Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr, nach der die Neuregelung im Wesentlichen Flugplätze [in der Regel Militärflugplätze] aus den 30er Jahren betreffen soll und die heute [zum Teil seit vielen Jahren] als zivile Flugplätze weiter betrieben werden, und zum anderen die im Urteil vom 16. Dezember 1988 - 4 C 40.86 - zitierte Mitteilung des BMVg von 1983, militärische Flugplätze unterlägen weder einer externen Genehmigungspflicht nach § 6 LuftVG noch einer Planfeststellungspflicht nach § 8 LuftVG). Zwar war deshalb 1964 die Errichtung ohne eine externe Genehmigung rechtlich nicht zu beanstanden. Durch § 71 Absatz 2 Satz 1 LuftVG ist das aber 1999 jedenfalls mit Wirkung für die Zukunft geändert worden: danach soll es nur noch Flugplätze geben, die entweder genehmigt sind oder die als genehmigt gelten, oder Flugplätze, die nicht genehmigt sind und auch nicht als genehmigt gelten. Für eine Kategorie von militärischen Flugplätzen, die keine Genehmigung brauchen, ist kein Raum mehr. Denn mit der Fiktion in § 71 Absatz 2 Satz 1 LuftVG sollte Rechtssicherheit für den Bestandsschutz der Flugplätze geschaffen und es sollte erreicht werden, dass alle Flugplätze, die nicht in einem Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung genehmigt wurden, vom 1. Januar 1959 an auf dieselbe zulassungsrechtliche Grundlage gestellt werden.
Die Klägerin hat nichts dafür dargetan, dass der Flugplatz deshalb als angelegt anzusehen ist, weil er von der Herstellung vor dem zweiten Weltkrieg bis 1959 durchgehend Militärflugplatz gewesen wäre. Da es dabei nicht um den Status als öffentliche Sache geht, sondern um die Genehmigung oder Genehmigungsfiktion, wäre maßgeblich und von der Klägerin dazulegen, dass das Gelände tatsächlich als Militärflugplatz genutzt wurde, oder dass diese Nutzung wenigstens nicht aufgegeben wurde. Das hat die Klägerin nicht dargetan. Dafür ist aus allgemein zugänglichen Quellen für die Kammer auch nichts festzustellen:
Geschichtlich war in G. ein Militärflugplatz zwar ab 1912 schon einmal als Luftschiffhafen eingerichtet gewesen und in den dreißiger Jahren wieder als Militärflugplatz eingerichtet worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren in G. zunächst amerikanische Jagdverbände zum Schutz des amerikanisch genutzten Seehafens von O. und der gesamten amerikanischen Besatzungsenklave stationiert, zu der bis zum Dezember 1945 auch der Landkreis P., der Landkreis Q. und der Landkreis R. gehörten. Diese Nutzung gab die US-Luftwaffe aber bereits im November 1946 wieder auf und zerstörte die militärische Infrastruktur der Anlage selbst; möglicherweise taten das ganz oder zum Teil auch die britischen Besatzungsstreitkräfte. Die betonierten Startbahnen und Abstellplätze wurden gesprengt. - Die britische Luftwaffe betrieb auf einer kleinen Teilfläche bis in die 1950er Jahre eine Radarstation und die Briten richteten auf dem vormaligen Scheinflugplatz S. einen Sprengplatz zur Munitionsvernichtung ein. - Zwischen 1948 und 1958 wurde das Areal landwirtschaftlich genutzt; im vor dem Krieg als Kinderheim genutzten alten Stabsbereich wurde das DRK-Krankenhaus G. eingerichtet, im Unterkunftsbereich des Einsatzhafens wurde die DRK-Krankenanstalt T. in Betrieb genommen; die Gebäude der vorherigen Flakstellung wurden zu Wohnungen umgebaut und bilden heute einen Ortsteil von U. (V.). Der Flugplatz für die Marineflieger wurde ab 1958 oder 1959 (W.) gebaut, zum Beginn noch im Jahr 1958 findet sich nur die substantiierte Angabe, dass am 7. August 1958 das Krankenhaus G. vom Bund erworben wurde, um dort den Führungsbereich für den Fliegerhorst einzurichten; mit Baumaßnahmen sei 1959 begonnen worden (X.).
Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die britische Besatzungsmacht dort noch tätig war. Die Angabe der Klägerin dürfte insoweit ungenau sein. Die britische Besatzungsmacht nutzte nämlich nach allgemein zugänglichen Quellen (Y.) nicht das Gelände in G. als Sprengübungsplatz - sofern damit nicht die Sprengungen der Anlage selbst gemeint sind. - Diese würden gerade dagegen sprechen, das Gelände noch als Militärflugplatz anzusehen. - Der Sprengübungsplatz war vielmehr auf dem gesonderten Gelände des Scheinflugplatzes S., der allenfalls in einem - hier unerheblichen - weiteren Sinn zur Anlage in G. gehörte. Dass die RAF auf einem kleinen Teil des Geländes bis in die fünfziger Jahre eine Radarstation betrieb, steht der endgültigen Demilitarisierung des Flugplatzes und der Aufgabe der militärischen Nutzung des hier maßgeblichen Teils nicht entgegen, auf dem die Flugplatzbetriebsanlagen waren.
Das alles spricht nicht dafür, dass 1958 noch ein militärischer Flugplatz vorhanden gewesen sein könnte. Entgegen der Auffassung der Klägerin spricht auch rechtlich nichts dafür, das Gelände gleichwohl als Militärflugplatz anzusehen:
Am 8. und 9. Mai 1945 hatte die Wehrmacht bedingungslos kapituliert. Durch das Kontrollratsgesetz Nummer 23 vom 10. April 1946 wurde mit Wirkung vom 10. April 1946 unter anderem die Planung, der Entwurf, die Herstellung, Errichtung oder der Bau militärischer Einrichtungen jeder Art - dazu gehörten ausdrücklich Flugplätze - verboten. Artikel V dieses Gesetzes sah eine Ausnahme für den Bau oder die Erhaltung von Einrichtungen vor, die für den Unterhalt, die Ausbildung und die Wohlfahrt der Besatzungsstreitkräfte notwendig waren. Diese Einrichtungen oder Bauten waren jedoch vor oder bei Beendigung der Besetzung zu zerstören oder zu entfernen, wenn sie ohne die Bestimmungen dieses Artikels unter eine der in Artikel I verbotenen Gruppen fallen würden. Durch die Direktive Nummer 18 des Alliierten Kotrollrats (Entlassung und Auflösung der deutschen bewaffneten Kräfte) vom 12. November 1945 und namentlich durch Artikel I des Kontrollratsgesetzes Nummer 34 wurden dann außerdem ausdrücklich 'die deutschen Kriegsämter: das Oberkommando der Wehrmacht (OKW), das Oberkommando des Heeres (OKH), das Reichsluftfahrtministerium (RLM) und das Oberkommando der Kriegsmarine (OKM), alle deutschen Streitkräfte zu Lande, zur See und in der Luft, mit allen ihren Gliederungen, Stäben und Einrichtungen, einschließlich des Generalstabes, des Offizierskorps, der Reservekorps, der Militärschulen, der Organisationen ehemaliger Kriegsteilnehmer und aller anderen militärischen und militärähnlichen Organisationen sowie aller Vereine und Vereinigungen, die der Aufrechterhaltung der militärischen Tradition in Deutschland dienen, hiermit als aufgelöst und völlig liquidiert betrachtet und für ungesetzlich erklärt.' Artikel II des Gesetzes Nummer 34 verbot die Aufrechterhaltung, Bildung und Wiedererrichtung dieser Stellen und Artikel IV zog das gesamte Vermögen dieser Stellen ein.
Es kann dahinstehen, ob bereits durch die bedingungslose Kapitulation der Flugplatz aus der militärischen Trägerschaft entlassen wurde (vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Februar 1953 - 1 BvR 371/52 [Auflösung der Wehrmacht bereits durch die bedingungslose Kapitulation und deshalb Ende aller öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse]). Dagegen könnte sprechen, dass die Siegermächte in der sogenannten Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945 anordneten, dass unter anderem alle deutschen Flugplätze 'in gutem Zustand' zur Verfügung der Alliierten Vertreter zu halten seien, und zwar für die Zwecke, zu den Zeiten und an den Orten, die von letzteren bestimmt werden. - Ob das militärische Zwecke waren, bleibt dort allerdings gerade offen. - Jedenfalls ist rechtlich die militärische Trägerschaft spätestens durch die Aufgabe der Nutzung durch die US-Luftwaffe im November 1946 und die damit verbundene Zerstörung der für den Flugbetrieb erforderlichen Einrichtungen durch die Amerikaner oder die Engländer - die möglicherweise erst 1947 und wohl bis 1950 erfolgte - beendet worden. Denn diese Zerstörung sollte ersichtlich Artikel I des Gesetzes Nummer 23 Rechnung tragen und den Flugplatz als militärische Einrichtung unbrauchbar machen. Das Gesetz Nummer 23 ist für die Westzonen erst 1955 aufgehoben worden - das Gesetz Nummer 34 zwar schon 1949, jedoch gab es einstweilen keine deutschen militärischen Organisationen. Da jede militärische Organisation verboten beziehungsweise aufgelöst und alle Militärbediensteten entlassen waren, gab es damit weder eine militärische Einrichtung noch einen militärischen Träger noch jemanden, der für einen solchen Träger hätte handeln können. Dass unter diesen Umständen eine militärische Zweckbindung des Flugplatzgeländes aufrechterhalten werden sollte, wäre eine Fiktion. Diese bedürfte einer besonderen Regelung. Eine solche Regelung ist nicht ersichtlich.
Dagegen spricht nicht, dass der Baden-Württembergische Verwaltungsgerichtshof entschieden hat, die 'Freigabe' von Flugplätzen durch die Siegermächte habe die militärische Zweckbindung nicht aufgehoben (Kämper, a.a.O. Rdnr. 3 zu § 30 - Urteil n. v.). Denn der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrundelag, ist aus mehreren Gründen mit dem in G. nicht vergleichbar. Dort war das Gelände nach Kriegsende nicht durchgehend fliegerisch genutzt worden, die Besatzungsmacht hatte also gerade nicht selbst den Flugbetrieb eingestellt und den Flugplatz zurückgebaut. Vor allem aber war das Gelände nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs durchgehend fliegerisch nutzbar geblieben, weil die Landebahn und die maßgeblichen Einrichtungen nie entfernt worden waren. Außerdem waren die Einrichtungen ab 1951 von der amerikanischen Besatzungsmacht beschlagnahmt und von da an durchgehend genutzt worden. Für die Aufnahme des Flugbetriebs 1951 seien alle Beteiligten davon ausgegangen, dass deutsches Recht nicht anwendbar sei. Außerdem stellt der Verwaltungsgerichtshof darauf ab, dass die besatzungsrechtlichen Regelungen es erschwert hätten, die militärische Nutzbarkeit von Wehrmachtsgelände einzuschränken, wenn das Gelände noch für die Besatzungsstreitkräfte benötigt werden konnte. In G. war die Sachlage umgekehrt - die Besatzungsstreitkräfte hatten die Nutzbarkeit als Flugplatz selbst beseitigt. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs stand lediglich in Frage, ob die Gebrauchsüberlassung von Teilen des Geländes, die nicht für den Flugbetrieb erforderlich waren, ab dem Jahr 1946 an Gemeinden oder Dritte die militärische Zweckbindung insgesamt hatte entfallen lassen. Das ist ersichtlich nicht verallgemeinerbar.
Gegen das Ergebnis spricht auch nicht, dass die Klägerin geltend gemacht hat, das Gelände in G. sei der Dienststelle des Bevollmächtigten des Bundeskanzlers für die mit der Vermehrung der alliierten Truppen zusammenhängenden Fragen (Amt Blank) als künftiger Militärflugplatz zugeordnet gewesen. Das Amt Blank mag die Wiederbewaffnung mit Duldung der Siegermächte vorbereitet haben. Das änderte aber nichts daran, dass es keine militärische Dienststelle war, weil es kein Militär gab, und dass es jedenfalls bis 1955 auch nicht über militärische Einrichtungen hätte verfügen dürfen. Auch im Hinblick auf diese Umstände würde es sich um eine Fiktion handeln, das Gelände als militärisches Gelände gelten zu lassen - noch dazu um eine besatzungsrechtswidrige. Eine solche Fiktion bedürfte einer gesetzlichen Grundlage. Eine solche Grundlage ist nicht ersichtlich."
Diesen Ausführungen folgt die Kammer. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten war weder ein tatsächlicher Anlagenbestand, der fliegerisch genutzt werden konnte, noch ein bestimmter Betriebsumfang am nach § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG maßgeblichen Stichtag, dem 31. Dezember 1958, in G. vorhanden. Daran ändert es nichts, wenn - wie die Beklagte behauptet - bereits im August 1958 mit den Bauarbeiten begonnen worden war. Die Genehmigungsfiktion des § 71 LuftVG greift bei richtigem Verständnis der Vorschrift nicht ein, weil ein tatsächlich angelegter Flugplatz nicht vorhanden war.
Der § 71 LuftVG innewohnende Stabilisierungszweck führt nicht dazu, dass der zum Stichtag verwaltungsintern vorgesehene Marineflugplatz G. als genehmigt gilt. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass die Genehmigungsfiktion sich auf Flugplätze erstreckt, die nach altem Recht genehmigt waren, auch wenn von der Genehmigung erst nach dem in § 71 Abs. 2 Satz 1 genannten Stichtag Gebrauch gemacht worden ist (BVerwG, Beschluss vom 26.2.2004 - 4 B 95.03 -, [...] Rn. 9). Nicht anderes ergibt sich aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 10. Juli 2003 (20 D 78/00.AK). Dort wird klargestellt, dass ein Flugplatz, für den eine Genehmigung nach altem Recht erteilt worden war, auch dann unter die Genehmigungsfiktion des § 71 LuftVG fällt, wenn er nach neuem Recht planfeststellungspflichtig wäre. Beide Gerichtsentscheidungen gehen somit davon aus, dass die Stabilisierungswirkung des § 71 LuftVG sich auch auf "Altgenehmigungen" erstreckt. Aus der Stabilisierungsfunktion folgt indes nicht, dass ein Flugplatz, der zum Stichtag weder tatsächlich vorhanden noch nach altem Recht genehmigt war, als genehmigt gelten kann. Denn in einem solchen Fall fehlt es an einem Anknüpfpunkt, der mit Hilfe einer Genehmigungsfiktion stabilisiert werden könnte. Weder ist ein tatsächlicher Anlagenbestand vorhanden, der auf eine bestimmte Betriebskapazität ausgerichtet ist, noch ist eine Genehmigung vorhanden, die einen konkreten Anlagenbestand festlegt. Auch für Militärflugplätze gilt, dass dem Stabilisierungszweck nur entsprochen werden kann, wenn ein konkreter oder doch zumindest durch eine Genehmigung festgelegter Anlagenbestand vorhanden ist. Daran ändert es nichts, dass Militärflugplätze nach dem Luftverkehrsgesetz in der Fassung vom 21. August 1936 (RGBl. I S. 653) keiner Genehmigung bedurften.
Selbst wenn man es - wie es die Beklagte für richtig hält - ausreichen lassen wollte, dass verwaltungsintern bereits beschlossen war, einen Militärflugplatz zu errichten, würde das vorliegend zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn der Stabilisierungszweck könnte sich in dem Fall allenfalls auf das "Ob" der Nutzung als Militärflugplatz erstrecken. Ein konkreter - vorhandener oder genehmigter - Anlagenbestand für eine bestimmte Betriebskapazität wäre hingegen nicht vorhanden. Der Stabilisierungszweck des § 71 LuftVG reicht nicht so weit, dass über den Wortlaut der Norm hinaus ein erst nach dem Stichtag angelegter, nicht durch eine Altgenehmigung konkretisierter Anlagenbestand als genehmigt gelten könnte. Die Genehmigungsfiktion erstreckt sich nicht auf einen für die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe typischen Anlagenbestand und Betriebsumfang, der verwaltungsintern beabsichtigt war. Es reicht daher nicht aus, wenn die Beklagte sich darauf beruft, dass bereits vor dem Stichtag geplant war, den Militärflugplatz G. als NATO-Flugplatz zu errichten. Denn es widerspräche dem Wesen einer Genehmigung als einzelfallbezogenem Verwaltungsakt, diese auf einen nicht konkretisierten Sachverhalt zu beziehen. Das gilt auch für eine Genehmigungsfiktion, die an die Stelle einer Genehmigung tritt. Eine analoge Anwendung des § 71 LuftVG auf den vorliegenden Fall kommt ebenfalls nicht in Betracht. Selbst wenn man von einer planwidrigen Regelungslücke des Gesetzgebers für ungenehmigte Militärflugplätze, die nach dem Stichtag des § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG errichtet worden sind, ausgehen wollte, fehlt es doch an einer vergleichbaren Interessenlage. Denn die Sachverhalte, auf die sich die Genehmigungsfiktion des § 71 LuftVG erstreckt, gleichen aus den genannten Gründen nicht dem hier zu entscheidenden Sachverhalt.
Nichts anderes folgt aus der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zum Militärflugplatz G.. Dieses Gericht hat in seinem Beschluss vom 14. September 1999 (- 12 M 2125/99 -, [...]) und in seinem Urteil vom 17. Oktober 2000 (- 12 K 2117/99 -, [...]) zur zivilen Mitbenutzung des Militärflugplatzes klargestellt, dass aufgrund von § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG der militärische Flugbetrieb auf dem Militärflugplatz G. dem Grunde nach auch ohne Genehmigung erfolgen darf. Im genannten Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts heißt es ([...] Rn. 6):
"Hierbei ist Ausgangspunkt, dass die militärische Nutzung des Militärflugplatzes N. - jedenfalls - nach § 30 LuftVG ordnungsgemäß genehmigt worden ist."
§ 30 LuftVG gestattet somit nur die militärische Nutzung, nicht jedoch einen konkreten Anlagenbestand oder Betriebsumfang. In dem genannten Urteil verweist das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht darauf, dass ein Militärflugplatz gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG für seinen rechtmäßigen Betrieb nicht auf jeden Fall einer luftrechtlichen Genehmigung bedarf ([...] Rn. 67 a.E.). Auch hier wird allein eine Aussage zum "rechtmäßigen Betrieb", nicht hingegen zum konkreten Anlagenbestand und Betriebsumfang getroffen.
Mangels Genehmigung kann das Referenzszenario für die Lärmprognose in der Vorprüfung des Einzelfalls zur UVP-Pflichtigkeit der Änderungen im Zusammenhang mit der Stationierung des Waffensystems Sea King Mk 41 auf dem Militärflugplatz G. nicht anhand eines bereits gestatteten Anlagenbestandes und dessen Ausnutzung bis zur Maximalkapazität bestimmt werden. Maßgeblich für das Referenzszenario ist vielmehr der tatsächliche Flugbetrieb, wie er vor der Neustationierung stattgefunden hat. Dieser Flugbetrieb ist fehlerhaft ermittelt worden.
Das Anzeigeschreiben der Oberfinanzdirektion Niedersachsen vom 23. November 2011, auf das die Untersuchung zur Vorprüfung des Einzelfalls im Hinblick auf die Lärmauswirkungen Bezug nimmt, arbeitet an dieser Stelle mit Flugbewegungszahlen der Jahre 2001 bis 2003. Diese waren die Grundlage für ein Fluglärmgutachten, welches für eine Änderungsgenehmigung der zivilen Mitbenutzung des Marinefliegerstützpunktes G. aus dem Jahr 2005 erstellt worden ist. Das Anzeigeschreiben geht dabei davon aus, dass diese Flugbewegungszahlen als Durchschnitt der letzten ca. zehn Jahre angesehen werden können, da sich Struktur und Aufgabenstellung des Marinefliegerstützpunktes G. in diesem Zeitraum nicht relevant verändert hätten (S. 15). In absoluten Zahlen legt das Anzeigeschreiben für das Referenzszenario 8.248 Flugbewegungen tagsüber und 385 Flugbewegungen nachts in den sechs verkehrsreichsten Monaten zu Grunde.
Diese Annahme ist mit der Entwicklung der Flugbewegungszahlen auf dem Militärflugplatz G. in den Jahren 2000 bis 2010, wie sie auf S. 17 ff. unter der Überschrift "Prognoseszenario" dargestellt wird, nicht vereinbar. Von den insgesamt vier stationierten Flugzeugen des Typs DO 228 (Flugzeuggruppe P 1.4) sind im Jahr 2006 zwei abgegeben worden. Die mit maximal 18 angegebene Zahl der Flugzeuge des Typs Breguet Atlantic sind in den Jahren 2006 bis 2010 durch acht Flugzeuge des Typs P-3C Orion ersetzt worden (Flugzeuggruppe PROP-MIL 2 bzw. P-MIL 2). Dieser Abzug von Flugzeugen in den Jahren 2006 bis 2010 soll zu einer Verringerung von ca. 20% der Flugbewegungen für die Flugzeuggruppe P 1.4 und von ca. 34% der Flugbewegungen für die Flugzeuggruppe P-MIL 2 geführt haben. Auch für die Flugzeuggruppe S-MIL (Kampfflugzeuge) wird von einer Verringerung der Flugbewegungen seit dem Jahr 2003 von 37% ausgegangen (S. 19). Diese Darstellung im Anzeigeschreiben widerspricht der Annahme, dass die Flugbewegungszahlen der Jahre 2001 bis 2003 einen repräsentativen Durchschnitt der letzten zehn Jahre darstellen. Vielmehr hätte der Schluss gezogen werden müssen, dass die zum Zeitpunkt der Erstellung des Anzeigeschreibens vom 23. November 2011 aktuellen Flugbewegungszahlen deutlich niedriger ausfallen. Dieser Schluss wird durch Auflistung der Flugbewegungszahlen in der Anlage 3 zur Tischvorlage des Planungsbüros L. vom 14. Februar 2011 bestätigt, die die Beklagte erst nach ausdrücklicher Aufforderung des Gerichts kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegt hat. Danach haben im Jahr 2001 insgesamt 16.121, im Jahr 2002 insgesamt 15.452 und im Jahr 2003 insgesamt 15.287 militärische Flugbewegungen stattgefunden. Im Jahr 2010 wurden hingegen 12.496 militärische Flugbewegungen verzeichnet.
Dieser Ermittlungsfehler führt dazu, dass das Ergebnis der UVP-Vorprüfung nicht nachvollziehbar ist. Im gerichtlichen Verfahren zu beanstandende Rechtsfehler, welche die Nachvollziehbarkeit ausschließen, liegen dann vor, wenn die Vorprüfung entweder Ermittlungsfehler aufweist, die so schwer wiegen, dass sie ersichtlich auf das Ergebnis durchschlagen konnten, oder wenn das Ergebnis außerhalb des Rahmens zulässiger Einschätzung liegt (Hamburgisches OVG, Beschluss vom 24.2.2010 - 5 Bs 24/10 -, [...]; OVG NRW, Urteil vom 14.10.2013 - 20 D 7/09.AK -, [...]). Ersteres ist hier der Fall. Der Begründungsansatz zu den Lärmauswirkungen der Stationierung 21 zusätzlicher Hubschrauber, der in der UVP-Vorprüfung verfolgt worden ist, vermag das gefundene Ergebnis nicht zu tragen. Angesichts der dargestellten Flugbewegungszahlen bis zum Jahr 2010 ist die tragende Annahme, dass es zu einer abwägungserheblichen Steigerung des Fluglärms nicht kommen könne, weil die zusätzlichen Flugbewegungen im Vergleich zum Referenzszenario nicht ins Gewicht fielen, sondern insgesamt sogar von weniger Flugbewegungen auszugehen sei, offensichtlich fehlerhaft. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass die zusätzlichen Flugbewegungen gegenüber dem Vorzustand sehr wohl ins Gewicht fallen. Denn es ist aufgrund der Stationierung des Waffensystems Sea King Mk 41 von einem absoluten Anstieg der Flugbewegungen auszugehen. Ausgehend davon wäre es notwendig gewesen, den zusätzlichen Lärm, der von dem Betrieb der Hubschrauber Sea King Mk 41 zu erwarten ist, zu ermitteln. Ein äquivalenter Dauerschallpegel ist - ausgehend von dem im Anzeigeschreiben gewählten Begründungsansatz - für die gestiegenen Flugbewegungen der Gruppe H 2 gar nicht ermittelt worden. Dies wäre aber nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm auch in einer UVP-Vorprüfung erforderlich gewesen, um die Lärmauswirkungen des Vorhabens überhaupt beurteilen zu können.
Eine Heilung dieses Fehlers ist nicht erfolgt. § 4 Abs. 1 Satz 3, 2. Halbsatz UmwRG i.V. mit § 45 VwVfG sieht die Heilung eines Verfahrensfehlers zwar grundsätzlich auch im gerichtlichen Verfahren vor. Allerdings ist es zweifelhaft, ob diese vorliegend überhaupt möglich wäre. Denn es handelt sich nicht lediglich um einen Verfahrensfehler. Vielmehr ist ein vollständig anderer Ermittlungsansatz für die UVP-Vorprüfung erforderlich. Das Ergebnis der Ermittlungen muss auch inhaltlich neu bewertet werden. Im Übrigen hat die Beklagte an ihrem bisherigen Ansatz der Lärmbetrachtung festgehalten und dies in der mündlichen Verhandlung auch deutlich gemacht.
Die fehlerhaft durchgeführte UVP-Vorprüfung führt ebenfalls dazu, dass gegen § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG verstoßen worden ist. Die Feststellung der Beklagten, dass eine wesentliche Änderung nach § 6 Abs. 4 Satz 1 LuftVG nicht gegeben sei, ist rechtswidrig. Die unionsrechtlich vorgegebenen Regelungen zur Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. zu der Pflicht zur Vorprüfung der UVP-Pflichtigkeit sind gegenüber der "Wesentlichkeit" einer Änderung oder Erweiterung i.S. des § 6 Abs. 4 Satz LuftVG vorgreiflich (Reidt, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, Loseblatt, Stand Juni 2013, § 6 Rn. 61). Weil die Pflicht zur Vorprüfung des Einzelfalls nicht in der gesetzlich vorgegebenen Weise erfüllt worden ist, kann die Wesentlichkeit der Änderung nach § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG auf der Grundlage der bisherigen Vorprüfung des Einzelfalls nicht abschließend beurteilt werden.
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit Abs. 3 UmwRG kann die Klägerin wegen der fehlerhaften UVP-Vorprüfung auch als natürliche Person die Aufhebung des Negativattests als Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens verlangen. Eine Verletzung in eigenen Rechten ist nicht erforderlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
Die Berufung war nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Fragen der Auslegung von § 4 und § 1 UmwRG sowie von § 2 Abs. 3 UVPG und § 71 LuftVG grundsätzliche Bedeutung haben.