Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 15.06.1995, Az.: 8 U 101/94
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 15.06.1995
- Aktenzeichen
- 8 U 101/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 33620
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1995:0615.8U101.94.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 10.02.1994 - AZ: 2 O 373/93
In dem Rechtsstreit
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 26. Mai 1995 unter Mitwirkung der Richter Maurer, Dr. Blumenberg und Glimm für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 10. Februar 1994 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 3. 800 DM vorläufig abwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beide Parteien dürfen die Sicherheit auch durch Beibringung einer schriftlichen, unbedingten, unbefristeten, unwiderruflichen und selbstschuldnerischen Bürgschaft einer Bank oder Sparkasse mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland leisten.
Beschwer des Klägers: unter 14. 000 DM; die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger war Arbeitnehmer der zwischenzeitlich in Konkurs gefallenen Firma G. Maschinen- und Apparatebau in Isernhagen. Diese hatte mit Wirkung vom 1. März 1985 (auch) zugunsten des Klägers eine Lebensversicherung in Form einer Direktversicherung zur Schaffung einer betrieblichen Altersversorgung mit der Beklagten abgeschlossen. Zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber ist eine entsprechende Vereinbarung am 19. Februar 1985 getroffen worden, wobei Bestandteil dieser Vereinbarung "Erläuterungen zur Versicherungszusage" sind, welche die Beklagte bereitgestellt hatte. In der Folgezeit hat die Beklagte dem Arbeitgeber des Klägers ein Policendarlehen gewährt, wobei die zugunsten des Klägers bestehende Versicherung mit 13. 970 DM beliehen worden ist.
Der Kläger ist (in beiden Instanzen) der Auffassung, die Beleihung sei mangels eigener Zustimmung hierzu unwirksam. Ein solches Zustimmungserfordernis ergebe sich aus den "Erläuterungen zur Versicherungszusage". Jedenfalls aber habe die Beklagte ihm gegenüber zu beachtende vertragliche Nebenpflichten nicht berücksichtigt.
Nach erstinstanzlicher Klagabweisung beantragt der Kläger, unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, daß die Beleihung des am 19. Februar 1985 zwischen der Firma G. Maschinen- und Apparatebau aus Isernhagen und der Beklagten geschlossenen Lebensversicherungsvertrages (Versicherungs-Nr.: 6184047.8.) durch die Beklagte gegenüber dem Kläger als Hauptberechtigtem und den sonstigen Berechtigten aus diesem Vertrage unwirksam ist und dem Kläger die volle Versicherungsleistung weiterhin unverändert zusteht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie geht von einer Wirksamkeit der Beleihung aus. Eine Zustimmung des Klägers zu einer solchen Beleihung liege bereits in der Zustimmung zu dem Abschluß der Versicherung und den "Erläuterungen zur Versicherungszusage" am 19. Februar 1985. Im übrigen handele es sich insoweit ausschließlich um Abreden zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber; im Außenverhältnis ihr gegenüber ließen sich daraus keinerlei Schlußfolgerungen ableiten. Es liege vielmehr ein Regelfall der zulässigen Policenbeleihung vor.
Wegen des weiteren Vortrages der Parteien im einzelnen wild auf das angefochtene Urteil mit seinen Verweisungen und die vom den Parteien in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beklagte war berechtigt, auf Wunsch der Firma G. Maschinen- und Apparatebau die diskutierte Beleihung der Police vorzunehmen.
Bei der Vertragsgestaltung zwischen der Beklagten, der Firma G. Maschinen- und Apparatebau und dem Kläger liegt eine Versicherung auf die Person eines anderen i. S. des § 169 VVG vor, und zwar in Form eines echten Vertrages zugunsten Dritter mit einem unwiderruflichen Bezugsrecht. Dieses Bezugsrecht ist allerdings gemäß §§ 5, 13 ALB n. F. = §§ 7, 15 ALB a.F. eingeschränkt, weil insoweit eine Policenbeleihung vorgesehen ist. Dies entspricht den Vorgaben des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, aus dessen §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 2 und 7 Abs. 1 zu entnehmen ist, daß entsprechende Versicherungsverträge vom Arbeitgeber abgetreten und beliehen werden können. Der Arbeitgeber darf also das "angesparte" Kapital für seine Betriebszwecke einsetzen; die Absicherung des Arbeitnehmers erfolgt durch Gewährung von Insolvenzschutz gem. § 7 des Gesetzes.
Auf diese Rechtslage im Verhältnis zwischen der Firma G. Maschinen- und Apparatebau und der Beklagten hat die Regelung in Ziff. 2.5. c) der "Erläuterungen zur Versicherungszusage", die Bestandteil der Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Firma G. Maschinen- und Apparatebau vom 19. Februar 1985 geworden ist, keinen Einfluß, und zwar auch nicht in Form der Begründung vertraglicher Nebenverpflichtungen der Beklagten in ihrem Rechtsverhältnis dem Kläger gegenüber. Die Beklagte hat diese Erläuterungen dem Arbeitgeber für seine eigenen Vereinbarungen mit den Arbeitnehmern lediglich im Rahmen einer Service-/Dienstleistung zur Verfügung gestellt, um (auch) mit einfacher "büromäßiger" Abwicklung in den einzelnen Arbeitsverhältnissen ihr "Produkt" der sog. Direktversicherung zu vertreiben. Anderes ist weder vorgetragen noch ersichtlich; die Freiheit des Arbeitgebers, mit seinen Arbeitnehmern ggfs. anderes zu vereinbaren, war damit nicht berührt. Weder aus den "Erläuterungen zur Versicherungszusage" noch aus den Umständen ergibt sich damit, daß die Beklagte eine rechtliche Verpflichtung dahin übernehmen wollte, eine Policenbeleihung von der Erteilung der Zustimmung der Arbeitnehmer abhängig zu machen. Zur Beachtung einer entsprechenden Verpflichtung wäre sie anderenfalls genötigt gewesen, sich im Einzelfall die Zustimmung eines jeden Arbeitnehmers von dem Arbeitgeber nachweisen zu lassen. Die im Prozeß vorgetragene Auffassung, mit Zustimmung des Betriebsangehörigen zu der entsprechenden Direktversicherung habe er bereits auch seine Zustimmung hinsichtlich der Beleihung erklärt, liegt fern und überzeugt den Senat nicht. Mit der Unterschrift unter der "Urkunde über eine Direktversicherung" erkennt der Betriebsangehörige (lediglich) die Geltung der "Erläuterungen zur Versicherungszusage" an, die aber ihrerseits für die Beleihung eine Zustimmungserklärung vorsehen, die also nur als eine gesonderte begriffen werden kann. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob diese Regelung in den "Erläuterungen zur Versicherungszusage" in sich schlüssig ist, weil für den Fall der Abtretung ein. Zustimmungserfordernis nicht vorgesehen ist. Eine ggfs. vorliegende Unklarheit müßte gegen den jeweiligen Verwender dieser allgemeinen Bedingungen durchschlagen. Auch aus Sicht des Klägers konnte die Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber vom 15. Februar 1985 nicht so verstanden werden, daß die Beklagte ihrerseits ihm gegenüber eine Prüfungspflicht dahin übernehmen wollte, ob eine Zustimmungserklärung mit gegebenenfalls geäußerten Beleihungswünschen des Arbeitgebers vorlag. Für den Kläger konnte es letztlich bei seiner Zustimmung zu einer betrieblichen Altersversorgung auf diese Frage nicht ankommen, weil er sich im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers durch die Regelung gemäß § 7 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung abgesichert fühlen durfte.
Damit aber war die Beklagte berechtigt, die zwischen den Parteien diskutierte Beleihung vorzunehmen, ohne sich der Verletzung einer vertraglichen Nebenverpflichtung dem Kläger gegenüber schuldig zu machen.
Es mußte daher unter Zurückweisung der Berufung bei der Klageabweisung mit der Kostenfolge des § 97 ZPO verbleiben. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO (vorläufige Vollstreckbarkeit) und § 546 ZPO (Festsetzung der Beschwer und Zulassung der Revision); die Revision war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.