Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 06.10.1997, Az.: 7 L 6802/96

Rechtmäßigkeit von Kontrollbesuchen der Polizei in einer Diskothek zur Überprüfung der Einhaltung des Jugenschutzgesetzes; Schutz von Räumen einer Diskothek durch Art. 13 GG

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
06.10.1997
Aktenzeichen
7 L 6802/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 24850
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1997:1006.7L6802.96.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BVerwG - 28.01.1998 - AZ: BVerwG 1 B 5.98

Amtlicher Leitsatz

Überwachung eines Gaststättenbetriebes

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen Kontrollbesuche des Beklagten in der von ihm geführten Diskothek in T.

2

Zwischen 1987 und 1993 hatte der Beklagte im Zuge von Personenkontrollen bereits mehrere Verstöße des Klägers gegen die Sperrzeitverordnung und gegen Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes ermittelt. In der Nacht vom 23. auf den 24. April 1994 suchten Mitarbeiter des Beklagten gegen 1.40 Uhr erneut die Diskothek des Klägers auf und stellten um 2.10 Uhr vier Verstöße gegen das Aufenthaltsverbot von Jugendlichen in Gaststätten fest. In der Nacht vom 18. auf den 19. November 1995 ließ der Beklagte eine weitere Kontrolle durchführen, wobei stichprobenartige Überprüfungen der Anwesenden zwischen 0.25 Uhr und 1.10 Uhr ergaben, daß sich 14 Personen unter 18 Jahren - einige davon sogar unter 15 Jahren - ohne Begleitung von Erziehungsberechtigten in der Diskothek aufhielten.

3

Am 8. Dezember 1995 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Er halte beide Kontrollen für rechtswidrig, da sie weder angekündigt noch mit ihm abgestimmt gewesen seien. Die Überprüfung im November 1995 sei zudem gegen seinen Willen erfolgt. Für diese Kontrollen, die ausschließlich strafrechtlichen Charakter gehabt hätten, habe es keinerlei Anlaß gegeben, da er seine berufliche Tätigkeit in vorbildlicher Weise zum Schutze von Jugendlichen ausübe. Zudem trage der Beklagte durch den Einsatz eines "Disco-Busses" selbst dazu bei, daß Jugendliche außerhalb der zulässigen Zeiten seinen Betrieb aufsuchen bzw. von dort verspätet abgeholt würden.

4

Der Kläger hat beantragt,

  1. 1.

    festzustellen, daß die von dem Beklagten durchgeführten Untersuchungen in dem Gewerbeobjekt des Klägers, Hauptstraße, 26689 A./T., vom 24. April 1994 sowie vom 19. November 1995 rechtswidrig waren,

  2. 2.

    dem Beklagten zu untersagen, Durchsuchungen des Gewerbeobjektes des Klägers in Hauptstraße, 26689 A./T. zum Zwecke der Feststellung von Verstößen von Jugendlichen gegen das Jugendschutzgesetz gegen den Willen des Klägers oder ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluß durchzuführen.

5

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

6

Aufgrund einer Vielzahl von Erkenntnissen über den Kläger, die Zweifel an seiner persönlichen Zuverlässigkeit begründeten, sei er zu Kontrollen in unregelmäßigem Abstand verpflichtet gewesen, um die Einhaltung der Vorschriften desJugendschutzgesetzes zu überprüfen. Die Überwachungsmaßnahmen seien zulässig gewesen, weil sie ausschließlich dem Zweck gedient hätten, Nachlässigkeiten und Mängel in der Führung eines Gewerbebetriebes aufzudecken bzw. gar nicht erst entstehen zu lassen.

7

Das Verwaltungsgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 21. Oktober 1996 die Klage abgewiesen. Die Zulässigkeit der erhobenen Fortsetzungsfeststellungsklage könne dahinstehen, da sie jedenfalls unbegründet sei. Die Kontrollen seien keine Überwachungsmaßnahmen zu allgemeinen polizeilichen Zwecken gewesen, sondern hätten der Einhaltung gaststättenrechtlicher Vorschriften, nämlich der Kontrolle des Jugendschutzes gedient. Bei Diskotheken mit einer langen Öffnungszeit und einer hohen Frequentierung durch Jugendliche seien erhöhte Kontrollanforderungen zu stellen, um nicht Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz Vorschub zu leisten. Betreiber von Gaststätten, bei denen wie beim Kläger bereits in der Vergangenheit entsprechende Verstöße festgestellt worden seien, müßten mit häufigeren Kontrollen rechnen. Die Organisation eines "Disco-Busses" durch den Beklagten stehe der originären Verantwortlichkeit des Klägers für die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes nicht entgegen und entbinde ihn nicht von seiner Verantwortung, daß Jugendliche um 24.00 Uhr die Gaststätte verlassen müßten.

8

Gegen diese ihm am 24. Oktober 1996 zugestellte Entscheidung hat der Kläger mit Schriftsatz vom 22. November 1996, beim Verwaltungsgericht am 26. November 1996 - einem Dienstag - eingegangen, Berufung eingelegt.

9

Nachdem er auf den Eingang der Berufungsschrift nach Ablauf der Berufungsfrist hingewiesen worden war, hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und hierzu vorgetragen, eine Angestellte seines Prozeßbevollmächtigten, die Zeugin Müller, habe am Samstag, dem 24. November 1996 kurz vor 12.00 Uhr sämtliche Geschäftspost - so auch die Berufungsschrift - in den vor dem Postgebäude in B. befindlichen Briefkasten eingeworfen. Bei einer regelmäßigen Postlaufzeit von 24 Stunden sei zu erwarten gewesen, daß eine Sendung, die vor der Sonntagsleerung in den Postkasten gelangt sei, den Empfänger am nächsten Tag, also - fristgemäß - am 25. November 1996 erreichen werde.

10

In der Sache selbst macht der Kläger geltend, das Verwaltungsgericht habe die gaststättenrechtlichen Vorschriften rechtsfehlerhaft angewandt; diese hätten die Durchführung "verwaltungsbehördlicher polizeilicher Aktivitäten" wegen angeblich erhöhter Anforderungen an die Einhaltung der Jugendschutzvorschriften nicht gerechtfertigt. Es sei weder nachvollziehbar, was das Verwaltungsgericht mit "langen Öffnungszeiten" der Diskothek meine, noch was es unter ihrer "hohen Frequentierung durch Jugendliche" verstehe. Der überwiegende Teil seiner an jedem Wochenende etwa 6.000 bis 10.000 Gäste sei älter als 18 Jahre. Alle Jugendlichen erhielten beim Betreten der Diskothek einen besonderen Eingangsstempel, der sich von dem Stempel für Erwachsene deutlich unterscheide. Damit sei ein "Sortieren" der Gäste um Mitternacht möglich. Durch Plakate und Handzettel werde auf die Vorschriften des Jugendschutzgesetzes hingewiesen. Noch vor Mitternacht ergehe über Lautsprecher der Hinweis an die Jugendlichen, sie hätten die Diskothek spätestens um Mitternacht zu verlassen. Ab 23.45 Uhr überprüften die von ihm eingesetzten ungefähr 80 Ordnungskräfte die Gäste und wiesen Jugendliche hinaus. Das Verwaltungsgericht habe es sich zu einfach gemacht, wenn es im Zusammenhang mit dem Betreiben des sog. "Disco-Busses" eine Mitverantwortung des Beklagten verneine. Weiterhin sei der verfassungsrechtliche Schutz der Wohnung nicht beachtet worden. Das Verwaltungsgericht habe überdies den Begriff "Jugendschutz", der ständigen soziologischen Veränderungen unterworfen sei, verkannt. Jugendliche hätten heutzutage sehr früh viele Rechte. Sie lebten sehr freizügig und suchten in der Regel erst gegen 22.30 Uhr oder 23.00 Uhr eine Diskothek auf. Es sei nicht einsehbar, warum sie sich um 23.30 Uhr in einer Diskothek aufhalten dürften, nicht aber um 0.30 Uhr, da die Gefährdungslage gleich sei. Zudem greife die Regelung, daß sich Jugendliche nach 24.00 Uhr nicht mehr in Gaststätten aufhalten dürften, nachhaltig in ihr Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrecht ein und verletze das Erziehungsrecht ihrer Eltern ausArt. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Letztlich führe der Beklagte willkürlich Überprüfungen ausschließlich im Betrieb des Klägers mit dem alleinigen Ziel der Verhängung von Bußgeldern durch, die bis zu 5.000,- DM pro Einzelverstoß betrügen.

11

Der Kläger beantragt,

ihm Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren und unter Aufhebung des Gerichtsbescheides

des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 21. Oktober 1996

  1. 1.

    festzustellen, daß die von dem Beklagten durchgeführten Untersuchungen in dem Gewerbeobjekt des Klägers Hauptstraße 26, 26689 A. vom 24. April 1994 sowie vom 19. November 1995 rechtswidrig waren,

  2. 2.

    dem Beklagten zu untersagen, Durchsuchungen des Gewerbeobjektes des Klägers in Hauptstraße 26, 26689 A. zum Zwecke der Feststellung von Verstößen von Jugendlichen gegen das Jugendschutzgesetz gegen den Willen des Klägers und ohne richterlichen Durchsuchungsbefehl durchzuführen.

12

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

13

Dem Kläger sei keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da die Verfristung auf einer verspäteten Abgabe der Berufungsschrift zur Post beruhe. In der Sache selbst nimmt er Bezug aufsein erstinstanzliches Vorbringen und trägt darüber hinaus vor, Kontrollen nicht nur in der Diskothek des Klägers, sondern auch in anderen Betrieben durchzuführen. Die Ergebnisse dieser Überprüfungen - insbesondere im Betrieb des Klägers - hätten gezeigt, daß solche Kontrollen auch künftig erforderlich seien.

14

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung die Angestellte des Prozeßbevollmächtigten des Klägers, Frau M. M., als Zeugin darüber vernommen, wann das Schreiben mit dem Berufungsantrag zur Post gegeben worden ist. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

15

1.)

Die Berufung ist zulässig. Sie ist zwar nicht innerhalb der Monatsfrist des § 124 Abs. 2 VwGO a.F., mithin verspätet, eingelegt worden. Dem Kläger ist jedoch auf seinen Antrag gemäß § 60 Abs. 1 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil er glaubhaft gemacht hat, daß sein Prozeßbevollmächtigter ohne Verschulden verhindert war, die Berufungsfrist einzuhalten. Aufrund der Aussage der Zeugin Müller ist davon auszugehen, daß die Berufungsschrift von ihr am Samstag, dem 23. November 1996 in den Briefkasten vordem Postgebäude in B. eingeworfen wurde. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers durfte daher erwarten, daß die Briefsendung bei einer üblichen Postlaufzeit von einem Tag das ca. 40 km entfernte Verwaltungsgericht in Oldenburg am folgenden Montag, dem 25. November erreichen würde. Die schriftlichen und fernmündlichen Auskünfte der Deutschen Post AG, Niederlassung Briefpost Oldenburg stehen dem nicht zwingend entgegen. Es läßt sich nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen, daß die Verzögerung der Briefsendung auf einem im Verantwortungsbereich der Post liegenden Umstand beruht. Zwar spricht die Auskunft der Deutschen Post AG, Unregelmäßigkeiten im Bereich der Kastenleerung in B. könnten für den hier entscheidenden Zeitraum nicht festgestellt werden, gegen eine unterbliebene oder verspätete Leerung, schließt aber anderweitige postinterne Ursachen der Verzögerung nicht aus. Angesichts der Aussage der Zeugin Müller, an deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln der Senat keinen Anlaß sieht, kann daher ein dem Kläger zuzurechnendes Verschulden seines Prozeßbevollmächtigten an der Versäumung der Berufungsfrist nicht festgestellt werden.

16

2.)

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

17

a)

Soweit der Kläger die Rechtswidrigkeit der beiden Nachschauen vom 24. April 1994 und vom 19. November 1995, die in unmittelbarer Ausübung einer gesetzlichen Befugnis und nicht in Gestalt oder auf der Grundlage eines besonderen Verwaltungsaktes durchgeführt worden sind, festgestellt wissen will, ist die Klage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO als Feststellungsklage zulässig. Dem steht nicht entgegen, daß die Nachschauen im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits beendet waren. Denn der Beklagte hat ausdrücklich angekündigt, auch in Zukunft in der vom Kläger betriebenen Gaststätte Nachschauen durchführen zu wollen. Mithin hat der Kläger damit wegen "Wiederholungsgefahr" ein Feststellungsinteresse. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, daß die beiden Nachschauen am 24. April 1994 und am 19. November 1995 ihre Rechtsgrundlage in§ 22 Abs. 2 des Gaststättengesetzes - GastG - fanden. Nach dieser Vorschrift sind die von der zuständigen Behörde mit der Überwachung eines Betriebes beauftragten Personen u.a. befugt, Grundstücke und Geschäftsräume eines Gastwirts zu betreten und dort Prüfungen vorzunehmen, und hat diese Maßnahmen gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 GastG zu dulden.

18

Entgegen der Auffassung des Klägers verstoßen auf § 22 Abs. 2 GastG gestützte Nachschauen nicht gegen Verfassungsrecht. Gemäß Art. 13 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG - ist die Wohnung unverletzlich. Nach allgemeiner Auffassung sind unter "Wohnung" Räume zu verstehen, die eine Person zur Stätte ihres gewöhnlichen Aufenthaltes gemacht und die sie der allgemeinen Zugänglichkeit entzogen hat. Grundsätzlich können dazu auch Geschäftsräume zählen. Die gewerblich genutzten Räume der Diskothek des Klägers - nur diese sind vom Beklagten kontrolliert worden - sind jedoch entsprechend ihrer Zweckbestimmung öffentlich zugänglich und daher nur eingeschränkt durch Art. 13 GG geschützt (BVerfG, Beschluß vom 13. Oktober 1971-1 BvR 280/66 -, BVerfGE 32, 54/75 ff. [BVerfG 13.10.1971 - 1 BvR 280/66]). Wenn ein Behördenvertreter in Ausübung gesetzlicher Kontrollbefugnisse die von dem Gewerbetreibenden selbst für den Zutritt Außenstehender geöffneten Räumlichkeiten betritt, so liegt darin kein Eingriff in dessen grundrechtlich geschützte Wohnungssphäre (BVerfG, a.a.O.). Selbst wenn dies der Fall wäre, so wäre das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung durch § 22 Abs. 2 GastG in verfassungsmäßiger Weise eingeschränkt. Gemäß Art. 13 Abs. 3 GG sind Eingriffe oder Beschränkungen des Grundrechts u.a. zum Schutze gefährdeter Jugendlicher zulässig. Diesem Jugendschutz sollten die Nachschauen, die ausschließlich Personenkontrollen jugendlicher Besucher der Diskothek zum Gegenstand hatten, dienen.

19

Soweit der Kläger anzweifelt, daß die Vorschriften des Jugendschutzgesetzes noch der gesellschaftlichen Wirklichkeit entsprächen, führt dies ebensowenig rechtlich weiter wie die Beantwortung der von ihm aufgeworfenen Fragen, ob infolge eines Wandels in der Jugendkultur Diskotheken heutzutage meist erst ab 22.30 Uhr aufgesucht werden oder ob Jugendliche vor Rauschmittelkonsum in Diskotheken besser als auf privaten Parties geschützt sind. All dies hat keinerlei rechtliche Auswirkungen auf den hierzu entscheidenen Fall. Denn die Regelungen des § 3 JÖSchG sind eindeutig, unmißverständlich und auch vordem Hintergrund eines möglichen gesellschaftlichen Wandels nicht im Sinne des Klägers auslegungsfähig. Wenn diese Vorschriften nicht mehr zeitgemäß sein sollten, wäre allein der Gesetzgeber gefordert, Abhilfe zu schaffen. Verwaltungsbehörden und Gerichte haben sich hingegen am klaren, nicht auslegungsfähigen Wortlaut der Norm zu orientieren. Es bedarf in diesem Zusammenhang auch keiner weiteren Erörterung, ob die Vorschriften des JÖSchG das Selbstbestimmungsrecht jugendlicher Diskothekenbesucher bzw. das Erziehungsrecht ihrer Eltern tangieren. Denn selbst wenn es so wäre, wofür allerdings keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, könnte sich der Kläger mangels Betroffenheit in eigenen Rechten nicht darauf berufen.

20

Der Beklagte hat bei der Anordnung und Durchführung der beiden Nachschauen die durch den Gesetzeszweck gezogenen Grenzen nicht überschritten. Eine Nachschau in einer Gaststätte stellt eine geeignete Maßnahme der Gewerbeüberwachung dar, um festzustellen, ob ein Betrieb ordnungsgemäß geführt wird und ob die Vorschriften des Jugendschutzgesetzes, z.B. § 3, eingehalten werden. Da der Gesetzgeber in § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG die Beachtung der Vorschriften des Jugendschutzes als Zuverlässigkeitskriterium bei der Prüfung von Versagungsgründen aufgestellt hat, steht die behördliche Nachschau im Gaststättengewerbe in einem notwendigen gewerberechtlichen Zusammenhang mit der Verpflichtung der Behörde zum Widerruf einer Gaststättenerlaubnis, sofern Tatsachen bekannt werden, die die Annahme rechtfertigen, daß ein Gewerbetreibender die erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt (§§ 15 Abs. 2 i.V.m. 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG). Soweit der Kläger darauf hinweist, die Befugnis, eine Nachschau auszuüben, sei durch den gaststättenrechtlichen Zweck begrenzt und dürfe nicht Maßnahmen auf dem Gebiet des Strafprozeßrechts oder des Ordnungswidrigkeitenrechts dienen, ist dem zwar grundsätzlich zuzustimmen. Doch gibt es im vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß der Beklagte seine gaststättenrechtlichen Befugnisse überschritten und die Nachschauen zu dem ausschließlichen Zweck durchgeführt hätte, "Material" für Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Kläger zu sammeln. Vielmehr stellte sich die Situation für den Beklagten so dar, daß der Kläger in der Vergangenheit (zwischen 1978 und 1995) in 14 Fällen gegen Vorschriften des Jugendschutzgesetzes verstoßen hat und zudem eine Vielzahl weiterer Verfahren mit gewerberechtlichem Bezug gegen ihn geführt wurden. Überwachungsmaßnahmen nach § 22 GastG waren daher geboten. Sie setzen im übrigen nicht einmal voraus, daß ein begründeter Verdacht besteht, ein Gewerbetreibender begehe Rechtsverstöße. Selbst dann, wenn im Einzelfall kein besonderer Anlaß zur Prüfung gegeben ist, hat die zuständige Behörde die Rechtspflicht, Maßnahmen nach § 22 GastG zu treffen, weil die gewerberechtliche Überwachung ebenfalls dem Zweck dient, Nachlässigkeiten und Mängel in einem Betrieb gar nicht erst aufkommen zu lassen und etwaige vorhandene Mängel aufzudecken (vgl. Michel/Kienzle, Das Gaststättengesetz, 12. Aufl. 1995, Rdnr. 5 zu § 22 m.w.N.).

21

Der Beklagte hat auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Anhaltspunkte dafür, daß er sich bei den Personenkontrollen dem Kläger gegenüber schikanös verhalten oder etwa allein dessen Diskothek mit Nachschauen überzogen hat, gibt es nicht. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung hierzu unwidersprochen vorgetragen, auch andere Diskotheken entsprechend zu kontrollieren. Der Gleichheitssatz verlangt zudem nicht, daß eine Behörde zu einer schematischen Gleichbehandlung aller Gaststättenbetriebe kommt, sie hat vielmehr einen an den Umständen des Einzelfalls orientierten weiten Spielraum für die Ausübung ihres Ermessens bei der Entscheidung, wann und wo gewerberechtliche Kontrollen durchgeführt werden (Michel/Kienzle, a.a.O., Rdnr. 7). Es liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Erörterung, daß eine Nachschau ihren Zweck nur dann erfüllen kann, wenn der zu überwachende Gewerbetreibende den Zeitpunkt, zu dem sie stattfinden soll, nicht vorher bereits kennt (vgl. Mörtel/Metzner, Gaststättengesetz, 4. Aufl. 1988, Rdnr. 7 zu § 22). Die Auffassung des Klägers, die Termine hätten mit ihm abgestimmt werden müssen, ist mit der Zielsetzung einer wirkungsvollen Kontrolle unvereinbar. Erfolglos wendet der Kläger ein, den Beklagten treffe ein Mitverschulden an den festgestellten Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz, weil er einen "Disco-Bus", der erst kurz nach Mitternacht vor der Diskothek abfahre, bereitstelle. Diese Argumentation vertauscht Ursache und Wirkung. Nach den gesetzlichen Bestimmungen ist einzig und allein der Kläger selbst für die Einhaltung der Jugendschutzvorschriften in seiner Gaststätte verantwortlich.

22

b)

Der Antrag zu Ziff. 2.) ist als vorbeugende Unterlassungsklage, die als Unterfall der Leistungsklage darstellt, statthaft. Sie hat das Verwaltungsgericht ebenfalls zu Recht abgewiesen. Bei wörtlichem Verständnis seines Antrags fehlt dem Kläger bereits ein Rechtsschutzbedürfnis, da die vom Beklagten geplanten Nachschauen keine "Durchsuchungen" sind und daher für sie ein richterlicher Durchsuchungsbeschluß i.S.v. §§ 102 ff StPO nicht erforderlich ist. Der Kläger hat nichts dafür dargetan, daß der Beklagte etwa über die bisherigen Kontrollen hinausgehende Durchsuchungen beabsichtige.

23

Sollte der Antrag so zu verstehen sein, daß der Kläger generell dem Beklagten weitere Nachschauen untersagen lassen will, bliebe er damit ebenfalls erfolglos. Der Beklagte darfauch in Zukunft weiterhin Kontrollen zum Zwecke der Feststellung von Verstößen gegen dasJugendschutzgesetz gegen den Willen des Klägers und ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluß in dessen Diskothek durchführen, wenn sie die Prüfung der gaststättenrechtlichen Zuverlässigkeit des Kläger zum Gegenstand haben. Art und Ausmaß einer solchen Überwachung stehen im - weiten - Ermessen der zuständigen Behörde, wobei die Überprüfungen in unregelmäßigen Zeitabständen durchgeführt werden dürfen, ohne daß zwischen den einzelnen Nachschauen ein Mindestabstand eingehalten werden muß. Behördliche Kontrollen innerhalb kurzer Zeitabstände sind insbesondere dann gerechtfertigt, wenn - wie im vorliegenden Fall - aufgrund früherer Vorkommnisse Zweifel bestehen, ob der Gewerbetreibende für die Ausübung des Gewerbes die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt (BVerwG, Urteil vom 2. März 1971 -1 C 37.69-, GewArch 1971, 153/155). 3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; der Ausspruch zu ihrer vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 10.000,- DM festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG