Sozialgericht Osnabrück
v. 27.10.2006, Az.: S 22 AS 494/05
Sozialhilferechtliche Leistungen für eine Unterkunft; Angemessenheit von Unterkunftskosten eines Hilfeempfängers
Bibliographie
- Gericht
- SG Osnabrück
- Datum
- 27.10.2006
- Aktenzeichen
- S 22 AS 494/05
- Entscheidungsform
- Gerichtsbescheid
- Referenz
- WKRS 2006, 39111
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGOSNAB:2006:1027.S22AS494.05.0A
Rechtsgrundlagen
- § 19 S. 1 Nr. 1 SGB II
- § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II
Tenor:
- 1.
Der Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2005 wird unter Maßgabe der Ziffer 2 abgeändert.
- 2.
Die Beklagte wird dem Grunde nach verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 weitere Leistungen für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu gewähren.
- 3.
Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 weitere Leistungen für Unterkunft nach§22 Sozialgesetzbuch Zweites Buch Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Sie bewohnt mit ihrem minderjährigen Sohn eine 70 m2 große Mietwohnung. Hierfür fallen monatlich folgende Kosten an: 350,- EUR Kaltmiete und 90,- EUR Betriebskosten sowie 67,- EUR Abschläge für die Belieferung mit Gas zur Beheizung der Wohnung durch die Stadtwerke D. AG.
Die Klägerin beantragte am 4. November 2004 die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die bis zum 31. Dezember 2004 zuständige Agentur für Arbeit D. bewilligte der Klägerin und ihrem Sohn daraufhin mit Bescheid vom 9. Dezember 2004 für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 die begehrten Leistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung. Der Bescheid enthielt folgenden Zusatz:
"Gem. §22 Abs. 1 SGB II können grundsätzlich nur die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung berücksichtigt werden. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheiten des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange zu berücksichtigen, wie es dem Hilfeempfänger nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Die von Ihnen zu zahlende und bei der Bedarfsberechnung berücksichtigte Miete in Höhe von zur Zeit 440,- EUR ist nicht angemessen im Sinne der oben genannten Vorschrift und kann daher lediglich bis zum 30. Juni 2005 anerkannt werden.
Die anzuerkennende Miethöchstgrenze beträgt in Ihrem Fall 330,00 (Kaltmiete plus Nebenkosten/ohne Heizkosten)."
Auf den Folgeantrag der Klägerin hin bewilligte die nunmehr zuständige Beklagte der Klägerin und ihrem Sohn mit Bescheid vom 6. Juni 2005 für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 781,60 EUR. Dabei betrugen die Leistungen für Unterkunft monatlich 330,- EUR und die Leistungen für Heizung monatlich 56,60 EUR. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 7. September 2005 zurückgewiesen.
Die Klägerin hat am 6. Oktober 2005 Klage erhoben und begehrt die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten. Sie trägt vor, dass sie als Asthmatikerin und Allergikerin auf einen gefliesten Wohnraum angewiesen sei. Sie habe den Wohnungsmarkt in der E. Zeitung auf günstigen Wohnraum überprüft, bei Großvermietern angerufen und ihre Personalien hinterlegt. Darüber hinaus habe sie sich zahlreiche Wohnungen angeschaut. Zu den von der Beklagten vorgegebenen Konditionen habe sie jedoch keine Wohnung in D. finden können.
In dem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 24. Oktober 2006 hat die Beklagte dahingehend ein Teilanerkenntnis abgegeben, dass für den streitbefangenen Zeitraum weitere Leistungen für Unterkunft in Höhe von monatlich 35,- EUR gewährt werden. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen.
Sie beantragt danach nunmehr,
- 1.
den Bescheid vom 6. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2005 unter Maßgabe der Ziffer 2 abzuändern und
- 2.
die Beklagte dem Grunde nach zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 weitere Leistungen für Unterkunft unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an ihrer Entscheidung fest. Zur Bestimmung der Angemessenheit des Wohnraumes sei auf die rechte Spalte der Tabelle zu §8 WoGG, vorliegend für zwei Personen und Mietenstufe 3, abzustellen. Inwieweit sich die Klägerin während derÜbergangsfrist intensiv um eine angemessene Unterkunft bemüht habe, bliebe offen. Entsprechende Bemühungen habe die Klägerin nicht substantiell nachgewiesen. Hinsichtlich der Asthmaerkrankung und der Allergie sei der Klägerin auch Wohnraum mit Holz-, Kunststoff und Textilbelag zuzumuten. Des Weiteren dürften an die Belehrungspflicht nach §22 Abs. 1 Satz 2 SGB II keine überspannten Anforderungen gestellt werden; in diesem Zusammenhang verweist sie auf eine Entscheidung des Landesozialgerichtes Baden-Württemberg (Beschluss vom 25. Januar 2006 L 8 AS 4296/05 ER-B ).
Die Kammer hat die Beteiligten in dem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage bezüglich der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten waren Gegenstand der Entscheidung. Auf ihren Inhalt wird ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Kammer konnte diesen Rechtsstreit gemäß §105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Den Beteiligten ist zuvor rechtliches Gehör gewährt worden.
Darüber hinaus konnte die Kammer die Beklagte gemäß §130 Abs. 1 SGG dem Grunde nach zur weiteren Leistungsgewährung verurteilen, weil die Klägerin im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. §54 Abs. 4 SGG) Leistungen in Geld begehrt (vgl. §§4 Abs. 1 Nr. 2, 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II), auf die die Klägerin einen Rechtsanspruch hat (vgl. §§19 Satz 1 Nr. 1, 22 Abs. 1 SGB II).
Danach ist die zulässige Klage begründet. Der Bescheid vom 6. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2005 ist insoweit rechtswidrig und beschwert die Klägerin, als die Beklagte die zwischen den Beteiligten allein streitigen Leistungen für Unterkunft nicht in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen gewährt. Die Klägerin hat für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 Anspruch auf weitere Leistungen für Unterkunft bis zu der Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen, denn ihr war im streitbefangenen Zeitraum eine Reduzierung der Unterkunftskosten nicht zumutbar.
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist§22 Abs. 1 Satz 2 SGB II.
Danach hat der Leistungsträger Hilfebedürftigen die den angemessenen Umfang übersteigenden Unterkunftskosten so lange zu zahlen, wie es dem Hilfeempfänger (unter anderem) nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. §22 Abs. 1 Satz 2 SGB II normiert damit eine Obliegenheit des Hilfebedürftigen zu Bemühungen um eine Kostensenkung. Diese Obliegenheit ist dadurch gekennzeichnet, dass auf das Verhalten des Hilfeempfängers eingewirkt werden soll, damit er im Falle unangemessener Unterkunftskosten diese senkt und nicht gezwungen wird, den den angemessenen Betrag übersteigenden Unterkunftsbedarf durch die Regelleistung zu decken und damit die durch die Regelleistung ihrerseits vorgesehene Bedarfsdeckung zu gefährden. Eine Verpflichtung, dieser Obliegenheit nachzukommen, besteht für den Hilfeempfänger nicht. Kommt der Hilfeempfänger der Obliegenheit jedoch nicht nach und kann er die Unzumutbarkeit eines Umzuges in eine von dem Leistungsträger für angemessen erachtete Wohnung nicht nachweisen, hat er die für ihn negativen Auswirkungen zu tragen; er erhält nur noch die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft.
Mit dieser Obliegenheit des Hilfeempfängers einher geht die Verpflichtung des Leistungsträgers, den Hilfeempfänger hinsichtlich dessen Obliegenheit aufzuklären. Zwar enthält die Regelung des§22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nach ihrem Wortlaut keine Verpflichtung des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende zur Belehrung des Hilfeempfängers über dessen Obliegenheit und deren Folgen bei Nichtbeachtung. Jedoch ist diese Verpflichtung des Leistungsträgers aus dem Begriff der Zumutbarkeit zu entnehmen und folgt auch daraus, dass den Hilfebedürftigen wie bereits aufgezeigt erhebliche nachteilige Auswirkungen in Bezug auf seinen Leistungsanspruch treffen, wenn er der Obliegenheit nicht nachkommt (so Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19. September 2006 L 3 ER 161/06 AS [...] Rn. 14; Bundessozialgericht, Urteil vom 25. Mai 2005 B 11a/11 AL 81/04 , [...] Rn. 27 zu der Hinweispflicht der Agentur für Arbeit hinsichtlich der den Arbeitslosen treffenden Obliegenheit der frühzeitigen Meldung nach §37 b Sozialgesetzbuch Drittes Buch Arbeitsförderung ).
Dient die Belehrung dazu, dem Hilfeempfänger dessen Obliegenheit und die Konsequenzen einer Nichtbeachtung der Obliegenheit zu verdeutlichen, so muss die Belehrung konkret, richtig und vollständig sein (so Bundessozialgericht, Urteil vom 25. Mai 2005, a.a.O., [...] Rn. 22) und dem Hilfeempfänger in verständlicher Form zutreffend erläutern, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen aus der fehlenden Bemühung zur Senkung der Unterkunftskosten resultieren. Das bedeutet, dass der Leistungsträger den Hilfeempfänger über folgendes aufzuklären hat:
- 1.
Den Umstand und Grund, dass und weshalb die Wohnung unangemessen ist und welcher Betrag für die Kosten der Unterkunft als angemessen erachtet wird.
- 2.
Welche Wohnfläche für den Hilfeempfänger und die gegebenenfalls mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen angemessen ist (so auch Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 17. März 2006 L 7 AS 20/05 , zurzeit in Revision, dort B 7b AS 10/06 R , [...] Rn. 23 und 24; Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19. September 2006 L 3 ER 161/06 AS [...] Rn. 14).
- 3.
Die Möglichkeit, eine erheblich größere Wohnung zu bewohnen, wenn die Miete dennoch den als angemessen erachteten Maßstäben genügt.
- 4.
Den Maßstab, der der Bemessung der für angemessen erachteten Heizkosten zugrunde liegt (ebenso Sozialgericht Dortmund, Urteil vom 11. Juli 2006 S 33 AS 375/05 , [...] Rn. 37; zu der Frage der Anwendbarkeit von §22 Abs. 1 Satz 2 SGB II: bejahend Beschluss der Kammer vom 19. Juni 2006 S 22 AS 315/06 ER ; Sozialgericht Osnabrück, Urteil vom 9. Juni 2006 S 23 AS 47/05 ; Sozialgericht Dortmund, Urteil vom 13. März 2006 S 29 AS 176/05 ; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. Januar 2006 L 19 B 107/05 AS ; verneinend: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 24. August 2006 L 9 AS 407/06 ER ).
- 5.
Die Obliegenheit des Hilfeempfängers, sich um eine Reduzierung der Kosten durch Untervermietung, Rücksprache mit dem Vermieter oder letztlich einen Umzug zu bemühen.
- 6.
Den Umstand, dass der Hilfeempfänger Nachweise zu erbringen hat, um seine Bemühungen zur Kostenreduzierung zu belegen (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 17. März 2006, a.a.O.; Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19. September 2006, a.a.O.).
Gemessen an diesen Vorgaben genügt der von der damaligen Agentur für Arbeit D. in dem Bescheid vom 9. Dezember 2004 ausgesprochene Hinweis den Anforderungen nicht, denn er ist unvollständig. Er wiederholt lediglich den Gesetzeswortlaut und stellt fest, dass ab dem 1. Juli 2005 ein Betrag von 330,- EUR für angemessen erachtet wird. Dass der Klägerin danach bewusst gewesen sein muss, dass sie sich intensiv unter Zuhilfenahme aller ihr zumutbar erreichbarer Hilfen um günstigeren Wohnraum zu bemühen habe, ist sicherlich unbestritten. Welche Wohnungsgröße als angemessen erachtet Wird, wurde ihr jedoch nicht mitgeteilt. Ein Hinweis auf die für die Klägerin und ihren Sohn maßgebliche Wohnfläche von 60 m2 fehlt. Gleiches gilt für die Angaben zu den Heizkosten. Soll die Klägerin sich um günstigeren Wohnraum bemühen, muss ihr auch wenn die jetzigen (unstreitigen) Heizkosten angemessen sein mögen aufgezeigt werden, welcher Maßstab im Hinblick auf die Heizkosten im Falle des Wohnungswechsels dann maßgeblich ist. Dass die Klägerin darüber hinaus ihre Bemühungen gegenüber der Beklagten nachzuweisen hat, um ihre Rechte, wie es §2 SGB II verlangt, möglichst weitgehend verwirklichen zu können (auf diesen Umstand hinweisend: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13. Oktober 2005 L 8 AS 168/05 ER und vom 27. Oktober 2005 L 8 AS 158/05 AS ), wird aus der Belehrung ebenfalls nicht ersichtlich. Bei dieser Sachlage kann die Beklagte der Klägerin im Widerspruchsbescheid nicht entgegenhalten, sie die Klägerin habe entsprechende Bemühungen zur Reduzierung der Unterkunftskosten nicht substantiell nachgewiesen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten werden keine überspannten Anforderungen an die Belehrung gestellt. Die Beklagte hat sich als Leistungsträgerin immer vor Augen zu führen, dass im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende grundgesetzlich verbürgte, das Existenzminimum sichernde Leistungen gewährt werden und deshalb ein strengerer Maßstab an die Belehrung zu stellen ist, als er sich möglicherweise in anderen Leistungsbereichen des Sozialrechts ergibt. Die Belehrung mit den aufgezeigten erforderlichen Bestandteilen kann in Relation zu der existenzsichernden Bedeutung der Grundsicherungsleistungen auch ohne unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand durch ein Merkblatt oder, wie es die Beklagte nunmehr wohl unabhängig von diesem Rechtsstreit plant, durch ein Hinweisschreiben erfolgen.
Mit der aufgezeigten Belehrungspflicht in einem engen Zusammenhang steht die Verpflichtung des Leistungsträgers, den Hilfeempfänger auch ohne besonderen Antrag im Rahmen eines laufenden Verwaltungsverfahrens gemäß §14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch Allgemeiner Teil auf klar zutage liegende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und die von jedem verständigen Hilfebedürftigen mutmaßlich genutzt werden (so Bundessozialgericht, Urteil vom 7. November 1991 12 RK 22/91 = SozR 3-1200 §14 Nr. 5; Urteil vom 17. April 1986 7 RAr 81/84 = BSGE 60, 79, 86; Seewald in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Loseblattsammlung, 50. Ergänzungslieferung, Mai 2006, §14, Rn. 19; zu §22 Abs. 1 Satz 2 SGB II: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschlüsse vom 13. und 27. Oktober 2005, a.a.O.).
Diesen Anforderungen genügt der Hinweis ebenfalls nicht, denn es fehlen Angaben zur Möglichkeit der Übernahme der Wohnungsbeschaffungskosten, Mietkaution und Umzugskosten nach §22 Abs. 2 bzw. Abs. 3 SGB II. Diese Angaben sind zweckmäßig, weil Wohnungsbeschaffungskosten, Mietkaution und Umzugskosten in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Aufforderung zur Reduzierung der Wohnkosten stehen, die vorliegend nur durch den Umzug der Klägerin und ihres Sohnes realisiert werden kann. Auf diese nahe liegenden Anspruchsmöglichkeiten hat die Beklagte deshalb in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufforderung zur Reduzierung der Wohnkosten hinzuweisen. Die Kammer weist klarstellend daraufhin, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, den mündigen und zur Eigenaktivität verpflichteten Hilfeempfänger (vgl. §§1 Abs. 1 Satz 2, 2 SGB II) über jede erdenkliche Leistung zu informieren. Besteht jedoch wie vorliegend ein unmittelbarer zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zu weiteren möglichen Leistungen, die die Entscheidung für oder gegen einen Umzug maßgeblich mitbeeinflussen können, ist ein entsprechender Hinweis erforderlich.
Entspricht der Hinweis der Beklagten nicht den gesetzlichen Anforderungen, mangelt es dem Hinweis im Rahmen der Geltendmachung existenzsichernder Bedürfnisse insbesondere an den Angaben zur Wohnfläche und zum Maßstab zur Bestimmung der angemessenen Heizkosten sowie an der Belehrung über den zu erbringenden Nachweis der erfüllten Obliegenheit, ist der Klägerin nicht zuzumuten, die Wohnkosten zu reduzieren. Die Sechs-Monats-Frist ist für die Klägerin bereits nicht in Lauf gesetzt worden.
Der Hinweis der Beklagten auf die Entscheidung des Landesozialgerichtes Baden-Württemberg (Beschluss vom 25. Januar 2006 L 8 AS 4296/05 ER-B ) vermag zu keiner anderen Bewertung zu führen. Denn die dortige Entscheidung setzt sich mit den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Belehrung durch den Leistungsträger nicht auseinander. Der Entscheidung ist zuzustimmen, soweit dort festgestellt wird, dass der Leistungsträger dem Hilfeempfänger keine konkreten Unterkunftsalternativen aufzeigen muss, wenn dieser nicht bereit ist, sich um eine Kostenreduzierung zu bemühen. Dieses ist jedoch hier nicht entscheidungserheblich, weil vorliegend bereits gleichsam einen Schritt zuvor geprüft und verneint wurde, ob eine Kostenreduzierung überhaupt zumutbar war und die von dem Gesetzgeber für den Regelfall vorgesehene Sechs-Monats-Frist begonnen hat zu laufen.
Die Beklagte wird der Klägerin deshalb die sich ergebende Differenz zwischen dem bislang unter Beachtung des abgegebenen Teilanerkenntnisses gewährten Leistungsbetrages entsprechend der rechten Spalte zu §8 WoGG und den tatsächlichen Aufwendungen auszahlen. Bei dieser Sach- und Rechtslage bedurfte es keiner Entscheidung der Kammer, welche Aufwendungen im Zuständigkeitsbereich der Beklagten als angemessen zu berücksichtigen sind. Diese Frage wird erst nach ordnungsgemäßer Belehrung zu beantworten sein. Die Kammer weist die Klägerin zur Vermeidung weiterer gerichtlicher Verfahren jedoch bereits jetzt darauf hin, dass die bisherige Wohnung wohl nicht angemessen sein dürfte und sie die Klägerin im Zuständigkeitsbereich der Beklagten auf günstigeren ungefliesten Wohnraum zu verweisen sein dürfte.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung des §193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Die Berufung wird lediglich im Hinblick auf die Revision gegen die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts gemäß §144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.