Sozialgericht Osnabrück
Urt. v. 26.10.2006, Az.: S 5 U 282/03
Bibliographie
- Gericht
- SG Osnabrück
- Datum
- 26.10.2006
- Aktenzeichen
- S 5 U 282/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 44139
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGOSNAB:2006:1026.S5U282.03.0A
In dem Rechtsstreit
...
hat die 5. Kammer des Sozialgerichts Osnabrück - auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2006 in Osnabrück durch dien Vorsitzende,
die Richterin am Sozialgericht,
den ehrenamtlichen Richter,
den ehrenamtlichen Richter
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind dem Kläger nicht zu erstatten.
TATBESTAND
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung von Kraftfahrzeughilfe.
Der am 14.01.1935 geborene Kläger, der am 22.02.1980 einen Arbeitsunfall (offener Oberschenkelbruch mit Quetschung und "Durchspießungswunde" mit Gefäßverletzungen) erlitten hatte, bezog von August 1985 an Erwerbsunfähigkeitsrente und erhält seit dem 01.02.2000 Altersrente.
Nachdem für den Kläger in den Jahren 1981, 1986, 1992 und 1996 (nach einem Verkehrsunfall) jeweils Leistungen im Rahmen der Kfz-Hilfe gewährt worden waren, wandte sich der Kläger erneut mit Schreiben vom 10.01.2003 an die Beklagte, mit dem er um die Erstattung der Kosten für ein Automatikgetriebe sowie den Umbau der Gaspedalanlage bat. Die von der Beklagten mit Schreiben vom 29.01.2003 dazu gestellten weiteren Fragen beantwortet er dahingehend, dass sein Fahrzeug eine Laufleistung von 50 000 km habe und an Unfallschäden bisher ein Stoßstangenschaden zu beseitigen gewesen sei. Als Grund für den Kauf eines neuen Kfz zum jetzigen Zeitpunkt gab er an, dass er aufgrund seiner Gehbehinderung auf ein zuverlässiges Auto angewiesen sei. An größeren Instandhaltungsarbeiten sei in den letzten 5 Jahren die Erneuerung der Zündanlage erforderlich gewesen. Jetzt stünden an größeren Instandhaltungsmaßnahmen an: der Katalysator, die Bremsen sowie die Stoßdämpfer. Eine Besichtigung des Fahrzeugs könne nicht mehr vorgenommen werden, da es in den Export gegangen sei.
Mit Bescheid vom 27.02.2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Kostenübernahme für die beantragte behinderungsbedingte Zusatzausstattung für den Pkw des Klägers im Rahmen der Kfz-Hilfe abgelehnt werde. Die Beklagte habe zuletzt für den im Februar 1996 gekauften Neuwagen, Modell Ford Escort, eine Förderung im Rahmen der Kfz-Hilfe vorgenommen. Unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten sei es durchaus zumutbar gewesen, dieses Fahrzeug weiterhin einzusetzen.Nach Ziffer 13.2 der Kraftfahrzeughilfe-Richtlinien in der seit dem 01.01.1999 gültigen Fassung werde Hilfe zum erneuten Erwerb eines Kfz in der gesetzlichen Unfallversicherung in Verbindung mit der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung nur dann geleistet, wenn die weitere Nutzung des zuletzt geförderten Fahrzeugs unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht zumutbar sei. Dies könne regelmäßig bei einem 10 Jahre alten Fahrzeug unterstellt werden. Die Hilfe solle allerdings nicht vor Ablauf von 5 Jahren seit der Beschaffung des zuletzt geförderten Fahrzeugs geleistet werden. Die Nutzungsdauer von 5 Jahren allein begründe noch keinen Anspruch auf Hilfe bei der Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs. Ausschlaggebend sei vielmehr, ob die weitere Nutzung des Altfahrzeugs unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zumutbar sei. Der jetzt verkaufte und 7 Jahre alte Ford Escort habe lediglich eine Kilometerleistung von 50 000 km gehabt. Größere Instandhaltungsarbeiten seien in den letzten 5 Jahren nicht durchzuführen gewesen. Darüber hinaus könne über die nach Angaben des Klägers anstehenden größeren Instandhaltungsarbeiten jetzt kein Nachweis mehr erbracht werden, da das Fahrzeug zwischenzeitlich schon verkauft worden sei. Es komme daher einer Förderung nicht in Betracht.
Hiergegen erhoben die Prozessbevollmächtigten des Klägers Widerspruch. Zur Begründung verwiesen die Prozessbevollmächtigten auf die bisherige Praxis, wonach in den Jahren 1981, 1986 und 1992 jeweils nach Ablauf der 5 Jahresfrist ohne nähere Prüfung hinsichtlich der Gebrauchsfähigkeit des bisher genutzten Kraftfahrzeugs die Kosten für die Anschaffung bzw. den behindertengerechten Umbau eines neuen Kfz übernommen worden seien. Es seien jeweils nur Belege für die Anschaffung bzw. den Umbau des neuen Kfz angefordert worden. Insbesondere in dem Bescheid vom 11.05.1992 habe man auf die 5 Jahresfrist hingewiesen. Der Kläger habe angesichts dieser Umstände davon ausgehen dürfen, dass er nach Ablauf des 5-Jahreszeitraums erneut mit einer Förderung durch Kfz-Beihilfe rechnen konnte. Zwar habe die Beklagte in ihrem Bescheid vom 03.04.1996 darauf hingewiesen, dass der Ablauf der 5-Jahresfrist nicht automatisch die erneute Gewährung von Kraftfahrzeugbeihilfe bedinge, sondern dies vom Zustand des Fahrzeugs usw. abhänge. Allerdings sei dieser Hinweis im Anschluss an eine umfassende Erläuterung, unter welchen Umständen eine Förderung vor Ablauf des 5 Jahreszeitraums erfolgen könne, geschehen und habe somit leicht übersehen oder in einem falschen Zusammenhang verstanden werden können. Außerdem sei der Kläger in keiner Weise weder vorher noch später darauf hingewiesen worden, dass eine erneute Förderung nach 5 Jahren von der Unzumutbarkeit der Nutzung des bisher genutzten Fahrzeugs abhänge. Es habe insbesondere jeder Hinweis darauf gefehlt, dass entsprechende Belege einzureichen seien. Ferner sei es so, dass bei dem bisher genutzten Kraftfahrzeug des Klägers nunmehr umfassende und kostenträchtige Reparaturen an Bremsen, Stoßdämpfern und Katalysator in Höhe von 2 000 bis 3 000 € angestanden hätten. Im Vertrauen auf die bisherige Praxis habe sich der Kläger daher entschieden, da der 5-Jahreszeitraum abgelaufen war, sich ein neues Fahrzeug anzuschaffen. Im Hinblick auf diesen Vertrauenstatbestand sei dem Widerspruch statt zu geben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.08.2003 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Nach Ziffer 13 der gemeinsamen Kraftfahrzeughilfe-Richtlinien in der Gesetzlichen Unfallversicherung in der seit dem 01.01.1999 gültigen Fassung sei ausschlaggebend, ob die weitere Nutzung des Altfahrzeugs unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zumutbar sei oder nicht. Zum Zeitpunkt der Antragstellung im Januar 2003 seien die Kfz-Richtlinien in dieser Fassung anzuwenden gewesen. Der einzelne Versicherte könne dabei nicht für sich beanspruchen, über jedwede Änderung von Richtlinien informiert zu werden. Auch sei es so, dassnach Ziffer 1.2 der Kfz-Richtlinien Leistungen vor dem Abschluss eines Kaufvertrages zu beantragen seien. Durch diese aus § 10 Kfz-Hilfeverordnung übernommene Sollvorschrift solle sicher gestellt werden, dass der Versicherte den Unfallversicherungsträger nicht vor vollendete Tatsachen stelle. Ferner könne so auch sicher gestellt werden, dass der Versicherte über etwaige Änderungen rechtzeitig informiert werde. Eine Aufhebung oder Abänderung des Bescheides vom 27.02.2003 komme mithin nicht in Betracht.
Hiergegen richtet sich die am 29.09.2003 erhobene Klage. Zur Begründung wiederholen die Prozessbevollmächtigten des Klägers im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.
Die Prozessbevollmächtigten des Klägers beantragen,
den Bescheid der Beklagten vom 27.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für den im Januar 2003 angeschafften Pkw Kfz-Hilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Sachvortrages der Beteiligten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 27.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2003 lässt sich nicht beanstanden. Ein Anspruch auf Kostenerstattung für die Getriebeautomatik sowie den Umbau der Gaspedalanlage im Rahmen der Kraftfahrzeughilfe steht dem Kläger nicht zu.
Gemäß § 40 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) wird Kraftfahrzeughilfe erbracht, wenn die Versicherten infolge Art oder Schwere des Gesundheitsschadens nicht nur vorübergehend auf die Benutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen sind, um die Teilhabe am Arbeitsleben oder am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift umfasst die Kraftfahrzeughilfe Leistungen zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs, für eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung und zur Erlangung einer Fahrerlaubnis. Gemäß § 40 Abs. 3 S. 1 SGB VII gilt für die Kraftfahrzeughilfe die Verordnung über Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation vom 28.09.1987, geändert durch Verordnung vom 30.09.1991, in der jeweils geltenden Fassung. Dabei ist diese Verordnung bei der Kraftfahrzeughilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft entsprechend anzuwenden (§ 40 Abs. 3 S. 2 SGG VII). Schließlich sieht § 5 dieser Vorschrift vor, dass die Verbände der Unfallversicherungsträger das Nähere durch gemeinsame Richtlinien regeln.
Hinsichtlich der Einzelheiten sind von der Beklagten zutreffend in den angefochtenen Bescheiden die weiteren Voraussetzungen, die sich aus den gemeinsamen Kraftfahrzeughilfe-Richtlinien ergeben, dargestellt worden. Nach diesen Kriterien kommt eine Förderung der vom Kläger getätigten Neuanschaffung nicht in Betracht. Es ist von der Beklagten zutreffend darauf abgestellt worden, dass für den vom Kläger bislang genutzten Ford Escort mit einem Alter von 7 Jahren und einer Laufleistung von 50 000 km die weitere Nutzung dieses Fahrzeugs zumutbar gewesen ist. Belege dafür, dass höhere Kosten für erforderliche Instandsetzungsarbeiten entstanden wären, konnten nicht beigebracht werden.
Zudem lässt sich ein Anspruch auf Förderung auch nicht unter Vertrauensschutzgesichtspunkten im Hinblick auf die frühere Verwaltungspraxis der Beklagten herleiten. Denn einem solchen Vertrauen des Klägers ist jedenfalls durch den Bescheid vom 03.04.1996 die Grundlage entzogen worden. Im letzten Halbsatz des vorletzten Absatzes ist hier ausdrücklich erklärt worden, dass ausschlaggebend für einen Anspruch auf erneute Förderung nicht der Ablauf der 5-Jahresfrist ist, sondern vielmehr der Zustand des Fahrzeuges, seine Verkehrssicherheit sowie seine wirtschaftliche Verwertbarkeit. Es mag sein, dass der Kläger diesen Hinweis überlesen hat; dies aber fällt in seinen eigenen Verantwortungsbereich.
Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge aus § 193 SGG abzuweisen.