Landgericht Braunschweig
Urt. v. 25.01.2007, Az.: 6 KLs 48/06

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
25.01.2007
Aktenzeichen
6 KLs 48/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 60248
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGBRAUN:2007:0125.6KLS48.06.0A

In der Wirtschaftsstrafsache

...

wegen Untreue

hat die 6. große Strafkammer des Landgerichts in Braunschweig in den Sitzungen vom 17. und 25. Januar 2007, an denen teilgenommen haben:

Vorsitzende Richterin am Landgericht D....

als Vorsitzende

Richter am Landgericht Dr.B....

Richterin am Landgericht A....

als beisitzende Richter

Frau ...

Frau ...

als Schöffen

Oberstaatsanwältin W....,

Oberstaatsanwältin Dr.H....

als Beamtinnen der Staatsanwaltschaft

Rechtsanwalt Prof. Dr.M....

als Verteidiger

Justizangestellte,

Justizangestellte ...

als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle

am 25. Januar 2007 für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Der Angeklagte wird wegen Untreue in Tateinheit mit Begünstigung eines Mitglieds des Betriebsrats sowie eines Mitglieds eines europäischen Betriebsrats zu einer

  2. Freiheitsstrafe von 2 Jahren

  3. verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.

  4. Er wird weiter wegen Untreue in 20 Fällen, dabei in 10 Fällen in Tateinheit mit Begünstigung eines Mitglieds des Betriebsrats sowie eines Mitglieds eines europäischen Betriebsrats, zu einer

  5. Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen

  6. zu je ... €

  7. verurteilt.

  8. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

1

(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)

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I.

[... Aus Gründen des Schutzes des Persönlichkeitsrechts des Angeklagten entfernt]

3

II.

Im Jahre 1993, nach dem plötzlichen Tod des damaligen Arbeitsdirektors der V. AG, suchte der damalige Vorstandsvorsitzende Dr.P. dringend nach einem neuen Arbeitsdirektor. Der damalige Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats der V. AG, der gesondert verfolgte Dr.V., schlug den Angeklagten vor, der zu dieser Zeit Arbeitsdirektor bei der Dillinger Hütte und Sprecher des Arbeitskreises Mitbestimmung war. Bei einem Besuch von Dr.P. im Saarland wurden sich der Angeklagte und Dr.P. schnell darüber einig, dass der Angeklagte die Positionen des Arbeitsdirektors und Personalvorstandes bei der V. AG übernehmen sollte.

4

Der Angeklagte trat dann zum 01.10.1993 seine Stellung als Arbeitsdirektor bei der V. AG an, wo ihn eine schwierige Situation, insbesondere im Hinblick auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen, erwartete. In dieser Situation entwickelte sich von Beginn an ein konstruktives und vertrauensvolles Verhältnis zwischen dem Angeklagten und dem Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Dr.V. Beide sahen die Mitbestimmung bei der V. AG als Gestaltungsfaktor, der den Vorstand in die Lage versetzte, der Belegschaft oder dem Betriebsrat frühzeitig Unternehmensentscheidungen vorzutragen. Die Tätigkeit des Betriebsrats sollte mitverantwortlich sein für die Leistungsfähigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. In Dr.V. fand der Angeklagte einen strategisch denkenden Interessenvertreter vor, der ihm half, bei der V. AG Fuß zu fassen. So war Dr.V. Auch mitverantwortlich für die 4-Tage-Woche und unterstützte personalpolitische Vorstellungen des Angeklagten auch gegenüber dem Vorstandsvorsitzenden Dr.P.

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Tat 1

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Das Gehalt der Mitarbeiter der V. AG gliedert sich in feste Monatsbeträge sowie einen zusätzlichen Bonus. Dabei wird der Bonus jedes Jahr nach einem unternehmensbezogenen Teil und einem besonderen persönlichen Leistungsbonus berechnet, der nach Gehaltsgruppen gestaffelt ist. Jedes Jahr wird dazu für die einzelnen Gehaltsgruppen ein Mindestbonus, ein Maximalbonus und ein Durchschnitt gebildet. Berechnung und Auskehrung der Bonuszahlungen erfolgen jeweils im Mai eines Jahres für das vergangene Jahr. Die Mitarbeiter werden durch Schreiben der Personalabteilung über die Höhe des jeweiligen Bonusses informiert.

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Der gesondert verfolgte Dr.V. ist gelernter Schmied und war seit 1978 freigestellter Betriebsrat. Im Jahr 1990 wurde er zum Konzern - und Gesamtbetriebsratsvorsitzenden, 1992 zum Europäischen Betriebsratsvorsitzenden und 1999 zum Weltbetriebsratsvorsitzenden gewählt. Als Betriebsrat wurde Dr.V. bis 1990 nach der sogenannten Betriebsratsregelvergütung bezahlt. Bei einem festen Jahreseinkommen in Höhe von 46 732,- € und einem Bonus in Höhe von 10 590,- € erzielte er 1990 ein Gesamteinkommen von 57 322,- €. Am 30.05.1991 vereinbarte die V. AG, vertreten durch die damaligen Vorstandsmitglieder K. und G., mit den Vertretern des Gesamtbetriebsrats eine Regelung über die Einsetzung einer Kommission zu § 37 Abs. 4 BetriebsVG, die nach Ziff. 1 der Vereinbarung das gerechte Arbeitsentgelt von Betriebsratsmitgliedern ermitteln sollte. Dies sollte der Schwierigkeit Rechnung tragen, die betriebsübliche berufliche Entwicklung von Betriebsratsmitgliedern zu bemessen, die bereits längere Zeit von der Arbeitsleistung freigestellt waren. Die Kommission bestand aus je zwei Vertretern des Unternehmens und des Gesamtbetriebsrates. Dazu gehörten der Personalvorstand - seit 1993 der Angeklagte- und der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats - seit 1990 Dr.V. - sowie dessen Stellvertreter.

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Die Neubewertung des Arbeitsentgelts durch die Kommission führte dazu, dass Dr.V. Ab Oktober 1991 in die damals zweithöchste Gehaltsgruppe für das Management unterhalb des Vorstands eingestuft wurde. Sein Gesamteinkommen erhöhte sich damit im Jahr 1991 auf 113 639,- €. Darin enthalten war ein - anteiliger - Bonus in Höhe von 48 298,- €. Für das Jahr 1992 erhielt Dr.V. einen Bonus in Höhe von 53 685,- €.

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Im Jahr 1993 kam L. als Vorstandsmitglied zur V. AG. Bei den Arbeitnehmern sprach es sich schnell herum, dass die von ihm mitgebrachten Mitarbeiter, die sogenannten "L-Krieger", deutlich besser bezahlt wurden als vergleichbare Führungskräfte der V. AG. Dr.V. trat deshalb Anfang 1994 an den Angeklagten heran und bat ihn eindringlich, die aus seiner Sicht ungerechte Behandlung altgedienter V-Führungskräfte bei den Mitgliedern des Vorstandsausschusses für Führungsfragen (VAfF), der aus dem Vorstandsvorsitzenden Dr.P., dem weiteren Vorstandsmitglied Dr.N. und dem Angeklagten bestand, vorzutragen. Ziel sollte sein, eine bessere Bezahlung der übrigen V-Führungskräfte zu erzielen. Des weiteren fühlte sich auch Dr.V. selbst schlecht bezahlt und drängte auf Anhebung auch seines Gehaltes.

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Der Angeklagte nahm eine Sitzung des Ausschusses zum Anlass, beide Themen mit Dr. P und Dr.N. zu besprechen. Dies erfolgte aber nicht als offizieller Tagespunkt einer Sitzung, sondern gesprächsweise nur an deren Rand. Dabei lehnte Dr.P. eine Angleichung der Gehälter der V-Führungskräfte an die Gehälter der "L-Krieger" kategorisch ab. Hinsichtlich des Gehalts von Dr.V. waren sich Dr.P., Dr.N. und der Angeklagte jedoch einig, dass dieses verbessert werden müsse. Dies sollte über eine mäßige Anhebung des Bonus, eine kontinuierliche moderate Anhebung des Grundgehalts und weitere Vergünstigungen, wie First-Class-Flüge, einen besonderen Parkplatz neben dem Vorstand sowie sogenannte Vertrauensspesen erfolgen. Konkrete Einzelheiten wurden dabei nicht besprochen, sondern vielmehr sollte der Angeklagte dies in eigener Verantwortung ausführen.

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Im Anschluss an diese Unterredung teilte der Angeklagte dem gesondert verfolgten Dr.V. das Ergebnis mit. Dieser zeigte sich enttäuscht darüber, dass eine generelle Anhebung des Gehalts der V-Führungskräfte nicht erfolgen sollte. Erfreut war er dagegen über die Möglichkeit einer Anhebung seiner eigenen Bezüge. Sinngemäß sagte er zum Angeklagten: "Dann mach' mal was!"

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Mit Billigung der weiteren Kommissionsmitglieder Dr. Pi. und S. setzte der Angeklagte am 27.5.1994 den für das Jahr 1993 noch zu berechnenden Bonus für Dr.V. bis zu dessen möglicher Obergrenze von 92 032.- € (= 180 000,- DM) fest. Dies führte zu einer Anhebung des Gesamteinkommens auf 199 396,- € für das Jahr 1993, im Jahr 1992 waren es noch 150 619,- € gewesen. Auch die Ausnutzung des maximal zulässigen Bonusses führte jedoch nicht dazu, dass Dr.V. das Gehalt vergleichbarer L-Mitarbeiter in Höhe von rund 300 000,- € erreichte. Der Angeklagte entschloss sich daher, Dr.V. bei der im Jahr 1995 erfolgenden Berechnung des Bonusses für das Jahr 1994 zusätzlich zu dem Bonus einen sogenannten Sonderbonus zu gewähren. Der Angeklagte verfügte als Vorstand neben dem normalen Bonustopf über einen sogenannten Sonderbonustopf, aus dem er für außergewöhnliche Leistungen als Einmalzahlung gestaltete Sonderprämien zusätzlich zum normalen Bonus vergeben konnte. Auf diesem Weg wollte der Angeklagte jedoch nicht außergewöhnliche Leistungen von Dr.V. honorieren, sondern die von diesem gewünschte dauerhafte Gehaltsanpassung ermöglichen. Der Angeklagte war daher bereits bei der ersten Vergabe eines Sonderbonusses an Dr.V. entschlossen, diesem Jahr für Jahr einen Sonderbonus zur Erzielung des Gehalts der 1. Berichtsebene zu ermöglichen. Lediglich die Höhe des Sonderbonusses ermittelte der Angeklagte jedes Jahr neu.

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Um die Zahlung des Sonderbonusses zu verheimlichen - auch um keine Begehrlichkeiten anderer Betriebsratsmitglieder aufkommen zu lassen -, wählte der Angeklagte eine Abwicklung, die von der üblichen Vergütung der Betriebsräte abwich. Während normalerweise der Personalbereich mittleres Management für die Zahlung von Gehalt und Bonus für Betriebsräte zuständig war, wählte der Angeklagte für die Abwicklung des Sonderbonusses den von ihm als besonders vertrauenswürdig und verschwiegen eingeschätzten Leiter der Zahlungsstelle Führungskräfte, den Zeugen Ho, aus. Erstmals am 22.05.1995 wies der Angeklagte den Zeugen Ho. an, Dr.V. zusätzlich zu der vorgesehenen Bonuszahlung von 180 000,- DM einen Betrag in Höhe von 100 000,- DM brutto auf ein von Dr.V. noch zu benennendes Bankkonto zu überweisen. Dabei bat der Angeklagte den Zeugen Ho. um größte Vertraulichkeit dieser Zahlung. Nachdem Ho sich von Dr.V. die Bankverbindung bei der Bank für Gemeinwirtschaft für die Zahlung hatte angeben lassen, überwies er Dr.V. nach Abzug von Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag den Nettobetrag von 43 018, 55 DM. Die Lohnsteuerkarte für 1995 stellte Dr.V. vereinbarungsgemäß Ho. zur Verfügung, nachdem er diese im Jahre 1996 zurückerhalten hatte. Ho ergänzte sodann die maschinenschriftlich eingetragenen regulären Bezüge handschriftlich um die Sonderbonuszahlung.

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Die vom Angeklagten gewählte Abwicklung führte dazu, dass Dr.V. zwar für den normalen Bonus eine Benachrichtigung zu seiner Personalakte - hier vom 22.05.1995 über 180 000,- DM brutto- erhielt, nicht aber über den Erhalt eines Sonderbonusses. Üblich wäre gewesen, dass sowohl die Zahlung des normalen Bonusses als auch die eines Sonderbonusses in einem Schreiben zusammengefasst worden wäre.

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Wie bereits von vornherein beschlossen, bewilligte der Angeklagte dem gesondert verfolgten Dr.V. Auch in den Folgejahren einen zusätzlichen Sonderbonus und beauftragte mit der Abwicklung den Zeugen Ho., den er jeweils zur Verschwiegenheit aufforderte. Ho fertigte dazu Vermerke, in denen er die Anweisung des Angeklagten zur Höhe des Sonderbonusses, dessen Bitte um vertrauliche Behandlung sowie die von Dr.V. jeweils mitgeteilte Kontoverbindung niederlegte. Hinsichtlich der Eintragung der Sonderbonuszahlung auf der Lohnsteuerkarte verfuhr Ho in den Folgejahren jeweils ebenso wie im Jahr 1995.

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Insgesamt kam es dabei für die Jahre 1994 bis 2004 zu folgenden Sonderbonuszahlungen:

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Dies führte zu einer Gesamtsumme von 1 950 660,- € brutto und einer Nettoauszahlungssumme an Dr.V. von 839 005,- €.

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Sämtliche Sonderbonuszahlungen veranlasste der Angeklagte ausschließlich im Hinblick darauf, dass Dr.V. Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats der V. AG war. Der Angeklagte wollte Dr.V. Als Co-Partner "im Boot halten". Es ging ihm um dessen allgemeines Wohlwollen bei der Zusammenarbeit, konkrete

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Gegenleistungen, wie etwa die Befürwortung bestimmter unternehmerischer Entscheidungen, wurden nicht vereinbart. Der Angeklagte wusste, dass Dr.V. Aufgrund der mit Dr.P. und Dr.N. getroffenen Abrede keinen Anspruch auf Zahlungen in dieser Höhe hatte. Auch wusste er, dass Betriebsräte nicht wegen ihrer Stellung besser gestellt werden dürfen als vergleichbare Arbeitnehmer.

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Tatkomplex 2 (Taten 2 - 20)

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Im Jahr 1999 lernte Dr.V. Auf einer Dienstreise nach Brasilien die Brasilianerin Ba kennen. In der Folgezeit begann er mit ihr eine Liebesbeziehung.

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Bereits im Jahr 1999 bedrängte Dr. V den Angeklagten wiederholt, Frau Ba. bei der V. AG fest anzustellen. Dies lehnte der Angeklagte jeweils ab. Dr.V. ließ aber nicht locker und bedrängte den Angeklagten im Jahr 2000, Frau Ba. Zahlungen im Rahmen eines sogenannten Agentur- oder Dienstleistungsvertrages zukommen zu lassen. Nunmehr stimmte der Angeklagte zu, obwohl er wusste, dass es sich bei Frau Ba. um die persönliche Freundin von Dr.V. handelte und allein aus diesem Grunde Zahlungen an Frau Ba. vorgenommen werden sollten. Im Folgenden stellte Dr.V. dann jeweils im Namen von Frau Ba. Rechnungen aus, die an den Angeklagten persönlich adressiert waren. Die erste Rechnung erfolgte für September 2000 und hatte folgenden Text:

"Für die absprachegemäß erbrachten Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Aufbau und der Umsetzung von sozialen und humanitären Projekten der V. AG außerhalb Deutschlands stelle ich Ihnen für den Zeitraum von 01/09/2000 bis 30/09/2000 einen Betrag von DM 12 000,- zzgl. DM 3 000,- anteilige Reisekosten in Rechnung."

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Tatsächlich erbrachte Frau Ba. keine Leistungen, für die sie die mit den Rechnungen begehrten Zahlungen hätte beanspruchen können. Dies wusste auch der Angeklagte. Er ließ sich nur deshalb auf den von ihm erkannten Scheinvertrag ein, weil Dr.V. immer wieder drängte und er sich dessen Wohlwollen erhalten wollte. Insoweit ging er davon aus, dass die Zahlungen angesichts des Gesamtvolumens der für den Betriebsrat von der V. AG unterhaltenen Beraterverträge nicht erheblich ins Gewicht fallen würden. Ihm war zudem daran gelegen, dass er - anders als bei der ursprünglich gewollten Festanstellung - immer wieder neu über die Bewilligung würde entscheiden können.

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Um die Zahlungen geheim halten zu können, wählte der Angeklagte wieder einen unüblichen Abwicklungsweg. So ließ er sich die von Dr.V. selbst erstellten Rechnungen persönlich überreichen. Dann zeichnete er die Rechnungen jeweils mit "i.O.H." ab und übergab sie wiederum seinem Mitarbeiter Ho. Dieser sollte die Zahlungen dann jeweils über die Kostenstelle 1860 abwickeln. Die Kostenstelle 1860 diente dem Angeklagten als vorstandsnahes Konto und unterlag im wesentlichen ausschließlich seiner eigenen Kontrolle. Die für den Betriebsrat bestehenden Kostenstellen 1585, 1586 und 1595 wurden dagegen nicht angesprochen.

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Im Jahr 2000 erfolgten die Rechnungen zunächst für jeweils einen Monat bzw. zwei Monate über 15 000,- DM bzw. 30 000,- DM. Ab dem Jahre 2001 erfolgten die Rechnungen dann quartalsweise. Der Text entsprach jeweils dem der ersten Rechnung.

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Im einzelnen kamen folgende Rechnungsbeträge zur Anweisung:

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Die letzte Abrechnung erfolgte für den Zeitraum 01.10. bis 31.12.2004. Zu weiteren Quartalszahlungen an Frau Ba. kam es nicht mehr, weil der Angeklagte weitere Zahlungen ablehnte. Zu diesem Zeitpunkt war bei der V. AG das Sparprogramm "ForMotion" aufgelegt worden, bei dem auch Personalkürzungen stattfanden. Aus diesem Grund konnte der Angeklagte es vor sich selbst nicht mehr vertreten, weitere Zahlungen an Frau Ba. vorzunehmen. Als er dies Dr.V. mitteilte, reagierte dieser sehr enttäuscht.

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Tatkomplex 3 (Tat 21; Anklagevorwürfe 21-44)

33

Aufgrund des bei der V. AG herrschenden Verständnisses, dass die Mitbestimmung im Unternehmen ein Gestaltungsfaktor sei, durften Mitglieder des Betriebsrates Reisen an Unternehmensstandorte der V. AG durchführen, um sich für anstehende unternehmerische Entscheidungen die nötigen Informationen zu besorgen.

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Zuständig für die organisatorische Unterstützung des Betriebsrats bei solchen Reisen war der gesondert verfolgte Ge., der Mitarbeiter im zentralen Personalwesen war. Dort hatte er die Funktion eines Bindeglieds zwischen Vorstand und Betriebsrat. Ursprünglich wurden die Reisekosten in der Weise bearbeitet, dass jeder Mitarbeiter einen Dienstreiseantrag stellte, der von der Reisekostenabrechnungsstelle geprüft und dann über das normale Gehaltskonto abgerechnet wurde. Ab ca. 1993/94 wurde dann eine andere Abrechnungsweise gewählt, um die tatsächlich entstandenen Kosten besser verschleiern zu können. Nunmehr wurden die Abrechnungen von Ge weitergeleitet an die Abrechnungsstelle Führungskräfte, wo sie von Herrn Ho. und dessen Vorgesetztem, Dr. We., bearbeitet und weiter abgezeichnet wurden. Eine inhaltliche Kontrolle erfolgte dabei nicht. Belastet mit den Kosten wurde die vorgenannte Kostenstelle 1860, nicht dagegen die für den Betriebsrat bestehenden Kostenstellen. Damit wurde erreicht, dass Abrechnungen der Betriebsräte nicht gesondert abgerechnet werden mussten und nicht bekannt wurde, dass den Betriebsräten zusätzliche Leistungen zugute kamen. Weiter richtete Ge. bei der Sparkasse G-W neben seinem normalen Konto unter der Kontonummer [...] ein sogenanntes "Dienstreisekonto" ein. Anfallende Kosten rechnete Ge zunächst über dieses Konto ab und reichte dann entsprechende Erstattungsanträge ein, woraufhin die Beträge auf das Dienstreisekonto erstattet wurden. Dazu verwendete Ge teilweise sogenannte Eigenbelege, in denen er lediglich den gewünschten Erstattungsbetrag und den Vermerk anbrachte, dass er diese Beträge im Interesse des Unternehmens ausgegeben habe; weitere Einzelheiten ergaben sich aus diesen Eigenbelegen nicht. Aufgrund der fehlenden Angaben waren die Eigenbelege auf ihre sachliche Richtigkeit nicht überprüfbar.

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Diese Praxis führte zu Unbehagen der Zeugen Ho. und Dr. We. In einer Notiz vom 03.06.1997 über ein Gespräch mit Ge vermerkten sie, dass Ge darauf hingewiesen worden sei, dass das Personalwesen Topmanagement/Gehaltsabrechnung Führungskräfte nur für die Zahlungsabwicklung sorge und keine Verantwortung für Inhalt und Umfang der Abrechnung trage. Zusätzlich sollten eine sukzessive Reduzierung des Kostenvolumens und eine größtmögliche Verwendung des Anteiles von Ersatzbelegen erfolgen.

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Auch Dr.V. äußerte gegenüber dem Angeklagten, dass er selbst disponieren wolle und keine buchhalterische Kontrolle wünsche. Um sich weiterhin das Wohlwollen von Dr.V. zu erhalten, wies der Angeklagte den Zeugen Ge. bereits 1997 an, Dr. V großzügig, wertschätzend und nicht kleinlich zu behandeln. Dabei wusste der Angeklagte, dass diese Formulierung zu Missbräuchen einladen könnte, schob aber Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit aufgrund des Verhältnisses zu Dr.V. beiseite. Er nahm in Kauf, dass für Dr.V. Auch nichtbetriebsbezogene Ausgaben abgerechnet würden.

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Folgerichtig sorgte der Angeklagte dann für eine Minimierung der noch bestehenden Kontrolle. Am 01.09.1997 wechselte die Leitung des Bereichs Topmanagement vom Zeugen Dr. We. auf den Zeugen Dr.B. Bei Dienstantritt von Dr.B. erklärte der Angeklagte ihm, dass er Abrechnungen von Ge. über die Kostenstelle 1860 nicht mehr gegenzeichnen müsse. Zur Begründung führte der Angeklagte aus, dass dies auch im Interesse des Zeugen liege, weil dort eine ganze Menge persönliche, zum Teil sogar private Dinge abgerechnet werden würden. Ab diesem Zeitpunkt unterschrieb daher nur noch Dr. Sch., Leiter des Zentralen Personalmanagements, die Abrechnungen von Ge. Als Anfang 2001 der Zeuge Dr. Se. Nachfolger von Dr. Sch. als Leiter des Zentralen Personalwesens wurde, sorgte der Angeklagte dafür, dass auch die Unterschrift von Dr. Se. entfiel. Von diesem Zeitpunkt an wurden die Kostenbelege nur noch von Ge unterschrieben und von Ho. über die Kostenstelle 1860 abgerechnet. Dies änderte sich erst wieder ab Frühjahr 2004. Anlässlich eines Zwischenfalls mit Ge. in einem Hotel in Berlin war dem Angeklagten klar geworden, in welcher Größenordnung nicht betriebsbezogene Kosten abgerechnet worden waren. Er führte daher die Gegenzeichnung von Dr. Se. wieder ein. Dadurch reduzierten sich die Reisekostenausgaben binnen eines Jahres um ungefähr 83 %.

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Die Aufforderung des Angeklagten an Ge., Dr.V. großzügig zu behandeln, führte im Zusammenhang mit der Minimierung und schließlich Abschaffung der Kontrolle dazu, dass auch privat veranlasste Kosten von Dr.V., insbesondere Reisekosten seiner Geliebten Ba., von Ge. über die V. AG abgerechnet wurden.

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Im einzelnen kam es zu folgenden Abrechnungen:

  1. 1.

    Mit Belegabrechnung Nr. 29 vom 22.03.2001 (Welt-Präsidiumssitzung in Mexiko) machte Ge. Kosten in Höhe von insgesamt 28 997,29 € geltend. Darin enthalten war ein Betrag von 1 286,91 € für einen Mietwagen von Europcar Mexiko, der ausschließlich auf Initiative von Dr.V. Angemietet worden war und von Dr.V., Ba. und Ge. genutzt werden sollte. Der geltend gemachte Betrag wurde am 29.03.2001 auf das Konto von Ge. bei der Sparkasse G-W mit der Kontonummer [...] erstattet.

  2. 2.

    Am 03.05.2001 reichte Ge. die Belegabrechnung Nr. 30 für die GBA-Informationsreise nach Asien sowie nach Portugal mit einem Ausgabenvolumen von 45 707,79 € ein. In einer Alltours-Rechnung vom 13.02.2001 über 23 384,73 DM waren dienstlich nicht veranlasste Flugkosten von Ba. für Flüge Hannover - Frankfurt/Frankfurt - Mexiko-City vom 01.03.2001 in Höhe von 2 246,05 € (= 4 392,91 DM), für einen gemeinsamen Hotelaufenthalt von Dr.V. und Ba. vom 02.03. bis 05.03.2001 in Höhe von 1 205,62 € (= jeweils 1 179,- DM) sowie Kosten für einen Flug von Frau Ba. vom 08.03.2001 von Mexiko nach Sao Paulo in Höhe von 905,39 € (= 1 770,79 DM) enthalten. Mit einer weiteren Alltours-Rechnung vom 26.02.2001 rechnete Ge einen Flug von Dr.V. und Ba vom 02.03./05.03.2001 von Mexiko-City - Cancun und zurück über 1 259,22 € (= 2 462,82 DM) ab. Die Erstattung erhielt Ge mit Zahlungsanweisung vom 07.05.2001.

  3. 3.

    Die Belegabrechnung Nr. 32 vom 19.06.2001 (GBA-Informationsreise nach Sao Paulo) über insgesamt 51 420,96 € beinhaltete Alltours-Rechnungen vom 02.05.2001 und 07.06.2001 über insgesamt 10 325,62 €. Mit Rechnung vom 02.05.2001 über 5 511,34 € (= 10 779,24 DM) wurden Flugkosten für drei Brüder von Ba vom 25.05./11.06.2001 von Sao Paulo/Frankfurt/Hannover und zurück geltend gemacht. Dabei war der ursprünglich gemeinsam vorgesehene Flug von Ba nachträglich storniert worden, da das ursprüngliche Eco-Ticket storniert und in einen Businessclassflug umbestellt worden war. Mit Alltours-Rechnung vom 07.06.2001 über 4 814,28 € (= 9 415,92 DM) wurden private Flugkosten von Ba vom 16.06.2001 bis 11.07.2001 von Sao Paulo - Frankfurt/Frankfurt - Hannover sowie Hannover - Frankfurt/Frankfurt - Sao Paulo geltend gemacht. Die Erstattung erhielt Ge. durch Zahlungsanweisung vom 22.06.2001 auf sein Konto.

  4. 4.

    In der Belegabrechnung Nr. 34 vom 11.09.2001 (GBA-Informationsreise nach Island/Dresden) über 73 308,51 € war eine Alltours-Rechnung vom 29.08.2001 über 4 729,99 € (= 9 251,06 DM) enthalten. Damit wurde ein Flug von Frau Ba. vom 27.08./02.09.2001 von Sao Paulo über Frankfurt nach Hamburg und zurück geltend gemacht. Mit weiterer Alltours-Rechnung vom 06.09.2001 über 3 970,57 € (= 7 765,76 DM) wurde ein Flug von Frau Ba. vom 17.09.2001 bis 23.09.2001 von Sao Paulo über Madrid nach Pamplona und zurück geltend gemacht. Die Erstattung der Kosten auf das Konto von Ge erfolgte mit Zahlungsanweisung vom 12.09.2001.

  5. 5.

    Die Belegabrechnung Nr. 37 vom 04.12.2001 (GBA-Informationsreise nach Sao Paulo) über insgesamt 39 221,21 € enthielt u.a. drei Eigenbelege von Ge in einer Gesamthöhe von 23 519,43 € (= 46 000,- DM: Eigenbelege vom 26.11.2001 über 16 500,- DM, Eigenbeleg vom 28.11.2001 über 12 800,- DM, Eigenbeleg vom 29.11.2001 über 16 700,- DM). Damit machte Ge. Kosten geltend, die durch eine ausschließlich privat veranlasste Reise von Dr.V. und Ba. nach Sao Paulo vom 26. bis 30.11.2001 in einen dortigen Ferienclub entstanden waren, wobei auch Ge. anwesend war. Die Kosten wurden mit Zahlungsanweisung vom 06.12.2001 an Ge. erstattet.

  6. 6.

    In der am 18.01.2002 von Ge eingereichten Belegabrechnung Nr. 1 (GBA-Sitzung in Prag) über 44 575,03 € war u.a. eine Alltours-Rechnung vom 03.12.2001 über 4 917,54 € (= 9 617,88 DM) enthalten, mit der ein Flug von Frau Ba. vom 04.12. bis 09.12.2001 von Sao Paulo über Frankfurt nach Prag und zurück geltend gemacht wurde. Eine weitere Alltours-Rechnung vom 03.12.2001 über 2 880,51 € (= 5 633,78 DM) beruhte auf einem Flug von Frau Ba. vom 12.01. bis 20.01.2002 von Sao Paulo über Panama nach Havanna und zurück. Weiter reichte Ge eine Kreditkartenabrechnung in Höhe von 2 332,51 € ein, die auf einem Einkauf beim Juwelier St beruhte. Auch diese Kosten wurden durch die V. AG erstattet.

  7. 7.

    Mit Belegabrechnung Nr. 2 vom 05.02.2002 (GBA-Informationsreise nach Kuba) über insgesamt 39 209,60 € reichte Ge eine Alltours-Rechnung vom 18.01.2002 sowie drei weitere Alltours-Rechnungen vom 31.01.2002 ein. Die Alltours-Rechnung vom 18.01.2002 über 2 502,- € war für einen Hotelaufenthalt von Frau Ba. im Riu Tropical Bay, Jamaika, entstanden. Die Alltours-Rechnung vom 31.01.2002 über 4 830,40 € beruhte auf einem Flug von Frau Ba. vom 04.02. bis 10.02.2002 von Sao Paulo über Frankfurt nach Köln und zurück. Mit Alltours-Rechnung vom 31.01.2002 über 2 175,- € wurden Hotelkosten für Frau Ba. im Hotel Excelsior in Köln geltend gemacht. Eine weitere Alltours-Rechnung vom 31.01.2002 in Höhe von 710,02 € beruhte auf einer Geldanweisung für Frau Ba. nach Jamaika. Die geltend gemachten Kosten wurden von der V. AG am 07.02.2002 erstattet.

  8. 8.

    Am 04.03.2002 reichte Ge. die Belegabrechnung Nr. 3 (GBA-Vorbereitungsfahrt nach Prag/Genfer Automobile Salon) in einer Gesamthöhe von 26 274,47 € ein. Darin war enthalten eine Alltours-Rechnung vom 05.02.2002 über 870,- €, die für die Verlängerung des für Frau Ba. gebuchten Hotels Excelsior in Köln um 2 Tage angefallen war. Eine weitere Alltours-Rechnung vom 21.02.2002 in Höhe von 4 038,97 € beruhte auf einem Flug von Frau Ba. vom 23.03. bis 28.03.2002 von Sao Paulo nach Lissabon und zurück. Die Kosten wurden am 11.03.2002 von der V. AG erstattet.

  9. 9.

    Die Belegabrechnung Nr. 5 anlässlich der GBA-Informationsreise nach Indien in Gesamthöhe von 107 443,82 € reichte Ge. am 29.04.2002 ein. Darin enthalten war eine Alltours-Rechnung vom 22.04.2002 über 5 230,49 €, mit denen die Kosten für einen Flug von Frau Ba. von Sao Paulo nach London, von London nach Prag und von Prag nach Bratislava und wieder zurück nach Prag geltend gemacht wurden. Eine weitere Alltours-Rechnung über 8 405,- € war entstanden für einen Sprachkurs von Frau Ba. in London vom 28.04. bis 02.06.2002. Mit Alltours-Rechnung vom 23.04.2002 über 2 286,- € wurden die Kosten für einen Sprachkurs von Dr.V. und Ge selbst in London abgerechnet. Weiter enthielt die Abrechnung eine Abrechnung für den Ankauf von Schmuck bei der Firma B. Ltd. in J. über 2 187,32 € (= 95 200 RS). Die Erstattung durch die V. AG erfolgte nach dem 08.05.2002.

  10. 10.

    Die Belegabrechnung Nr. 9 vom 03.09.2002 (GBA Informationsreise nach Schottland) über insgesamt 101 658,68 € enthielt eine Alltours-Rechnung 17.08.2002 über 5 132,92 €, mit der privat veranlasste Flugkosten von Frau Ba. für einen Flug vom 26.08.2002 von Sao Paulo über Johannisburg nach Paris und zurück abgerechnet wurden. Die Kosten wurden von der V. AG nach dem 19.09.2002 an Ge. erstattet.

  11. 11.

    Mit der Belegabrechnung Nr. 10 vom 23.09.2002 über 28 469,65 € (Welt/ Europräsidiumssitzung Barcelona und GBA-Vorbereitungsreise nach Poznan) reichte Ge erneut drei Alltours-Rechnungen ein. Die Alltours-Rechnung vom 16.09.2002 über 1 545,- € beruhte auf einem Privataufenthalt von Frau Ba. in einem Hotel in Rom vom 14.09. bis 24.09.2002. Mit weiterer Alltours-Rechnung vom 16.09.2002 in Höhe von 4 289,94 € wurde ein Flug von Frau Ba. vom 16.09.2002 von Rom nach Verona und Frankfurt abgerechnet. Eine weitere Alltours-Rechnung vom 17.08.2002 in Höhe von 4 303,20 € war für einen Flug von Frau Ba. vom 13.05.2002 von Sao Paulo über Frankfurt nach Barcelona und zurück entstanden. Die Erstattung an Ge erfolgte nach dem 26.09.2002.

  12. 12.

    In den mit Belegabrechnung Nr. 11 vom 07.11.2002 beanspruchten Kosten war eine Rechnung von Europcar für einen Mietwagen BMW 525 d vom 24.09. bis 26.09.2002 enthalten, den Dr.V. hinsichtlich seines gemeinsamen Aufenthalts mit Frau Ba. in Verona angemietet hatte. Dafür sind Kosten in Höhe von 504,74 € entstanden, die von der V. AG auf das Konto Ge nach dem 13.11.2002 erstattet worden sind.

  13. 13.

    Im Rahmen der Belegabrechnung Nr. 13 vom 20.01.2003 (GBA-Informationsreise nach Indien) über insgesamt 67 880,95 € reichte Ge wiederum zwei Rechnungen der Alltours GmbH ein. Gegenstand der Alltours-Rechnung vom 06.12.2002 über 4 386,38 € war ein Flug von Frau Ba. von Sao Paulo nach Budapest und zurück. Eine weitere Alltours-Rechnung vom 06.01.2003 über 7 529,90 € beinhaltete Flugkosten von Frau Ba. für einen Flug von Sao Paulo über Frankfurt nach Bombay und zurück. Die Erstattung der V. AG erfolgte nach dem 22.01.2003.

  14. 14.

    Am 10.02.2003 erstellte Ge. die Belegabrechnung Nr. 14 über 65 112,64 € (Vorbereitungsreise Emden). Damit reichte er eine Alltours-Rechnung vom 05.02.2003 für einen Flug von Frau Ba. vom 08.02.2003 von Sao Paulo nach Genf und zurück über 3 946,24 € ein. Die Kosten wurden jeweils von der V. AG erstattet.

  15. 15.

    Mit Belegabrechnung Nr. 15 vom 24.02.2003 (Vorbereitungsreise Lissabon/ Vorbereitung GBA Prag) über insgesamt 42 995,43 € reichte Ge.u.a. eine Alltours-Rechnung vom 17.02.2003 über 916,04 € ein. Diese waren für einen Flug von Frau Ba. vom 20.02.2003 von Berlin nach Prag und zurück entstanden. Wiederum erfolgte die Erstattung durch die V. AG.

  16. 16.

    Im Rahmen der Belegabrechnung Nr. 17 vom 09.04.2003 für die Vorbereitung GBA Prag mit einem Kostenvolumen von 40 200,96 € machte Ge weitere Alltours-Rechnungen für Privatreisen von Dr.V. und Ba geltend. In der Alltours-Rechnung vom 17.03.2003 wurde ein Betrag in Höhe von 1 166,44 € für einen Flug von Dr.V. und Frau Ba. vom 01.04.2003 von Lissabon nach Casablanca und zurück berechnet. Mit weiterer Alltours-Rechnung vom 01.04.2003 über 7 911, 98 € wurde ein Flug von Frau Ba. vom 31.03.2003 von Johannisburg über Frankfurt nach Lissabon und vom 05.04.2003 von Lissabon über Frankfurt nach Sao Paulo berechnet. Die Kosten wurden durch die V. AG erstattet.

  17. 17.

    Im Rahmen der Belegabrechnung Nr. 19 vom 10.06.2003 über insgesamt 55 011,54 € reichte Ge erneut eine privat veranlasste Alltours-Rechnung vom 11.06.2003 über insgesamt 10 695,98 € ein. Darin enthalten waren 5 569,98 € für Flüge von Frau Ba. vom 01.06.2003 nach Sao Paulo über Frankfurt nach Hamburg sowie zweimal von Hamburg nach London vom 07.06. und 22.06.2003. Weiter wurden Kosten für eine Sprachreise von Frau Ba. nach London und einen Hotelaufenthalt in der Türkei in Höhe von 4 426,- € berechnet. Kosten für Flüge in die Türkei für Frau Ba. und ihre Freundin Fr vom 30.06./04.07.2003 in Höhe von 700,- € entstanden ebenfalls. Die verauslagten Kosten wurden Ge von der V. AG erstattet.

  18. 18.

    Im Rahmen der Belegabrechnung Nr. 21 vom 12.08.2003 über insgesamt 171 237,52 € machte Ge mit Alltours-Rechnung vom 09.07.2003 Flugkosten von Frau Ba. für einen Flug von Sao Paulo nach Frankfurt und zurück in Höhe von 3 758,58 € sowie gemeinsame Flüge von Frau Ba. und Dr.V. in Höhe von jeweils 1 080,11 €, insgesamt 5 918,80 €, sowie für einen gemeinsamen Hotelaufenthalt von Ba und Dr.V. im Hotel Excelsior in Dubrovnik vom 04.08. - 08.08.2003 in Höhe von 2 200,- € geltend. Die Gesamtkosten in Höhe von 8 118,80 € erhielt Ge von der V. AG erstattet.

  19. 19.

    Mit Belegabrechnung Nr. 22 über 38 322,18 € vom 02.09.2003 reichte Ge erneut eine Alltours-Rechnung vom 02.09.2003 über 934,74 € ein, die auf einem privat veranlassten Flug von Frau Ba. von Frankfurt nach Prag und zurück beruhte und von der V. AG erstattet wurde.

  20. 20.

    Im Rahmen der Belegabrechnung Nr. 23 vom 22.09.2003 über 61 379,40 € machte Ge eine Alltours-Rechnung vom 17.09.2003 über 4 761,72 € geltend, die für einen Flug von Frau Ba. von Frankfurt nach Prag (969,80 €) sowie für einen Flug von Frankfurt nach Sao Paulo (3 791,92 €) entstanden waren.

  21. 21.

    Mit der Belegabrechnung Nr. 24 vom 27.10.2003 (GBA-Vorbereitung Hamburg/ München, GBA-Vorbereitung Prag) über insgesamt 54 856,04 € reichte Ge eine Alltours-Rechnung vom 20.10.2003 über 6 225,24 € ein, mit der Kosten eines Fluges von Frau Ba. von Sao Paulo über Frankfurt nach Lissabon und zurück geltend gemacht wurden.

  22. 22.

    Die Belegabrechnung Nr. 26 vom 12.12.2003 über insgesamt 55 149,62 € beinhaltete u.a. eine Alltours-Rechnung vom 24.11.2003 über 5 825,74 €, die auf einem Flug von Frau Ba. von Sao Paulo nach Paris beruhte. Die Rechnung der Firma K. vom 15.11.2003 für einen "Handsender mit Kapsel" für 285,- € entstand für die Anschaffung eines Mikrofons für Frau Ba.

  23. 23.

    Mit Belegabrechnung vom 21.01.2004 über insgesamt 165 201,81 € (GBA-Vorbereitung Prag, GBA-Informationsreise nach Indien) reichte Ge mehrere Rechnungen ein, die im Rahmen einer ausschließlich privat veranlassten Indienreise von Dr.V., Ba. sowie Dr. Sch. und dessen Begleitung Kl und Ge samt Begleitung Ka in der Zeit vom 08. - 15.01.2004 entstanden waren. Bei den zur Erstattung eingereichten Rechnungen handelte es sich u.a. um eine Rechnung der Firma Services International vom 05.01.2004 für 3 Hotelzimmer über 2 397,39 € sowie 4 Rechnungen der Firma Pleasure-Tours über 22 000,- €, 9 000,- €, 800,- € und 200,- € für Flüge in Indien. Weiter wurden 2 505,27 €, 1 152,50 € und 4 042,30 € für Hotelzimmer abgerechnet. Die Alltours-Rechnung vom 07.01.2004 über insgesamt 16 087,19 € beruht u.a. auf Flugkosten für Ba. in Höhe von 7 131,20 € sowie 4 512,14 € für Frau Ka. und 4 443,85 € für Frau Kai. von Frankfurt bzw. Prag und London jeweils nach Chennai und zurück. Weiter reichte Ge Kreditkartenbelege vom 14.01.2004 über 2 967,- €, vom 11.01.2004 über 345,71 €, vom 13.01.2004 über 117,50 € und vom 12.01.2004 über 287,96 € ein, die anlässlich der Privatreise entstanden waren. Insgesamt entstanden dabei Privatkosten in Höhe von 61 902,82 €, von denen mindestens 1/3, mithin 20 634,27 €, auf Dr.V. und Ba. entfielen.

  24. 24.

    Schließlich reichte Ge im Rahmen der Belegabrechnung Nr. 34 vom 14.03.2005 über insgesamt 28 596,89 € eine Rechnung des Hotel Lapa-Palace in Lissabon vom 06.12.2004 über 3 267,66 € ein, die anlässlich eines privat veranlassten Aufenthalts von Dr.V. vom 29.11. bis 04.12.2004 entstanden war. Die Kosten für den damit zusammenhängenden Flug von Frau Ba. vom 29.11.2004 von Sao Paulo nach Lissabon und zurück in Höhe von 2 939,80 € wurden am 9.12.2004 von der Alltours GmbH in Rechnung gestellt.

40

Insgesamt reichte Ge. damit Privatkosten von Dr.V. bzw. Ba in Gesamthöhe von 198 136,29 € ein, die sämtlich von der VAG erstattet wurden.

41

III.

Diese Feststellungen basieren auf dem Geständnis des Angeklagten. An dessen Glaubhaftigkeit hat die Kammer keine Zweifel, zumal die Einlassung durch das Ergebnis der Beweisaufnahme im übrigen, insbesondere den Angaben der Zeugen Dr. Sch., Dr.V., Ge., Ho., Fi., Dr. We., Dr.B., Dr. Se. und Dr. Ma., deren Aussagen jeweils verlesen wurden, gestützt wird. Hinsichtlich der im Einzelnen festgestellten Zahlungen erfolgte zudem eine Überprüfung anhand der dazu jeweils vorliegenden Belege.

42

Die Sonderbonuszahlungen wurden im einzelnen belegt durch die dazu gefertigten schriftlichen Vermerke des Zeugen Ho. und die jeweils vorliegenden Zahlungsanweisungen.

43

Hinsichtlich der erfolgten Zahlungen an Frau Ba. für angebliche Agenturleistungen ergibt sich deren Höhe aus den vorliegenden Rechnungen für jeden der festgestellten Beträge sowie den entsprechenden Zahlungsanweisungen der V. AG. Dass Frau Ba. im Rahmen des angeblichen Agenturvertrages keine Leistungen erbracht hat, ergibt sich aus der Bekundung des Zeugen Fi., der im Auftrag der Konzernrevision der V. AG durch Überprüfung festgestellt hat, dass Frau Ba. im Rahmen des angeblichen Agenturvertrages keine Leistungen erbracht hat. Soweit Frau Ba. einzelne andere Leistungen erbracht hat, sind diese nach den Feststellungen des Zeugen Fi. gesondert vergütet worden.

44

Der vom Angeklagten eingeräumte Abbau von Kontrollmechanismen, der die Abrechnung betriebsfremden Aufwands ermöglichte, wird durch die Bekundungen der Zeugen Dr. We., Dr.B. und Dr. Se. bestätigt. Art und Umfang der betriebsfremd aufgewandten Kosten werden belegt durch die Bekundungen des Zeugen Ge. sowie die von diesem eingereichten Belegabrechnungen und den diesen zugrunde liegenden Rechnungen für Flüge u.a. Bei den Teilziffern 2 (Anklagevorwurf 22), 3 (Anklagevorwurf 23), 10 (Anklagevorwurf 30), 22 (Anklagevorwurf 42) und 23 (Anklagevorwurf 43) kam es betragsmäßig zu einzelnen kleineren Abweichungen gegenüber der Anklage, da eindeutige Grundbelege für die Zuordnung der Kosten nicht vorlagen.

45

IV

Nach den zugrundeliegenden Feststellungen ist der Angeklagte bei den Taten 2 - 21 der Untreue gem. § 266 StGB schuldig. Bei Tat 1 liegt Untreue im besonders schweren Fall nach § 266 Abs. 2 i.V. mit § 263 Abs. 3 StGB vor. Darüber hinaus sind jeweils tateinheitlich die Tatbestände der Begünstigung eines Mitglieds des Betriebsrats nach § 119 Abs. 1 Ziff. 3 BetriebsVG und der Begünstigung eines Mitglieds eines europäischen Betriebsrats nach §§ 42 Ziff. 3, 44 Abs. 1 Ziff. 2 EBRG erfüllt. Hinsichtlich der Taten 2 - 11 ist insoweit jedoch Verfolgungsverjährung eingetreten; daher beschränkt sich die Verurteilung insoweit auf die Taten 1 und 12 - 21.

46

Die Taten 1 - 21 stehen jeweils im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander.

47

1.)

Durch die Sonderbonuszahlungen (Tat 1), die Quartalszahlungen an Frau Ba. (Taten 2 - 20) und die Zahlungen betriebsfremder Ausgaben für Dr.V. und Frau Ba. (Tat 21) hat der Angeklagte jeweils den Missbrauchstatbestand des § 266 Abs. 1, 1. Alt. StGB erfüllt.

48

Als Personalvorstand der V. AG hatte der Angeklagte eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Vermögen der V. AG. Vorstände einer Aktiengesellschaft trifft nach §§ 76 ff AktG eine umfassende Pflicht, das ihnen anvertraute Vermögen der Gesellschaft zu betreuen. Bei allen ihren Entscheidungen müssen sie stets zum Wohle der Gesellschaft handeln, insbesondere deren Vorteil wahren und Nachteile von ihr abwenden. Es ist daher anerkannt, dass Vorstandsmitglieder einer Gesellschaft eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne von § 266 StGB trifft ( BGH NJW 1988, 2483, 2485 [BGH 22.01.1988 - 2 StR 133/87], Tröndle/Fischer, StGB, 54. Aufl., § 266 Rdn. 36).

49

Diese Vermögensbetreuungspflicht hat der Angeklagte durch die Zahlungen an den Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Dr.V. und dessen Freundin Frau Ba. sowie durch die Übernahme betriebsfremder Kosten verletzt. Dr.V. standen die Sonderbonuszahlungen weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus sonstigen Gesichtspunkten zu. Die tatsächliche Möglichkeit zur Zahlung eines Sonderbonusses hatte der Angeklagte dadurch, dass er einen bestimmten Prozentsatz des ihm anvertrauten Bonustopfes selbstständig verwalten konnte. Mit dieser Rechtsmacht verbunden war jedoch die Verantwortung, Sonderbonuszahlungen als Belohnung nur für diejenigen Mitarbeiter zu erbringen, die außergewöhnliche Leistungen erbracht hatten. Hier diente die Erbringung der Sonderbonuszahlungen aber nicht dazu, einzelne außergewöhnliche Leistungen von Dr.V. zu honorieren. Es liegen bereits keine Anhaltspunkte für derartige außergewöhnliche Leistungen vor. Die Wahl von Dr.V. zum Europäischen Betriebsratsvorsitzenden 1992 und zum Weltbetriebsratsvorsitzenden 1999 kann schon vom zeitlichen Zusammenhang her keinen Anlass dafür geben, die damit erhöhte Verantwortung durch einen Sonderbonus abzugelten. Tatsächlich diente die vom Angeklagten vorgenommene jährliche Zahlung eines Sonderbonusses dem alleinigen Zweck, das Gehalt von Dr.V. Auf das Niveau der ersten Berichtsebene unter dem Markenvorstand anzuheben. Nach der Vereinbarung über die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern war die Eingruppierung und Bezahlung von Betriebsratsmitgliedern aber nicht allein vom Angeklagten zu entscheiden, sondern Sache der damit befassten Kommission. Aufgrund der Entscheidung der Kommission war Dr.V. Aber nur in die zweithöchste Gehaltsgruppe mit dem dazu vorgesehenen Bonusrahmen eingruppiert worden und dementsprechend zu bezahlen.

50

Mit seiner Entscheidung, über Sonderbonuszahlungen das Gehalt von Dr.V. gegen den Kommissionsentscheid auf die 1. Berichtsebene anzuheben, hat der Angeklagte auch gegen seine gegenüber der V. AG bestehende Verpflichtung verstoßen, bei seiner Tätigkeit als Vorstandsmitglied bestehende Gesetze einzuhalten. Die Zahlungen dienten allein dem Zweck, Dr. V in seiner Funktion als Betriebsratsvorsitzenden besser zu stellen. Sie erfolgten ausschließlich um dieser Tätigkeit willen, so dass sowohl die Strafvorschrift des § 119 Ziff 3 BetrVG als auch die §§ 42 Ziff. 3, 44 Abs. 1 Ziff. 2 EBRG verletzt sind, die eine Begünstigung von Betriebsratsmitgliedern bzw. Mitgliedern eines Europäischen Betriebsrats untersagen. Der Tatbestand der Begünstigung eines Mitglieds eines Betriebsrats ist dann erfüllt, wenn Mitglieder der betriebsverfassungsrechtlichen Organe um ihrer Amtstätigkeit willen begünstigt werden (Kania in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 7. Aufl., § 119 Rdn. 4). Der Angeklagte hat daher durch die Sonderbonuszahlungen die ihm intern eingeräumte Rechtsmacht gegenüber der V. AG missbraucht.

51

Dasselbe gilt für die Quartalszahlungen an Frau Ba. sowie die Übernahme dienstfremder Kosten für Dr.V. und Frau Ba. Auch auf diese, ausschließlich privat veranlassten, Leistungen hatten ersichtlich weder Frau Ba. noch Dr.V. einen Anspruch, so dass der Angeklagte die Zahlungen ohne rechtliche Verpflichtung der V. AG erbracht hat. Auch durch diese Zahlungen, die wiederum ausschließlich der Begünstigung des Betriebsratsvorsitzenden dienten, hat der Angeklagte seine Vermögensbetreuungspflicht verletzt.

52

Durch sämtliche Zahlungen ist das Vermögen der V. AG vermindert worden. Somit ist für das vom Angeklagten zu betreuende Vermögen auch ein Vermögensnachteil eingetreten, da den Zahlungen keine den Schaden ausgleichende Leistung gegenüberstand. Unter Nachteil ist jede durch die Tathandlung verursachte Vermögenseinbuße zu verstehen, wobei die Vermögensminderung nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung - Vergleich des Vermögensstandes vor und nach der treuwidrigen Handlung - festzustellen ist ( BGH NStZ 2001, 248-252, Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 266 Rdn. 40). Zur Feststellung eines Nachteils sind grundsätzlich die Leistung und eine eventuell empfangene Gegenleistung im Wege einer Gesamtbetrachtung zu gewichten ( BGH, Urteil vom 14.12.2000, 5 St R 123/00, NJW 2001, 2411 [BGH 14.12.2000 - 5 StR 123/00]-2114). Nach maßgeblicher wirtschaftlicher Betrachtungsweise gehört zum Vermögen dabei alles, was in Geldwert messbar ist. Zu berücksichtigen ist jeder Vorteil, der durch die pflichtwidrige Handlung erzielt worden ist ( BGH NJW 75, 1234, 1235 [BGH 27.02.1975 - 4 StR 571/74]). Es kann dabei auch auf einen wirtschaftlichen, vernünftigen Gesamtplan abzustellen sein, wenn dieser auf einen einheitlichen Erfolg angelegt ist und sich der Erfolg eventuell erst nach einem Durchgangsstadium einstellt ( BGH NJW 2002, 1211 [BGH 15.11.2001 - 1 StR 185/01][BGH 15.11.2001 - 1 StR 185/01]-1216; für den Fall einer Sanierung). Ein gleichzeitig mit dem Schaden vorliegender und diesen ausgleichender Vorteil ist aber nur dann gegeben, wenn nicht nur eine Chance auf Vermögenszuwachs, sondern eine begründete Aussicht hierfür besteht ( BGH NStZ 1997, 543 [BGH 02.07.1997 - 2 StR 228/97], [BGH 02.07.1997 - 2 StR 228/97] NStZ-RR 2002, 237, 238).

53

Auch wenn der Angeklagte - wie er selbst angegeben hat - sich mit den Zahlungen das Wohlwollen von Dr.V. Als Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrates erhalten wollte, fehlt es nach den dargestellten Kriterien hier an einem durch die Taten entstandenen Vorteil, der im Wege der Kompensation zu einem Wegfall des Schadens führen könnte. Zur Überzeugung der Kammer hat der Angeklagte zwar auch gehofft, dass die Zahlungen letztlich der V. AG zu Gute kommen würden und daher in deren Interesse standen. Diese reine, nicht auf konkreten Absprachen beruhende, Hoffnung stellt aber nur eine vage Chance, nicht dagegen bereits eine begründete Aussicht auf einen Vermögensvorteil dar. Da Schutzgut der Untreue das Vermögen ist, muss ein Vorteil, mit dem auf Grund ungerechtfertigter Zahlungen eingetretene Vermögenseinbußen durch eine erhaltene Gegenleistung kompensiert werden können, nach wirtschaftlichen Maßstäben hinreichend konkret beurteilbar sein. Daran fehlt es aber, wenn - wie hier - mit der Weggabe von Vermögensgegenständen lediglich das abstrakte Wohlwollen eines wichtigen Entscheidungsträgers erkauft werden soll. Für einen hinreichend messbaren wirtschaftlichen Vorteil hätte es konkreter Entscheidungen von Dr. V bedurft, die für das Unternehmen von wirtschaftlicher Bedeutung waren und von Dr.V. Ausschließlich auf Grund der ungerechtfertigt erhaltenen Zahlungen/Vergünstigungen in dieser Art und Weise getroffen worden sind, zumal Dr. V zwar jeweils als Vorsitzender eines Gesamtgremiums eine große Bedeutung hatte, aber regelmäßig nicht zur alleinigen Entscheidung berufen war. Insgesamt stellt sich das mit den Zahlungen vom Angeklagten erstrebte Wohlwollen daher zwar als Erleichterung des gegenseitigen Miteinanders - auch für den Angeklagten selbst - nicht aber als konkret messbarer wirtschaftlicher Vorteil für das von ihm zu betreuende Vermögen der V. AG dar.

54

Der Angeklagte handelte auch vorsätzlich, da er wusste, dass für die Zahlungen kein Rechtsgrund bestand. Das Handeln des Angeklagten war zwar von der Vorstellung geprägt, dem von ihm wohlverstandenen Interesse des Unternehmens zu dienen. Der Untreuevorsatz entfällt aber nicht dadurch, dass der Inhaber der Vermögensbetreuungspflicht das Interesse des Geschäftsherrn nach seinem eigenen Gutdünken bestimmt, da dem Täter eine willkürliche eigene Zwecksetzung nach dem das Treueverhältnis begründenden Rechtsverhältnis - hier dem Anstellungsvertrag mit der V. AG - gerade verboten ist ( BGH, Urteil vom 18.10.2006, 2 St R 499/05, Tröndle/Fischer, aaO, § 266 Rn 46). Klar war dem Angeklagten als Personalvorstand auch, dass sein Handeln den Straftatbestand der Begünstigung eines Betriebsratsmitglieds erfüllte und allein dadurch nicht im tatsächlichen Interesse der V. AG liegen konnte. Ausschlaggebend ist daher allein, dass der Angeklagte die durch die ungerechtfertigten Zahlungen eintretende Vermögenseinbuße klar erkannte und sie lediglich in der Hoffnung in Kauf genommen hat, dass durch das Wohlwollen des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden der V. AG insgesamt ein Vorteil entstünde. Dass der Angeklagte auch selbst von der Unrechtmäßigkeit seiner Handlungen und der Pflichtwidrigkeit ausgegangen ist, ergibt sich einerseits aus seinem glaubhaften Geständnis, andererseits aber auch aus der jeweiligen Verschleierung der Zahlungswege und dem Auftrag an den Zeugen Ho, die Zahlungen vertraulich zu behandeln.

55

2.)

Die Tat 1 stellt darüber hinaus eine schwere Untreue nach § 266 Abs. 2 i.V. mit § 263 Abs. 3 Ziff. 2 StGB dar, während die Tat 21 (Anklagevorwürfe 21 - 44) trotz Erfüllung des Regelbeispiels nur als einfache Untreue zu werten ist.

56

a.)

Nach § 263 Abs. 3 Ziff. 2 StGB ist in der Regel von einem schweren Fall der Untreue auszugehen, wenn ein Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeigeführt wird. Der Vermögensverlust ist dabei nicht aus Opfersicht, sondern objektiv zu bestimmen (Tröndle/Fischer, aaO, § 263 Rn 122), wobei die Grenze bei 50 000,00 € anzusetzen ist ( BGH wistra 2004, 262, Cramer in: Schönke/Schröder, aaO, § 263 Rn 188c).

57

Bei Tat 1 liegt ein Vermögensschaden in Gesamthöhe von 1,945 Mio € vor, da die jährlich erfolgenden Sonderbonuszahlungen von 1995 - 2004 im Sinne einer Bewertungseinheit zu einer einheitlichen Tat zusammen zu fassen sind. Maßgebend dafür ist, dass der Angeklagte bereits vor der ersten Gewährung einer Sonderbonuszahlung dazu entschlossen war, Dr.V. jedes Jahr eine Sonderbonuszahlung zu gewähren. Ziel der Sonderbonuszahlungen war, Dr.V. eine verdeckte, dauernde Gehaltserhöhung zu gewähren, die der Angeklagte aufgrund der beabsichtigten und erforderlichen Geheimhaltung nicht in anderer Weise bewerkstelligen konnte. Bereits vor der ersten Sonderbonuszahlung stand fest, dass der Angeklagte künftig jährlich einen Sonderbonus zur Gehaltsaufstockung zahlen würde, wobei lediglich deren Höhe nach dem Unternehmensergebnis bzw. der Differenz zum Gehalt der ersten Berichtsebene vom Angeklagten berechnet werden musste. Diese vom Angeklagten eingeräumte Absicht steht auch im Einklang mit der tatsächlichen Übung über 11 Jahre. Somit erfolgte die Rechtsgutverletzung bereits zu dem Zeitpunkt, als der Angeklagte sich zur ungerechtfertigten Gehaltserhöhung für Dr.V. entschloss, während sich die anschließende jährliche Gewährung des Sonderbonusses nur als Schadensvertiefung auswirkte. In derartigen Fällen ist verfahrensrechtlich von einer einheitlichen Tat auszugehen ( BGH NJW 2005, 3008, 3011 [BGH 15.06.2005 - 2 StR 30/05]; OLG Frankfurt NJW 2004, 2028, 2031; BGH NJW 2002, 905, 907 [BGH 21.11.2001 - 2 StR 260/01]). Es liegt nur ein Fall der Untreue vor, wenn bereits durch eine Vereinbarung eine konkrete Vermögensgefährdung eintritt, die durch die späteren Auszahlungen nur vertieft wurde ( BGH wistra 2007, 21, 22[BGH 17.08.2006 - 4 StR 117/06]). Bezieht sich die Untreue auf einen in mehreren Teilakten eintretenden Schaden, so ist die Beendigung erst mit Verlust des letzten vom Vorsatz umfassten Vermögensvorteils gegeben (Tröndle/Fischer, aaO, § 266 Rdn. 81). Daher liegt auch keine Verjährung der vor dem Jahr 2000 erfolgten Sonderbonusgewährungen vor.

58

Angesichts des durch die Tat 1 verursachten Vermögensschadens in Höhe von 1,945 Mio € wird die Grenze des Vermögensverlustes großen Ausmaßes um ein Vielfaches überstiegen, so dass das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 Ziff. 2 StGB erfüllt ist. Auch rechtfertigen die weiteren Umstände der Tat kein Abweichen vom Regelfall, da der Angeklagte bei jeder seiner Handlungen die Höhe der jeweiligen Vermögenseinbuße klar erkannte und die Zahlungen planvoll verschleiert hat.

59

b.)

Mit 198 136,29 € wird auch bei Tat 21 die Grenze des Vermögensverlustes großen Ausmaßes deutlich überstiegen, da die in den Anklagevorwürfen 21 - 44 angegebenen Untreueakte ebenfalls wieder nur als eine Tat im Sinne einer Bewertungseinheit zu werten sind. Entscheidend ist auch hier wieder, dass der Angeklagte mit dem Auftrag an Ge., Dr.V. großzügig zu behandeln, bereits die Grundlage für eine konkrete Vermögensgefährdung gelegt hat. Weitere eigene Handlungen hat der Angeklagte nur insoweit ausgeführt, als er die Kontrollen durch Dr.B. und Dr. Se. beseitigt hat. Dagegen hat er den weiteren Verlauf aus der Hand gegeben, so dass es sich für ihn als reiner Zufall darstellte, wann und in welchem Umfang Ge. den ihm erteilten Auftrag ausführte und durch Einreichung von Kostenbelegen das Vermögen der V. AG schädigte. Bei wertender Betrachtungsweise war daher bereits bei der Beauftragung von Ge. die konkrete Vermögensgefährdung eingetreten, die sich durch jede ungerechtfertigte Abrechnung von Ge. dann nur noch weiter vertiefte.

60

Bei Verwirklichung eines Regelbeispiels wird die Einstufung als schwerer Fall indiziert ( BGH NJW 2004, 2395). Die Indizwirkung des Regelbeispiels kann aber auch durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet werden, die für sich allein oder in ihrer Gesamtheit so schwer wiegen, dass die Anwendung des Strafrahmens für besonders schwere Fälle unangemessen erscheint ( BGH NJW 2004, 2394, 2395 [BGH 31.03.2004 - 2 StR 482/03] mit weiteren RsprNw.). Das ist hier der Fall. Die Grenze des Vermögensverlustes großen Ausmaßes wird bei Tat 21 nur deswegen erreicht, weil die einzelnen Abrechnungsfälle durch Ge. - angeklagt als 24 Einzeltaten - im Sinne einer Bewertungseinheit zu einer einheitlichen Tat zusammengefasst worden sind. Dies beruht in erster Linie darauf, dass die Handlungen des Angeklagten im Auftrag an Ge., Dr.V. großzügig zu behandeln, und dem anschließenden Abbau von Kontrollen bestand. Von den einzelnen Abrechnungen durch Ge und ihrer Höhe hatte der Angeklagte dagegen im Gegensatz zu Tat 1 keine Kenntnis. Da die einzelnen Schadenssummen auch sämtlich deutlich unter der Grenze für einen Vermögensverlust großen Ausmaßes liegen, der Angeklagte von der tatsächlich eingetretenen Schadenshöhe keine Kenntnis hatte und die Schadenssumme erst über einen Zeitrum von 5 Jahren erreicht worden ist, erscheint es vorliegend unangemessen, den Strafrahmen des schweren Falles anzuwenden.

61

c.)

Im Gegensatz zu den Taten 1 und 21 stellen sich die einzelnen Zahlungen bei den Taten 2 - 20 als jeweils eigenständige Untreuehandlungen dar. Die Zahlungen erfolgten zwar - jedenfalls ab der Tat 5 - in gleichen Abständen und in gleicher Höhe. Es war aber bei Beginn der Zahlungen noch nicht vom Vorsatz des Angeklagten umfasst, diese Zahlungen kontinuierlich und ohne zeitliche Begrenzungen zu erbringen. Dies folgt einerseits aus der nicht zu widerlegenden Einlassung des Angeklagten, sich die Entscheidung über das ob der Zahlungen in jedem Einzelfall vorbehalten zu wollen. Zudem waren die Zahlungen auch davon abhängig, wie lange die Beziehung von Frau Ba. und Dr.V. bestand. Äußerlich sichtbar wird dies u.a. daraus, dass der Angeklagte die jeweiligen Quartalsrechnungen im Einzelfall mit "i.O." freigegeben und auf der Quartalsrechnung für den Zeitraum vom 01.01.2001 bis 31.03.2001 sogar den Vermerk "bis auf Widerruf" angebracht hat. Letztes Anzeichen für eine jedenfalls nicht auf Dauer angelegte Zahlung ist auch, dass der Angeklagte die Zahlungen ab Ende 2004 nicht mehr bewilligt hat. Da die Zahlungen jeweils unter der Grenze des Vermögensverlustes großen Ausmaßes liegen, ist das Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall der Untreue nicht erfüllt.

62

V.

Im Rahmen der Strafzumessung war für den Angeklagten zunächst sein umfassendes Geständnis strafmildernd zu berücksichtigen. Auch wenn für die objektive Tatseite eine Vielzahl von Urkunden- und Zeugenaussagen vorlagen, die für den Tatnachweis geeignet waren, hat der Angeklagte ohne zu beschönigen auch Angaben gemacht, die für die innere Tatseite von großer Bedeutung waren. So hat er eingeräumt, dass er allein die Idee hatte, über das Mittel von Sonderbonuszahlungen die von Dr.V. geforderte Gehaltserhöhung zu bewirken. Dabei hat er weiter eingeräumt, dass diese Zahlungen nicht im Hinblick auf konkrete Gegenleistungen erfolgten, sondern nur auf die Person von Dr.V. Als Gesamtbetriebsratsvorsitzenden gerichtet waren. Weiterhin hat der Angeklagte auch eingeräumt, dass er bereits von Beginn an wusste, dass es sich bei dem angeblichen Agenturvertrag nur um einen Scheinvertrag handelte. Insoweit war dem Geständnis ein maßgebender Beitrag zur Aufklärung der Straftaten beizumessen.

63

Von entscheidender Bedeutung für die Strafzumessung war, dass der Angeklagte sich nicht selbst bereichert hat. Sämtliche Zahlungen sind an Dr.V. bzw. in dessen Interesse erfolgt. Auch wird der Angeklagte zivilrechtlich im Wege des Rückgriffs von der Versicherung der V. AG in Anspruch genommen. Weiter war zu berücksichtigen, dass der Angeklagte mit den Zahlungen an Dr.V. letztlich nicht das Vermögen des Vermögensinhabers - der V. AG - schädigen wollte, sondern in dem von ihm als wohlverstandenen Interesse der V. AG gehandelt hat, dass Dr.V. Als Gesamtbetriebsratsvorsitzender den Interessen des Unternehmens aufgeschlossen gegenüber stehen sollte. Auch wenn dieses vom Angeklagten so interpretierte Interesse objektiv nicht zum Wegfall eines Vermögensnachteils führt, war es jedenfalls bei der Strafzumessung zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Schließlich war strafmildernd heranzuziehen, dass die Taten bzw. Tatbeiträge bereits lange zurückliegen und der Angeklagte trotz fortgeschrittenen Lebensalters strafrechtlich unvorbelastet ist.

64

Strafschärfend war dagegen zu berücksichtigen, dass der Angeklagte jeweils einen großen Vermögensschaden bei der V. AG verursacht hat. Zudem hat er ein erhebliches Maß an Pflichtwidrigkeit an den Tag gelegt. Zur Verschleierung hat er unübliche Zahlungswege über die Gehaltsabrechnungsstelle für Führungskräfte gewählt und den vertrauenswürdigen Zeugen Ho. damit belastet, von diesem als zumindest ungewöhnlich eingestufte Zahlungsaufträge abzuwickeln. Auch die Abrechnung von Aufwendungen für den Betriebsrat bzw. dessen Vorsitzenden über die Kostenstelle 1860 und die in diesem Zusammenhang erfolgte Abschaffung von Kontrollmechanismen sprechen für die aufgewandte kriminelle Energie.

65

1.)

Ausgehend von diesen grundsätzlichen Strafzumessungserwägungen waren folgende Einzelstrafen zu bilden:

  1. a)

    Für die Tat 1 war der Strafrahmen der Vorschrift des § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 StGB zu entnehmen, der einen Strafrahmen von 6 Monaten bis zu 10 Jahren vorsieht. Angesichts des erheblichen Vermögensnachteils in Höhe von 1,95 Mio. Euro, der das Regelbeispiel des Verlustes hohen Ausmaßes um ein Vielfaches übersteigt, war die Verhängung einer nicht unerheblichen Freiheitsstrafe unerlässlich, die die Kammer nach den vorgenannten Kriterien mit einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren als tat- und schuldangemessen erachtet hat.

  2. b)

    Die Strafen für die Taten 2 - 21 waren dem Strafrahmen des § 266 Abs. 1 StGB zu entnehmen, der Geldstrafe und Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren vorsieht. Unter Berücksichtigung der allgemeinen Strafzumessungserwägungen einerseits und der jeweiligen Höhe des Vermögensnachteils erschienen Geldstrafen als tat- und schuldangemessene Einzelstrafen. Aufgrund der sonst gleichartigen Tatbegehung war für die Differenzierung der Einzelstrafen die Höhe des jeweiligen Vermögensnachteils ausschlaggebend.

    Danach waren

    für die Taten 2 - 4 jeweils 60 Tagessätze und

    für die Taten 5 - 20 jeweils 90 Tagessätze Geldstrafe

    als tat- und schuldangemessene Strafe festzusetzen.

  3. c)

    Für die Festsetzung der Einzelstrafe für Tat 21 war wieder der Strafrahmen des § 266 Abs. 1 StGB maßgeblich. Ausgehend von den genannten Strafzumessungskriterien wirkte sich der hohe Vermögensschaden von 198 136,29 € straferhöhend aus. Angesichts des Umstandes, dass dem Angeklagten die letztlich entstehende Höhe des Vermögensnachteils zum Zeitpunkt der Beauftragung von Ge nicht bekannt war, war trotz des nicht unerheblichen Vermögensnachteils die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Ahndung nicht erforderlich. Dabei war wieder von ausschlaggebender Bedeutung, dass der Angeklagte sich nicht selbst bereichert und im vermeintlichen Interesse der V. AG gehandelt hat.

    Unter Berücksichtigung der allgemeinen und speziellen Strafzumessungserwägungen war die Verhängung einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zur tat- und schuldangemessenen Ahndung ausreichend aber auch erforderlich.

  4. d)

    Die Höhe des einzelnen Tagessatzes war entsprechend § 40 Abs. 2 StGB zu berechnen. Dabei war vom Nettoeinkommen des Angeklagten zum Zeitpunkt der Entscheidung auszugehen. Das Vermögen als solches hatte - außerhalb des Wertzuwachses - außer Betracht zu bleiben (Tröndle/Fischer, aaO, § 40 Rdn. 12).

    Für die Ermittlung des Nettoeinkommens des Angeklagten war zunächst von dessen monatlicher Nettorente in Höhe von ... Euro auszugehen. Hinzuzurechnen waren Kapitalerträge, die der Angeklagte aus dem von ihm angelegten Finanzvermögen von ... Euro mutmaßlich erzielt. Angesichts der in den letzten Jahren bestehenden und weiter anhaltenden guten Kapitalmarktsituation und der Tatsache, dass Finanzvermögen in dieser Größensituation professionell verwaltet und steuerlich optimiert werden, geht die Kammer von Nettokapitalerträgen in Höhe von 10 %, mithin ... Euro pro Jahr, aus. Bei Addition der Beträge aus Rente und Kapitalerträgen war daher der Nettotagessatz mit ... Euro zu berechnen.

66

2.)

Aus den Einzelstrafen zu Ziffer 1 bis 21 war gem. § 53 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden, wobei auf Grund der erforderlichen Abwägung nach § 53 Abs. 2 S. 2 StGB eine getrennte Festsetzung von Freiheitsstrafe und Gesamtgeldstrafe vorzunehmen war.

67

a.)

Treffen Einzelfreiheitsstrafen und Einzelgeldstrafen zusammen, so ist in der Regel eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden ( BGH NStZ-RR 2002, 264). Nach § 53 Abs. 2 S. 2 StGB besteht jedoch auch die Möglichkeit, von der Gesamtstrafenbildung abzusehen und neben der Freiheitsstrafe gesondert auf eine Geldstrafe zu erkennen. Die gesonderte Festsetzung einer Gesamtgeldstrafe neben einer Freiheitsstrafe kann insbesondere dann in Betracht kommen, wenn nach den besonderen Umständen des Falles eine Gesamtstrafe als das schwerere Übel erscheint, insbesondere, wenn erst die Einbeziehung von Geldstrafen zur Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe führt, deren Höhe keine Strafaussetzung zur Bewährung mehr zulässt ( BGH wistra 2000, 177, NStZ-RR 2002, 264) oder z.B. zwingende beamtenrechtliche Folgen auslöst ( BGH wistra 2004, 264).

68

Eine derartige Prüfung war hier vorzunehmen, da bei einer Einzelfreiheitsstrafe von 2 Jahren für die Tat 1 die Einbeziehung der für die Taten zu 2 - 21 ausgesprochenen Geldstrafen unweigerlich zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von über zwei Jahren geführt hätte, die nicht mehr zur Bewährung hätte ausgesetzt werden können.

69

Dagegen konnte die Vollstreckung der für die Tat 1 verhängten Freiheitsstrafe angesichts positiver Sozialprognose und besonderer Umstände nach § 56 Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Dies beruht zunächst darauf, dass der Angeklagte sozial eingegliedert und strafrechtlich nicht vorbelastet ist. Der Tat lag auch nicht der Vorsatz eigener Bereicherung, sondern das falsch verstandene Interesse der V. AG sowie deren Arbeitnehmer zugrunde. Anlass für die Taten war die damalige Position des Angeklagten als Personalvorstand der V. AG. Da der Angeklagte bei der V. AG ausgeschieden und inzwischen 65 Jahre alt ist, ist kaum wahrscheinlich, dass er erneut in eine ähnliche Situation geraten könnte. Andere Gesichtspunkte, die dafür sprechen könnten, dass der Angeklagte ohne Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe erneut straffällig werden könnte, sind angesichts seines bisherigen Werdegangs und der besonderen Anlässe, die zu den Straftaten geführt haben, nicht ersichtlich. Für die nach § 56 Abs. 2 StGB weiter erforderlichen besonderen Umstände konnten auch Umstände herangezogen werden, die bereits bei der Sozialprognose herangezogen worden sind (Tröndle/Fischer, aaO, § 56 Rn 20). Sie werden hier zunächst dadurch begründet, dass der strafrechtlich nicht vorbelastete Angeklagte voll geständig war und dadurch auch seine volle zivilrechtliche Inanspruchnahme zumindest erleichtert hat. Auch ist wieder zu berücksichtigen, dass er in dem von ihm wohlverstandenen Unternehmensinteresse gehandelt und sich nicht selbst bereichert hat.

70

Bei der somit erforderlichen Gesamtabwägung, ob eine gesonderte Festsetzung von Freiheitsstrafe und Geldstrafe straf- und schuldangemessen war, war insgesamt zu würdigen, ob für die tat- und schuldangemessene Bestrafung des Angeklagten eine Verbüßung der Freiheitsstrafe unumgänglich war. Gegen die Notwendigkeit einer Verbüßung sprechen maßgeblich wieder die vorgenannten Gesichtspunkte, so dass es geboten war, eine getrennte Festsetzung von Freiheitsstrafe und Gesamtgeldstrafe vorzunehmen.

71

b.)

Neben der Freiheitsstrafe war aus den für die Taten 2 - 21 verhängten Einzelgeldstrafen eine Gesamtgeldstrafe zu bilden (Tröndle/Fischer, aaO, § 54 Rn 7a). Unter erneuter Berücksichtigung der vorgenannten Strafzumessungskriterien erschien eine Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen als tat- und schuldangemessen.

72

Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 Abs. 1 StPO.