Landgericht Braunschweig
Beschl. v. 21.02.2007, Az.: 6 Qs 23/07

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
21.02.2007
Aktenzeichen
6 Qs 23/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 60246
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGBRAUN:2007:0221.6QS23.07.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Braunschweig - AZ: 3 Gs 1741/06

Fundstelle

  • StraFo 2007, 288 (Volltext mit red. LS)

Tenor:

  1. Auf die Beschwerde des Beschuldigten wird festgestellt, dass die Durchsuchung seiner Wohnräume vom 11.12.2006 durch den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Braunschweig vom 13.06.2006 (3 Gs 1741/06) nicht gerechtfertigt war.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit notwendigen Auslagen des Beschuldigten werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe

1

Die Beschwerde ist zulässig und in der Sache erfolgreich.

2

I.

Auf Antrag des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen hat das Amtsgericht mit Beschluss vom..13.06.2006 die Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Beschuldigten angeordnet. Ausgeführt wurde dieser Beschluss durch Durchsuchung vom 11.12.2006. Weitere Ermittlungshandlungen zwischen dem Erlass des Beschlusses und der Ausführung der Durchsuchung sind aus der Akte nicht ersichtlich.

3

II.

Die durchgeführte Durchsuchung war rechtswidrig,, da sie in Folge Zeitablaufs vom Durchsuchungsbeschluss vom 13.06.2006 nicht mehr gedeckt war.

4

Der gem. Art 13 Abs. 2 GG erforderliche richterliche Durchsuchungsbeschluss hat die rechtliche Grundlage für die konkrete Maßnahme zu schaffen und muss Rahmen, Grenzen und Ziel der Durchsuchung definieren. Dieser Zweck des Richtervorbehalts hat nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch Auswirkungen für den Zeitraum, innerhalb dessen die richterliche Durchsuchungsanordnung vollzogen werden darf (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 27.05.1997, 2 BvR, 1992/92, NJW 1997, 2165, 2166 [BVerfG 27.05.1997 - 2 BvR 1992/92]). Wie lange eine richterliche Durchsuchungsanordnung die Durchführung, einer konkreten Durchsuchungsmaßnahme trägt, richtet sich dabei nach der Artdes Tatverdachts, der Schwierigkeit der Ermittlungen insbesondere im Hinblick auf die Zahl der Beschuldigten und der Beweismittel und der sonstigen Besonderheiten des Falles, aber auch nach der Dauerhaftigkeit der tatsächlichen Grundlagen für die Beurteilung der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit der .Durchsuchungsmaßnahme. Spätestens nach Ablauf eines halben Jahres gewährt die richterliche Prüfung nicht mehr die rechtlichen Grundlagen einer beabsichtigten Durchsuchung, so dass der Durchsuchungsbeschluss seine rechtfertigende Kraft verloren hat und die Durchsuchungsermächtigung erneuter richterlicher Prüfung bedarf (Bundesverfassungsgericht, aaO).

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Vorliegend ist die Durchsuchung zwar 2 Tage vor dem Ablauf von 6 Monaten nach Erlass des Durchsuchungsbeschlusses und damit noch innerhalb der vom Bundesverfassungsgericht gezogenen Höchstgrenze erfolgt. Angesichts der vorliegenden Sach- und Ermittlungslage hatte der Durchsuchungsbeschluss aber dennoch seine rechtfertigende Wirkung für die Durchsuchung bereits verloren. Nach dem klaren Wortlaut der Entscheidung - "spätestens nach Ablauf eines halben Jahres" - handelt es sich bei der Frist von sechs Monaten um eine Höchstfrist, nach deren Ablauf der Durchsuchungsbeschluss auf jeden Fall seine rechtfertigende Wirkung verliert. Die vom Bundesverfassungsgericht gezogene Höchstfrist bedeutet aber nicht, dass die Ermittlungsbehörden grundsätzlich bis zum Ablauf von 6 Monaten zuwarfen können, bis der Durchsuchungsbeschluss ausgeführt wird. Tatsächlich ist die Befugnis der Ermittlungsbehörde, nach ihrem Ermessen von der einmal erteilten Durchsuchungsanordnung Gebrauch zu machen, für jeden Einzelfall zu bestimmen und abhängig von den oben genannten objektiven Merkmalen, wie Art des Tatverdachts, Schwierigkeit der Ermittlungen insbesondere im Hinblick auf die Zahl der Beschuldigten und der Beweismittel und sonstigen Besonderheiten des Falles (Bundesverfassungsgericht, NJW 1997, 2165, 2166 [BVerfG 27.05.1997 - 2 BvR 1992/92]). Nach diesen Kriterien liegt hier kein rechtfertigender Grund dafür vor, die Durchsuchung erst 2 Tage vor Ablauf der Höchstgrenze durchzuführen. Das Verfahren richtet sich nur gegen einen Beschuldigten. Nach Erlass des Durchsuchungsbeschlusses haben auch keine weiteren Ermittlungshandlungen stattgefunden. Die Durchsuchung 2 Tage vor Ablauf von sechs Monaten lässt daher vermuten, dass deren Durchführung auf Frist gelegt worden ist. Eine derartige Handhabung kann auch durch die vom Finanzamt für Fahndung, und Strafsachen angegebene hohe Arbeitsbelastung der -Ermittlungsbeamten nicht begründet werden. Wenn übermäßige Arbeitsbelastung eine zeitnahe und einzelfallbezogene Durchführung der Durchsuchung verhindert, muss entweder der Durchsuchungsbeschluss erst kurz vor der geplanten Durchsuchung beantragt oder gegebenenfalls eine erneute richterliche Durchsuchungsanordnung eingeholt werden.

6

Soweit der Beschuldigte mit seiner Beschwerde auch Widerspruch gegen die Beschlagnahme der mitgenommenen Gegenstände erhoben hat, war dies als Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 98 Abs. 2 Satz 2 SPO zu werten. Über diesen Antrag hat das Amtsgericht Braunschweig durch Beschluss vom 19.01.2007 entschieden.

7

Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO analog.