Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 22.01.2010, Az.: 5 B 3148/09
Biogasanlage; Geruch; GIRL; Irrelevanz, Kleine; Lärm
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 22.01.2010
- Aktenzeichen
- 5 B 3148/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 47833
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 16 BImSchG
- § 8 BImSchG
- Nr 3.3 GImRL ND
- Nr 6.1 TA Lärm
- Nr 3.2.1 TA Lärm
Tenor:
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auf 7.500,-- Euro festgesetzt.
Gründe
Die Antragsteller wenden sich mit ihrem Aussetzungsantrag (§§ 80 a Abs. 1 und 3, 80 Abs. 5 VwGO) gegen die Bescheide des Antragsgegners vom 25. September und 14. Oktober 2009 (1. und 2. Teilgenehmigung), mit denen dem Beigeladenen - unter nachfolgender Anordnung der sofortigen Vollziehung durch Bescheide vom 14. Oktober und 23. November 2009 - die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Biogasanlage als Nebeneinrichtung zu der bestehenden Tierhaltungsanlage (Mastputen und Mastschweine) in A. (Flurstück …. der Flur .. der Gemarkung G.) erteilt worden ist. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung der genannten Bescheide genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist in den Fällen der §§ 80 a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dem genügen die Darlegungen in den Bescheiden vom 14. Oktober und 23. November 2009. Dort wird nachvollziehbar und plausibel ausgeführt, dass hier der Sofortvollzug im überwiegenden Interesse des Beigeladenen angeordnet worden ist, der mit der genehmigten Biogasanlage verschiedene bedeutsame wirtschaftliche Vorteile (etwa Lagerung bereits angebauten Maises auf geplanten Silageplatten, Realisierung einer höheren Mindestvergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz [EEG]) und damit die Erhaltung seiner Wettbewerbsfähigkeit erstrebt. Dies überwiege die bereits durch Nebenbestimmungen geschützten Belange der Antragsteller, zumal deren Rechtsbehelfe voraussichtlich erfolglos blieben.
Gemäß §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs (hier der unter dem 1. und 22. Oktober 2009 eingelegten Widersprüche) in dem hier einschlägigen Fall des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen vom 25. September und 14. Oktober 2009 wiederherstellen, wenn das Interesse der Antragsteller am vorläufigen Aufschub der Vollziehbarkeit eines sie belastenden Verwaltungsaktes gegenüber dem öffentlichen Interesse oder dem Interesse des Begünstigten an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts überwiegt. Ein überwiegendes Interesse der Antragsteller ist indessen zu verneinen, wenn die im Eilrechtsschutzverfahren allein gebotene, aber auch ausreichende summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass der eingelegte Rechtsbehelf aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird. In diesem Fall steht den Antragstellern kein schutzwürdiges Interesse daran zu, die Vollziehung eines (voraussichtlich) rechtmäßigen Bescheides bis zur Hauptsacheentscheidung über ihren (wahrscheinlich unbegründeten) Rechtsbehelf zu verzögern. Ergibt die summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage hingegen, dass die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs offen sind, ist die Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung gleichwohl gerechtfertigt, wenn aus der Abwägung der widerstreitenden Interessen folgt, dass das öffentliche Interesse oder das Interesse eines Begünstigten an der sofortigen Aussetzung des Verwaltungsaktes das Interesse der Antragsteller an dem vorläufigen Aufschub der Vollziehung überwiegt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass in einem von einem Dritten angestrengten Rechtsbehelfsverfahren eine objektive Rechtskontrolle nicht stattfindet. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist vielmehr allein die Frage, ob der das Verfahren betreibende Dritte in eigenen subjektiven Rechten im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt ist.
Hiervon ausgehend bleiben die Antragsteller mit ihren Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der dem Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Teilgenehmigungen erfolglos. Denn die Kammer kann eine Verletzung von nachbarschützenden Vorschriften nicht feststellen.
Auf die zumindest im Widerspruchsverfahren erhobenen Verfahrensrügen können sich die Antragsteller nicht mit Erfolg berufen. Insoweit fehlt es schon an einer glaubhaften Verletzung drittschützenden Rechts. Im Übrigen erscheinen die Rügen auch in der Sache haltlos.
Dies gilt zunächst hinsichtlich der gerügten separaten Behandlung der Genehmigungsverfahren für die streitige Biogasanlage und die Errichtung eines weiteren Putenmaststalls. Nach seinen glaubhaften Angaben hat der Antragsgegner beide Verfahren nicht getrennt. Vielmehr hat nicht der Beigeladene, sondern die Gesellschaft bürgerlichen Rechts/GbR R. bereits im Dezember 2007 die Errichtung eines weiteren Putenmaststahls beantragt, während die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung der Biogasanlage am 24. Juni 2009 vom Beigeladenen beantragt wurde. Das vom Antragsgegner zudem nach baurechtlichen Vorschriften geprüfte Verfahren zur Errichtung eines weiteren Putenmaststahls konnte nach dessen Angaben wegen noch bestehenden Klärungsbedarfs noch nicht abgeschlossen werden.
Entsprechendes gilt, soweit im Widerspruchsverfahren gerügt wird, dass hinsichtlich der Biogasanlage zunächst eine Teilgenehmigung für die Erdarbeiten, die Zuwegung, die Einwallung, die Entwässerungsanlagen, die Silagelagerplatte sowie das Technikgebäude und nachfolgend eine zweite Teilgenehmigung für die übrige Errichtung und den Betrieb erteilt worden ist. Auch hier sieht das Gericht bei der dem Antrag des Beigeladenen folgenden Verfahrensweise schon keine Verletzung drittschützenden Rechts. Im Übrigen dürfte diese Verfahrensweise nach § 8 BImSchG gedeckt sein. Insbesondere ein berechtigtes Interesse des Beigeladenen an einer vorzeitigen Genehmigung zunächst der Erdarbeiten etc. dürfte vorliegen, zumal er den zur Ernte anstehenden Mais sachgemäß auf der zugehörigen Silagelagerplatte lagern wollte, um ihn später als Einsatzstoff beim Betrieb der Biogasanlage verwenden zu können. Verfahrensmäßige Nachteile sind den Antragstellern ersichtlich nicht entstanden, zumal der Antragsgegner einen wirksamen Widerspruch beider Antragsteller gegen die erste Teilgenehmigung trotz Eingangs eines nur vom Antragsteller zu 2) unterzeichneten Widerspruchschreibens nie in Abrede gestellt hat.
Auch die Rügen in der Sache bleiben ohne Erfolg.
Die angefochtenen Änderungsgenehmigungen finden ihre rechtliche Grundlage in den §§ 8, 16 und 19 BImSchG i.V.m. § 1 der 4. BImSchV und Nr. 7.1, 1.4 b) aa) und 9.36 der Spalte 2 des Anhangs zur 4. BImSchV. Danach ist einem Antragsteller eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung (nur dann) zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt sind. Dies ist hier der Fall, da sich hinreichend sicher annehmen lässt, dass mit der Errichtung und dem Betrieb der Biogasanlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen - hier im Wesentlichen in Gestalt von Gerüchen und Lärm - verbunden sind, die nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbei zu führen (§§ 3, 5 BImSchG). Auch das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme gewährt keinen weitergehenden Schutz vor Immissionen als § 5 BImSchG (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 19. November 2007 - 12 ME 41/07 - Seite 7 m.w.N.).
Die Antragsteller können sich nicht mit Erfolg auf erhebliche Geruchsbelästigungen durch die Biogasanlage berufen.
Für die Ermittlung und Bewertung von Geruchsimmissionen aus einer Biogasanlage fehlen untergesetzliche rechtsverbindliche Konkretisierungen. Die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft - vom 24. Juli 2002 (GMBl. S. 511) enthält hierfür - mit Ausnahme für Anlagen, die Abfall als Substrat verwenden (vgl. Nr. 5.4.8.6.1 TA Luft), was hier nicht der Fall ist - keine Vorgaben. Entsprechendes gilt für die Richtlinien VDI 3471 und 3472 - Immissionsminderung Tierhaltung - Schwein bzw. Hühner - mit ihren als Orientierungs- und Entscheidungshilfe heranzuziehenden Abstandswerten. Auch die „Hinweise zum Immissionsschutz bei Biogasanlagen“ (RdErl. d. Nds. MU v. 2. Juni 2004 - Az.: 33 - 40501/208.13/1 - i.d.F. der Überarbeitung Stand: 27. Februar 2007, VORIS 28500, vgl. Homepage des Nds. MU) enthalten keine Empfehlungen zu einem nach Leistungsfähigkeit und/oder Betriebsweise der Biogasanlage zu ermittelten Abstand von benachbarter Wohnbebauung. In der Rechtsprechung ist aber anerkannt, dass eine Beurteilung nach Maßgabe der Verwaltungsvorschrift zur Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen - GIRL - (nunmehr) in der Fassung der Bund/Länderarbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29. Februar 2008 mit einer Ergänzung vom 10. September 2008, die in Niedersachsen durch Gemeinsamen Runderlass vom 23. Juli 2009 (erneut) eingeführt worden ist (Nds. MBl. Nr. 36/2009, S. 794), - unter Berücksichtigung von Besonderheiten des Einzelfalls - zu erfolgen hat (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 16. Mai 2006 - 7 ME 6/06 - speziell für Biogasanlagen), die eine hinreichend verlässliche Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen gewährleistet (vgl. allgemein Nds. OVG, Beschluss vom 27. Juni 2007 - 12 LA 14/07 -; Beschluss vom 3. August 2007 - 12 LA 60/07 -; Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -; Beschluss vom 22. Dezember 2008 - 1 MN 194/08 - RdL 2009, 88 und Urteil vom 13. Januar 2009 - 1 KN 69/07 - RdL 2009, 150). Dies wird auch von den Antragstellern nicht grundlegend in Abrede gestellt, die vielmehr die Belastbarkeit der eingeholten Geruchsprognosen anzweifeln.
Die diesen Grundsätzen entsprechende Geruchsprognose der Sachverständigen für Immissionsschutz U. und Partner vom 25. Juni 2009 mit ergänzender Stellungnahme vom 15. September 2009 verneint schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG in Gestalt von Geruchsimmissionen durch den Betrieb der Biogasanlage. In nicht zu beanstandender Weise ermittelt sie eine derart geringe Geruchszusatzbelastung durch die Biogasanlage (auch) für den zu Wohnzwecken umgebauten Resthof der Antragsteller auf dem benachbarten Grundstück F….(Flurstück ….. der Flur .. der Gemarkung G.), dass die bestehende Vorbelastung - etwa durch die bestandskräftig genehmigte Schweine- und Putenmast des Beigeladenen, die geplante Erweiterung der Putenmast oder Geruchsimmissionen ggf. anderer in näherer Umgebung befindlicher landwirtschaftlicher Betriebe - ausgeblendet werden durfte.
Zwar geht die in der genannten Geruchsprognose zugrunde gelegte GIRL davon aus, dass es bei Immissionskonflikten, die sich nicht bereits über hinreichende Abstände zwischen emittierenden Betrieb und Wohnbebauung lösen lassen, grundsätzlich eine Betrachtung von Vorbelastung und Zusatzbelastung (durch die neu hinzutretende Anlage) gleich Gesamtbelastung anzustellen ist (vgl. Nr. 4.6 GIRL). Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Erweist sich die prognostizierte Zusatzbelastung nach allgemeiner fachlicher Einschätzung als geringfügig und damit als irrelevant, darf von der Ermittlung der vorhandenen Vorbelastung abgesehen werden (vgl. Nr. 1 letzter Absatz und Nr. 3.3 GIRL). Nach Nr. 3.3 GIRL soll nämlich die Genehmigung für eine Anlage auch bei Überschreitung der gebietsbezogenen Immissionswerte - für den hier betroffenen Außenbereich grundsätzlich 15 % der Jahresstunden (und gegebenenfalls höhere Werte in besonderen Einzelfällen) - nicht wegen der Geruchsimmissionen versagt werden, wenn der von der zu beurteilenden Anlage in ihrer Gesamtheit (d. h. sämtliche Immissionsquellen der Biogasanlage) zu erwartende Immissionsbetrag (Kenngröße der zu erwartenden Zusatzbelastung) auf keiner Beurteilungsfläche (auf der sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, vgl. Nr. 3.1 GIRL) den Wert von 0,02 (= 2 % Jahresgeruchsstunden) überschreitet. Bei Einhaltung dieses Wertes ist davon auszugehen, dass die Anlage die belästigende Wirkung der vorhandenen Belastung nicht relevant erhöht (sogenannte Irrelevanz der zu erwartenden Zusatzbelastung). Folglich bedarf es in derartigen Fällen einer gutachterlichen Ermittlung vorhandener Vorbelastungen nicht.
Die Gefahr, dass durch die mehrfache Anwendung dieses Irrelevanzkriteriums insbesondere im Außenbereich eine beträchtliche Kumulation emittierender Betriebe und damit nicht hinnehmbare Immissionswertüberschreitungen eintreten können, wird in den Anwendungshinweisen zur GIRL (Nds. MBl. Nr. 36/2009, Seite 803, 807) gesehen. Gemäß Anwendungshinweis zu Nr. 3.3 GIRL im Außenbereich, Abs. 2, gibt es daher in Teilen Niedersachsens eine sogenannte "kleine" Irrelevanzregelung. Sie geht davon aus, dass eine berechnete Geruchshäufigkeit von 0,004 (= 0,4 % Jahresgeruchsstunden), verursacht durch eine geplante Neuanlage, sich nicht in der gerundeten Kenngröße nach Nr. 4.6 GIRL auswirkt und die Anlage gebaut werden könnte. Der "kleinen" Irrelevanz oder "Rundungsklausel" liegt der Erlass des Niedersächsischen Umweltministeriums vom 04. Dezember 2001 (Az.: 33 - 40500/201.2) über die Anwendung der (insoweit inhaltsgleichen) Nr. 3.3 GIRL in der seinerzeit geltenden Fassung zugrunde. Dieser bewertet die Problematik anlässlich eines im Landkreis C. unter Beteiligung des Landesumweltamtes N. - LUA NRW - und des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie - NLÖ - besprochenen Einzelfalls in landesweit geltender Weise. Auch das Gericht geht - jedenfalls im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - davon aus, dass bei Einhaltung dieses Wertes (0,4 % der Jahresgeruchsstunden) die belästigende Wirkung der neuen Anlage vor dem Hintergrund der vorhandenen Gerüche irrelevant ist.
Die erstellte Geruchsprognose ermittelt, wie sich aus den grafischen Darstellungen auf Seite 25 des Gutachtens vom 25. Juni 2009 und Seite 2 des Anhangs V erschließt, für die Wohngebäude der Antragsteller eine Geruchshäufigkeit von 0,4 % der Jahresstunden (entsprechen einem Immissionswert von 0,004). Die Ermittlung dieser irrelevanten Zusatzbelastung lässt keine Fehler erkennen und erübrigt eine zusätzliche Betrachtung vorhandener Vorbelastungen.
Entgegen der Auffassung der Antragsteller kommt es nicht auf die Entfernung der Grundstücksgrenzen, sondern auf den Abstand zwischen den nächstgelegenen relevanten Immissionsquellen der Biogasanlage und den geschützten Wohnbereichen des Grundstücks der Antragsteller an. Dieser Abstand ist von den Sachverständigen mit mindestens 180 m zutreffend ermittelt worden. Die Zusammenstellung relevanter Immissionsquellen lässt ebenso wenig Fehler erkennen. Die angesetzten Befüll- und Öffnungszeiten der einzelnen Eintragssysteme sind zur Sicherheit teilweise unter Berücksichtigung von Zeitpuffern für erforderliche Reinigungsarbeiten angesetzt worden (vgl. ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen vom 15. September 2009). Die Kammer teilt die Einschätzung des Antragsgegners, dass diese eher großzügig gewählt wurden. Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller ist nicht glaubhaft, dass bei einem Druckausgleich zwischen dem Endlagerbehälter (Gärrestspeicherung in Betriebseinheit 4) und dem Fermenter (Betriebseinheit 2) geruchsträchtiges Gas in die Atmosphäre entweicht. Beide Behälter sind entsprechend den Antragsunterlagen gasdicht ausgeführt, was die Geruchsprognose vom 25. Juni 2009 auf Seite 14 entsprechend berücksichtigt.
Die Rüge der Antragsteller, die Nebenbestimmungen der erteilten 2. Teilgenehmigung vom 14. Oktober 2009 seien angesichts fehlender Regelungen zur zeitlichen Dauer einzelner Befüll- oder Entnahmevorgänge zu unbestimmt und ermöglichten daher dem Beigeladenen eine Herbeiführung unzumutbarer Geruchsbeeinträchtigungen der Nachbarschaft, geht ebenfalls fehl. Beide Teilgenehmigungen enthalten nämlich die Regelung, dass die Biogasanlage entsprechend den eingereichten Antragsunterlagen zu errichten und zu betreiben ist. Zu diesen Antragsunterlagen zählt insbesondere die Geruchsimmissionsprognose vom 25. Juni/15. September 2009. Diese wurde durch Stempelaufdruck des Antragsgegners zum Bestandteil der zweiten Teilgenehmigung erklärt und ist daher für den Beigeladenen bindend. Gegenläufige Regelungen finden sich in der zweiten Teilgenehmigung nicht.
Was die Lagerung des später als Einsatzstoff in der Biogasanlage vorgesehenen Putenmistes angeht, verkennen die Antragsteller, dass dieser nicht auf dem Gelände der Biogasanlage zwischengelagert, sondern wie bisher auf einer ca. 250 m westlich gelegenen Festmistplatte des landwirtschaftlichen Betriebes des Beigeladenen. Hiervon ausgehende Immissionen gehören zur Vorbelastung, die wegen ("kleiner") Irrelevanz der Zusatzbelastung ausgeblendet werden durfte.
Vorsorglich weist die Kammer daraufhin, dass die Genehmigungsfähigkeit der Biogasanlage im Hinblick auf Geruchsimmissionen auch dann nicht ohne weiteres in Frage stünde, wenn entgegen der vorstehenden Einschätzung die Zusatzbelastung den Wert der "kleinen" Irrelevanz überschreiten sollte. Denn in diesem Fall müsste zum einen erwogen werden, ob nicht jedenfalls die zugleich sicher eingehaltene Irrelevanz nach Nr. 3.3 GIRL (2 % Jahresgeruchsstundenhäufigkeit) die Genehmigung auch ohne Blick auf vorhandene Vorbelastungen rechtfertigt. Dies könnte der Fall sein, wenn im Hinblick auf Anzahl und Art emittierender Anlagen des Beigeladenen (und ggf. anderer Landwirte in der Örtlichkeit) keineswegs von einer gravierenden Häufung der Emissionsquellen auszugehen wäre, bei der sich ein Rückgriff auf das "allgemeine" Irrelevanzkriterium (Nr. 3.3 GIRL) verbieten würde. Zum anderen müssten die Antragsteller in Rechnung stellen, dass bei einer nach Nr. 5 der GIRL möglichen Einzelfallbetrachtung des Immissionskonfliktes - wenngleich auf der Grundlage einer dann näher zu prognostizierenden Gesamtbelastung aus Vorbelastung und Zusatzbelastung - ausnahmsweise selbst deutlich über 15 % der Jahresstunden hinausgehende Immissionswerte für zumutbar erachtet werden könnten. Denn Grundstücke, die im Dorfgebiet liegen oder - wie hier - nur den Schutz dort gelegener Grundstücke beanspruchen können, sind in verstärktem Umfang verpflichtet, Gerüche hinzunehmen, die mit dem Betrieb von Biogasanlagen verbunden sind (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 14. März 2007 - 1 ME 222/06 - juris Rn. 18). Insoweit ist bedeutsam, dass der Beigeladene im Außenbereich privilegierte Landwirtschaft auf Grundlage verschiedener bestandskräftiger Genehmigungen betreibt, die Antragsteller die ausschließliche Wohnnutzung durch Ausbau ihres Resthofes erst kürzlich festgelegt haben. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Hedonik von Biogasanlagen tendenziell nicht negativ auffällig bewertet wird (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 16. Mai 2006 - 7 ME 6/06 - juris Rn. 21).
Auch die von der Biogasanlage ausgehenden Schallimmissionen erweisen sich nicht als erheblich. Nach den vom Antragsgegner durchgeführten Berechnungen vom 24. September 2009 (Bl. 641 BA B) verursacht die Abgasanlage des Verbrennungsmotors als bedeutsamste Geräuschquelle der Biogasanlage in einem Abstand von etwa 200 m einen Schalldruck von 30 dB(A) bei den Wohngebäuden der Antragsteller und liegt somit deutlich unter den im Außenbereich geltenden Nachtrichtwert von 45 dB(A) - und noch deutlicher unter dem Tagesrichtwert von 60 dB(A). Zur Nachtzeit entfallen betriebsbedingt zusätzliche Lärmquellen durch LKW und Schlepper im Rahmen der Lieferungen und sonstiger Arbeiten. Wegen deutlicher Unterschreitungen des maßgeblichen Richtwertes um mehr als 6 dB(A) gilt die Zusatzbelastung nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm vom 26. August 1998 (GMBl. S. 503) als irrelevant mit der Folge, dass die sonstige Vorbelastung einer näheren Betrachtung bedurfte. Was Vorbelastungen durch den Lärm des landwirtschaftlichen Betriebes des Beigeladenen angeht, dürften diese unabhängig davon zur Nachtzeit ebenfalls deutlich hinter den Geräuschen der Biogasanlage zurücktreten. Bei der Festlegung der Lärmwerte in der Nebenbestimmung Nr. 47 der 2. Teilgenehmigung hat sich der Antragsgegner an den gebietsbezogenen Richtwerten der Nr. 6.1 der TA Lärm orientiert. Dabei hat er berücksichtigt, dass die Biogasanlage erheblich dichter an den Wohngebäuden der Antragsteller gelegen ist als der angrenzende landwirtschaftliche Betrieb des Beigeladenen. Insgesamt ist daher eine unzumutbare Beeinträchtigung durch Geräuschimmissionen der Biogasanlage nicht glaubhaft dargetan. Ein Anspruch der Antragsteller, dem Beigeladenen niedrigere als in der 2. Teilgenehmigung festgeschriebenen Lärmrichtwerte vorzugeben, ist nicht ersichtlich.
Soweit sich die Antragsteller im Widerspruchsverfahren auch darauf berufen haben, das Vorhaben des Beigeladenen halte nicht den erforderlichen Mindestabstand zu einer Leitung des Oldenburg-Ostfriesischen Wasserverbandes - OOWV - ein, ist vorsorglich anzumerken, dass es insoweit an der Verletzung einer drittschützenden Vorschrift fehlen dürfte.
Nach allem war der Antrag daher mit der Kostenfolge des §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO abzulehnen.
Die Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Beigeladenen beruht auf § 162 Abs. 3 VwGO. Eine Erstattungsfähigkeit kommt nicht in Frage, wenn ein Beigeladener weder einen Antrag stellt noch sich am Verfahren beteiligt und seine Rechtsposition nicht verteidigt (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 11. September 1985 - 6 OVG B 108/85 - n. v.). Das ist hier der Fall.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 3 GKG. Für den danach zu bemessenden Streitwert orientiert sich das Gericht in ständiger Rechtsprechung an dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit von 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.). Nach der dortigen Nr. 19. 2, die ihrerseits auf Nr. 2. 2 verweist, ist bei Klagen von drittbetroffenen Privaten in Hauptsacheverfahren ein Streitwert von 15.000,-- Euro zu Grunde zu legen. Dieser war gem. Nr. 1.5 im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren, zumal keine Vorwegnahme der Hauptsache erstrebt war und auch sonst keine Besonderheiten einen höheren Ansatz rechtfertigen.