Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 19.06.2008, Az.: 2 StE 5/07
Strafbarkeit wegen des Werbens neuer Mitglieder oder Unterstützer von Al Qaeda bzw. Al Qaeda im Zweistromland; Werben um Mitglieder oder Unterstützer terroristischer Vereinigungen im Ausland durch Verbreitung der Reden ihrer Rädelsführer im Internet; Anordnung von Untersuchungshaft wegen des dringenden Tatverdachts der Unterstützung ausländischer terroristischer Vereinigungen in 28 Fällen; Rekrutierung, Selektion und Ausbildung qualifizierter Kämpfer und deren Entsendung zu konkreten Terrormissionen als Zentrum der Al Qaeda-Aktivitäten; Differenzierung von der Eigenschaft als Terrorist und dem Gebrauchmachen des Rechts auf Meinungsfreiheit
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 19.06.2008
- Aktenzeichen
- 2 StE 5/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 21300
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2008:0619.2STE5.07.0A
Rechtsgrundlagen
- § 129a Abs. 1 StGB
- § 129a Abs. 5 S. 2 StGB
- § 129b Abs. 1 StGB
Verfahrensgegenstand
Werben um Mitglieder oder Unterstützer ausländischer terroristischer Vereinigungen
Amtlicher Leitsatz
Zum Werben um Mitglieder oder Unterstützer terroristischer Vereinigungen im Ausland durch Verbreitung der Reden ihrer Rädelsführer im Internet.
In der Strafsache
...
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle
aufgrund der Sitzungen vom 26. September 2007 bis zum 19. Juni 2008,
an denen teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht ... als Vorsitzender,
Richter am Oberlandesgericht ...,
Richter am Oberlandesgericht ... als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof ...
mit Ausnahme der Sitzungen am 11.10.2007 und vom 3.1. bis 24.1.2008,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof ... nur am 11.10.2007,
Staatsanwalt ... als Beamte der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt R., O., mit Ausnahme der Sitzung am 14.5.2008,
Rechtsanwalt M., W., mit Ausnahme der Sitzungen am 16.10.2007 und vom 30.1. bis 6.3.2008,
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor ..., als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
am 19. Juni 2008
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Angeklagte wird wegen Werbens um Mitglieder oder Unterstützer ausländischer terroristischer Vereinigungen in 22 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
Das Notebook "HP Pavillon ZE 4200" (Asservat Nr. 6.2.2) und das Notebook "Sony Vaio" mit Ersatzakku (Asservate Nrn. 6.9.1 und 6.2.1) werden eingezogen.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Angewandte Vorschriften: §§ 129a Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 1, 129b Abs. 1, 53 Abs. 1, 74 StGB.
Gründe
Vorbemerkung: Gegenstand des Verfahrens ist der Vorwurf, der Angeklagte habe um neue Mitglieder oder Unterstützer von Al Qaeda bzw. Al Qaeda im Zweistromland geworben, indem er Reden der Rädelsführer, in denen der Zuhörer bzw. Leser zur Eliminierung des westlichen Einflusses in der arabischen Welt, zur Errichtung von Gottesstaaten auf der Basis des islamischen Rechts und zur Gemeinschaft der Gläubigen als islamische Nation aufgefordert und in denen der "Heilige Krieg" ("Djihad") mit der Tötung und Verschleppung der sogenannten Ungläubigen als Mittel hierzu propagiert wird, im Internet verbreitet hat.
Feststellungen
Die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten
Der Angeklagte wurde am 1. Juli 1970 in K. im Irak als Sohn der Eheleute M. und A. R. geboren. Er ist irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit und sunnitischen Glaubens. Im Irak besuchte er zwölf Jahre die Schule, verließ diese aber ohne Abschluss. Während seiner Militärzeit im Irak von 1990 bis 1991 wurde er zum Panzermechaniker ausgebildet. Sodann arbeitete er bei seinem Vater in einem Lebensmittelgeschäft. Einen Beruf hat er nicht erlernt.
Am 22. Mai 1996 reiste der Angeklagte erstmals nach Deutschland ein. Nach seinen Angaben war Anlass die Drangsalierung seiner Familie durch das irakische Regime Saddam Husseins. Am 29. Mai 1996 stellte er beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge einen Antrag auf Asyl, der durch Bescheid vom 19. September 1996, bestandskräftig seit dem 27. Juni 1997, abgelehnt wurde. Gleichzeitig stellte die Behörde ein Abschiebungshindernis nach § 51 Abs. 1 AuslG fest. Daraufhin erhielt der Angeklagte am 30. Juli 1997 erstmalig eine Aufenthaltsbefugnis.
Der Angeklagte wurde zunächst in der Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in der Memminger Straße 72 in Neu-Ulm untergebracht. Mit Bescheid vom 5. Juli 1996 wurde er mit Wirkung vom 11. Juli 1996 der Gemeinschaftsunterkunft Am Hohen Weg 2 in Nördlingen zugewiesen. In den folgenden Jahren wohnte er in Regensburg und Nürnberg.
Am 1. Februar 2001 heiratete er nach islamischem Recht Frau S. Y. I.. Da diese in G. lebte, zog der Angeklagte zu ihr in die H.straße 16 und wohnte nach der Geburt des ersten Kindes am 6. November 2001 vom 8. Juli 2002 an mit seiner Familie in einer Wohnung in der N. H.straße 2. Nach der Geburt des zweiten Kindes am 9. Januar 2003 zog die Familie erneut um und bezog ab dem 20. Januar 2003 eine Wohnung im B. Weg 25. Vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Januar 2006 bewohnte die Familie eine Wohnung in der Straße A. W. 14. Dem Angeklagten fiel es in G. schwer, sich in das alltägliche Leben zu integrieren. Er verfügte kaum über soziale Kontakte außerhalb seiner Familie und versuchte auch vergeblich, bei den Hüttenwerken vor Ort eine Anstellung zu erhalten. Eine Tätigkeit im Montage und Verpackungsservice musste er am 17. Dezember 2004 aufgeben. Echte Freundschaften schloss er kaum. Zwar zeigte er sich freundlich und hilfsbereit insbesondere gegenüber seinen Nachbarn. Gespräche mit diesen verliefen aber größtenteils nur oberflächlich. Mit deutschen Nachbarn, wie dem Zeugen F., fanden schon wegen der mangelnden Deutschkenntnisse des Angeklagten so gut wie keine Gespräche statt. War eine Verständigung auf türkisch möglich, wie etwa mit den Zeugen K., S. oder O., beschränkten sich die Gespräche auf allgemeine Themen wie Familie, Wetter, Sport und die Lebenssituation im Irak. Nur selten machte oder erhielt seine Familie Besuche. Seine engste Bezugsperson in G. war der Zeuge D., den er ca. 2002 kennen lernte. Dieser besuchte zusammen mit dem Angeklagten die Moschee, begab sich mit ihm zu Kfz-Händlern und zum Einkaufen und versuchte auch, dem Angeklagten eine Arbeitsstelle zu beschaffen. Zum 1. Februar 2006 zog der Angeklagte mit seiner Familie in eine Wohnung des Hauses B. Weg 20, in dem neben dem Zeugen K. auch der Zeuge D., der dem Angeklagten diese Wohnung vermietete, wohnte. Inzwischen haben der Angeklagte und Frau S. Y. I. vier gemeinsame Kinder im Alter zwischen einem und sechs Jahren. Die Familie lebt hauptsächlich von Sozialleistungen.
Am 17. November 2004 widerrief das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Oldenburg die zuvor getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen und stellte gleichzeitig fest, dass keine Abschiebungshindernisse gegeben sind. Der Bescheid wurde am 12. März 2005 rechtskräftig. Die Aufenthaltsbefugnis des Angeklagten lief am 5. Januar 2006 aus. Sein rechtzeitig gestellter Antrag vom 19. Dezember 2005 auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis wurde nicht beschieden. Seither war der Angeklagte deshalb nur noch im Besitz sogenannter Fiktionsbescheinigungen. Die zuletzt erteilte lief am 18. November 2006 ab.
Am 28. September 2006 erließ der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs gegen den Angeklagten Haftbefehl wegen des dringenden Tatverdachts der Unterstützung ausländischer terroristischer Vereinigungen in 28 Fällen (Az.: 2 BGs 280/06). Der Angeklagte wurde daraufhin am 10. Oktober 2006 festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof hob den Haftbefehl am 5. März 2007 auf und ersetzte ihn durch den Haftbefehl vom selben Tag (Az.: 2 BGs 42 und 43/07). Mit Beschluss des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 16. Mai 2007 (Az.: AK 6/07 und StB 3/07) wurde der Haftbefehl abgeändert und auf 26 Fälle des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für ausländische terroristische Vereinigungen beschränkt.
Der Angeklagte ist in der Bundesrepublik Deutschland strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten. Ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft München II im Jahr 2004 (Az.: 69 Js 7380/04) wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung wurde am 23. Mai 2005 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die zuvor sichergestellten Asservate (Notebook, CDs, Bücher etc.) wurden dem Angeklagten wieder zurückgegeben.
Das Tatgeschehen
1.
Die ausländische terroristische Vereinigung Al Qaeda
Von der Gründung der Al Qaeda bis zum 11. September 2001
Aufgrund der Besatzung Afghanistans durch die damalige Sowjet-Union im Jahr 1979 entwickelte sich in der gesamten muslimischen Welt ein Solidarisierungsreflex, der zu tatkräftiger Unterstützung der in Afghanistan kämpfenden Mudjahedin führte. Eine wesentliche Rolle kam dabei dem am 30. Juni 1957 in Jeddah geborenen saudiarabischen Staatsangehörigen Usama Bin Laden zu, der ab Mitte der 80er Jahre gemeinsam mit Abdullah Azzam das afghanische Rekrutierungsbüro "Maktab Al-Khidamat" gründete und die Einheiten der afghanischen Mudjahedin in deren Kampf gegen die sowjetischen Besatzer mit finanziellen Mitteln, dem Aufbau von Ausbildungscamps und durch Beschaffung von Waffen und Versorgungsgütern unterstützt hatte. Bin Laden beschloss in dieser Zeit (1987 oder 1988), eine Liste afghanischer Kämpfer anzulegen, auf die er für eine Fortführung des Kampfes nach Ende des Afghanistankrieges zurückgreifen wollte. Diese Liste wurde unter den Beteiligten "Al Qaeda" (= die Basis) genannt.
Nach dem Ende des Afghanistankrieges kehrte Bin Laden 1988 nach Saudi-Arabien zurück. Die Jahre von 1991 bis 1996 verbrachte er im Sudan, wo er mit dem örtlichen Militärregime kooperierte. Konkrete strategische Ziele Bin Ladens lassen sich für diese Zeit nicht feststellen. Er war aber aufgrund der amerikanischen Truppenpräsenz in Saudi-Arabien radikal antiamerikanisch und antisaudisch ausgerichtet, konsolidierte die bestehenden Strukturen und baute sein Netzwerk systematisch weiter aus. Nach der Verhaftung ihm nahestehender Oppositioneller in Saudi-Arabien Ende 1993 beschloss er, den terroristischen Kampf gegen die USA und das Königshaus in Riad aufzunehmen.
Schon während des Afghanistankrieges hatte Bin Laden den Ägypter Aiman Al-Zawahiri kennen gelernt. Dieser war Mitglied der "Djihad-Gruppe" und verfolgte Anfang der 90er Jahre - wie viele ägyptische Gruppierungen - vergeblich das Ziel, die ägyptische Regierung, der Kollaboration mit den USA vorgeworfen wurde, zu stürzen. 1995 wurde deutlich, dass die dortigen Sicherheitskräfte die Oberhand gewannen, weshalb viele der Gruppierungen die Lossagung vom gewaltsamen Kampf verkündeten. Innerhalb der "Djihad-Gruppe" setzte sich hingegen die Ansicht durch, den bewaffneten Kampf zu intensivieren und zu internationalisieren. Dabei wurde als strategisches Ziel statt eines ausschließlichen Kampfes gegen das Regime Mubarak der bewaffnete Kampf gegen die diese Regierung unterstützenden Vereinigten Staaten ausgegeben (sog. Strategiewechsel vom "nahen Feind" zum "fernen Feind"). Al-Zawahiri versprach sich davon einen Rückzug der Amerikaner aus der Region verbunden mit der Möglichkeit, in diesem Fall erheblich leichter das ägyptische Regime zu stürzen.
Al-Zawahiris Internationalisierung im Kampf gegen den "fernen Feind" entsprach genau Bin Ladens Zielvorstellungen. Auch er befürwortete nunmehr, durch terroristische Aktionen einen Abzug der Amerikaner aus Saudi-Arabien zu erzwingen, um auf diese Weise den Sturz der saudischen Monarchie einzuleiten. Nach seiner Rückkehr nach Afghanistan 1996 kam es ab 1997 dadurch zu einer gemeinsamen Strategie Bin Ladens und Al-Zawahiris, die 1998 ihre Allianz im Aufruf der "Islamischen Weltfront für den Djihad gegen Juden und Kreuzzügler" besiegelten. Darin forderten sie zum Kampf gegen die USA auf und bezeichneten die Tötung von Amerikanern, Zivilisten und Militärs als individuelle Glaubenspflicht jeden Muslims. Dieser Moment wird als Gründungsmoment der terroristischen Organisation Al Qaeda bezeichnet. Im Schulterschluss mit den faktisch Afghanistan regierenden radikalsunnitischen Taliban unter Führung von Mullah Omar gelang es dieser Vereinigung, das Mudjahedin-Netzwerk immer weiter auszubauen. Neben der Kommandoebene in Afghanistan sorgten zahlreiche lokale Statthalter oder Unterstützer in anderen Ländern für die Rekrutierung von Nachwuchs und die Beschaffung von Ausrüstungsgegenständen und Finanzmitteln. Von Anfang an waren die Ziele der Organisation der Sturz von als korrupt und dekadent empfundenen politischen Regimen in muslimischen Ländern, das Zurückdrängen westlicher Werte und Verhaltensmuster in Gesellschaft und Wirtschaft sowie die Errichtung islamischer, an den Grundsätzen der Scharia ausgerichteter Gottesstaaten. Diesen Zielen diente der Aufbau einer multinationalen Mudjahedin-Elitetruppe, die in den Folgejahren in den Konfliktherden der Welt gegen die "Ungläubigen" zum Einsatz kam.
Bis 2001 verfügte Al Qaeda über relativ klar definierte, zentralisierte aufbau und ablauforganisatorische Strukturen. Zentrales Entscheidungs- und Beratungsgremium war der Schura-Rat, der sich aus einem engeren und einem allgemeineren Beraterkreis zusammensetzte. Dabei behielt Bin Laden als Vorsitzender die Richtlinienkompetenz. Unterhalb der Schura schlossen sich mehrere Ausschüsse und Unterausschüsse an, denen die Umsetzung und Koordination sämtlicher Aktivitäten in den Bereichen Militär, Finanzen, religiöse Fragen und Medienarbeit oblag. Hierzu zählten u.a. die Selektion und Ausbildung des militärischen Nachwuchses, die mediale Aufbereitung des Propagandamaterials oder auch die Betreuung der Familien entsandter Kämpfer. Die Kompetenzen zwischen den einzelnen Organisationseinheiten war klar geregelt. Die Aufgabenzuweisung erfolgte in der Regel durch Bin Laden oder seine Stellvertreter Al-Zawahiri und Muhammad Atif. Auch insoweit war die Rollenverteilung innerhalb der Führungsebene klar vorgegeben. Während Bin Laden als charismatische Führungsfigur mit religiöser Autorität auftrat, dem sein Talent zu mitreißenden Reden zu Gute kam, galt Al-Zawahiri als intellektueller, strategischer Vordenker. Atif war vor allem für terroristische Aktivitäten zuständig. Dem Schura-Rat selbst kam keine große eigenständige Bedeutung für die innere Organisation zu. Seine Existenz basierte viel mehr auf dem Wunsch, sich für die Außendarstellung der Organisation an der klassischen islamischen Lehre zu orientieren, in der die Schura eine zentrale Rolle spielt.
Im Zentrum der Al Qaeda-Aktivitäten standen die Rekrutierung, Selektion und Ausbildung qualifizierter Kämpfer und deren Entsendung zu konkreten Terrormissionen. Hierzu wurde auf der ganzen Welt islamischer Nachwuchs mit operativen Ambitionen über Pakistan und Iran nach Afghanistan in die Ausbildungslager vermittelt. In den Ausbildungslagern durchliefen die Absolventen eine militärische und religiös-ideologische Grundausbildung, um an einer militärischen Front des Djihads (Tschetschenien, Kaschmir) zu kämpfen.
Von Beginn an war Al Qaeda aber auch darauf ausgerichtet, durch spektakuläre terroristische Anschläge auf amerikanische Ziele die USA zum Rückzug aus der arabischen Welt zu bewegen. Dabei beschränkte sie sich nicht auf militärische Ziele, sondern erklärte offen, gleichsam Zivilisten bekämpfen zu wollen. Dabei handelte sie nach dem Vorbild der libanesischen Hisbollah, die durch Anschläge auf die amerikanische Botschaft und ein amerikanisches Truppencamp in Beirut 1983 den Abzug der US-Truppen aus dem Libanon erzwang. Besonders geeignete Rekruten erhielten daher in den Ausbildungslagern Afghanistans spezielle Ausbildungssequenzen wie etwa im Bombenbau, bezüglich Entführungen, Spionage und Attentaten.
Mehrheitlich ägyptische Angehörige der neu gegründeten Organisation verübten am 7. August 1998 zwei aufsehenerregende Anschläge mit Autobomben auf die amerikanischen Botschaften in Nairobi und Daressalam, bei denen über 200 Menschen starben und über 4000 Menschen verletzt wurden. Diese Operationen führten zu einem schlagartigen Bekanntwerden der Organisation, der sich viele neue Anhänger anschlossen, die den Gefolgschaftseid auf Bin Laden ableisteten. Tausende wurden in von ihm errichteten Trainingslagern zu "würdigen" Kandidaten in der operativen Durchführung von Terroranschlägen ausgebildet. Sie wurden indoktriniert, im Gebrauch von Schusswaffen sowie in der Herstellung und Verwendung von Sprengmitteln geschult. Da Bin Laden zugleich über beträchtliches Vermögen zur Finanzierung neuer Anschläge verfügte, wurde die Unterstützung durch oder der Beitritt zur Al Qaeda auch für viele kleinere, militante Gruppierungen interessant. Insgesamt wurde dadurch ein Zentralisierungsprozess ausgelöst, bei dem sich große Teile der heterogenen militantislamischen Szene nach und nach der Organisation Al Qaeda - teilweise bei Beibehaltung ihrer Eigenständigkeit - unterordneten, um auf diese Weise von deren hohem Bekanntheitsgrad und finanziellen Möglichkeiten zu profitieren.
Zwischen 1996 und 2001 lag die Zahl der Absolventen in afghanischen Ausbildungslagern bei ca. 40000 - 50000. Aggressive Rekrutierungen fanden dabei nur in geringem Ausmaß statt. die meisten Rekruten entschieden sich aus eigenem Antrieb zur Teilnahme am Djihad. Diese Bereitschaft fördernd wandten sich Bin Laden und Al-Zawahiri in zahllosen Botschaften über Radio und Fernsehen an die muslimische Bevölkerung, um im Sinne propagandistischer Methoden Zielsetzungen, Strategien und gelungene Operationen verkünden zu können. In diesen Botschaften verkündeten die Führer der Organisation Al Qaeda mehrfach die Eliminierung des westlichen Einflusses in der muslimischen Welt, die Errichtung von Gottesstaaten auf der Basis des islamischen Rechts und die Gemeinschaft der Gläubigen als Islamische Nation als vorrangige Ziele. Sämtliche Konflikte mit muslimischer Beteiligung auf der Welt seien allein Folge der aggressiven Politik der "Kreuzzügler-Allianz" und ihrer muslimischen Handlanger. Der Terror Al Qaedas sei insoweit nur die Reaktion auf das zugefügte Leid. Bin Laden machte sich dabei systematisch den jahrhundertealten Unterlegenheitskomplex und die Identitätskonflikte der Muslime zunutze und projizierte sie auf das Feindbild des ungläubigen Westens. Mit ihren regelmäßigen Appellen, sich dem Djihad anzuschließen, forcierte die Al Qaeda-Führung die Entwicklung einer Massenbewegung. Durch Veteranen des bewaffneten Kampfes in Afghanistan und Syrien wurden Knotenpunkte für die Durchführung logistischer Aufgaben insbesondere in Europa gebildet. Im Anschluss an die Ausbildung der Rekruten in Afghanistan kehrten diese in ihre Heimatländer oder Operationsgebiete zurück und bildeten dort Zellen.
Nach dem spektakulären Sprengstoffanschlag mit 17 toten Marinesoldaten auf die vor Aden liegende USS Cole am 12. Oktober 2000 erfolgte mit den Anschlägen vom 11. September 2001 auf die Türme des World Trade Centers in New York sowie das Pentagon mittels entführter Passagierflugzeuge, bei denen fast 3000 Menschen den Tod fanden, der operative Höhepunkt der durch Al Qaeda durchgeführten terroristischen Aktionen.
Entwicklung der Al Qaeda nach dem 11. September 2001
Als Reaktion auf die Anschläge vom 11. September 2001 führte die NATO in Afghanistan eine Militäraktion durch, die sich gegen das dortige Taliban-Regime richtete. Auf diese Weise wurde Al Qaeda ihrer wichtigsten Partnerschaft entzogen und das terroristische Refugium Afghanistan eliminiert. Die Führungsspitze und die meisten Kämpfer flohen in die Berge der afghanisch-pakistanischen Grenzregion und von dort nach Pakistan. Viele Kämpfer kehrten in ihre Herkunftsländer zurück. Zahlreiche Angehörige der Al Qaeda, unter anderem auch Muhammad Atif, wurden im Zuge der "Operation Enduring Freedom" getötet. Zentrale Führungspersonen konnten verhaftet werden. Insgesamt gelang es der AntiTerrorOffensive, die ursprüngliche Al Qaeda-Führung zu zerschlagen. Mit dem Ausfall einiger herausragender Führer der Organisation ging die Mittel und Steuerungsfunktion verloren. Die Organisation in ihrer ursprünglich zentralistischen Struktur wurde geschwächt und die übergeordnete Koordination massiv erschwert. Zwar blieb der Führungszirkel der Organisation bestehen, doch der Einfluss Bin Ladens und Al-Zawahiris auf das operative Geschehen nahm ab. Im Zuge der Entwicklung waren die früheren Komitees und Ausschüsse faktisch zu Bereichen mit nur noch wenigen Führungspersonen abgeschmolzen, existierten aber dennoch weiter. Konkrete Anschlagsplanungen wurden durch "Operationschefs" aus der zweiten Reihe fortgeführt, zu denen unter anderem der schon für die Anschläge vom 11. September 2001 als Chefplaner verantwortliche Scheich Muhammad zählte, der seine Kontakte zu flüchtigen Angehörigen von Al Qaeda nutzte, um weitere Anschläge zu organisieren. Hierzu zählt insbesondere der Anschlag auf die Synagoge "La Ghriba" auf Djerba am 11. April 2002. Nach seiner Verhaftung im März 2003 führte Abu Faraj Al-Libi, ein ehemaliges Mitglied des Militärausschusses von Al Qaeda, Muhammads Aktivitäten fort. Unter seiner Mitverantwortung erfolgten zwei Attentate auf den pakistanischen Präsidenten Musharraf in Rawalpindi am 14. und 25. Dezember 2003. Als Verantwortlicher für die Bereiche "Außenbeziehungen und Operationen" folgten Hamza Rabi'a und vermutlich Abd Al-Rahman Al-Muhajir. Wer die Position gegenwärtig inne hat, ist nicht bekannt. Für den Medienbereich war bis Januar 2006 der Schwiegersohn Al-Zawahiris, Abd Al-Rahman Al-Maghrebi verantwortlich. Mitglied des Medienausschusses ist zudem Azzam Al-Amriki, der wiederholt mit Videobotschaften in Erscheinung getreten ist. Die Öffentlichkeitsarbeit wird von Angehörigen des einstigen Medienkomitees der Al Qaeda unter dem Label "As-Sahab-Productions" fortgesetzt. Der militärische Bereich, zuständig für die Selbstverteidigung in Waziristan und Angriffe gegen Koalitionskräfte in Afghanistan, wurde bis 2005 von Abd Al-Hadi Al-Iraqi geleitet. Bezüglich der terroristischen Aktivitäten im Regionalbereich Pakistan/Afghanistan kommt einer Gruppe von Al Qaeda-Mitgliedern unter Führung des libyschen AfghanistanVeteranen Abu Laith Al-Libi eine maßgebliche Rolle zu, der Ende 2004/Anfang 2005 den Treueid auf Bin Laden geschworen hat. Der Bereich "Finanzen" schließlich wird von dem ägyptischen Scheich Said Al-Masri geleitet. Kommunikation erfolgte zwischen der Führungsspitze und den operativen Kräften vorwiegend über Kuriere.
Die terroristische Zielsetzung von Al Qaeda hat sich auch nach der Zerschlagung der ursprünglichen Organisationsform nicht abgeschwächt. Stattdessen verfolgte sie ab 2001 zu den oben genannten Zielen auch die Vernichtung Israels und ließ dieser Verlautbarung Anschläge auf jüdische und israelische Ziele folgen. Seit 2002 war auch die Destabilisierung Pakistans ein zunehmend wichtiges Ziel, was sich in häufigen Erklärungen der Führungsspitze Al Qaedas und folgenden Anschlägen auf pakistanische und amerikanische Ziele in Pakistan widerspiegelt. Auch wenn Al Qaeda bislang keine konkreten politischen Ordnungsvorstellungen für den Fall vorgelegt hatte, dass ihr die Übernahme der Macht in einem Staat gelingen könnte, ging es ihr weiterhin um die Begründung eines "Islamischen Staates", der die heute bestehenden Nationalstaaten überwinden soll. Seit 2001 fordert Al Qaeda auch die Einrichtung eines Kalifats. Hierzu bedient sich Al Qaeda insbesondere auch weiterhin spektakulärer Anschlagsziele, die bei hoher Opferzahl zugleich eine möglichst große mediale Aufmerksamkeit nach sich ziehen. Da der logistische und finanzielle Aufwand, wie er bei den Anschlägen vom 11. September 2001 vorhanden war, aufgrund der weltweiten Bekämpfung Al Qaedas dieser nicht mehr zur Verfügung stand, zeichnete sich der herkömmliche Autobombenanschlag, bei dem ein Selbstmordattentäter ein Fahrzeug möglichst nahe an ein Anschlagsziel heranfährt und dort zur Detonation bringt, als typische, weil dennoch effektive Anschlagsart aus. An Planungen für einmal gewählte Ziele wurde trotz Rückschlägen oder Verzögerungen festgehalten. 2004 etwa konnten entsprechende Anschlagsplanungen im Zusammenhang mit der Festnahme der Al Qaeda-Operateure Mohammed Naeem Noor Khan am 13. Juli 2004 in Lahore/Pakistan und Dhiren Barot am 3. August 2004 in Großbritannien aufgedeckt werden. Barot, ein Absolvent afghanischer Ausbildungslager, wurde von dem Al Qaeda-Computerexperten Khan im Frühjahr 2004 mit der Organisation eines Terroranschlages in Großbritannien betraut. Khan selbst war von Al Qaeda in erster Linie mit der Auswahl von Zielobjekten und der Suche nach Einsatzkräften eingesetzt worden. Bei seiner Festnahme wurden detaillierte Ausspähungsberichte und terroristische Machbarkeitsstudien sichergestellt. Die bei Barot gefundene verschlüsselte Festplatte enthielt unter anderem ein terroristisches Szenario für Anschläge in Großbritannien mittels Autobomben sowie eine umfangreiche Sammlung von anschlagsrelevanten Daten zu diversen Finanzinstitutionen in den USA (u.a. das IWF-Gebäude in Washington D.C., die Börse, das City Group Building in New York, das Gebäude der Prudential Financial Inc. in Newark), die zum Teil aus offenem Material (Stadtpläne, Abbildungen von und Informationen zu Gebäuden aus dem Umfeld), zum Teil aber auch aus konspirativen Aufnahmen aus dem Inneren der Gebäude stammten. Darüber hinaus wurden detaillierte Angaben zur Beschaffenheit der Bauwerke, zum Sicherheitspersonal sowie zu den Zu und Abfahrtswegen sichergestellt. Diese Datensammlung war im Auftrag der Al Qaeda-Führung Ende 2000 begonnen und bis Juli 2004 fortgeführt und aktualisiert worden. Barot hielt sich im Frühjahr 2004 in Pakistan auf, um die Ergebnisse der Ausforschungen mit hochrangigen Al Qaeda-Angehörigen zu erörtern und das weitere Vorgehen zu besprechen. Zur Vorbereitung und Durchführung der Anschläge hatte Barot in Großbritannien mehrere Personen meist pakistanischer Abstammung rekrutiert, die als autonomes LogistikNetzwerk fungierten. Sowohl Barot als auch Khan standen in Kontakt mit dem für die Planung und Ausführung von Anschlägen verantwortlichen Faraj Al-Libi.
Mit dem zunehmenden Verlust der Fähigkeit der Führungsspitze, das operative Geschehen zentral zu steuern, entwickelte sich eine Dezentralisierung der Al Qaeda, einhergehend mit einer Regionalisierung, bei der statt eines zentral von der Führungsspitze gesteuerten Anschlags nunmehr Gruppen von zurückgekehrten Afghanistanveteranen in ihren Heimatländern in eigener Verantwortung, aber sich an der strategischen Ausrichtung der Führungsspitze orientierend, terroristische Anschläge verübten. Die Führungsspitze der Al Qaeda versuchte dabei vermehrt, quasi als ideologische Leitstelle über Audio und Videobotschaften neue Sympathisanten und Unterstützer zu gewinnen und in die richtigen Bahnen zu lenken. Die Organisation erfuhr dadurch eine bedeutende strategische Änderung. In den Botschaften erfolgten unter anderem Zielvorgaben für erwünschte terroristische Operationen wie auch politische Diskussionen. So rief Al-Zawahiri kurz vor den Anschlägen auf Musharraf mittels Videobotschaft zum Sturz des pakistanischen Präsidenten auf. Bin Laden etwa forderte im Oktober 2003 per Botschaft Angriffe auf spanische, italienische und britische Ziele. Tatsächlich erfolgten im November 2003 ein Anschlag auf italienische Carabinieri im Irak mit 19 Todesopfern, ein gezielter Anschlag auf spanische Geheimdienstmitarbeiter mit sieben Todesopfern und zur selben Zeit Anschläge auf jüdische und britische Ziele in Istanbul. Am 11. März 2004 kam es zu Bombenanschlägen auf vier Vorortzüge in Madrid. Mittels der Botschaften, die zunehmend verstärkt über das Internet und arabische Satellitenfernsehsender an die muslimische Bevölkerung in der ganzen Welt verbreitet wurden, beanspruchen bis heute Bin Laden und Al-Zawahiri nicht nur die ideologische Führungsrolle im "weltweiten Kampf gegen die Unterdrückung der Muslime durch die westliche Welt". Sie untermauern damit zugleich ihren Anspruch auf Führungspositionen im islamischen Terrorismus und dokumentieren, dass sie sich trotz der militärischen Überlegenheit des Feindes dessen Zugriff entziehen und weiterhin aktiv sind. Zudem betreiben sie "Kriegspropaganda", die der Darstellung und Legitimierung von Zielen der Organisation, der Information ihrer Anhänger und Desinformation ihrer Gegner und vor allem weiterhin der Rekrutierung von Mitgliedern oder Unterstützern dienen soll. Die Führungspersönlichkeiten und die international verstreuten Mitglieder sollen weiterhin im Sinne der Organisation aktiv werden, etwa Anschläge durch operative Kräfte planen. Wesentlich ist dabei auch die Veröffentlichung vermeintlicher Erfolge. Dadurch stärkt die Führung zugleich die Motivation ihrer Anhänger weltweit. Hauptverbreitungsweg der Propaganda wurde dabei immer mehr das Internet, dessen Nutzung einen entscheidenden Beitrag zum globalen Terrorismus liefert und über das der Djihad auch virtuell geführt wird. Die Fachkenntnisse zur Begehung von Anschlägen wurden nach der Zerschlagung der Ausbildungsstruktur in den afghanischen Lagern ebenfalls vorwiegend über das Internet, aber auch durch Handbücher und Datenträger vermittelt.
Bis in die heutige Zeit geht aus zahlreichen Verlautbarungen Bin Ladens und Al-Zawahiris hervor, dass Al Qaeda nach wie vor beabsichtigt, eigene terroristische Anschläge zu begehen. In einer Videobotschaft, die von Al Jazeera am 29. Oktober 2004 ausgestrahlt wurde, richtete sich Bin Laden an das amerikanische Volk und rechtfertigte die Anschläge vom 11. September 2001 als Reaktion auf die Feindseligkeit der israelisch-amerikanischen Allianz gegen die Muslime in Palästina und im Libanon sowie die Tötung von Tausenden muslimischer Frauen und Kinder während des ersten Krieges im Irak. Die Gründe, welche zu den Anschlägen geführt hätten, bestünden weiter fort. Dies habe zur Folge, dass Anschläge wie vom 11. September 2001 jederzeit wieder dem amerikanischen Volk drohen. In einer Videobotschaft von Al-Zawahiri, die am 12. Dezember 2005 gesichert werden konnte, teilte dieser in Bezug auf Afghanistan mit, dass sowohl Usama Bin Laden als auch Mullah Omar, der Führer der Taliban, weiterhin den Widerstand innerhalb und außerhalb von Afghanistan anführen würden. Erneut wandte sich Bin Laden in einer Audiobotschaft, die Al Jazeera am 19. Januar 2006 publizierte, an das amerikanische Volk und führte aus, dass sich der Krieg entweder "zu unseren oder zu euren Gunsten entwickeln" werde. Im ersteren Fall wäre es zum Schaden des amerikanischen Volkes, im zweiten Fall werde man sich am amerikanischen Volk wie am 11. September 2001 rächen. Die Mudjahedin seien immer wieder in der Lage, die Sicherheitsvorkehrungen der Alliierten zu durchbrechen, was die Explosionen in den wichtigsten europäischen Hauptstädten gezeigt hätten. In Amerika sei es zu ähnlichen Anschlägen nur deswegen nicht gekommen, weil die Operationen noch in Vorbereitung seien und sie nach Abschluss dieser "inmitten ihres Landes" stattfinden würden. In einer am 13. April 2006 gesicherten Videobotschaft von Al-Zawahiri kündigte dieser wiederum Anschläge gegen die Vereinigten Staaten von Amerika an, indem er sich an Bush und Blair mit den Worten wandte: "Ihr werdet sehr bald den Preis für diese Äußerungen bezahlen!". Die Drohung an Amerika wiederholte Al-Zawahiri in einer am 26. Juni 2006 gesicherten Veröffentlichung, in der Al-Zawahiri zum Tod Al-Zarqawis Stellung nimmt und unter Berufung auf eine Drohung von Usama Bin Laden mitteilt, dass Amerika niemals in Sicherheit leben könne, solange die Muslime in Palästina und anderen Gebieten dies nicht könnten. Außerdem kündigte er an, dass niemand von "uns" getötet werde, ohne gerächt zu werden. Bin Laden schließlich wiederholte seine Drohung, den Krieg gegen die Vereinigten Staaten von Amerika überall auf der Welt fortzusetzen, bis sich der Westen aus den arabischen Gebieten zurückziehen werde, in einer am 30. Juni 2006 gesicherten Audiobotschaft. Die terroristische Zielsetzung von Al Qaeda wird weiterhin durch eine am 11. September 2006 veröffentlichten Videobotschaft dokumentiert, in der Al-Zawahiri den Völkern des Westens ereignisreiche Tage ankündigt, da diese Völker der Al Qaeda alle erdenklichen rechtlichen Gründe für die Fortsetzung der Angriffe lieferten. Das islamische Recht kenne keinen Unterschied zwischen Soldaten und Zivilisten, sondern nur zwischen Kämpfern und NichtKämpfern. Die Soldaten, die Verbrechen gegen die Muslime begingen, würden aus der Masse der westlichen Völker rekrutiert. Die militärische und wissenschaftliche Expertise für den Kampf gegen die Muslime werde ebenfalls von den westlichen Bevölkerungen geboten, genauso wie die Steuergelder, mit denen die Kriege finanziert werden. Daher seien diese Völker direkt am Kampf gegen den Islam beteiligt. In einem von "AsSahab" am 24. Januar 2007 veröffentlichten Video erklärt Al-Zawahiri unter Bezugnahme auf die Ankündigung der Vereinigten Staaten von Amerika, weitere 20.000 Soldaten in den Irak zu senden, Al Qaeda und die Taliban hätten verhindert, dass Amerika in Afghanistan eine sichere Zuflucht gefunden habe. Außerdem droht er dem amerikanischen Volk mit den Worten:
"Wenn wir angegriffen und getötet werden, werdet ihr, so Gott will, mit Sicherheit angegriffen und getötet. Das ist die korrekte Gleichung".
Tatsächlich gelang es der Führungsspitze Al Qaedas im Verlauf der Zeit durch ihr mediales Auftreten, sich erneut als führender Akteur des globalen Djihads zu positionieren und zu behaupten. Die aus Afghanistan in ihre Herkunftsländer zurückgekehrten Kämpfer trugen die Ideologie Bin Ladens in dort zum Teil neu gegründete Organisationen, die sich teilweise in öffentlichen Erklärungen Al Qaeda anschlossen, wie etwa 2003 die "Al Qaeda auf der arabischen Halbinsel", die in Saudi-Arabien zwischen 2003 und 2005 terroristisch aktiv war und deren Mitglieder den Treueid auf Bin Laden schworen. So gab auch der Anführer der Attentäter des Anschlags vom 7. Juli 2005 auf drei U-Bahnzüge und einen Omnibus in London in einer Videobotschaft an, unter anderem von Bin Laden und Al-Zawahiri inspiriert worden zu sein. Auch größtenteils selbständig gebliebene Organisationen wie die von Abu Musab Al-Zarqawi gegründete Organisation "Jama'al Al-Tawhid wal-Jihad" oder die algerische "Groupe Salafiste pour la Prédication et le Combat" (GSPC) unterstrichen durch Änderungen des Organisationsnamens in "Al Qaeda im Zweistromland" (Erklärung vom 17. Oktober 2004) oder "Al Qaeda im Islamischen Maghreb" (Erklärung der GSPC vom 29. Januar 2007) ihre Gefolgschaft. Im Herbst 2007 unterstellte sich auch die "Libyan Islamic Fighting Group" der Al Qaeda. Insbesondere aber mit der Unterstellung der Gruppierung um Al-Zarqawi gelang es Al Qaeda, ihren Anhängern ihre zuvor kaum sichtbare Präsenz am Schauplatz des Krieges im Irak unter Beweis zu stellen. Mit Hilfe vieler dieser Gruppierungen wurde die vorrangig durch ägyptische und arabische Kämpfer geprägte Al Qaeda auch für Angehörige anderer Nationen attraktiv. Al Qaeda fungierte als Anlaufstelle und terroristischer Überbau und vermittelte Unterstützerstrukturen im Rahmen der operativen Tätigkeit wie personelle, logistische und finanzielle Hilfestellung. Zunehmend verstärkte sich daneben ab Mitte 2005 der Einfluss der Al Qaeda auch außerhalb von Pakistan und Afghanistan wieder. Die Anschläge in London vom 7. Juli 2005 sind nach neuesten Erkenntnissen Al Qaeda selbst zuzurechnen. Sogar die in Deutschland 2007 aufgedeckten Anschlagspläne zeigen deutliche Hinweise für bestehende Kommunikationslinien zur Al Qaeda-Führung auf.
Die terroristische Vereinigung Al Qaeda im Zweistromland
Entwicklung der Gruppierung "Al-Tawhid wal-Jihad" unter Al-Zarqawi
Mit dem Einmarsch und der Stationierung multinationaler Streitkräfte unter der Führung der USA und Großbritanniens im Irak 2003 rückte dieser in den Mittelpunkt der Schauplätze des internationalen Djihads. Eine der maßgebenden dort operierenden terroristischen Organisationen war die von Abu Musab Al-Zarqawi gegründete "Al Tawhid wal-Jihad".
Al-Zarqawi wurde am 30. Oktober 1966 als Ahmad Nazzal Al-Chalaila in Zarqa/ Jordanien geboren, nahm von 1989 bis 1991 am Krieg gegen die Sowjet-Union in Afghanistan teil und kehrte anschließend nach Jordanien zurück. Dort schloss er sich der islamischen Gruppierung "Baiat Al Imam" an. Wegen des Vorwurfs, die Monarchie in Jordanien zu bekämpfen, um einen islamischen Gottesstaat zu gründen, wurde er 1996 zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Im Gefängnis lernte er einen der führenden Chefideologen der djihadistischen Ideologie, Al-Maqdisi, kennen, der Al-Zarqawi in seinen Ansichten radikalisierte. Aufgrund einer Generalamnestie durfte Al-Zarqawi 1999 unter der Auflage, Jordanien nie mehr zu betreten, das Gefängnis verlassen und begab sich zunächst nach Pakistan und später nach Afghanistan. Dort suchte er die Kooperation mit Al Qaeda, um die Infrastruktur für ein eigenes Netzwerk aufzubauen. Er gründete die Organisation "Jund Al Islam", deren Ziel es war, in Syrien, Jordanien und im Libanon Anschläge gegen amerikanische Einrichtungen und Einzelpersonen zu verüben, um die herrschenden Regimes in den jeweiligen Ländern zu stürzen. Im Jahr 2000 nahm er den Namen Al-Zarqawi an und gründete in der Nähe von Herat im Nordwesten Afghanistans ein militärisches Ausbildungslager. Trotz seiner Verbindung zu Al Qaeda wahrte Al-Zarqawi eine gewisse Distanz. In seinem Trainingslager wurden ausschließlich Anhänger seiner eigenen Organisation geschult. Im Untergrund knüpfte er ein viele arabische Staaten überspannendes Netzwerk, mit dessen Hilfe die gesamte Welt nötigenfalls mit Gewalt von der Ideologie überzeugt werden sollte, dass es keinen Gott außer Allah gebe und dass sein Recht, das in Koran und Sunna wiedergegeben werde, einziges Recht sei. Hierzu rekrutierte er Anhänger in verschiedenen arabischen Staaten, unter anderem dem Iran, und veröffentlichte am 2. September 2001 die Bekanntmachung der Zusammenarbeit der Gruppierung "Jund Al Islam" mit den "Brüdern der Al-Tawhid-Gruppe". Dabei griff er mit dem Namen "Al-Tawhid" auf den Namen einer bereits in Jordanien unter seinem ehemaligen Mentor Al-Maqdisi geleiteten Organisation zurück, deren Bewegung sich seit 1989 in vielen Staaten der arabischen Welt ausbreitete. Sie richtete sich auf der Grundlage eines radikalen und gewaltbereiten islamischen Fundamentalismus vorrangig gegen das als unislamisch abgelehnte jordanische Königshaus und gegen das "zionistische" Israel, außerdem gegen die USA und deren westliche Verbündete. Die nunmehr gegründete Vereinigung setzte sich auf dieser Grundlage das Ziel, den Djihad aller Glaubensbrüder weltweit zu fördern und zu unterstützen.
Nach mehreren Terroranschlägen in Jordanien wurde Al-Zarqawi im Herbst 2000 in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Als im Frühjahr 2002 die Nordallianz in Afghanistan auf Herat vorrückte, löste Al-Zarqawi sein Lager auf und zog sich in von Taliban kontrolliertes Gebiet mit seinen Anhängern zurück. Nach mehreren Zwischenstationen verlegte Al-Zarqawi spätestens 2003 die Zentrale seines terroristischen Netzwerks in den Irak und baute dort die Struktur seiner Organisation unter dem Namen "Al-Tawhid wal-Jihad" weiter aus. Neben den mit denen Al Qaedas übereinstimmenden Zielsetzungen (Vertreibung der Koalitionskräfte aus dem Irak, Errichtung eines Kalifats, Sturz der Regierung in den Nachbarstaaten, Krieg mit Israel) verfolgte Al-Zarqawi von Beginn seiner Operationen an die Herbeiführung eines Bürgerkriegs zwischen der sunnitischen und der schiitischen Bevölkerung im Irak. Auf diese Weise strebte Al-Zarqawi an, sich als Schützer der sunnitischen Minderheit im Irak zu profilieren und eine genügend große Anhängerschaft als Basis für zukünftige Strategien zu gewinnen. Seinen Vorstellungen nach, die er auch in einem nicht öffentlichen Brief an Bin Laden darstellte, sollten Anschläge auch gegen die schiitische Bevölkerung begangen werden, um diese zu Racheakten an der sunnitischen Minderheit zu veranlassen, die diese wiederum zu Aufständen mobilisieren sollte. Dies sollte die Entwicklung des Iraks zu einem freien und demokratischen Staat verhindern, um seinerseits einen islamischen Gottesstaat zu errichten.
Die Struktur der Organisation Al-Zarqawis setzte sich aus vier aufeinander aufbauenden Ebenen zusammen. Die Unterstützer (al-Momen) nahmen dabei logistische Hilfsarbeiten wie die Versorgung aktiver Kämpfer mit Nahrungsmitteln, Fahrzeugen und Waffen vor und boten den Kämpfern Unterschlupf. Die Kämpfer (al-Amen) bestanden aus Soldaten ohne größere Befehlsgewalt, denen die militärischen Führer (al-Wali) vorgesetzt waren. Diese wiederum unterstanden lediglich dem Führungsgremium der Organisation (Schura), deren Mitglieder entweder die Verantwortung für ein bestimmtes Gebiet übertragen war (Emire) oder die für bestimmte Arbeitsbereiche wie Öffentlichkeitsarbeit, geistliche Beratung oder Finanzen zuständig waren. Die Emire waren für die Arbeit des Terrornetzwerks in einer der mindestens sieben Regionen zuständig und direkte Ansprechpartner Al-Zarqawis. Sie verfügten über einen eigenen Mitarbeiterstab und militärische Führer, Finanzchef und PR-Manager. Aus Sicherheitsgründen arbeiteten die aus in der Regel fünf bis sechs einfachen Kämpfern bestehenden operativen Zellen unabhängig voneinander und wussten oft nichts über die personelle Zusammensetzung und den Aufenthaltsort anderer Zellen. Die Mitgliedschaft in der Organisation erfolgte informell, indem sich das einzelne Mitglied zu Al-Zarqawi oder seiner Organisation bekannte oder dies durch schlüssiges Verhalten kund tat.
Ab August 2003 kam es zu einer andauernden Anschlagsserie der Organisation um Al-Zarqawi vorrangig auf Ziele im Irak. Mit Feuerüberfällen, vergrabenen Sprengsätzen, Selbstmordanschlägen und Autobomben wurden die US-geführten Koalitionskräfte, Mitglieder des irakischen Regierungsrates, Funktionsträger und Sicherheitskräfte angegriffen. Ihre Kriegstaktik bedurfte dabei keiner besonders aufwändigen Ausstattung oder Organisation, war aber aufgrund der häufig durchgeführten Selbstmordattentate trotzdem sehr effektiv. Aufgrund der teilweise spektakulären Angriffsziele wie zum Beispiel in Bagdad auf das Hauptquartier der Vereinten Nationen im August 2003 oder das Internationale Rote Kreuz im Oktober 2003 wurde die Organisation innerhalb und außerhalb des Iraks bekannt und erhielt zahlreiche Zuläufer. Dabei beschränkte sie ihr Operationsgebiet nicht auf den Irak, sondern zeichnete auch für den Raketenangriff am 23. August 2005 sowohl auf US-Kriegsschiffe im Hafen von Akaba in Jordanien als auch auf Eilat in Israel verantwortlich. Außerdem übernahm die Vereinigung die Verantwortung für Selbstmordanschläge auf drei Hotels in Amman am 9. November 2005, bei denen insgesamt 59 Personen ums Leben kamen.
Anfang 2004 wandte sich Al-Zarqawi erstmalig über eine Audiobotschaft an die Öffentlichkeit, in der er die Zielsetzungen seiner Organisation und seine Rolle als Hauptverantwortlicher darlegte und zudem weitere Anschläge ankündigte, unter anderem einen Anschlag auf die schiitische Bevölkerung. Dieser erfolgte fast auf den Tag genau wie angedroht am 2. März 2004 in Kerbela und Bagdad und forderte viele Menschenleben. Auch mit dem Autobombenanschlag auf den schiitischen Spitzenpolitiker AlHakim in Najaf am 29. August 2003 und auf eine Warteschlange vor einem Krankenhaus in Hilla am 28. Februar 2005 gelang es Al-Zarqawis Organisation, den von ihm gewollten Bürgerkrieg zwischen Sunniten und Schiiten spätestens Mitte 2005 zu entfesseln. Zudem nutzte Al-Zarqawi die Möglichkeiten, über mittels Internet verbreitete Videos unter Rückgriff auf besonders brutale und abscheuliche Verhaltensweisen sein rücksichtsloses Vorgehen unter Beweis zu stellen. Gleichzeitig machte er seine Organisation dadurch als Zulaufmöglichkeit für besonders fanatische Extremisten weiter bekannt und unterstrich seinen Anspruch auf die Führungsrolle in dieser Vereinigung. In der Botschaft vom 11. Mai 2004 wurde die Gruppierung erstmals als "Al Tawhid wal-Jihad" und neben Al-Zarqawi als Verantwortliche für die in dem Video gezeigte brutale Ermordung durch Enthauptung des amerikanischen Staatsbürgers Nicholas Berg bezeichnet. Weitere Videobotschaften über Entführungen und Enthauptungen vorwiegend westlicher Geiseln folgten.
Umbenennung der Gruppierung "Al Tawhid wal-Jihad" in "Al Qaeda im Zweistromland"
Am 17. Oktober 2004 veröffentlichte die "Al Tawhid wal-Jihad unter der Führung des Emirs Abu Musab Al-Zarqawi" eine Erklärung, in der die Organisation den Treueschwur von Al-Zarqawi auf Bin Laden und die damit verbundene Unterordnung unter dessen Befehlsgewalt bekannt gab. Damit einher ging die Umbenennung seiner Gruppierung in "Al Qaeda im Zweistromland". In einer am 27. Dezember 2004 ausgestrahlten Audiobotschaft Bin Ladens begrüßte dieser den Zusammenschluss und bezeichnete Al-Zarqawi als obersten Emir der Organisation Al Qaeda im Zweistromland. Mit dieser Allianz verschaffte sich die Organisation um Al-Zarqawi aufgrund der Beliebtheit der Al Qaeda in djihadistischen Kreisen einen enormen Prestigegewinn. Zugleich versuchte Al-Zarqawi, sich den Zugriff auf die Finanzierungs- und Rekrutierungsnetzwerke der Al Qaeda in der Golfregion zu sichern. Gleichzeitig zog auch Al Qaeda selbst aus dem Zusammenschluss einen erheblichen Vorteil einer regionalen Präsenz im Irak und konnte darauf verweisen, auch außerhalb Afghanistans gegen die USA und ihre Verbündeten zu kämpfen.
Trotz der förmlichen Unterstellung behielt die Organisation Al-Zarqawis ihre Eigenständigkeit gegenüber Al Qaeda. Die Einflussmöglichkeiten Bin Ladens und Al-Zawahiris waren schon aufgrund der räumlichen Entfernung nicht groß genug, um Al-Zarqawi zu kontrollieren. Kontakte zwischen den Organisationen fanden hauptsächlich durch Kuriere statt. Al Qaeda bemühte sich vergeblich, Al-Zarqawi - und auch dessen Nachfolger bis in die heutige Zeit - davon abzubringen, Anschläge gegen die schiitische Zivilbevölkerung durchzuführen. Sie hielt die Strategie, unter den Muslimen Feindschaften zu schüren, für falsch und präferierte stattdessen die Intensivierung des Kampfes gegen die USA. Die Strategie Al-Zarqawis kostete auch Al Qaeda in der Öffentlichkeit Sympathie und führte zu einem nicht unerheblichen Popularitätsverlust. Der Rückhalt in der irakischen Bevölkerung für Al Qaeda im Zweistromland ging zurück. Davon unbeeindruckt verfolgte Al Qaeda im Zweistromland ihre Bürgerkriegsstrategie weiter. In einer Audiobotschaft von September 2005 rief Al-Zarqawi zum "totalen Krieg" gegen die im Irak lebenden Schiiten auf und drohte nunmehr auch den sunnitischen Stämmen, die mit den USA und der irakischen Regierung zusammenarbeiteten, mit Anschlägen. Ende 2005 drohte die Stimmung auch unter den Sunniten sich gegen Al-Zarqawi zu drehen, nachdem vermehrt sunnitische Rekruten Ziele von Anschlägen durch Al Qaeda im Zweistromland wurden.
Ausweislich der am 18. Januar 2006 im Internet veröffentlichten Gründungserklärung vereinigte sich Al Qaeda im Zweistromland zusammen mit anderen djihadistischen Organisationen im Irak, nämlich der "Jaish Al Ta'Ifa Mansura", der "Saraya Ansar Al Tawhid", der "Saraya Al Jihad Al Islami", der "Saraya Al Ghuraba" und der "Kata'Ib Al Awhal" zum "Schura-Rat der Mudjahedin im Irak" unter der Führung von Abdullah Rashid Al-Baghdadi. Hinter diesem Zusammenschluss mit den weitgehend unbedeutenden djihadistischen, teilweise überhaupt nicht existierenden Gruppierungen steckte die Strategie Al-Zarqawis, die Akzeptanz seiner Organisation in der irakischen muslimischen Bevölkerung wieder zu stärken, indem er die Verantwortung auf eine gesamtirakische Organisation unter der Führung einer scheinbar aus dem Irak stammenden Persönlichkeit - ob Al-Baghdadi überhaupt existiert, konnte bislang in der Islamwissenschaft nicht belegt werden - übertrug. Tatsächlich dominierte Al Qaeda im Zweistromland diese neue Gruppierung und zeichnete auch weiterhin unter ihrem eigenen Namen in Bekennerschreiben oder -botschaften für Anschläge, Entführungen und Ermordungen verantwortlich, ohne ihre Struktur zu verändern. Lediglich die Veröffentlichung dieser Botschaften fand unter der Nennung des "Schura-Rats der Mudjahedin im Irak" statt. Al-Zarqawi selbst unterstrich seine eigene führende Rolle hingegen noch in einer Videobotschaft von April 2006, in der er sich als "Emir Bin Ladens im Irak" bezeichnete.
Bei einem Luftangriff der US-Truppen im Irak am 7. Juni 2006 wurde Al-Zarqawi getötet. Am 12. Juni 2006 gab Al Qaeda im Zweistromland die Ernennung des neuen Emirs Abu Hamza Al-Muhadjer im Internet bekannt, der am nächsten Tag in einer schriftlichen Erklärung die Fortführung des Wegs Al-Zarqawis ankündigte. In einer Botschaft vom 1. Juli 2006 begrüßte Bin Laden die Ernennung Al-Muhadjers zum neuen Befehlshaber der Organisation Al Qaeda im Zweistromland und erkannte ihn als offiziellen Nachfolger Al-Zarqawis an. Auch Al-Zawahiri betete in einer am 11. September 2006 veröffentlichten Videobotschaft für den Erfolg Al-Muhadjers als Führer der Al Qaeda im Zweistromland.
An der Strategie der Al Qaeda im Zweistromland hat sich seit dem Tod Al-Zarqawis nichts geändert. Al-Muhadjer - alias Abu Ayub Al-Masri - versuchte, der charismatischen und beliebten Persönlichkeit Al-Zarqawis nachzueifern und nicht in den Verdacht zu geraten, weniger entschlossen zu sein. Die Zahl der Anschläge stieg erkennbar an. Für durchschnittlich zehn Gewalttaten im Irak pro Tag übernahm der "Schura-Rat der Mudjahedin im Irak" im Internet die Verantwortung. In Audio und Videobotschaften versuchte Al-Muhadjer, den Stil und die Rhetorik Al-Zarqawis zu kopieren. Auch wenn er im Ansehen innerhalb der Al Qaeda im Zweistromland deutlich hinter dem Al-Zarqawis blieb, gelang es ihm doch, seine Führungsrolle in der Organisation zu festigen.
Bereits Al-Zarqawi strebte zu seinen Lebzeiten das Ziel an, das Emirat im Irak auszurufen. Al-Muhadjer verfolgte nach seiner Ernennung zum Führer der Al Qaeda im Zweistromland dieses Ziel weiter. Am 13. Oktober 2006 gab der "Schura-Rat der Mudjahedin im Irak" die Gründung der "Allianz der Wohlduftenden" bekannt, die zusammen mit weiteren militanten Gruppierungen im Irak, nämlich der "Jaish Al-Fatihin", der "Jund Al-Sahabah" und der "Kata'Ib Ansar Al-Tawhid Wal-Sunna" beschlossen wurde. Die neue Gruppierung rief alle Muslime und Djihad-Gruppierungen dazu auf, sich dem Bündnis anzuschließen, um die Besatzer zu verjagen und die Gerichtsbarkeit Gottes auf Erden herzustellen. Dabei griff sie bezüglich des Namens auf das Vorbild einer vom Propheten Mohammed für löblich erachteten Allianz zurück. Am 16. Oktober 2006 gab der "Schura-Rat der Mudjahedin im Irak" für die "Allianz der Wohlduftenden" eine Videobotschaft im Internet heraus, in der der "Islamische Staat Irak" ausgerufen wurde. Zugleich wurden alle irakischen Stämme und alle Sunniten aufgefordert, Scheich Abu Umar Al-Baghdadi als Emir der Gläubigen zu huldigen und den Staat gemeinsam aufzubauen. Al-Muhadjer sprach in einer Audiobotschaft von November 2006 Al-Baghdadi seine Huldigung aus und unterstellte ihm 12.000 einsatzbereite sowie 10.000 sich in der Ausbildung befindende Al Qaeda-Kämpfer. Zudem verkündete er im Namen des "Schura-Rates der Mudjahedin im Irak" die Auflösung aller bisherigen Gruppierungen und des Schura-Rates selbst. Entgegen dieser Außendarstellung blieb Al Qaeda im Zweistromland indes die dominierende Kraft bei der djihadistischen Tätigkeit im Irak. Die mit ihr verbündeten Djihad-Gruppierungen spielen aufgrund deren vergleichsweise geringfügigeren personellen und logistischen Stärke nur eine untergeordnete Rolle. Mit der Ernennung von Al-Muhadjer zum "Kriegsminister des Islamischen Staates Irak" blieb auch ihre Führungsperson an der entscheidenden Stelle der neuen Gruppierung bestehen. Erkenntnisse, die einen tatsächlichen über die proklamierte Existenz hinausgehenden Bestand eines "Islamischen Staates Irak" belegen, hat es nicht gegeben. Mit der Strategie des Zusammenschlusses zu einem "Islamischen Staat Irak" versuchte Al Qaeda im Zweistromland statt dessen erneut, ihren Aktivitäten im Irak einen gesamtirakischen, nationalen und djihadistischen Charakter zu verleihen, um eine breitere Legitimation der terroristischen Aktionen zu erreichen. Ihre Aktivitäten setzt sie nach wie vor, lediglich bei der Verbreitung von Informationen unter dem Titel "Islamischer Staat Irak" zeichnend, gegen westliche Koalitionskräfte und die schiitische Regierung sowie deren Organe fort. Im Internet, vielfach in djihadistischen Foren und durch Verbreitung hochqualitativer Videobotschaften, wird täglich für sechs bis zehn Anschläge die Verantwortung übernommen. Erst in jüngster Zeit haben die Anschläge aufgrund der gezielten Bekämpfung der Al Qaeda im Zweistromland durch die Bündnistruppen und die irakische Regierung an Quantität abgenommen.
Die Taten des Angeklagten
Entgegen seinem nach außen unscheinbaren Auftreten war der Angeklagte von fundamentalislamistischer Gesinnung geprägt und hing radikalextremem Gedankengut an. Er sympathisierte mit den Ideologien Al-Zarqawis und Bin Ladens und setzte sich in deren Sinne für den weltweiten gewaltsamen Djihad gegen die westliche Welt, das Christen und Judentum und die nationalen Regierungen im arabischen Raum ein. Zu diesem Zweck nutzte er das Internet als Möglichkeit, Audiobotschaften und Reden der Rädelsführer der bezeichneten Organisationen in einem djihadistisch geprägten Chatroom zu verbreiten, in denen die muslimische Welt dazu aufgerufen wird, sich dem Djihad anzuschließen und den Organisationen Hilfe bei der Durchführung des Djihads zu leisten. Über den von der O. GmbH bereit gestellten DSL-Anschluss des Zeugen D. in der Wohnung B.r Weg 20 und seine Notebooks - zunächst ein Modell HP Pavillon ZE 4200, ab dem 26. Juli 2006 zusätzlich ein Modell Sony Vaio - loggte sich der Angeklagte regelmäßig im Internet ein. Über die Zugangssoftware "Paltalk" suchte er bei Verwendung der Benutzernamen "3mer_kurdi" und "Abu-Qatada" wiederholt den djihadistisch geprägten Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" auf, in dem er Botschaften der genannten Art zur Verfügung stellte. Bei dem Kommunikationsprogramm "Paltalk" handelt es sich um einen sogenannten "Instant Messager", mit dem in Echtzeit Nachrichten geschrieben und Dateien gesendet oder empfangen werden können. Überdies ist eine Unterhaltung in mündlicher und schriftlicher Form zwischen einer Vielzahl von Nutzern möglich. Insbesondere für die Teilnahme an Chatrooms ist "Paltalk" dienlich. Bei dem Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" handelt es sich um einen sogenannten offenen Chatroom, der ohne Beschränkung von jedermann aufgesucht werden kann. Erforderlich ist lediglich eine Anmeldung zu "Paltalk". Die regelmäßigen Besucher und leitenden Aktivisten dieses Chatrooms assoziieren und bekunden mit dem Namen "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" ihre Gefolgschaft und Sympathie mit terroristischen Organisationen wie Al Qaeda, Al Qaeda im Zweistromland oder Ansar Al Islam , der wichtigsten djihadistischen Organisation neben der Al Qaeda im Zweistromland im Irak. Hauptthema ist der Djihad.
Spätestens ab dem 23. Juni 2006 verbreitete der Angeklagte über den Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" Audiobotschaften und Texte - bzw. Links, die zu solchen Botschaften führten - der Rädelsführer Bin Laden und Al-Zawahiri bzw. Al-Zarqawi und Al-Muhadjer, in denen schwerpunktmäßig der Kontakt zu Anhängern und Sympathisanten der Organisationen Al Qaeda bzw. Al Qaeda im Zweistromland hergestellt, Handlungsanweisungen gegeben und der Rückhalt für die genannten Organisationen gestärkt werden soll. Dabei werden terroristische Anschläge verherrlicht und um Verständnis geworben, falls hierbei auch Moslems getötet wurden. Zudem wird zum Hass gegen Angehörige der Koalitionsstreitkräfte vor allem im Irak, gegen Juden und gegen Schiiten aufgestachelt. Ferner werden als unislamisch empfundene Regierungen diffamiert und islamische Gelehrte, die den Djihad nicht unterstützen, kritisiert. Insgesamt soll beim Zuhörer die Bereitschaft hervorgerufen werden, sich dem Djihad anzuschließen und dabei als Mitglied oder Unterstützer der genannten Vereinigungen tätig zu werden. Der Angeklagte wusste dabei, dass sich in dem Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" Personen aufhielten, die mit den genannten terroristischen Organisationen sympathisieren und sich mit dem Gedanken tragen, sich dem Djihad anzuschließen. Die Weitergabe der Botschaften an die Internetöffentlichkeit durch den Angeklagten in Kenntnis des jeweiligen Inhaltes erfolgte vorrangig nicht zu reinen Informationszwecken. Mit der wiederholten Verbreitung der im folgenden dargestellten Botschaften machte sich der Angeklagte vielmehr die auf die Gewinnung neuer Teilnehmer für den Djihad und damit auf die Rekrutierung von Mitgliedern oder Unterstützern zielgerichteten Botschaften der die Al Qaeda bzw. Al Qaeda im Zweistromland verkörpernden Rädelsführer zu eigen.
Nach Beschränkung des Anklagevorwurfs gem. § 154 Abs. 2 StPO auf die Taten Nr. 7 bis 28 der Anklage konnte der Senat im Einzelnen die Verbreitung folgender Botschaften durch den Angeklagten feststellen:
3.1 Tat Nr. 1 (Ziffer 7 der Anklage):
Am 24. Juni 2006 war der Angeklagte unter dem Pseudonym "3mer_kurdi" zwischen 8:18:04 und 13:36:09 Uhr im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" aktiv. Um 8:20:15 Uhr übernahm er das "Mikrofon" und stellte mehrfach verschiedene Audiodateien in Echtzeit zur Verfügung (nachfolgend a - d).
Die folgenden Audiobotschaften konnten durch die Bereitstellung des Angeklagten von den gleichzeitig anwesenden anderen Besuchern des Chatrooms mitgehört werden:
a.
Von 8:21:09 bis 8:33:39 Uhr spielte der Angeklagte eine Audiobotschaft von Al-Zawahiri ab, die den Tod von Al-Zarqawi am 7. Juni 2006 zum Gegenstand hatte. Hierbei handelte es sich um einen zweimal hintereinander abgespielten sechsminütigen Auszug aus der Audiospur einer im Original zwölfminütigen Videobotschaft, die von der Medienproduktionsfirma "AsSahab" unter dem Titel "Todesbeklagung des Märtyrers der Umma und Emir, des Märtyrers Abu Musab Al-Zarqawi" im Internet veröffentlicht wurde und am 26. Juni 2006 auf der Seite www.tajdeed.org gesichert werden konnte. In den eingestellten Auszügen der Botschaft würdigt Al-Zawahiri die Taten und Verdienste Al-Zarqawis im Irak. Sein Tod soll den Mudjahedin ihren Weg beleuchten und sie dazu ermutigen, den Djihad gegen die Kreuzzügler und die Verräter unter den Muslimen fortzusetzen. Al-Zawahiri erwähnt, dass er beim Verfolgen der Berichterstattung über den Tod Al-Zarqawis die Beobachtung gemacht habe, dass die Todesnachricht zuerst von Nuri Al-Maliki und Zalmay Khalilzad bekannt gegeben worden sei, die vom Glauben abgefallen seien und mit den amerikanischen Invasoren zusammen arbeiten würden. Diese Berichterstattung fasse den Charakter der Auseinandersetzung zwischen den Kreuzfahrern und dem Islam zusammen. Al-Zawahiri vergleicht anschließend den Tod Al-Zarqawis, der bei einem Schießgefecht ums Leben gekommen sei und dabei eine Sprengstoffweste getragen habe, mit Präsident Bush, der von seiner Mutter nach den Anschlägen vom 11. September 2001 dazu aufgefordert werden musste, in sein Büro zurückzukehren und immer eine Schutzweste trage. Er schwört Bush Rache für den Tod Al-Zarqawis und erinnert an den Schwur Bin Ladens, wonach Amerika niemals in Sicherheit leben könne, solange die Sicherheit nicht in Palästina und den anderen islamischen Ländern gegeben sei. An die amerikanische Bevölkerung gewandt führt er aus, dass Bush sie belüge, wenn dieser erkläre, dass sie siegen werde, wenn Bin Laden, Mullah Omar, Mitglieder von Al Qaeda oder den Taliban getötet würden. Denn der Kampf richte sich nicht gegen Personen, sondern gegen die islamische Umma, in der der Geist des Djihads erweckt worden sei. Er wendet sich weiter auch an die Mudjahedin im Irak und führt aus: "Wenn ihr um Abu Musabs willen kämpft, so wisst, dass Abu Musab gestorben ist. Wenn ihr aber auf dem Weg Gottes und zur Verteidigung der Religion des Gesandten Gottes, Segen und Heil seien über ihn, kämpft, so lasst niemals eure Waffen fallen, bis die Entscheidung Gottes über euch gefallen ist: Sieg oder Märtyrertod. Sterbt, wie Hamza, Ja'afar, Ibn Rawahah, Ikrimah, Umar, Uthman, Ali, Husein, Abdullah Bin AlZubair, Gott möge an ihnen Wohlgefallen finden. Sterbt, wie Sayyid Qutb, Salih Sariyyah, Khalid AlIslambouli, ,Islam Al-Qimary, Abdullah Azzam, Abu Hads der Führer, Khattab und Abu Hajar , Gott hab sie selig!" Amerika bemühe sich darum, das Bild des Islam zu verzerren, um eine Gruppe von abweichlerischen Fälschern zu bilden - wie in der Türkei und Ägypten - und mit deren Hilfe die Muslime zu erniedrigen. Gegen diese Verzerrung stehe der Djihad auf dem Wege Gottes.
b.
Von 8:33:40 bis 9:34:08, direkt im Anschluss an die Todesbeklagung Al-Zawahiris spielte der Angeklagte eine weitere Audiobotschaft ein. Es handelte sich dabei um eine Rede Al-Zarqawis mit dem Titel "Schließt euch der Karawane an!", die bereits am 7. Januar 2004 im Internet auf der djihadistisch orientierten Webseite www.ansar.ws veröffentlicht worden war. Die Rede erfolgte unter Verwendung vieler Koransuren, Zitate von Imamen der islamischen Geschichte sowie Metaphern in altarabischer Sprache und sehr lyrischer Form, die an eine Predigt erinnert. Al-Zarqawi adressiert seine Rede an alle Muslime der Welt und ruft zum Djihad gegen Amerikaner auf. Er beklagt zu Beginn der Rede die rückläufige Zahl der Gleichgesinnten und gibt zwei Alternativen vor:
"Entweder opfern wir uns für den Islam, damit Gott ihn als Rechtsweg für alle zeigt oder wir sollen zugrunde gehen."
In propagandistischer Weise ruft er die muslimische Bevölkerung auf, sich gegen Amerika zu stellen:
"Da ist Amerika mit seinen Leuten und seinem Drum und Dran gekommen, es ist arrogant und wendet sich mit seinen Verbündeten gegen Gott und seinen Propheten. Wo sind die zur Schlacht begeisterten Löwen, die Ritter des Schlachtfeldes, die Helden der Al Tawhid und die Männer der religiösen Überzeugung?"
An anderer Stelle spricht er:
"Die Al Tawhid-Fahne flattert immer noch und Schwerter mit scharfer Schneide werden auf dem Feuer geschmiedet (...) Du, mein Bruder von Al Tawhid, sorge dafür, dass du einer von denjenigen bist, den Gott liebt, und dass du ihn auch liebst. Wenn die Karawane aufbricht und sich auf den Weg macht, bleiben die Schlechten zurück und der Unterschied zwischen Recht und Unrecht wird ans Licht kommen".
Dass sich die Muslime vom Djihad abgewandt hätten, führt er darauf zurück, dass sich diese eher mit materiellen Werten und dem Diesseits beschäftigten. Die Verpflichtung zum Djihad wird daraufhin mit Koransuren und historischen Überlieferungen zu belegen versucht. Einen wesentlichen Teil der Rede nimmt die Darlegung der Vorzüge des Märtyrertodes ein. Al-Zarqawi bezeichnet ihn als erstrebenswert, weil sich dadurch das Paradies erreichen lasse. Die ehrenhafte Ermordung sei wünschenswerter als der schmerzhafte Tod. Hierzu führt Al-Zarqawi weiter aus:
"Wenn die Körper für den Tod errichtet sind, ist die Ermordung eines Menschen mit dem Schwert für die Sache Gottes schöner".
Einer Überlieferung Annas zufolge habe der Prophet gesagt:
"Keiner, der ins Paradies geht, möchte in das Diesseits wieder zurückkehren, weil er auf der Erde nichts hat, außer dem Märtyrer. Der Märtyrer möchte ins Diesseits zurückkehren, damit er weitere zehn Male für die Sache Gottes getötet wird. Er tut dies, weil er die Wertstellung und die Würde des Märtyrertums kennen gelernt hat."
An anderer Stelle wendet sich Al-Zarqawi an die islamischen Gelehrten und greift ihre reservierte Haltung massiv an. Diese hätten als Träger der islamischen Lehre versagt und würden ihr Amt missbrauchen, indem sie junge Muslime davon abhielten, in den Djihad zu ziehen. Am Ende seiner Rede ermutigt er die Mudjahedin standhaft und tapfer zu bleiben und erinnert sie an ihre außergewöhnliche Mission, die Feinde der islamischen Gemeinde zu bekämpfen. Er bittet Gott, das Bush-Regime zu vernichten und arabische sowie westliche Tyrannen auf ewig zu verdammen und zu töten.
c.
Von 9:39:20 bis 10:24:40 Uhr verbreitete der Angeklagte eine weitere Rede Al-Zarqawis, die bereits am 12. September 2004 im Internet auf der Webseite www.alsakifah.org veröffentlicht wurde. Diese trägt den Titel "Wo sind die Angehörigen der Tapferkeit?" und wird von der Informationsabteilung "Al Tawhid wal-Jihad" präsentiert. Die Rede wird von Koranversen und Kampfliedern begleitet und erfolgt auf altarabisch. Inhaltlich wendet sich Al-Zarqawi zunächst an die islamische Welt und tadelt sie für die bisherige passive Haltung in bezug auf die amerikanische Besatzung im Irak. Zusammen mit den Kurden unter der Führung von Barzani und Talabani und den von ihm als "Rafiditen" bezeichneten Schiiten sei ein satanisches Bündnis im Zweistromland entstanden. Al-Zarqawi droht mit der Ermordung des irakischen Ministerpräsidenten Allawi , den er als Verräter und Abtrünnigen, der die Interessen der Amerikaner verfolge und umsetze, bezeichnet. Das Ziel dieser Allianz sei die Zerstörung des sunnitischen Dreiecks. Er führt hierzu aus:
"Und jene, die ungläubig sind, möchten dich gerne mit ihren zornigen Blicken zu Fall bringen. Um die wehende Fahne des Al-Tawhid im Land des Irak unter dem Schatten ihres verlogenen Sieges herunter zu holen".
Die Muslime hätten tatenlos die Ermordung und Erniedrigung durch die Amerikaner und ihre Verbündeten hingenommen. Nur eine kleine Gruppe von Unterstützern und Auswanderern führe den Djihad, um die Ehre der Muslime zu verteidigen. Al-Zarqawi ruft zu deren Unterstützung auf, indem er sagt:
"Oh du Junge des Islam im Irak, sogar in allen Ländern des Islam. Oh du, der du Herumirrender bist, der das Leben sucht. Oh du, der du Sehnsüchtiger nach der Unterstützung der Religion Gottes bist, oh du, der du deine Seele in die Hände des Herrn legst. Hier ist die göttliche Führung und die Richtigkeit des Handelns, hier ist die Weisheit und das Glück, hier ist die Freude des Fleißes und der Genuss des Djihads, so beeile dich zu dem stummen Bataillon zu gelangen und arbeite unter dem Banner des Herrn der Propheten, damit keine Verschwörung entsteht und damit die ganze Religion nur Gott gilt."
Unter Hinweis auf historische Ereignisse, bei denen zahlenmäßig unterlegene Muslime in Schlachten gegen den Feind erfolgreich waren, ruft Al-Zarqawi gegen Ende der Rede:
"Ihr werdet Amerika besiegen, bei Gott! Ihr werdet Amerika besiegen auch wenn es noch eine Weile dauern wird (...) Die Schlacht, die vor euch liegt, ist entscheidend und Parteien des Unglaubens sind erneut auf dem Vormarsch. Der Feind tobt herum, da müssen die Kräfte unbedingt gewetzt und die Entschlossenheiten in Richtung der Gipfel auferweckt werden. So passt auf, dass sie nicht mehr auf ihre Welten achten als ihr auf eure Religion achtet, denn ihr befindet euch zwischen zwei guten Entscheidungen: entweder Märtyrertod oder ein baldiger Sieg (...) Und ruft aus den Tiefen eurer Herzen: Ich werde mich mit euch nicht versöhnen, solange ich eine Stute habe und solange mein Daumen fest den Griff des Schwertes halten kann (...) Tretet in den Krieg ein und ergreift dessen Waffen (...) Einen Frieden gibt es erst, wenn die Pferde über die Pfeile stolpern und die dünnen Schädel mit den Schwertern geschlagen werden".
d.
Von 11:58:18 bis 12:04:28 wiederholte der Angeklagte den sechsminütigen Auszug aus der Botschaft Al-Zawahiris zum Tode Al-Zarqawis, den er bereits um 8:21:09 Uhr eingestellt hatte (vgl. A II 3.1 a).
Daneben stellte der Angeklagte verschiedene Links im Textchat zur Verfügung (nachfolgend e - k). Mit Hilfe dieser Links konnten interessierte Besucher des Chatrooms Seiten erreichen, auf denen weitere Botschaften der Rädelsführer von Al Qaeda und Al Qaeda im Zweistromland abgerufen werden konnten. Im Einzelnen:
e.
Mit einer Mitteilung der Betreiber des Chatrooms "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" um 8:18:04 Uhr, dass Gegenstand des Chats der Tod Al-Zarqawis und die Bekundungen Al-Zawahiris hierzu sein sollten, teilten diese den Link http://www.mytempdir.com/760864 mit. Um 8:19:13 Uhr fragte der Nutzer "EbnAlshheed", wer den Link bezüglich der Todesbeklagung zur Verfügung stellen könne. Der Nutzer "yahya_279" schrieb um 8:20:04 Uhr: "Wer kennt den Link zur Rede Al-Zawahiris bezüglich des Todes von Al-Zarqawi?". Der Nutzer "Ebn-Alshheed" erklärte sein Anliegen mit dem Eintrag um 8:22:05 Uhr, dass er das Video gemeint habe. Um 8:22:34 Uhr schrieb der Nutzer "Gladiator 777", dass der Link gesperrt sei. Daraufhin stellte der Angeklagte um 8:23:04 Uhr den oben genannten Link http://www.mytempdir.com/760864 in den Chattext ein und schrieb dazu: "Scheich Ayman verkündet den Tod von Abu Musab". Über diesen Link konnten interessierte Nutzer die bereits oben dargestellte Rede Al-Zawahiris zum Tod von Al-Zarqawi abrufen. Der Nutzer "Gladiator 777" fragte um 8:24:01 Uhr: "Gibt's keinen anderen Link, meine Brüder?". Um 8:33:53 Uhr wiederholte der Angeklagte den benannten Link mit derselben Kommentierung wie bereits zehn Minuten zuvor. Erneut ging er auf diese Weise um 12:48:50 Uhr vor. Um 12:49:28 und 12:53:01 Uhr erfolgten zwei weitere Einstellungen dieses Links durch den Angeklagten, den er dieses Mal mit den Worten: "Der Scheich Dr. Ayman Al-Zawahiri verkündet den Tod von Scheich Abu Musab, Emir der Märtyrer" versah. Zwei weitere Male teilte der Angeklagte den benannten Link mit dieser Anmerkung mit, nämlich um 13:10:19 und um 13:10:25 Uhr, nachdem der Nutzer "Ansare" um 13:09:35 Uhr noch einmal um die Veröffentlichung eines Links für die "letzte Rede von Dr. Ayman Zawahiri" gebeten hatte. Insgesamt sieben Mal wies der Angeklagte in der Sitzung am 24. Juni 2006 auf den Link hin, der zur Rede Al-Zawahiris zum Tod ?Al-Zarqawis führte.
f.
Um 8:35:48 Uhr gab der Angeklagte den Link http://shahid.modawanati.com bekannt und schrieb dazu "Eine neue Homepage speziell für den Scheich Abu Musab, Gott erbarme sich seiner". Hierbei handelte es sich um eine Website, die nach dem Tod Al-Zarqawis geschaffen wurde und auf der Besucher 40 Botschaften Al-Zarqawis herunterladen konnten. Unter anderem befand sich auf dieser Seite auch der Link http://kjgafd.blogspot.com, über den neben weiteren Botschaften auch die beiden Reden "Schließt euch der Karawane an" und "Wo sind die Angehörigen der Tapferkeit?" aufgerufen werden konnten, die der Angeklagte in der selben Sitzung auch als Audiodateien in Echtzeit zur Verfügung stellte. Den Link http://shahid.modawanati.com nannte der Angeklagte mit dem selben Zusatz erneut um 8:36:14, 9:23:03 und 9:27:19 Uhr. Um 9:28:26 Uhr schrieb der Nutzer "Abu_trab": "Danke für diese Homepage bezüglich des Löwen des Euphrats", woraufhin der Angeklagte um 9:29:19 Uhr antwortete: "Allah gebührt Dank, und dem, der die außergewöhnliche Anstrengung unternahm, um diese Homepage zu errichten". Um 9:30:54, 9:33:26, 9:40:06, 9:59:04 und 11:46:20 Uhr stellte er den benannten Link erneut zur Verfügung. Um 11:55:47 Uhr wiederholte der Angeklagte den Link und kommentierte ihn dieses mal mit den Worten: "Eine neue Homepage speziell für den Scheich Abu Musab Al-Zarqawi, Gott erbarme sich seiner, auf dieser befinden sich sämtliche Tonbandaufnahmen und Veröffentlichungen". Der Nutzer "Ansare" bat um 11:59:03 und 11:59:39 Uhr um Bekanntgabe "aller Links", woraufhin der Angeklagte den Link http://shahid.modawanati.com um 11:59:39 und 12:05:08 Uhr erneut einstellte. Um 12:17:49 Uhr fragte der Nutzer "alanbare": "O Brüder, wer hat den Link vom internationalen Nachrichtennetz?". Daraufhin teilte der Angeklagte ab 12:17:54 Uhr dem Nutzer mit, dass das Netz zurzeit nicht funktioniere und wiederholte stattdessen den benannten Link. Um 12:19:09 Uhr schrieb der Nutzer "alanbare", dass er jede Website der Mitteilungen der Mudjahedin haben möchte, woraufhin der Angeklagte um 12:22:41 und 12:28:37 Uhr den benannten Link erneut wiederholte. Der Link wurde noch vielfach von Seiten des Angeklagten eingestellt, nämlich um 12:36:46, 12:41:29, 12:47:36, 12:48:31, 12:53:04, 12:54:26, 12:55:54, 12:57:28, 12:58:56 und 13:01:38 Uhr. Insgesamt stellte er den Link 24 Mal zur Verfügung.
g.
Um 8:58:45, 9:04:05, 9:11:24, 9:14:24, 9:21:29 und 9:33:37 Uhr stellte der Angeklagte, der zu dieser Zeit die Rede "Schließt euch der Karawane an" als Audiodatei in Echtzeit im Chatroom präsentierte, den Link http://fileuploadr.com/7a16 zum Download zur Verfügung und teilte jeweils dabei mit, dass es sich dabei um den "Link der Ansprache "Schließt euch der Karawane des Irak an" des Scheichs und Muhajed Abu Musab Al-Zarqawi, möge Gott ihn zusammen mit den Propheten, Wahrhaftigen und Märtyrer im obersten Himmel aufnehmen" handele. Diesen Link wiederholte er um 12:03:52 ein weiteres mal. Über diesen Link konnte wie angekündigt die benannte Rede abgerufen werden.
h.
Um 12:02:48 gab der Angeklagte den Link http://www.mohajroon.net/A/abumusab/4.rm mit der Bemerkung: "Soll die Religion beeinträchtigt werden, obwohl ich am Leben bin...Der Scheich, der Mujahed Abu Musab Al-Zarqawi, Gott erbarme sich seiner" im Chatroom bekannt. Hinter diesem Link konnte eine bereits am 6. Juli 2005 im Internet veröffentlichte Audiobotschaft Al-Zarqawis mit dem Titel "Solange ich am Leben bin, lasse ich nicht zu, dass die Religion verunstaltet wird" abgerufen werden. In dieser Rede von einer Stunde und 37 Minuten Länge, deren Titel sich an einen mutmaßlichen Ausspruch des ersten Kalifen Abu Bakr anlehnt, verweist Al-Zarqawi auf die muslimischen Vorfahren, die sich dem Djihad verpflichtet hatten und dadurch mit dem Paradies belohnt worden seien. Nunmehr sei es Zeit, Rache an den Ungläubigen zu nehmen, nachdem diese die Schrift Gottes beschmutzt hätten. Er wundere sich, worauf die Umma noch warte, nachdem die Kreuzzügler den Irak überfallen hätten. Er tadelt die passive Haltung der Mudjahedin und teilt mit, dass nur einige wenige bislang dem Kampfaufruf Folge geleistet hätten. Diese hätten zurecht diejenigen, die die USA unterstützt und dadurch ihre Religion verraten haben, bekämpft. Soweit Gelehrte der Auffassung seien, dass man zwischen dem äußeren und dem inneren Feind unterscheiden müsse, lehnt dies Al-Zarqawi ab. Die irakische Armee als Verbündete der Amerikaner sei legitimes Ziel des Djihads. Hierzu gibt Al-Zarqawi Beispiele aus der Geschichte und führt aus, dass nicht einmal Familienangehörige geschont werden dürften, wenn diese sich gegen die Gesetze Allahs wenden. Eine von den Gelehrten vorgenommene Klassifizierung in den ehrenhaften Widerstand (gegen die ungläubigen Besatzer) und den unehrenhaften Widerstand (gegen die Iraker) sei ebenfalls nicht haltbar. Maßstab sei nur, ob jemand kämpft, damit das Wort Gottes erhaben bleibe, dafür sein Blut opfere und aus dem nationalen Djihad einen internationalen Djihad mache. Al-Zarqawi betont, dass allein die Angehörigen des Al Qaeda-Netzwerks sich dem bewaffneten Kampf zur Verfügung gestellt hätten. Selbst wenn das Al Qaeda-Netzwerk im Irak restlos vernichtet würde, um dafür die Frauen aus den Gefängnissen der Kreuzzügler und das Land von den "Rafiditen" zu befreien, würde man keine Sekunde zögern, damit dies wahr werde. Die Forderung der Gelehrten, den Djihad im Irak zu beenden, weist Al-Zarqawi zurück. Stattdessen sollten die Gelehrten die Mudjahedin lieber ermutigen und anfeuern. Der blutige Djihad sei der einzige Weg, um sich von der Demütigung durch die Kreuzzügler zu befreien. Er fordert Frauen, Kinder und Männer auf, den Djihad als Verpflichtung aus der Religion zu führen und dafür ihr Blut zu vergießen. Im Namen der Al Qaeda im Zweistromland gibt Al-Zarqawi gegen Ende seiner Rede die Gründung einer militärischen Brigade unter dem Namen "Omar" bekannt, um die feindliche Badr-Brigade auszurotten. Sobald der Irak befreit sei, würde der Djihad fortgeführt, um Jerusalem für die Muslime zu erobern. Die Mudjahedin fordert er zu Selbstmordaktionen auf und erklärt:
"Bei Gott, das Blut des Märtyrers ist Licht und Feuer und die Glaubwürdigkeit unserer Botschaft liegt im Märtyrertod unserer Gelehrten und Führer".
i.
Um 12:02:57 Uhr teilte der Angeklagte zudem den Link http://www.mohajroon.net/A/abumusab/6.rm mit und bemerkte hierzu: "Schreiben an die Umma..Der Scheich, der Mujahed Abu Musab Al-Zarqawi, Gott erbarme sich seiner". Über diesen Link konnten Interessierte den überwiegenden Teil einer Audiobotschaft Al-Zarqawis mit dem Titel "Eine Botschaft an die Nation" downloaden, die in vollständiger Länge bereits am 6. April 2004 im Internet auf der Seite www.ansar.ws veröffentlicht worden war. In der etwas mehr als eine halbe Stunde dauernden Botschaft richtet sich Al-Zarqawi an die islamische Gemeinschaft und bringt "die frohe Kunde, sogar zehn frohe Botschaften, dass die heldenhaften Mudjahedin auf Deinen und ihren Feind gestoßen sind, ihnen Schaden zugefügt und ein Gemetzel angerichtet haben". Er zählt "gesegnete Operationen" gegen die UN in Bagdad, gegen die Alliierten in Kerbela, gegen Italiener in Nassiriyah, die CIA im Hotel Al-Rashid und andere auf und droht mit weiteren Anschlägen auf den General der US-Truppen im Irak, John Abizaid, den Zivilverwalter im Irak, Paul Bremer, und Generäle, Soldaten und deren Helfer. Hierzu erklärt er:
"Wir bringen Dir auch die frohe Botschaft, dass wir sie reichlich getötet haben, ihr Blut fließen ließen und ihnen den ruhigen Schlaf und Erholung geraubt haben, bis sie wie die allein stehenden Weiber und die Waisenkinder heulten".
Anschließend teilt Al-Zarqawi die angeblichen Ziele der amerikanischen Besatzer mit, die die Ressourcen in der islamischen Welt ausbeuten, die Region nach ihren politischen, religiösen und kulturellen Interessen umgestalten, die Männer des Iraks töten, die Frauen des Iraks entehren, die Köpfe der Kinder des Iraks zerknacken, die Sicherheit des israelischen Staates gewährleisten und die arabischen Länder in kleine, schwache Staaten verwandeln wollten. Diese Ziele könnten nur mit Hilfe der "Rafiditen" erreicht werden, weshalb diese bekämpft und ihre Imame getötet werden müssten. Diese würden ihre Positionen zur Ermordung, Vergewaltigung der sunnitischen Muslime und zur Entweihung der Moscheen im Irak missbrauchen. Angesichts der gegenwärtigen Untätigkeit appelliert Al-Zarqawi an die sunnitische Bevölkerung im Irak:
"Wo sind die Massen der Helden, die kühnen Löwen, die Jugend Mohammads, Gott segne ihn und schenke ihm Heil, wo sind die Gelehrten des Islam? Warum seid ihr von dem Weg abgewichen? Warum habt ihr euch von der Führung der Leute zurückgezogen, euch den vergänglichen Genüssen gewidmet, euch für das Irdische entschieden? Wo sind die Mahnungen des Korans, wo ist der Gang der religiösen Elite und wo sind die rühmlichen Taten der Gelehrten und der Mudjahedin? Ist unter euch keiner, der sie wiederbelebt?"
Zum Ende der Rede wiederholt Al-Zarqawi den Appell:
"Umma des Islam! Erreiche den Djihad, bevor die ungläubige Mehrheit über die Mudjahedin herfällt. Ich schwöre bei demjenigen, der meine Seele in seiner Hand hat, sollte die Flamme des Djihads erlöst werden, wenn er schwach werde und die Quellen des Djihads im Irak austrockneten, dann würde sich die Umma des Islam nicht mehr in absehbarer Zeit wieder erheben."
j.
Einen weiteren Link stellte der Angeklagte um 12:03:44 Uhr mit der Bezeichnung http://www.mohajroon.net/A/abumusab/12.rm ein, den er mit "Der Scheich, der Muhajed Abu Musab Al-Zarqawi, Gott erbarme sich seiner..diese ist eine Mitteilung an die Leute und sie sollen durch sie den Krieg gegen die Rafiditen ankündigen" beschrieb. Dieser Link führte zu einer Audioansprache Al-Zarqawis von 16 Minuten Länge, die unter dem Titel "Dies ist eine Erklärung und Warnung an die Menschen" am 15. September 2005 im Internet auf einer als Sprachrohr militanter islamistischer Gruppierungen geltenden Webseite mit dem Namen www.bayanat.info veröffentlicht wurde. In dieser sehr emotional geführten Rede wirft Al-Zarqawi den Amerikanern vor, Sunniten massakriert zu haben. Diejenigen, die davor fliehen konnten, seien von den "Rafiditen" aufgegriffen, vergewaltigt und misshandelt worden. "Kreuzzügler und Rafiditen" hätten ein Bündnis gegen die sunnitische Bevölkerung geschlossen, um diese auszurotten. Die Offensive sei ein genau geplanter ethnischer Krieg. Die Mudjahedin würden jedoch gegen diese Massaker ankämpfen. Al-Zarqawi betont in der Rede, dass dies ein Appell an alle Sunniten im Irak sei, sich der Karawane und dem Djihad anzuschließen, solange noch Zeit dafür sei. Aufgrund der Entwicklung im Irak habe Al Qaeda im Zweistromland folgende Schritte beschlossen: Erstens den totalen Krieg gegen alle Schiiten im Irak. Ausgenommen würden nur diejenigen, die sich von ihrer Regierung distanzierten. Zweitens die Ermordung aller Mitglieder der irakischen Armee und Polizei zur Abschreckung für andere. Ihre Häuser würden nach der Evakuierung ihrer Frauen und Kinder in Brand gesetzt. Drittens die Warnung an alle arabischen Stämme und Sippen im Irak, nicht mit den Kreuzrittern oder den Verrätern zusammen zu arbeiten, andernfalls sie Ziel der Ausrottung würden.
k.
Um 12:05:02 Uhr schließlich stellte der Angeklagte den Link http://www.mohajroon.net/A/abumusab/19.ram zur Verfügung und schrieb dazu: "Mannhaftigkeitsleute..Der Scheich, der Mujahed Abu Musab Al-Zarqawi, Gott erbarme sich seiner". Dieser Link führte zu der Audiobotschaft Al-Zarqawis mit dem Titel "Wo sind die Angehörigen der Tapferkeit?", die der Angeklagte um 9:39:20 Uhr bereits als Audiodatei in Echtzeit im Chatroom abgespielt hatte (vgl. A II 3.1 c).
3.2 Tat Nr. 2 (Ziffer 8 der Anklage)
Der Angeklagte suchte am 24. Juni 2006 um 15:49:47 Uhr erneut über Paltalk unter dem Pseudonym "3mer_kurdi" den Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" auf. Insgesamt fünf mal, nämlich um 16:09:29, 16:15:16, 16:16:52, 16:20:30 und 16:29:56 Uhr stellte er den übrigen Besuchern den Link http://shahid.modawanati.com zur Verfügung, den er bereits in der Sitzung zwischen 8:18:04 und 13:36:09 Uhr 24mal eingestellt hatte und der zu einer Sammlung von Reden Al-Zarqawis, darunter die oben beschriebenen Reden "Wo sind die Angehörigen der Tapferkeit?" und "Schließt euch der Karawane an", führte (vgl. A II 3.1 f). Der Angeklagte beschrieb den Link mit den Worten: "Neue Seite eigens für Scheich Abu Musab Al-Zarqawi, Gott sei ihm gnädig, auf der alle Tonbänder des Scheichs und seine Herausgaben zu finden sind".
3.3 Tat Nr. 3 (Ziffer 9 der Anklage)
Bei seinem Besuch des Chatrooms "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" am 27. Juni 2006 unter dem Nutzernamen "3mer_kurdi" stellte er denselben Link um 20:19:51 Uhr ein und schrieb dazu:
"Neue Seite eigens für Scheich Abu Musab Al-Zarqawi, Gott sei ihm gnädig, auf der alle Tonbänder und Publikationen des Scheichs zu finden sind".
3.4 Tat Nr. 4 (Ziffer 10 der Anklage)
Auch am 28. Juni 2006 hielt sich der Angeklagte ab 15:32:52 im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" unter dem Nickname "3mer_kurdi" auf. Um 17:17:58 Uhr fragte der Nutzer "ana faloojee":
"Wo kann ich, meine Brüder, die Homepage der Mitteilungen des Schura-Rats der Mudjahedin finden. Möge Gott euch segnen und die Mudjahedin zum Sieg über die Kreuzfahrer und Abtrünnigen verhelfen."
Daraufhin stellte der Angeklagte zunächst um 17:18:26 und 17:18:34 Uhr einen Link zu Verfügung, den er mit den Worten: "Homepage albayanat zur Kenntnisnahme und Verfolgung von Nachrichten der Mudjahedin und deren Operationen überall" betitelte. Um 17:19:16 Uhr ergänzte er diesen Eintrag und stellte den bereits mehrfach von ihm verbreiteten Link http://shahid.modawanati.com zur Verfügung mit den Worten "Eine neue Homepage speziell zu Scheich Abu Musab Al-Zarqawi, Gott erbarme sich seiner, darin sind sämtliche Aufzeichnungen und Veröffentlichungen des Scheichs".
3.5 Tat Nr. 5 (Ziffer 11 der Anklage)
Den selben Link stellte der Angeklagte in der Sitzung am 4. Juli 2006 um 18:41:40 Uhr mit den Worten "Neue Seite eigens für Scheich Abu Musab Al-Zarqawi, Gott sei ihm gnädig, auf der alle Tonbänder und Publikationen des Scheichs zu finden sind" als "3mer_kurdi" im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" ein.
3.6 Tat Nr. 6 (Ziffer 12 der Anklage)
Am 6. Juli 2006 hielt sich der Angeklagte von 11:58:19 bis 12:27:04 Uhr über Paltalk im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" als "3mer_kurdi" auf. Erneut gab er mit derselben Beschreibung wie am 4. Juli 2006 den Link http://shahid.modawanati.com bekannt, nämlich um 12:08:30 Uhr. Darüber hinaus stellte er zwei weitere Links ein: Um 12:06:33 Uhr den Link http://www.alboraq.com/warsha/p07/OsamaVer2ALL.rar mit den Worten "Das Sammelarchiv für die Worte und Reden des Anführers der Mujahedin Scheich Usama Bin Mohammad Bin Laden, möge Gott ihn bewahren" und um 12:06:39 Uhr den Link http://file.uploadr.com/7f66 mit den Worten "AlternativLink für das Sammelarchiv für die Worte des Anführers der Mujahedin Scheich Usama Bin Mohammad Bin Laden, möge Gott ihn bewahren". Über beide Links konnten Interessierte zu einer Seite mit einem pdfDokument gelangen, das mit "Das islamische Netz Al-Buraq " überschrieben war und wo es weiter hieß:
"Das Sammelarchiv für die Worte und Reden vom Imam der Mujahedin Usama Bin Mohammad Bin Laden, möge Gott ihn bewahren, so wie sie chronologisch veröffentlicht worden sind (Zweite Ausgabe, erste Auflage) 07 Jumadi Al-Thani 1427 Hij., entspricht dem 03. Juli 2006 n.Ch. Das Archiv beinhaltet: Alle Worte, Briefe und Reden nach den Ereignissen vom September 2001".
Hierunter befanden sich insgesamt 27 durchnummerierte Reden Bin Ladens, von denen sechs den Aufruf an die muslimische Bevölkerung enthielten, sich dem Kampf gegen Amerika und dem Djihad der muslimischen Kämpfer anzuschließen. Im Einzelnen:
a.
Unter der Ziffer 13 befand sich die schriftlich niedergelegte Form einer Rede, die als Audiobotschaft Bin Ladens am 11. Februar 2003 veröffentlicht worden war. Sie ist überschrieben mit dem Titel "Erster Brief an die Bevölkerung im Irak im Besonderen und die Muslime im Allgemeinen - Anstiftung und Anstachelung, 11. Februar 2003 von Scheich Usama Bin Laden" . Darin äußert sich Bin Laden, dass der gegen die "Kreuzzügler" zu führende Kampf weder zur Unterstützung von Nationen noch zur Unterstützung ungläubiger Regimes in der arabischen Welt, u.a. im Irak, geführt werde. Gott allein werde den Sieg verleihen. Den Muslimen obliege es dabei, die Voraussetzungen hierfür durch Vorbereitung und Anspornung, Aufhetzung und den Djihad zu schaffen. Die Luftangriffe der Amerikaner hätten bewiesen, dass diese Angst und Mangel an Kampfgeist hätten. Er ruft den Angriff auf Tora Bora vom 7. Oktober 2001 in Erinnerung, bei dem die Amerikaner Stellungen einer kleinen Schar von Muslimen in unvorstellbarem Ausmaß bombardiert hätten, ohne dass dies zum Erfolg geführt habe. Dennoch hätten die Amerikaner es nicht gewagt, im Bodenkampf in die Stützpunkte einzudringen. Er fragt: "Wenn all die bösen Weltmächte gegen einen Haufen Mudjahedin mit sehr bescheidener Ausrüstung auf einem Meilenfleck keinen Sieg erringen konnten, wie wollen sie die islamische Welt besiegen? Dies wird ihnen unmöglich gelingen, so Gott will, wenn die Menschen an ihren Glauben festhalten und auf den Djihad auf dem Wege Gottes beharren". Er ruft zudem die Mudjahedin auf, die Truppen des Feindes in einen langen, ununterbrochenen und zermürbenden Kampf zu verstricken und erklärt:
"Wir betonen außerdem die Bedeutung des Märtyrertodes. Diese Angriffe haben den Amerikanern und den Israelis, mit der Güte Gottes, so viel Leid zugefügt wie nie zuvor".
Jeder, der die Amerikaner bei ihrem Kreuzzug unterstütze in Form von Kampfbeteiligung, Stützpunktbereitstellung, Logistik, Wort und Tat, sei ein von der Gemeinschaft Ausgestoßener, dessen Blutvergießen erlaubt sei. Der Djihad müsse durch die Muslime und die Iraker gegen den ungerechten Krieg geführt werden. Es sei die Pflicht aller Muslime, sich mit Waffen und Munition auszurüsten. Bin Laden bittet zum Ende der Botschaft:
"Zum Schluss lege ich mir und euch ans Herz, Gott insgeheim und offen zu fürchten, Standhaftigkeit und Ausdauer im Djihad zu zeigen".
Er bezeichnet sich in dieser Botschaft zusammen mit Al-Zawahiri ausdrücklich als Führer der Al Qaeda.
b.
Die in der Sammlung abgedruckte 14. Rede trug die Überschrift "Der fünfte Brief an die islamische Nation - Erklärung zum Aufbruch zum Djihad, vom 16. 02. 2003, vorgetragen von Scheich Usama Mohammad Bin Laden (möge Gott ihn schützen)". Sie beinhaltete einen durch Fußnoten eines unbekannten Verfassers ergänzten Text, in dem Bin Laden behauptet, dass das von ihm in Anlehnung an das Sykes-Picot-Abkommen sogenannte Bush-Blair-Abkommen unter dem Banner des Kreuzzuges das Ziel verfolge, den Islam zu zerstören. Die Herrscher jener Regionen, in denen der Kreuzzug geführt werde, würden dies unterstützen. Hiermit würden sie einen klaren Verrat an der Volks und Religionsgemeinschaft begehen. Es sei zudem offenkundig, dass die Kriegsvorbereitungen gegen den Irak Teil einer Reihe von geplanten Angriffen auf die Region darstellen würden, darunter Syrien, den Iran, Ägypten und den Sudan, wobei hauptsächlich die Aufteilung des Landes der beiden heiligen Stätten geplant werde. Die Regierungen dieser Regionen hätten keine nennenswerten Vorkehrungen getroffen, diesem feindseligen, strategischen Ziel entgegen zu treten. Vielmehr hätten sie den Kreuzzüglern Treue geschworen. Sie würden die Mudjahedin bekämpfen und die Schlinge um die aufrichtigen Religionsgelehrten und Prediger enger ziehen, die die islamische Gemeinschaft auf die drohende Gefahr aufmerksam machen und sie aufmuntern würde, sich zu verteidigen. Zu den wichtigsten Zielen dieses neuen Kreuzzuges zähle, das sogenannte Großisrael zu schaffen. Was den Muslimen in Palästina widerfahre, stelle ein Beispiel dafür dar, was die zionistischamerikanische Koalition in der ganzen Region umsetzen wolle. Dies seien die Tötung von Männern, Frauen und Kindern, Inhaftierungen, Terror, Zerstörung von Häusern, Fabriken und Feldern und die Verbreitung von ständiger Angst bei den Menschen, die den Tod in jeder Sekunde erwarten würden. Die gesamte Region würde den Juden unterworfen. Diese hätten den Propheten getötet und Abmachungen gebrochen. Sie seien Meister des Wuchers und der Unzucht und würden konfessionell bedingt glauben, dass die Menschen ihre Sklaven seien und dass derjenige, der sich ihnen widersetzte, den Tod verdiene. Der Weg zur Bekämpfung der Pläne der Ungläubigen sei der Djihad auf dem Wege Gottes. Die islamische Gemeinschaft würde hierfür über ausreichende Kapazitäten verfügen. Der Sieg über die Juden sei vom Propheten versprochen. Hierbei wird von Bin Laden auf einen Hadith Bezug genommen, wonach der Konflikt mit dem Feind nur durch Kampf und Tötung entschieden werden könne. Es gebe Beispiele über Ereignisse und Gruppen, bei denen die Muslime in den beiden letzten Jahrzehnten einen Sieg errungen hätten. Bezogen auf die Bevölkerungszahl sei die islamische Gemeinschaft die mächtigste. Sie sei in der Lage, gegen die sogenannten Großmächte zu kämpfen und sie zu bekämpfen. Den Angriff auf die USS Cole vor Aden bezeichnet er als "großartige Selbstmordaktion" und lobpreist die Attentäter vom 11. September 2001. In diesem Zusammenhang führt er aus:
"Wie diese heldenhaften jungen Leute, mit der Güte Gottes, gibt es in der islamischen Gemeinschaft viele, aber sie sind gefesselt. Deshalb müssen wir uns alle gegenseitig helfen, um sie aus deren Fesseln zu befreien, damit sie als Mudjahedin für die Sache Gottes losziehen können, denn der Djihad stellt Ehre und die Sicherheit dieser Umma dar."
Die Muslime seien zudem aufgefordert, sich von ihren tyrannischen Herrschern loszusagen. Er kritisiert die Gelehrten, die die jungen Leute vom Djihad abhielten. Die wichtigste Pflicht nach dem Glauben sei aber der Widerstand und der Kampf gegen den aggressiven Feind. Der Djihad sei eine Pflicht, die der ganzen Umma auferlegt sei, und diese würde eine Sünde begehen, wenn sie nicht alle ihre Söhne, ihr Vermögen und ihre Kapazitäten zur Verfügung stellen würde, um den Djihad zu führen und um die Aggression der Ungläubigen gegen alle Muslime, in Palästina und sonst wo, abzuwehren. Die Gläubigen seien zum Kampf verpflichtet, jeder nach eigenen Möglichkeiten, um das Recht zu erheben und das Unrecht abzuschaffen. Erläuternd führt er weiter aus:
"Obwohl der Djihad die Pflicht der gesamten islamischen Gemeinschaft ist, sind die jungen Leute jedoch eher als die Erwachsenen und Greise in diese Pflicht zu nehmen. Zudem obliegt es uns heute, unser Vermögen für den Djihad einzusetzen, wobei die Vermögenden mehr als die anderen in die Pflicht zu nehmen sind".
Die islamische Gemeinschaft müsse diese jungen Leute fördern, sie ermutigen und unterstützen, damit sie sich verteidigen und dieses Unrecht, diese Schande und Sünde abwehren könnten. Gegen Ende der Rede führt er aus:
"Ich mahne die jungen Leute eindringlich, sich mit eigenem Eifer und Kreativität um den Djihad zu bemühen, denn sie sind in erster Linie dazu verpflichtet, wie Al Chatbi , Gott hab ihn selig, hingewiesen hat. Ihr müsst wissen, dass es zu den bedeutendsten und heiligsten Pflichten bei Gott gehört, den Amerikanern und den Juden überall in der Welt nach dem Leben zu trachten".
Als frohe Botschaft verkündet er, dass
"eure kämpferischen Brüder den Djihad fortsetzen werden, um die Juden und die Amerikaner zu treffen, dass die Aktion in Mombasa nur den Auftakt zum reichlichen Regen darstellt, so Gott will, und dass wir euch nicht im Stich lassen werden. Ihr sollt also den Kampf mit Gottes Segen fortführen und dabei verharren und wir sind mit euch zusammen und werden den Kampf fortsetzen, so Gott will".
In den zu der Rede veröffentlichten Anmerkungen werden die Aussagen Bin Ladens durch Fundstellen belegt und verstärkt. Die Demokratie sei nur eine Lüge, die Gutachten von Gelehrten, dass Terroraktionen die Bekämpfung der Gesellschaft bedeuteten, werden für gefährlich erachtet. In Fußnote 32 wird auch durch den Verfasser dieser Anmerkungen zum Djihad aufgerufen.
c.
57 Seiten umfasst die unter Nr. 17 abgedruckte Rede Bin Ladens mit dem Titel "Sechster Brief an die islamische Umma - Anspornen und Antreiben zum Djihad, 04.01.2004 von Scheich Usama Bin Mohammad Bin Laden (Gott möge ihn beschützen)", die von einem unbekannten Verfasser mit über 50 Fußnoten kommentiert worden ist. In den Fußnoten macht dieser Verfasser seine Sympathie zu den Aussagen Bin Ladens deutlich und zitiert viele Meinungen islamischer Gelehrter, die den Djihad und den Märtyrertod befürworten und zur Tötung von Ungläubigen aufrufen. Die eigentliche Rede stellt einen Aufruf an alle Muslime zum Djihad dar. Die Besetzung des Irak sei nur ein Teil der Bosheiten der "zionistischen Kreuzzügler", die die vollständige Besatzung aller Golfstaaten und die Beseitigung der islamischen Religion beabsichtigen würden. Die Besatzer würden nur die Sprache der Waffen verstehen. Daher sei der Djihad Pflicht und Ziel. "Nur derjenige bleibt dem Djihad fern, dessen Handel keinen Gewinn bringt, der keine Selbstachtung besitzt und von dem Segen ausgeschlossen ist". Überdies kritisiert Bin Laden die Regierungen der Golfstaaten für ihr Verhalten während des zweiten Golfkriegs. Sie wären nicht in der Lage, die Religion gelten zu lassen und die Muslime zu schützen. Vielmehr seien sie dazu fähig, Land und Volk aufzugeben. Gegen Ende der Rede führt er aus: "Wir sollten der festen Überzeugung sein, dass unsere Rettung und unser Glück im Dies und Jenseits in der Entstehung des Islam und des Djihads liegen". Der Kampf sei dringliche Notwendigkeit für Leben, Stolz und Existenz der Umma. Insbesondere die Jugend mahnt Bin Laden in der Rede zum Djihad an. Dem Aufruf der Amerikaner zu einem Friedensschluss sei nicht zu trauen, er sei nur ein Angebot zur Erniedrigung und Aufgabe.
d.
Unter der Ziffer 19 ließ sich die Rede Bin Ladens mit dem Titel
"Dritter Brief an die irakische Bevölkerung im Besonderen und die islamische Gemeinschaft im Allgemeinen - Erinnerung an die Vorschriften und Darstellung der Belohnung, 6.5.2004, die Rede von Usama Bin Laden, Gott beschütze ihn"
aufrufen. Darin lobt er die Mudjahedin im Irak als "Leuchten der Araber und Verteidiger des Islam". Die amerikanischen Besatzer hätten es in einem Jahr nicht vermocht, ihre Pläne in die Tat umzusetzen. Er führt dazu aus:
"Mit der Huld Gottes sind aus diesem gesegneten Djihad auf nationaler wie internationaler Ebene beachtliche Ergebnisse und positive Auswirkungen in vielen Bereichen erzielt worden".
Der Übergangsrat im Irak sei nur eine Marionette der Amerikaner, die den Islam hassen würden. Deren Ziel sei, die islamische Identität in der ganzen islamischen Welt auszulöschen, weil der Islam ihren Plänen, insbesondere bezüglich Wirtschaft, Ideologie, Militär und Sicherheit entgegenstünde. Die neue Verfassung des Irak sei Götzendienerei und widerspreche dem Islam. Wer die Verfassung akzeptiere, falle vom Glauben Gottes ab und werde aus der Religionsgemeinschaft ausgestoßen. Es müsse gegen die Kreuzzügler und die Apostaten der Djihad geführt werden. Dieser sei Pflicht für alle Muslime im ganzen Irak. Hierzu heißt es in der Rede:
"In diesem Fall sind die Aufrichtigen in der islamischen Gemeinschaft im Allgemeinen und im Irak im Besonderen folglich verpflichtet, sich von der politischen und religiösen Renegaten-Führung gleichermaßen loszusagen, sich von der Führerschaft, die sich vom Djihad abwendet und den Ungerechten hinwendet, fernzuhalten und sie zu verdrängen. Sie sollen die Initiative ergreifen, die Wahrheit offen sagen und das Banner des Djihads gegen die Kreuzzügler und die Apostaten hochheben."
Wer hingegen die Besatzungsmacht unterstütze, verstoße gegen den Islam, dürfe enteignet, getötet und von seiner Ehefrau geschieden werden. Jeder Muslim soll dem Djihad bis zu dessen Erfüllung nachkommen und sich dafür vertrauenswürdigen Führern anschließen. Es sei notwendig, die amerikanischen Angriffe auf den Irak abzuwehren, weil sich der Krieg gegen den Islam richte. Dazu führt er aus:
"Hier rufe ich die jungen Leute und die aufrichtigen Händler auf, diese günstige Gelegenheit zu nutzen, um einer bedeutenden Pflicht nachzukommen, nämlich die Religion zu verteidigen und die Umma zu retten, indem sie den Djihad finanziell unterstützen, dazu anspornen und gegen unsere Feinde, insbesondere in Palästina und im Irak kämpfen".
Die Muslime sollten zu den Schauplätzen des Djihads ausrücken. Lob verteilt Bin Laden an die irakischen Bewohner, die die Herzen der Muslime erfreut hätten, als sie amerikanische Soldaten getötet, hohe Verluste des Gegners herbeigeführt und Flugzeuge zum Absturz gebracht hätten:
"Seid geduldig und standhaft! Eure Geduld überdauert die von Bush und seinen Söldnern und euch wird anschließend das zuteil, was ihr wünscht, so Gott will. Denn Ausdauer bringt den Sieg hervor".
Bin Laden lobt anschließend im Namen des Al Qaeda-Netzwerks 10.000 Gramm Gold für die Ermordung des Zivilverwalters im Irak, Paul Bremer, seines Stellvertreters, eines Kommandanten der amerikanischen Streitkräfte im Irak oder seines Stellvertreters aus. Auch für die Tötung des damaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan, von Soldaten und Zivilisten der vetoberechtigten Mitglieder der UNO sowie Soldaten und Zivilisten der übrigen UNO-Mitglieder werden Goldzahlungen versprochen. Die Botschaft endet mit der Aussage:
"Zum Schluss richte ich folgenden Aufruf an die Jugend des Islam: Auf zum Kampf gegen die Kreuzzügler und Juden und gedenkt Gottes unablässig! Bei Gott, denn es gibt nur Sieg oder Märtyrertum".
e.
Unter der Nummer 22 der verbreiteten Reden war der Text einer Audiobotschaft Bin Ladens abzurufen, die am 27. Dezember 2004 auf "Al Jazeera" in Auszügen ausgestrahlt worden ist. Sie trägt den Titel
"Der vierte Brief an die Angehörigen im Irak im Besonderen und die Muslime im Allgemeinen - Frohe Botschaften des Sieges und Huldigung des Emirs Abu Musab Al-Zarqawi, von Scheich Usama Bin Laden, möge Allah ihn beschützen".
In dieser wiederum mit vielen Koranstellen geschmückten Rede lobt Bin Laden die Djihadisten, die er mit historischen Persönlichkeiten des Islams vergleicht und auf die die Umma ein Jahrhundert gewartet habe. Nunmehr fordert er die irakische Bevölkerung auf, sich dem Djihad anzuschließen:
"O ihr Bewohner des Irak! O ihr Träger dünner Schwerter. Vor euch stehen die Panzer des Unglaubens, also zerreißt sie! Spaltet ihre Häupter! Setzt euer Stechen in den Nacken der Feinde fort! Vermehrt die Segnungsgebete! Seid ehrlich bei euren Zusammenkünften. Möge Gott euch bestens belohnen".
Die Aussage Bushs, die großen Aktionen seien nun beendet, habe sich als falsch erwiesen. Hierzu erläutert er:
"Die Amerikaner denken, die Menschen seien Schafe vor ihnen oder es handle sich um einen Ausflug nach Panama. Ihnen ist aber entgangen, dass die wilden Löwen von Khaffan auf sie am Schlachtfeld warten. Diese tragen ihre Seele aus ihren Händen und spornen sie an, geduldig und standfest zu bleiben, denn der Sieg dieser Seelen verkörpert die Wonne und deren Tötung stellt den Märtyrertod dar".
Bin Laden bezeichnet die Angelegenheit als "dritten Weltkrieg", dessen Zentrum der Irak sei. Dessen Zuordnung zur von den Amerikanern als solche bezeichneten "Achse des Bösen" zeige, dass die Muslime als unbedeutende Ungläubige angesehen würden. Dies erkläre die brutalen Taten bei der Besatzung, der Tötung der Muslime und die Misshandlungen in den Gefängnissen von Abu Ghreib und Guantanamo. Der Irak sei niemals die Heimat Al Qaedas gewesen, weshalb die Aussage Bushs, diese hätte den Krieg selbst in den Irak gebracht, nicht zutreffe. Es sei die größte Pflicht nach dem Glauben, den Djihad und die Mudjahedin zu unterstützen und dafür Leben und Geld einzusetzen. Der Djihad sei das geeignete Mittel, um die arabischen Länder zu befreien:
"Die Wege, um die Amerikaner, als Verbündete der Juden, zu schlagen, sind vorhanden. Von diesem Djihad im Irak, der mit nachweislichen Mitteln untermauert ist, werden auch ihr Töten und die Tötung ihrer Verbündeten erlaubt sowie ihre Interessen in der ganzen Welt zu schlagen. Also nützt diese seltene Chance aus, um diese großartige Pflicht zu erfüllen".
Wer dem Djihad nicht nachkomme, vor allem wegen Angst vor dem Tod, begehe eine große Sünde. Weil vor einem Vierteljahrhundert viele Muslime dem Djihad fern geblieben seien, habe dies zur Entmutigung der Mudjahedin in Afghanistan geführt. Dies müsse nun unbedingt vermieden werden, um nicht später Reue zu verspüren. Die Pflicht zum Djihad im Irak und in Palästina treffe in erster Linie die Einwohner dieser Gegenden. Wenn diese es aber nicht könnten oder wollten, sei es auch die Pflicht aller anderen muslimischen Länder, in den Djihad zu ziehen. Das Entmutigen vom Djihad stelle Unrecht, das Fernbleiben die deutlichste Eigenschaft der Heuchler dar. Bin Laden erklärt weiter, dass die Unterstützung der Ungläubigen gegen die Muslime ein größerer Akt des Unglaubens sei, als abtrünnig zu werden. Hierzu zählt er neben den Regierungen der mit den USA zusammen arbeitenden Regierungen auch Firmeninhaber, Händler und Spediteure und es sei eine Pflicht, diese zu bekämpfen. Insbesondere zur irakischen Regierung führt er aus:
"Diejenigen, die Iraker töten, und der abtrünnigen Regierung Allawis angehören, wie beispielsweise die Armeeeinheiten, die Sicherheitsbeamten und die Nationalgarde (...) dürfen getötet werden, weil sie als ungläubig gelten. Man darf nicht für sie beten. Sie dürfen weder erben noch beerbt werden. Ihre Ehefrauen werden von ihnen zwangsweise geschieden. Und sie dürfen nicht auf dem Friedhof der Muslime begraben werden."
Anschließend wendet sich Bin Laden der anstehenden Wahl im Irak und in Palästina zu. Alle Regeln und Gesetze seien dem einzigen Ursprung aus dem Islam herzuleiten, weshalb die von Menschen geschaffene Verfassung Unrecht sei. Alle, die an den Wahlen wissentlich teilnehmen würden, begingen Gotteslästerung. Die Muslime sollten lieber die Mudjahedin unterstützen und den Besatzern Widerstand leisten. Bin Laden ruft deshalb zur Zerstörung von Versorgungslinien und Öl-Pipelines, zur Legung doppelter Feldminen, die jeden töten, und zur Ermordung von Firmeninhabern in Riad, Kuwait, Jordanien, in der Türkei und anderswo auf, die den Feind mit allen Mitteln versorgen. Außerdem sollen sich die Muslime bemühen, mehr Selbstmordanschläge zu verüben:
"Denn diese Operationen haben dazu geführt, dass sich Schrecken und Furcht in den Reihen des Feindes verbreitet haben. Sie sorgten außerdem für Verwirrung in seiner Bewegung und brachten seine Pläne zum Scheitern. Darüber hinaus war der Feind in seinen Möglichkeiten eingeschränkt, seine Waffen und Soldaten einzusetzen. Deshalb zählen diese Aktionen zu den wichtigsten".
Aufgrund der wöchentlichen Ausgaben der Al Qaeda im Zweistromland in Höhe von 200.000 Euro und den weiteren Kosten anderer Gruppierungen sei die Unterstützung auch in Form von Geld notwendig. Hierzu meint Bin Laden: "Jeder sollte jeden unterstützen. Steht den Mudjahedin bei, da dieser Krieg größer als jeder andere kommende Krieg ist". Zum Schluss der Rede erteilt Bin Laden seine Zustimmung zu dem ihm von Al-Zarqawi geleisteten Treueid. Er begrüßt die Vereinigung der Al Qaeda im Zweistromland mit seiner eigenen Organisation und bezeichnet Al-Zarqawi dabei als "Emir der Al Qaeda-Organisation im Zweistromland. Die Brüder dort sollten ihm gehorchen". Ihm sei der wachsende Widerstand im Irak zu verdanken. Bin Laden ruft in diesem Zusammenhang auf:
"Ihr Muslime, der Djihad wird jetzt geführt, Gott sei Dank. Deshalb müsst ihr den Schlafstaub abschütteln und die Verzweiflung ablegen. Ihr sollt das Herannahen des Sieges, so Gott will, spüren. Hierfür sollt ihr alles tun, was in eurer Macht steht, um eurer Religion beizustehen. Den Heuchlern und Abtrünnigen sage ich: Wer den Islam wieder annimmt und um Vergebung bittet, dem wird Gott vergeben. Diesen Schritt einzuschlagen bringt mit sich Güte für die Religion und die Welt. Und wer die Religion weiterhin verleumdet, den Djihad abfällig als Terror bezeichnet und die abtrünnigen Regierenden gegen die Muslime unterstützt, sei es mit Händen, der Zunge oder mit dem Stift, der hat kein Recht in einem Land zu leben, in dem er Blasphemie betreibt. Dieser soll sein Testament verfassen und sich selbst Vorwürfe machen".
f.
Die Sammlung Bin Ladens endete unter der Nummer 27 mit einer Rede, die als mit einem Bild Bin Ladens visualisierte Audiobotschaft am 1. Juli 2006 im Internet (www.tajdeed.org.uk) veröffentlicht worden war. Sie trägt den Titel
"Der achte Brief an die islamische Umma im Allgemeinen, der fünfte Brief an die Iraker im Besonderen und der erste Brief an die Somalier im Besonderen - Huldigung von Abu Hamza Al-Muhadjer, Emir der Al Qaeda Organisation im Zweistromland sowie ein Brief an die islamische Umma im Allgemeinen und an die Iraker und Somalier im Besonderen, 1.07.2006 von Scheich Usama Bin Mohammad Bin Laden (Allah schütze ihn)".
Hierin macht Bin Laden die Besatzung durch die "Kreuzzügler" in geheimer Zusammenarbeit mit den Parteiführern für die Katastrophen im Irak verantwortlich. Um wieder Stabilität im Irak zu gewinnen, sei es erforderlich, die kreuzritterlichen Armeen durch Kampf hinauszuwerfen und die Parteiführer zu bestrafen. Er appelliert an die Muslime, ihren Brüdern durch Geld und Einsatz zu helfen, damit diese sich vor den Überfällen der Kreuzzügler und der Abtrünnigen schützen können. Den irakischen Muslimen rät er: "Also bleibt nah beim Djihad und schließt euch den Reihen der Mudjahedin an und seid vereint, höret zu und seid gehorsam". Nur der bewaffnete Kampf könne das durch die Kreuzzügler verursachte Elend beenden. Den Muslimen in Somalia empfiehlt er, die Invasoren nicht zu unterstützen und sich dem Islam zu verpflichten. Der Dialog mit Abdullah Youssef und seinen Anhängern solle nur mit dem Schwert erfolgen. Gegen die internationalen Truppen sollen Panzerminen gelegt werden. Die Länder, die solche Truppen nach Somalia senden, müssten mit Strafaktionen rechnen. Zuletzt stimmt er der Ernennung Al-Muhadjers als Nachfolger Al-Zarqawis zum Emir der Al Qaeda im Zweistromland zu und hofft, dass dieser den Djihad weiterführe. Dabei solle er sich auf den Kampf gegen die Amerikaner konzentrieren.
3.7 Tat Nr. 7 (Ziffer 13 der Anklage)
Am 8. Juli 2006 hielt sich der Angeklagte - dieses mal unter dem Pseudonym "Abu-Qatada" von 17:12:52 bis 21:17:27 Uhr im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" auf. Dort verbreitete er um 17:40:19, 18:50:20 und 19:26:55 Uhr jeweils den bereits vormals von ihm eingestellten Link http://shahid.modawanati.com und beschrieb diesen mit den Worten "Eine neue Seite eigens für Scheich Abu Musab Al-Zarqawi, möge Gott ihm gnädig sein, auf der alle Bänder und Herausgaben des Scheichs zu finden sind".
3.8 Tat Nr. 8 (Ziffer 14 der Anklage)
Auch am 9. Juli 2006 hielt sich der Angeklagte - jetzt wieder als "3mer_kurdi" - im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" auf. Die Paltalksitzung dauerte von 12:18:41 bis 13:57:05 Uhr. Um 13:14:41 Uhr schrieb der Nutzer "barg najd": "Bruder, ich möchte die Worte des Scheichs Abu Musaab in geschriebener Form". Daraufhin stellte der Angeklagte um 13:14:47 Uhr erneut den Link http://shahid.modawanati.com zur Verfügung und kommentierte diesen wie am Tag zuvor.
3.9 Tat Nr. 9 (Ziffer 15 der Anklage)
In einer weiteren Paltalksitzung im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" von 16:25:39 bis 17:57:12 Uhr am selben Tag stellte der Angeklagte zwei weitere Male, nämlich um 16:40:06 und um 16:40:50 Uhr den Link http://shahid.modawanati.com nebst einer Wiederholung der oben benannten Beschreibung unter dem Pseudonym "3mer_kurdi" in den Chat ein.
3.10 Tat Nr. 10 (Ziffer 16 der Anklage)
Ebenfalls am 9. Juli 2006 suchte der Angeklagte erneut den Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" von 19:07:43 bis 20:33:13 Uhr als "3mer_kurdi" auf. Um 19:20:59 Uhr veröffentlichte er den Link http://shahid.modawanati.com mit der bereits beschriebenen Kommentierung. Daraufhin schrieb der Nutzer "riaa7 alsnr_1" um 19:21:34 Uhr: "Bravo, Bruder Omair Kurd erweist stets einen Dienst". Um 19:22:34 Uhr teilte der Nutzer "abo 3mr_1" mit: "Möge Gott es dir mit Gutem vergelten, mein Bruder Omair Al Kurdi, aber aus dieser Homepage konnte ich nicht mal einen Link herunterladen". Daraufhin schrieb der Angeklagte um 19:25:14 Uhr: "Warte ab, mein Bruder Abu Omar, denn es gibt ein Projekt vom Forum Al-Boraq zum Zusammenlegen von sämtlichen Reden des Märtyrers Scheich Abu Musab Al-Zarqawi". Um 19:25:33 Uhr verlinkte der Angeklagte die Website http://www.alboraq.com/warsha/p07/OsamaVer2All.rar und gab zutreffend an, dass es sich um ein umfassendes Archiv der Äußerungen und Reden von Bin Laden handelte. Diesen Link hatte er bereits am 6. Juli 2006 bereit gestellt (vgl. A II 3.6). Um 19:25:40 und 19:39:55 Uhr stellte er zudem den Link http://file.uploadr.com/7f66 zur Verfügung und bezeichnete diesen als alternativen Link zum umfassenden Archiv der Äußerungen und Reden Bin Ladens. Auch diesen Link hatte er bereits am 6. Juli 2006 in den Chat eingestellt (vgl. A II 3.6). Um 19:43:29 Uhr schrieb er schließlich den Link http://file.uploadr.com/7a16 mit der zutreffenden Bemerkung "Link der Ansprache "Schließt euch der Karawane an" vom Scheich, dem Muhajed, Abu Musab Al-Zarqawi, möge Gott ihn zusammen mit den Propheten, Wahrhaftigen und Märtyrern im obersten Himmel aufnehmen" in den Chat. Diesen Link hatte er zuvor am 24. Juni 2006 veröffentlicht (vgl. A II 3.1 g).
3.11 Tat Nr. 11 (Ziffer 17 der Anklage)
Am 20. Juli 2006 hielt sich der Angeklagte unter dem Nickname "3mer_kurdi" von 21:06:28 bis 22:59:57 Uhr erneut im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" auf. Um 21:09:38, 21:13:29 und 22:54:20 Uhr stellte er den Link http://file.uploadr.com/84de ein und bemerkte hierzu:
"Das Sammelheft für die Reden und Worte vom Scheich Abu Musaab Al-Zarqawi, Gott sei ihm gnädig und möge Er ihn unter die Märtyrer annehmen bei den höchsten Paradiesen, zusammen mit Propheten und Heiligen - Produziert vom Workshop der AlBuraq".
Über diesen Link waren insgesamt 40 durchnummerierte Botschaften Al-Zarqawis abzurufen. Neben Audiodateien und Texten waren Gegenstand dieser Sammlung auch die Videos, auf denen die Enthauptung der westlichen Geiseln Nicolas Berg und Alan Armstrong zu sehen waren.
a.
In der Auflistung unter Ziffer 3 ließ sich unter dem Titel "Schließt euch der Karawane an!" die Audiodatei der Rede Al-Zarqawis anhören, die der Angeklagte bereits am 24. Juni 2006 in Echtzeit im Chat zur Verfügung gestellt hatte (vgl. A II 3.1 b).
b.
Unter Ziffer 4 listete die Sammlung einen "Brief von Abu Musab Al-Zarqawi an Scheich Usama Bin Laden" auf. Hierunter ließ sich eine Textdatei öffnen, in der Auszüge eines Al-Zarqawi zugeordneten Briefes wiedergegeben wurden. Dieser war von seinem Verfasser nicht für die Öffentlichkeit bestimmt und wurde von der irakischen Übergangsverwaltung, nachdem er abgefangen werden konnte, als Hinweis auf die Machenschaften Al-Zarqawis im Internet veröffentlicht. Die abzurufende Textdatei enthielt eine Einleitung eines unbekannten Verfassers, wonach der Brief von "Kreuzrittern" im Irak gefunden worden sei und aus einer Zeit stamme, bevor sich Al-Zarqawi Bin Laden angeschlossen habe. Er enthalte ein Programm und einen Arbeitsplan gegen die Kreuzzügler im Irak und zur Herstellung des Kalifats. Die Gruppierung "Al Tawhid wal-Jihad" habe den Inhalt des Briefes nicht abgestritten, sondern unter Vorbehalt bestätigt. Er sei aber an manchen Stellen verfälscht worden. Unter Berücksichtigung dieses Vorbehaltes sei der Brief aber dennoch voller Vorteile. Im anschließend abgedruckten Brieftext teilt Al-Zarqawi mit, dass der Einmarsch der Amerikaner im Irak durch die Mudjahedin erfolgreich gestört worden sei. Daher hätten sich die Amerikaner mit den "Rafiditen" verbündet. Diese töteten Angehörige der sunnitischen Bevölkerung als Handlanger Amerikas, um die Macht im Irak zu übernehmen. Al-Zarqawi unterstreicht seine These dabei mit zahlreichen Zitaten aus antischiitischen Schriften. Unter den Sunniten befänden sich nur wenige, die die "Essenz des Guten im Lande" verkörpern. Während die breite Masse eine schweigende und ahnungslose Mehrheit sei und die Muslimbrüder die Ideologie des Djihads durch das Schließen von Kompromissen verraten hätten, würden sich die Mudjahedin für den Djihad einsetzen. Dabei seien diese allerdings unerfahren, ohne Selbstvertrauen und hätten Anschläge nur bei Wahrung der eigenen Sicherheit durchgeführt. Hingegen zu loben seien die sogenannten Auswanderer-Mudjahedin, d.h. die aus anderen arabischen Ländern in den Irak eingereisten Kämpfer, deren Zahl indes noch zu klein sei im Verhältnis zur Größe der zu erwartenden Schlacht. Die Feinde werden in vier Gruppen eingeteilt: Die Amerikaner, denen man möglichst viele Schäden zufügen sollte, die Kurden, um die man sich früher oder später kümmern werde, die Armee und Polizei, die durch gezielte Schläge geschwächt würden und die "Rafiditen", die gezwungen werden müssten, in einen offenen Krieg gegen den sunnitischen Teil der irakischen Bevölkerung zu treten, um dadurch solche Sunniten, die nicht am Djihad gegen die Amerikaner teilnehmen würden, für den Djihad zu gewinnen. Als Vorgehensweise kündigt er an, Schiiten mit "Märtyreraktionen" und Autobomben zu treffen. Der Verfasser fragt zum Ende seines Briefes, was die Adressaten - Bin Laden und Al-Zawahiri - von dieser Vorgehensweise hielten. Unabhängig davon unterstreicht er seinen Unterstützungswillen beim Djihad, dessen Vorteil im Irak er darin sieht, dass er im Herzen der arabischen Länder, nur einen Steinwurf entfernt zu den Heiligen Stätten und zur Al Aqssa-Moschee, stattfinde.
c.
Unter Ziffer 14 enthielt die Sammlung unter der Überschrift "Wo sind die Angehörigen der Tapferkeit?" die von dem Angeklagten bereits am 24. Juni 2006 in Echtzeit und als Link verbreitete Audiobotschaft (vgl. A II 3.1 c).
d.
Unter Ziffer 26 ließ sich unter dem Titel "Solange ich am Leben bin, lasse ich nicht zu, dass die Religion verunstaltet wird" eine Audiobotschaft Al-Zarqawis öffnen, die der Angeklagte ebenfalls bereits am 24. Juni 2006 als Link verbreitet hatte (vgl. A II 3.1 h)
e.
Schließlich war Gegenstand der Sammlung unter der Ziffer 30 und der Überschrift "Dies ist eine Erklärung und Warnung an die Menschen" eine AudioBotschaft Al-Zarqawis, die der Angeklagte als Link am 24. Juni 2006 um 12:03:44 Uhr im selben Chatroom bereits zur Verfügung gestellt hatte (vgl. A II 3.1 j).
3.12 Tat Nr. 12 (Ziffer 18 der Anklage)
Bei seinem Besuch im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" unter dem Benutzernamen "3mer_kurdi" am 21. Juli 2006 zwischen 20:05:25 bis 20:46:09 Uhr stellte der Angeklagte den Link http://file.uploadr.com/84de um 20:29:38 und 20:33:49 Uhr jeweils mit den Worten
"Das Sammelheft und in allen Versionen für die Reden und Worte vom Scheich Abu Musab Al-Zarqawi, Gott sei ihm gnädig und möge Er ihn unter die Märtyrer annehmen bei den höchsten Paradiesen, zusammen mit Propheten und Heiligen - produziert vom Workshop der Al-Buraq"
und um 20:30:27 Uhr den Link http://file.uploadr.com/7f66 mit den Worten "Das Sammelarchiv für die Worte und Reden des Imams der Mujahedin Scheich Usama Bin Mohammad Bin Laden, möge Gott ihn bewahren" zur Verfügung. Hierbei handelte es sich um Links, die der Angeklagte bereits vormals eingestellt hatte (vgl. A II 3.6, 3.10 und 3.11).
3.13 Tat Nr. 13 (Ziffer 19 der Anklage)
Den erstgenannten Link (http://file.uploadr.com/84de) stellte er am 23. Juli 2006 unter dem Benutzernamen "3mer_kurdi" im selben Chatroom und mit der gleichen Beschreibung in der Sitzung zwischen 16:06:08 und 17:27:03 Uhr insgesamt drei mal, nämlich um 16:38:45, 16:38:50 und 16:52:35 Uhr ein. Zusätzlich gab er um 17:00:42 Uhr den Link http://shahid.modawanati.com mit den Worten "Neue Seite eigens für Scheich Abu Musab Al-Zarqawi, Gott sei ihm gnädig, auf der alle Tonbänder und Publikationen des Scheichs zu finden sind" bekannt. Diesen Link hatte er bereits an vergangenen Tagen mehrfach verbreitet (vgl. A II 3.1 f - 3.10).
3.14 Tat Nr. 14 (Ziffer 20 der Anklage)
Der Angeklagte suchte den Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" unter dem Pseudonym "3mer_kurdi" auch am 24. Juli 2006 zwischen 19:05:55 und 20:48:26 Uhr auf. Die beiden Links vom Vortag gab er mit denselben Hinweisen erneut bekannt, und zwar am Anfang und am Ende der Sitzung: Um 19:11:05 und 20:41:45 Uhr den Link http://file.uploadr.com/84de und um 19:11:37 und 20:41:38 Uhr den Link http://shahid.modawanati.com. Dazwischen stellte er von 19:15:03 bis 19:39:50 Uhr die Rede Al-Zarqawis "Wo sind die Angehörigen der Tapferkeit?" in den wesentlichsten Teilen als Text in den Chat ein, die er unter anderem bereits am 24. Juni 2006 als Audiodatei und Link verbreitet hatte (vgl. A II 3.1 c und k). Um 19:19:51 Uhr bemerkte der Nutzer "muath_4" hierzu: "Zum ersten Mal erfahre ich, dass Abu Musab ein begnadeter Redner ist, seine Worte sind sehr stark". Ab 19:29:13 Uhr unterlegte der Angeklagte die Eingabe des Textes zudem mit der Audiodatei derselben Rede, die er in Echtzeit abspielte und um 19:39:55 Uhr mit dem Abschluss der in Textform eingestellten Botschaft abbrach.
3.15 Tat Nr. 15 (Ziffer 21 der Anklage)
Den Link http://shahid.modawanati.com stellte der Angeklagte auch am 25. Juli 2006 um 9:14:19 Uhr als "3mer_kurdi" im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" zur Verfügung.
3.16 Tat Nr. 16 (Ziffer 22 der Anklage)
Die bis dahin vom Angeklagten bereits wiederholt verlinkten Sammelwerke Al-Zarqawis und Bin Ladens verbreitete der Angeklagte unter dem Benutzernamen "3mer_kurdi" im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" erneut am 28. Juli 2006, nämlich um 20:14:09 Uhr (http://file.uploadr.com/7f66), um 20:14:15 Uhr (http://file.uploadr.com/84de) und um 20:14:35 Uhr (http://shahid.modawanati.com). Dabei beschrieb er die hinter den Links abzurufenden Sammelwerke wie in den Tagen zuvor.
3.17 Tat Nr. 17 (Ziffer 23 der Anklage)
Zwei dieser Links mitsamt der selben Beschreibung, allerdings ohne Hinweis auf die Produktion durch AlBuraq stellte der Angeklagte auch bei seinem Besuch im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" unter dem Pseudonym "3mer_kurdi" am 30. Juli 2006 ein, nämlich http://file.uploadr.com.84de um 11:30:29 Uhr und http://shahid.modawanati.com um 11:30:40 Uhr.
3.18 Tat Nr. 18 (Ziffer 24 der Anklage)
Auf dieselbe Weise verfuhr der Angeklagte am 1. August 2006 um 19:04:46 und 20:18:01 Uhr (http://shahid.modawanti.com) und um 19:04:54 und 20:17:51 Uhr (http://file.uploadr.com.84de), wobei er letzteren Link wiederum mit dem Bemerken kommentierte, dass das dahinterliegende Sammelarchiv vom Workshop der Al-Buraq produziert sei.
3.19 Tat Nr. 19 (Ziffer 25 der Anklage)
Letztgenannten Link veröffentlichte der Angeklagte mit derselben Bemerkung auch in seiner Paltalksitzung im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" am 2. August 2006 um 20:34:58 Uhr.
3.20 Tat Nr. 20 (Ziffer 26 der Anklage)
Am 29. August 2006 befand sich der Angeklagte als "3mer_kurdi" zwischen 19:14:09 und 20:06:13 Uhr im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen". Den gleichzeitig anwesenden Nutzern gab er um 19:46:59 Uhr den Link http://ansar.43i.net/vedio.htm bekannt. Hierzu schrieb er:
"Zum Anschauen und Hören einer verschiedenartig fantastischen Sammlung an Video und Audioaufnahmen über die Mudjahedin sowie eine Reihe an wissenschaftlichen Lektionen findet ihr unter diesem Link".
Über diese Seite ließ sich eine Liste mit 307 Links mit größtenteils djihadistischem Inhalt aufrufen, die unter anderem Audio und Videobotschaften von Bin Laden und Al-Zarqawi enthielt. Hierunter befand sich auch der bereits vielfach vom Angeklagten verbreitete Link http://shahid.modawanati.com (vgl. A II 3.1 f).
3.21 Tat Nr. 21 (Ziffer 27 der Anklage)
Auch am 29. September 2006 nutzte der Angeklagte den Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen", um unter dem Pseudonym "3mer_kurdi" eine hetzerische und zum Djihad aufrufende Rede anderen Nutzern zur Verfügung zu stellen. Nachdem er um 10:03:45 Uhr das Mikrofon übernommen hatte, spielte er eine Audiobotschaft des Nachfolgers Al-Zarqawis als Führer der Al Qaeda im Zweistromland, Al-Muhadjer, ab, die den Titel trägt "Kommt her zu einem zwischen uns und euch gleich angenommenen Wort" und einleitend von der "Medienabteilung des Schura-Rates" vorgestellt wird. Sie war einen Tag zuvor auf einer Seite eines muslimischen Internetforums veröffentlicht worden. Beim ersten Versuch um 10:04:28 Uhr, die Rede einzustellen, gelang es dem Angeklagten nicht, diese in vollständiger Form abzuspielen. Stattdessen kam es um 10:23:41, 10:24:08 und 10:33:39 Uhr zu Unterbrechungen, denen jeweils eine Wiederholung bereits abgespielter Redeteile nachfolgte. Erst beim zweiten Versuch um 10:40:40 Uhr spielte der Angeklagte die Rede in voller Länge bis 10:55:43 Uhr ab. In dieser Rede beglückwünscht Al-Muhadjer die Umma unter anderem zum Ramadan als Monat des Djihads und des Märtyrertums. Den Rechtsgelehrten verspricht er, den Djihad durch Blutvergießen für die Sache Allahs weiter zu führen. Er betont, dass die Mudjahedin die Gelehrten dringend zur Unterstützung ihres Kampfes benötigten. Unter Hinweis auf den in amerikanischer Haft sitzenden Scheich Omar Abd Al-Rahman wendet er sich an die Kämpfer im Irak mit den Worten:
"Ich fordere jeden freien Mudjahed im Zweistromland auf, in diesem gesegneten Monat sich stärker einzubringen. Ich hoffe, Gott wird uns helfen, einige der byzantinischen Hunde in Gefangenschaft zu nehmen. Dann würden wir sie gegen unseren Scheich austauschen, damit er aus der Dunkelheit der Gefangenschaft befreit wird".
Den Abtrünnigen und Verrätern bietet er Vergebung bis zum Ende des Ramadan an, wenn diese endlich den Mudjahedin beistünden. Abschließend wendet er sich an die Experten in der arabischen Welt mit den Worten
"An die Leute mit besonderen Fähigkeiten, an die erfahrenen Wissenschaftler in den Bereichen der Chemie, der Physik, der Elektronik, der Kommunikation, sowie in allen Spezialgebieten wie beispielsweise Atom und Sprengstofftechnologie. Wir wenden uns an euch, weil wir dringend eure wissenschaftliche Hilfe brauchen. Der Djihad-Platz wird eure wissenschaftlichen Ambitionen erfüllen. Die überall verbreiteten amerikanischen Lager sind die besten Feldversuche für eure nichtkonventionellen Bomben, wie die schmutzigen Bomben und Bakterienbomben, wie diese von ihnen genannt werden"
und kündigt einen großen militärischen Feldzug an.
3.22 Tat Nr. 22 (Ziffer 28 der Anklage)
Dieselbe Rede wie am 29. September 2006 spielte der Angeklagte unter dem Pseudonym "3mer_kurdi" auch am 1. Oktober 2006 im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" zwischen 12:37:05 und 12:57:34 ab.
Folgen der Taten
Feststellungen darüber, dass Nutzer aufgrund der vom Angeklagten eingestellten Botschaften den benannten Organisationen beigetreten sind oder diese in Form von Kampfbereitschaft oder finanziellen Mitteln unterstützt haben, ließen sich nicht treffen.
Vorsatz und Schuld
Der Angeklagte handelte mit Unrechtsbewusstein und wusste um die Strafbarkeit seines Verhaltens. Ihm waren die Inhalte der verbreiteten Botschaften bekannt. Diese gab er nicht nur zu Informationszwecken, sondern in der konkreten Absicht, Mitglieder oder Unterstützer für die terroristischen Organisationen Al Qaeda und Al Qaeda im Zweistromland zu werben, weiter. Anhaltspunkte dafür, dass er sich in einem die Schuld ausschließenden unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden hat, haben sich nicht ergeben.
Beweiswürdigung
Diese Feststellungen stehen als Ergebnis der Hauptverhandlung fest.
Einlassung des Angeklagten
Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung zunächst von seinem Schweigerecht umfassend Gebrauch gemacht. Erst im letzten Wort hat er sich zu seiner Person und zur Sache geäußert. Danach sei er aus dem Irak ausgereist, um Sicherheit in Deutschland zu finden. Seine Familie sei als Gegner des Regimes Saddam Hussein und wegen der Angehörigkeit einzelner Familienmitglieder zu den Peschmerga , den irakischkurdischen Freiheitskämpfern, verfolgt worden. Im Vergleich zu den Schergen Saddam Husseins, die sich bei Durchsuchungen des Hauses seiner Familie im Irak immer rücksichtsvoll gezeigt hätten, seien die deutschen Beamten rücksichtslos gegen ihn und seine Familie vorgegangen. Der gegen ihn in Deutschland erhobene Vorwurf des Terrorismus sei nicht zutreffend, er habe nichts verbrochen. Im Internet habe er über Paltalk mehr als 3000 Beiträge veröffentlicht. Bezüglich der angeklagten Punkte habe er nur vier Botschaften eingestellt, der Rest sei nur die Bekanntgabe von Links gewesen. Es verwundere ihn, warum die übrigen von ihm eingestellten Beiträge, die er in den Foren "Al-Buraq" und "Al-Hesbah" bzw. im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" bereit gestellt habe, keine Bedeutung hätten. Er habe an die Meinungsfreiheit in Deutschland geglaubt. Nun werde ihm allein sein Glauben zur Last gelegt. Daraus folgert er, dass die Begriffe Demokratie und Meinungsfreiheit nur "verlogene und leere Phrasen" seien. Er selbst würde als Terrorist verfolgt, während die Amerikaner Massaker im Irak verübten und eine Völkerwanderung auslösen würden, dies aber nicht als Terrorismus bezeichnet werden würde. Auch das Vorgehen der deutschen Bundeswehr in Afghanistan sei Terrorismus. Wenn das Abspielen von Botschaften aus dem Umfeld der Al Qaeda verboten wäre, müsste auch der Sender Al Jazeera, der solche Botschaften immer wieder im Fernsehen zeige, geschlossen werden. Er habe nur alte Sachen veröffentlicht, die bereits auf seinem Notebook gespeichert gewesen seien, als dieser das erste mal beschlagnahmt worden und der ihm später durch die Behörden wieder ausgehändigt worden sei. Er habe daher davon ausgehen müssen, dass er die Dateien straflos habe besitzen dürfen. Auch die von ihm bei Paltalk verwendeten Benutzernamen seien den Ermittlungsbehörden schon aufgrund der früheren Beschlagnahme bekannt gewesen. All dies beweise, dass er kein Bewusstsein gehabt habe, gegen das Gesetz zu verstoßen.
Zu den persönlichen Verhältnissen
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten, seiner Herkunft und seinem Lebenslauf beruhen auf seinen eigenen Angaben, seinem Vorbringen im Asylverfahren, den im Selbstleseverfahren eingeführten Urkunden, insbesondere aus der Ausländerakte, sowie auf den Angaben der Zeugen D., F., K., Ke. bzw. D. S. und O., die ausgesagt haben, dass der Angeklagte zu seinen Nachbarn - mit Ausnahme des Zeugen D. - keine wesentlichen sozialen Kontakte pflegte.
Zur Geschichte und Organisation der Terrorgruppierungen
Al Qaeda
Die Feststellungen zu den Grundzügen der Geschichte Al Qaedas, zu den Strukturen und kriminellen Aktivitäten dieser Organisation und ihrem Weiterbestand auch nach der Zerschlagung der Infrastruktur in Afghanistan beruhen auf den Inhalten zahlreicher teils verlesener, teils im Selbstleseverfahren eingeführter Behördengutachten. Daneben hat sich der Senat sachverständiger Hilfe bedient. Er stützt seine Feststellungen insbesondere auf das Gutachten des Islamwissenschaftlers Dr. St., der nach vorangegangener Tätigkeit als Referent für Terrorismus zur Koordinierung der Nachrichtendienste im Bundeskanzleramt seit 2005 für die außen und sicherheitsrelevante Politikberatung des Bundestags, der Bundesregierung und der nachgeordneten Behörden speziell für den östlichen Teil des mittleren Ostens und die dortigen islamistischen Gruppierungen verantwortlich ist. Das vom Sachverständigen erstattete Gutachten, dem als Quellen der Untersuchungsbericht des US-Kongresses, Literatur zum Islamismus, Eigenaussagen und Präsentationen im Internet zugrunde lagen, deckte sich mit dem Inhalt der in die Hauptverhandlung eingeführten Behördengutachten. Einen Schwerpunkt stellte dabei die Frage dar, ob es sich bei Al Qaeda nach der Zerschlagung der Infrastruktur in Afghanistan immer noch um eine terroristisch tätige Organisation oder vielmehr nur um eine Art Ideologie ohne zugehörige Strukturen handelt. Hier machte der Sachverständige deutlich, dass zwar die vormals zentrale Struktur aufgrund des Einmarschs alliierter Truppen in Afghanistan weggefallen sei und die Organisation viel stärker dezentralisierte und diffuse Züge angenommen habe. Hierin habe Al Qaeda aber gerade einen Vorteil erkannt. Denn während hierarchisch strukturierte militante Organisationen mit genau identifizierbaren Kommunikationssträngen zu leicht von Sicherheitskräften moderner Gesellschaften entdeckt und zerschlagen werden könnten, sei dies bei einer auf weitestgehend autonom agierende Zellen übertragenen Kompetenz, die lediglich durch eine handlungsleitende Ideologie gesteuert wird, nur sehr viel schwieriger möglich. Der Versuch der Al Qaeda-Führung, die Netzwerke islamistischer Terroristen über Video und Audiobotschaften zu führen, habe sich von einer unfreiwilligen Notwendigkeit zu einer bewusst gewählten Strategie entwickelt. Gleichwohl habe diese Form der Organisation keinen "Franchise"Charakter. Über die Verbreitung von Botschaften im Internet und im Fernsehen gelinge es den Führern der Al Qaeda ihren Anspruch als Meinungsführer des Djihad zu unterstreichen und neue Gefolgsleute für die eigene Sache zu gewinnen. Dabei komme Bin Laden zugute, dass er über ein besonderes Charisma verfüge. Ihm gelinge es, durch eine begnadete Rhetorik, Impulse zu vermitteln. Die für westliche Verhältnisse unverständliche Kraft seiner Worte habe in der arabischen Welt eine enorme Wirkung. Seit 2007 habe sich so der bereits vorher bestehende Eindruck, dass Al Qaeda auch wieder verstärkt Einfluss auf Organisationen sogar außerhalb Afghanistans und Pakistans nimmt, bestätigt. Al Qaeda sei zurück.
Die Ausführungen des Sachverständigen Dr. St. waren für den Senat ohne Einschränkung nachvollziehbar. Der Sachverständige hat stets deutlich gemacht, ob es sich auf der Grundlage belegbarer Umstände bei bestimmten Schlussfolgerungen um nach allgemeiner Ansicht gesicherte "Erkenntnisse" oder eher spekulative und derzeit noch nicht abschließend zu beurteilende Aspekte handele. So sei der Anschlag auf die Londoner Zivilbevölkerung am 7. Juli 2005 noch nicht bei allen Terrorismusexperten als von Al Qaeda selbst gesteuert beurteilt worden. Hierfür spreche aber insbesondere der Umstand, dass Al-Zawahiri in Botschaften den Eindruck erweckt habe, dass Al Qaeda für den Anschlag verantwortlich ist und das Video mit dem Bekenntnis des Attentäters mit einem Produktionssiegel versehen sei, das ansonsten ausschließlich bei Al Qaeda-Videos verwendet werde. Die Attentäter von London sollen darüber hinaus in den Ausbildungslagern Bin Ladens in Afghanistan trainiert worden sein. Auch aufgrund der Erfahrung des Sachverständigen Dr. St. auf dem Gebiet des islamistischen Terrorismus und seiner in der Öffentlichkeit Beachtung findenden Reputation hat der Senat insgesamt keinen Anlass gesehen, das Gutachten in Gänze oder nur in Teilen in Frage zu stellen und hat es daher seinen Feststellungen vollständig zu Grunde gelegt.
Al Qaeda im Zweistromland
Die Feststellungen zur Geschichte und Organisation der Gruppierung um Abu Musab Al-Zarqawi bzw. dessen Nachfolger Al-Muhadjer beruhen ebenfalls auf zahlreichen in die Hauptverhandlung eingeführten Behörden sowie Sachverständigengutachten, insbesondere der Sachverständigen Dr. St. und F.. Letzterer ist als Islamwissenschaftler beim Bundeskriminalamt tätig und dort für die Erstellung von Auswertungen für Internetbotschaften im Bereich Islamismus/Terrorismus zuständig. Beide Sachverständige haben die Entwicklung Al-Zarqawis zum Anführer der Gruppierung "Al-Tawhid wal-Jihad" übereinstimmend geschildert. Sie kommen auch beide zu dem auch für den Senat nachvollziehbaren Schluss, dass die Eigenständigkeit der Gruppierung nach dem Treueid Al-Zarqawis auf Bin Laden weiter aufrecht erhalten worden ist. Hierfür spricht insbesondere die mit Al Qaeda bestehende Uneinigkeit darüber, ob es sich um eine vernünftige Strategie handele, auch Anschläge gegen schiitische - und somit muslimische - Offizielle oder gar Zivilisten durchzuführen, um einen Bürgerkrieg zwischen Sunniten und Schiiten auszulösen, oder ob sich die Kampfaktionen nicht ausschließlich gegen die nichtmuslimische Welt richten sollte. Dafür, dass sich die Gruppierung auch durch die Gründung des Islamischen Staates Irak nicht aufgelöst hat, spricht bereits die personelle Stärke und die logistischen Möglichkeiten der Organisation im Verhältnis zu den anderen dem Islamischen Staat Irak beigetretenen Gruppierungen, die teilweise nur erdacht worden sind. Zur Persönlichkeit und Autorität Al-Zarqawis hat der Sachverständige F. ausgeführt, dass dieser eine charismatisch dominante, aber sehr beliebte Person in Djihadistenkreisen war, während es sein Nachfolger Al-Muhadjer schwer habe, sich zu profilieren und er daher den Stil und die Rhetorik Al-Zarqawis übernommen und zum Nachweis seiner Entschlossenheit die Zahl der Anschläge gesteigert habe. Die Gewalttaten seien dabei ein Mittel zur Beeinflussung Dritter. Auch für diese Gruppierung sei der Einsatz von Medien eminent wichtig. Al Qaeda im Zweistromland versuche dadurch immer wieder neue Anhänger zu gewinnen und Überreaktionen des Gegners hervorzurufen, die wieder zur Mobilisierung eigener Sympathisanten führen sollen. Diese Bewertung teilt auch der Sachverständige Dr. St., der Al-Zarqawi als im Vergleich zu Bin Laden rabiater bezeichnete. Dabei hätten sich zwar keine ausdrücklichen Aufrufe Al-Zarqawis feststellen lassen, seiner eigenen Organisation beizutreten. Er habe sich aber häufig darüber beschwert, dass sich viele Muslime vom Djihad abhalten ließen und habe auf diese Weise versucht, Mitglieder für seine Organisation zu gewinnen. Ein Beitritt zur Organisation Al Qaeda im Zweistromland sei über Kontaktleute möglich, die entsprechende Flugtickets besorgen und vor Ort Ansprechpartner benachrichtigen würden. Geldspenden würden über Kontaktleute bzw. inländische Geldsammler der Organisation zugeführt. Der Sachverständige F. hat djihadistische Foren als vorrangige Quellen seiner Erkenntnisse zur Al Qaeda im Zweistromland angegeben. Hiervon gebe es Unzählige und dies seit vielen Jahren. Sie beinhalten allgemein gehaltene Aufrufe, sich der Organisation anzuschließen und den Djihad - auch in Form von Medienpropaganda - zu betreiben. Hingegen hat der Sachverständige Dr. St. als primäre Quelle seiner Erkenntnisse die amerikanische Presse, die bezüglich militärisch relevanter Aktivitäten im Irak gut informiert sei, benannt. Diese gleiche er mit der arabischen Presse, die über andere Kanäle verfüge, sowie mit Eigenaussagen der Rädelsführer im Internet oder Interviews auf Al Jazeera ab. Schon die unterschiedliche Vorgehensweise beider Sachverständiger, die dennoch zu den selben Erkenntnissen und Schlussfolgerungen gelangt sind, ließen ihre Gutachten für den Senat nachvollziehbar und schlüssig erscheinen. Der Senat hat sie daher nach Abgleich mit den inhaltlich im Wesentlichen identischen Behördengutachten unter kritischer Würdigung ohne Einschränkung den getroffenen Feststellungen zu Grunde gelegt.
Zur Feststellung des Angeklagten als Täter
Die Überzeugung des Senats, dass der Angeklagte identisch ist mit dem Nutzer "3mer_kurdi" bzw. "Abu-Qatada" im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen", beruht - abgesehen davon, dass der Angeklagte im Rahmen seines letzten Wortes eingeräumt hat, die Botschaften dort eingestellt zu haben - in erster Linie auf den Aussagen der Zeugen KOK B. und POK S., der Inaugenscheinnahme der Protokolle über die Überwachung des Internet und Telefonverkehrs sowie ergänzend den Aussagen der Zeugen Y., K., N., D. und K..
Die Zeugen S. und B. waren die für die Durchführung der Ermittlungen im wesentlichen verantwortlichen Polizeibeamten. Beide bekundeten, auf der Grundlage der Beschlüsse des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof vom 8. Juni 2006 (Az.: 2 BGs 113/06) und vom 4. September 2006 (Az.: 2 BGs 193/06), die die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation der dem Angeklagten zuzurechnenden Telefonanschlüsse und auch des DSL-Anschlusses des Zeugen D. im Br. Weg 20 in G. zum Gegenstand hatten, zur Firma Di. Kontakt aufgenommen zu haben, die für die Überwachung des Internetverkehrs eine spezielle Software entwickelt hatte, mit der der gesamte Internetverkehr, der über den überwachten DSL-Anschluss stattfand, aufgezeichnet werden konnte. Die technische Umsetzung sei zunächst mit Schwierigkeiten verbunden gewesen. Die Überwachung habe ab dem 13. Juni 2006 begonnen. Ab dem 23. Juni 2006 seien dann die Daten regelmäßig aufgezeichnet worden. Durch die Software "Diginet II" sei es möglich gewesen, den gesamten Datenstrom auf dem DSL-Anschluss abzufangen. Diese Daten seien auf einen binären Rechner übermittelt worden, wo die Inhalte ausermittelt und ausgewertet werden konnten. Die Software der Firma Di. habe ein 1:1 Abbild der Internetinhalte aufgezeichnet, wie sie von dem Nutzer des überwachten Anschlusses in Bild und Ton auf seinem PC wahrgenommen werden konnten. Dieses sei in unabänderlicher Form gespeichert worden und könne vom Speichermedium zeitversetzt, aber in Echtzeit wiedergegeben werden. Aus der Sichtung der Datenpakete habe sich ergeben, dass über den überwachten Anschluss regelmäßig mittels der Software Paltalk, einem sogenannten "Instant Messager", mit dem in Echtzeit Nachrichten geschrieben und Dateien gesendet oder empfangen werden können, der Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" aufgesucht worden sei. In diesem seien Beiträge verschiedenster Besucher hauptsächlich zum Thema Djihad und Islamismus eingestellt worden. Der über den überwachten DSL-Anschluss am Chat beteiligte Nutzer sei von "Diginet II" immer in roter Schrift dargestellt worden. In der überwiegenden Zahl der Sitzungen habe sich dieser Nutzer als "3mer_kurdi" ausgegeben, aber auch als "Abu-Qatada", "ibrahimmmm" oder "almowhad". Anhand einer gesondert angezeigten Spalte sei für die Zeugen nachvollziehbar dargestellt worden, wie lange die anderen Nutzer sich während dessen Anwesenheit in dem Chatroom aufgehalten haben. Aus dem Chatroom austretende Personen seien von "Diginet II" mit dem Symbol ")", neu hinzugekommene mit dem Symbol "(" dargestellt worden. Über den Chatroom sei auch der Austausch von Audiodateien möglich gewesen. Der jeweilige Nutzer des "Mikrofons" sei mit einem Ausrufezeichen symbolisiert worden. Daraus sei erkennbar gewesen, dass der überwachte Nutzer auch Audiodateien in Echtzeit habe ablaufen lassen. Zudem habe er Text in überwiegend arabischer Schrift und zahlreiche Links zu anderen Seiten in den Chat eingestellt. Sprachchat habe hingegen nicht stattgefunden. Zwar sei nicht möglich gewesen, herauszubekommen, wer sich hinter den verschiedenen Benutzernamen, die im Chatroom verwendet worden seien, verborgen habe. Die Firma Paltalk teile insoweit keine Informationen über ihre Nutzer mit. Hinsichtlich des überwachten Anschlusses sei aber von der Überwachungssoftware für jede Sitzung eine Übersicht über die Verbindungsdaten erstellt worden. In dieser sei unter anderem auch die E-Mail-Adresse, mit der sich der überwachte Nutzer bei Paltalk registrieren lassen musste, um das Programm benutzen zu können, festgehalten worden. Diese habe jeweils "salahhaddin@yahoo.com" gelautet. Die Überwachung sei schließlich am 10. Oktober 2006 eingestellt worden.
Die Aussagen der Zeugen B. und S. sind glaubhaft. Belastungstendenzen waren ihnen nicht zu entnehmen. Sie decken sich auch mit den in die Hauptverhandlung in Form des Selbstleseverfahrens eingeführten Urkunden, hauptsächlich den als WordDokumenten wiedergegebenen Beiträgen im Chat. Hinsichtlich der Paltalksitzungen, die Gegenstand der Anklage waren, ist in den durch die Überwachungssoftware erstellten Übersichten über die jeweiligen Verbindungsdaten die E-Mail-Adresse "salahhaddin@yahoo.com" angeführt. Daneben wird der in der Sitzung verwendete Benutzername (in den Fällen A II 3.1 - 3.12 und A II 3.14 - 3.22 "3mer_kurdi", in Fall A II 3.13 "Abu-Qatada") mitgeteilt. Der Senat hat zudem die mitgeschnittenen Paltalksitzungen auszugsweise über die Software "Diginet II" in Echtzeit in Augenschein genommen und die von den Zeugen geschilderten Auffälligkeiten bezüglich der Symbole ")", "(" und "!" sowie die rote Markierung des den überwachten Anschluss nutzenden Besuchers im Chatroom registrieren können. Zeitdifferenzen zwischen den Angaben in den Verbindungsdaten und dem tatsächlichen Beginn des Chats, die hinsichtlich jeder Sitzung festzustellen waren, erläuterte der Zeuge S. nachvollziehbar damit, dass in den Verbindungsdaten der Beginn der Einwahl in die Paltalksitzung aufgezeichnet werde und daraufhin erst eine Berechtigungsabfrage erfolge, damit der Benutzer tatsächlich mit Paltalk arbeiten dürfe, während die Paltalkbenutzung erst nach der Prüfung der Berechtigung beginne. Insgesamt war daraus der Schluss zu ziehen, dass die aufgezeichneten Internetsitzungen über den überwachten DSL-Anschluss im Haus B. Weg 20 in G. stattgefunden haben.
Dass dieser Anschluss zu den festgestellten Zeiten auch allein vom Angeklagten genutzt worden ist, ergibt sich aus den weiteren Aussagen der Zeugen B. und S. sowie ergänzend aus den Aussagen der Zeugen D., K., N. und Ke..
Nach den insoweit glaubhaften Aussagen der Zeugen D. und K., die mit ihren Familien ebenfalls im Haus B. Weg 20 in G. wohnten, stand der DSL-Anschluss im Haus allen drei Parteien über eine kabellose W-LAN-Verbindung zur Verfügung. Bei der am 10. Oktober 2006 auf der Grundlage des Beschlusses des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof vom 22. August 2006 (Az.: 2 BGs 193/06) durchgeführten Durchsuchung der vom Angeklagten und seiner Familie bezogenen Wohnung stellten die Zeugen S. und B. nach ihrem Bekunden zwei Notebooks sicher. Dabei habe es sich einmal um einen Sony Vaio PCG7M1M mit integriertem W-LAN-Modul gehandelt. Dieser habe im Wohnzimmer auf dem Tisch gelegen und sei an den Strom angeschlossen gewesen. Auf dem Fußboden habe sich neben dem PC-Schrank eine schwarze Tasche mit einem Notebook HP Pavillon ZE-4200 und einem externen W-LAN-Adapter befunden. Die Ermittlungen bezüglich des Sony Vaio hätten ergeben, dass dieser von der Firma Otto am 26. Juli 2006 dem Angeklagten geliefert worden sei. Der Zeuge N., Diplominformatiker beim Landeskriminalamt Niedersachsen, hat nach seiner Aussage die physikalische Sicherung der beiden Datenträger vorgenommen. Mittels einer speziellen Software sei es ihm gelungen, ein lauffähiges Abbild der beiden Festplatten zu erstellen. Dabei habe er auch festgestellt, dass sich auf beiden Rechnern die Software Paltalk in installierter Form befunden habe. Außerdem seien die Benutzernamen "3mer_kurdi", "abubaker", "AbuQatada", "ibrahimmmm" und "kurdstan_26" auf beiden Festplatten als Benutzer für Paltalk eingerichtet gewesen. Zusätzlich hätten sich auf dem HPLaptop auch die Benutzernamen "Abuanas" und "almowahd" befunden. Auf beiden Rechnern sei zudem in der Registry die EmailAdresse salahhaddin@yahoo.com abgelegt worden. Bereits nach der glaubhaften Aussage des Zeugen N., der die Ergebnisse seiner Untersuchung mittels sogenannter Screenshots belegen konnte, war die Urheberschaft der durch die Überwachung festgestellten Internetnutzungen nicht mehr zweifelhaft. Dass sich hinter den Pseudonymen "3mer_kurdi" und "Abu-Qatada" mit Sicherheit der Angeklagte verbarg, erschließt sich noch aus weiteren Indizien: So war eine Anmeldung in Paltalk unter den ermittelten Benutzernamen für andere Benutzer auszuschließen. Nach den Ermittlungen des Zeugen B. lässt das Programm nämlich eine Mehrfachanmeldung eines Namens nicht zu. Das Programm habe bei einem entsprechenden Versuch eine Anmeldung unter dem Nutzernamen "alwafid" mit der Bemerkung abgelehnt, dass dieser Name schon vergeben wäre und als Alternative den Benutzernamen "alwafid_1" vorgeschlagen. Darüber hinaus ergab die Inaugenscheinnahme des Notebooks HP Pavillon, dass die Tastatur mit Aufklebern versehen war, auf denen arabische Schriftzeichen angebracht waren. Dies ermöglichte es dem Angeklagten, die arabischen Texte im Chatroom leichter abzufassen. Auf den Festplatten ließen sich nach Angaben des Zeugen S. zudem abgelegte E-Mails feststellen, die an die Adresse salahhaddin@yahoo.com gerichtet waren. In einer solchen E-Mail vom 29. Juni 2006 bedankt sich ein Absender für die schnelle Bezahlung einer Ware und kündigt an, diese an "I. R., B. Weg 20, D G. Germany" zu senden. In einer weiteren E-Mail vom 19. September 2006 schreibt die Firma Otto unter der benannten EmailAdresse an "I. R.", dass sie ihn noch um einige persönliche Angaben bitten. Und in der Mitteilung vom 25. August 2006 teilt die Firma ebay mit: "i., Es tut uns Leid, aber Sie waren leider nicht der Höchstbietende für den Artikel". Hiervon hat sich der Senat durch Inaugenscheinnahme der in Papierform ausgedruckten E-Mail-Inhalte überzeugt. Insbesondere konnte durch den Senat auch ausgeschlossen werden, dass andere Personen über den überwachten DSL-Anschluss mittels eines der Notebooks des Angeklagten im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" Texte und Audiodateien eingestellt haben. Für die im selben Haus lebenden Zeugen D. und K. galt dies bereits aufgrund des Umstandes, dass sie nur Türkisch und Deutsch beherrschen und des Arabischen auch in Schriftform nicht in der Weise mächtig sind, wie es die umfangreiche Eingabe des durch die Überwachung festgestellten Textes erforderlich machen würde. Die Zeugin PK'in Ke. hat bekundet, dass sie im Rahmen einer auf der Grundlage der Anordnung des Generalbundesanwalts vom 8. Juni 2006 durchgeführten Observation in der Zeit vom 8. Juni bis zum 7. Juli 2006 den Zu und Abgangsverkehr der Wohnung des Angeklagten beobachtet habe und kaum Besuche festgestellt werden konnten. Immer nur dann, wenn der Angeklagte sich in seiner Wohnung aufhielt, wurden entsprechende Beiträge im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" über den überwachten DSL-Anschluss verfasst. So seien während eines Aufenthaltes der Familie des Angeklagten in den Niederlanden vom 10. bis 13. Juli 2006 keinerlei Paltalknutzungen festzustellen gewesen. Dass sich der Angeklagte in dieser Zeit in den Niederlanden aufgehalten hat, ergibt sich aus der Aussage des Zeugen Y., der im Ermittlungsverfahren mit der Auswertung der Protokolle aus der Überwachung des Telefonanschlusses des Angeklagten betraut war und der mehrere Gespräche wahrnehmen konnte, in denen der Angeklagte seinen Gesprächsteilnehmern seine Reise ankündigte. Nur zweimal, nämlich am 28. Juni und am 6. Juli 2006 ist es nach Angaben des Zeugen B. unter dem Pseudonym "3mer_kurdi" zu einer kurzfristigen Paltalkverbindung gekommen, obwohl der Angeklagte nicht zu Hause gewesen sei. Jeweils sei die Ehefrau in der Wohnung geblieben. Es konnte aber zur sicheren Überzeugung des Senats ausgeschlossen werden, dass die Ehefrau des Angeklagten unter dem Pseudonym "3mer_kurdi" den Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" aufgesucht hat. Denn an den beiden benannten Tagen dauerte die Sitzung in Paltalk nach dem Anmelden nur eine bzw. vier Sekunden. Da sich nach der Aussage des Zeugen S. bei Betätigung der Internetverbindung auf dem HP-Notebook automatisch Paltalk öffnete, ist davon auszugehen, dass die Ehefrau des Angeklagten diese Verbindung nicht willentlich betätigt hatte, sondern andere Seiten im Internet aufsuchen wollte. Nach Angaben des Zeugen Y. beklagte diese sich darüber hinaus in einem Telefonat am 24. August 2006 bei ihrem Gesprächsteilnehmer, dass der Angeklagte ständig am PC sitze und sich mit dem Koran und Büchern in Foren beschäftige. Die Kinder des Angeklagten scheiden als Urheber der Texte letztlich schon aufgrund ihres jungen Alters aus. Das älteste Kind war zur Tatzeit noch keine fünf Jahre alt.
Insgesamt stand für den Senat zur Sicherheit fest, dass sich hinter den Pseudonymen "3mer_kurdi" und "Abu-Qatada" ausschließlich der Angeklagte verbarg.
Zum Inhalt der verbreiteten Chattexte, Botschaften und Links
Es steht auch fest, dass die vom Angeklagten verbreiteten Audiobotschaften, Chattexte, Links und die mittels dieser aufzurufenden Webseiten den wie unter A II 3 dargestellten Inhalt hatten.
Der in den Chat eingestellte Text
Hinsichtlich der Chattexte folgt dies aus der Inaugenscheinnahme der ausgedruckten Worddokumente, die im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind. Der Zeuge S. hat hierzu die Vorgehensweise bei der Erstellung der Dokumente beschrieben. Zunächst seien die über "Diginet II" aufzurufenden Texte kopiert und auf WordDokumente übertragen worden. Danach seien die mit arabischen Textzeichen geschriebenen Chatbeiträge einer jeweils gesamten Paltalksitzung gesichtet und verschiedenen Dolmetschern zur Übersetzung vorgelegt worden. Diese hätten Übersetzungen der Passagen vorgenommen, die einen Bezug zu dem Benutzer mit dem Benutzernamen "3mer_kurdi" bzw. "Abu-Qatada" gehabt haben. So seien neue Dokumente entstanden, in denen den arabisch verfassten Chatbeiträgen jeweils die Übersetzung ins Deutsche beigefügt worden sei.
Der Senat hat sich von der Richtigkeit der Übersetzungen durch das Gutachten des Sachverständigen für die arabische Sprache H. überzeugt. Dieser hat hinsichtlich der zur Begutachtung zur Verfügung stehenden Schriftstücke aus den Selbstleseordnern in seinem Gutachten ausgeführt, dass die Übersetzung der arabischen Chattexte in die deutsche Sprache zwar geringfügige Fehler enthalte, diese allerdings unerheblich seien und den Sinn nicht entstellen würden. Das Gutachten des Sachverständigen H. war plausibel und nachvollziehbar. Die vom Sachverständigen erwähnten "geringfügigen Fehler" resultierten aus den jeder Sprache anhaftenden Eigenheiten, die für eine Übersetzung in eine andere Sprache mehrere Deutungsmöglichkeiten eröffnen. Soweit die Chatbeiträge zwar aus arabischen Buchstaben bestanden, es sich aber bei der verwendeten Sprache nicht um Arabisch gehandelt habe, hat der Sachverständige dies in seinem Gutachten deutlich gemacht. Der Sachverständige H. hat darüber hinaus auch geringfügig festzustellende Unterschiede bei der Darstellung der arabischen Schriftzeichen in dem Ausdruck des reinen Chattextes einerseits und dem Ausdruck des um die deutsche Übersetzung ergänzten Chattextes andererseits, nachvollziehbar erklärt. Hier ist es offensichtlich zu Korrekturen von Rechtschreib und/oder Trennungsfehlern im Originaltext durch die mit der Übersetzung betrauten Dolmetscher gekommen. Eine Sinnänderung sei damit nicht vorgenommen worden. Wären die Korrekturen nicht vorgenommen worden, hätten die geschriebenen Worte überhaupt keinen Sinn ergeben.
Die Chatbeiträge, die nicht Gegenstand der ins Selbstleseverfahren eingestellten Textpassagen geworden sind - wie etwa die unter A II 3.1 e getroffenen Feststellungen zu den Anfragen anderer Nutzer - sind mit Hilfe der Software Diginet II auf dem Gerichtsdatenträger in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen und in die deutsche Sprache übersetzt worden.
Dass es sich bei dem von dem Angeklagten am 24. Juli 2006 ab 19:15:03 Uhr geschriebenen Text um die Wiedergabe der Rede Al-Zarqawis "Wo sind die Angehörigen der Tapferkeit?" gehandelt hat, ergibt sich aus einem Vergleich mit der in der Hauptverhandlung abgehörten Audiobotschaft desselben Titels.
Die im Chatroom abgespielten Audiobotschaften
Der Inhalt der vier vom Angeklagten, teilweise mehrfach abgespielten Audiodateien ("Wo sind die Angehörigen der Tapferkeit?", "Schließt euch der Karawane an", "Kommt her zu einem zwischen uns und euch gleich angenommenen Wort", Auszüge aus der "Todesbeklagung des Märtyrers Al-Zarqawi") beruht vorrangig auf der in der Hauptverhandlung mittels der Software Diginet II erfolgten Wiedergabe der maßgeblichen Paltalksitzungen des Angeklagten und der Übersetzung der dort zu hörenden Reden in die deutsche Sprache. Darüber hinaus folgt er aus den in das Selbstleseverfahren eingestellten Gutachten des Bundeskriminalamtes, die die Auswertung dieser Reden zum Gegenstand hatten. Hierzu hat der Zeuge S. erklärt, sämtliche vom Angeklagten veröffentlichten Audiobotschaften als Dateien auf CDs dem Bundeskriminalamt zur Auswertung übersandt zu haben. Der dort tätige Sachverständige F. hat sich die Reden angehört und geprüft, ob diese bereits aus früheren Veröffentlichungen bekannt gewesen bzw. einer Schriftgut und Medienauswertung unterzogen worden sind. Nach seinem Gutachten in der Hauptverhandlung sind sämtliche als Audiobotschaften zur Verfügung gestellten Reden als solche identifiziert worden, für die das Bundeskriminalamt bereits eine Auswertung erstellt hatte. Nur für die Rede "Schließt euch der Karawane an" habe er zunächst im Archiv keine Auswertung gefunden, weshalb er eine eigene gefertigt habe. Erst später sei ihm bekannt geworden, dass auch für diese Rede bereits eine Auswertung bestanden habe.
Die vom Bundeskriminalamt gefertigten Berichte zu den Botschaften geben inhaltlich das wieder, was der Senat durch Inaugenscheinnahme der vom Angeklagten eingestellten Botschaften und deren Übersetzung selbst wahrnehmen konnte. Soweit der Senat davon abgesehen hat, bereits in der Hauptverhandlung abgespielte Reden, die der Angeklagte zu einem weiteren Zeitpunkt erneut eingestellt hatte, noch einmal anzuhören (die in A II 3.14 beschriebene Rede, die ab 19:29:13 Uhr abgespielt wurde, die in A II 3.21 beschriebenen Redeteile, die ab 10:04:28 Uhr abgespielt wurde, und die in A II 3.22 beschriebene Rede) hat der Sachverständige F. die Übereinstimmung bestätigt. Die Wiedergabe der Audiobotschaft mit dem Titel "Wo sind die Angehörigen der Tapferkeit?" am 24. Juli 2006 sei dabei nicht in vollständiger Weise wiedergegeben, sondern nach etwa 10 Minuten abgebrochen worden. Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Sachverständigen F. bestanden keine. Auch seine eigene Bewertung der Botschaft "Schließt euch der Karawane an" entsprach inhaltlich der bereits zuvor vom Sachverständigen Z. vorgenommenen. Dass die Botschaften tatsächlich von den benannten Führungspersonen herrühren, folgt aus den eingeführten Gutachten. Bezüglich der "Todesbeklagung des Märtyrers Al-Zawahiri" ergibt sich dies aus dem Umstand, dass es sich bei der Botschaft im Original um eine Videodatei handelte, in der Al-Zawahiri als Sprecher wahrzunehmen ist. Hinsichtlich der übrigen Audiobotschaften wurden die Redner bei der Veröffentlichung der Botschaften im Internet als Urheber benannt. Zumindest wurden sie in der islamischen Welt als von den jeweiligen Anführern verfasste Botschaften gewertet.
Die im Chat eingestellten Links und die dadurch zu erreichenden Dateien
Dass über die vom Angeklagten eingestellten Links schließlich die in den Feststellungen beschriebenen Sammelwerke und Audiodateien aufgerufen werden konnten, schließt der Senat aus der Inaugenscheinnahme der entsprechenden Textchats, dem Gutachten des Sachverständigen F., den Aussagen der Zeugen B., S. und F. sowie der Inaugenscheinnahme der aufzurufenden Webseiten und der dadurch zu erreichenden Audiobotschaften und Texte.
Die Angabe der Links in den Textchats erfolgte in lateinischen Buchstaben. Sie waren daher für den Senat ohne weiteres lesbar. Entsprechend den Aussagen der Zeugen B. und S. sind die festgestellten Links dem Bundeskriminalamt in Listenform auf einer CD übersandt worden. Dabei wurde darauf verzichtet, Links, die der Angeklagte wiederholt in den Chat eingestellt hat, erneut zu übersenden. Der Eingang entsprechender Linklisten beim Bundeskriminalamt ist vom Sachverständigen F. und dem Zeugen F. bestätigt worden. Letzterer hat ausgesagt, dass ihm die Aufgabe zukam, die benannten Links zu öffnen und die dahinter stehenden Dateien herunterzuladen. Dies sei bis auf einen Fall immer möglich gewesen. Nur der Link http://mytempdir.com/760864 habe sich nicht mehr öffnen lassen. Insoweit ist der Senat allerdings der sicheren Überzeugung, dass sich dahinter die Audiobotschaft Al-Zawahiris zum Tod von Al-Zarqawi befunden hat. Denn hierfür spricht zum einen, dass der Angeklagte den Link im Chat entsprechend beschrieben hat und Auszüge aus der Audiobotschaft zeitgleich in Echtzeit in den Chat eingespielt hat, zum anderen, dass nach dem Gutachten des Sachverständigen F. keine weitere Rede Al-Zawahiris bekannt geworden ist, die sich mit dem Tod von Al-Zarqawi beschäftigt. Bezüglich der übrigen Links, die auf einzelne Reden verwiesen, erklärte der Sachverständige F., dass er wie bei den vom Angeklagten eingestellten Audiobotschaften den Inhalt der jeweiligen Reden festgestellt und mit den durch das Bundeskriminalamt bereits vorliegenden Bewertungen abgeglichen habe. Die Ergebnisse seien dem Landeskriminalamt Niedersachsen in tabellarischer Form zur Verfügung gestellt worden. Dies wiederum ist durch die Zeugen S. und B. bestätigt worden.
Hinsichtlich der Links, die auf Seiten mit Sammelwerken verwiesen, hat der Sachverständige F. in seinem Gutachten ausgeführt, sich über den Inhalt der Webseiten Kenntnis verschafft und dabei festgestellt zu haben, dass sich über diese die unter A II 3.1 f, 3.6, 3.11 und 3.20 festgestellten Audio und Videobotschaften Al-Zarqawis, sein Brief an Bin Laden über die Strategie des Irakkrieges sowie die Reden Bin Ladens in schriftlicher Form abrufen ließen. Dies fand seine Bestätigung in der Inaugenscheinnahme der Screenshots bzw. der über den Gerichtsdatenträger aufgerufenen Webseiten.
Der Inhalt der als Teil eines Sammelwerks oder einzeln zur Verfügung gestellten Botschaften und Texte ist dem Senat - soweit sie nicht bereits Gegenstand der Inaugenscheinnahme als Audiobotschaft (vgl. B V 2) gewesen sind - durch Inaugenscheinnahme der über den Link zu erreichenden Audiodateien und digitalen Schriftstücke sowie deren Übersetzung zugänglich gemacht worden. Bezüglich der Audiodateien war es dem Senat nicht möglich, über die Software Diginet II die Reden abzuspielen. Der Senat griff daher auf eine CD zurück, auf der die vom Bundeskriminalamt nach Öffnen der vom Angeklagten verbreiteten Links gesicherten Dateien in der Reihenfolge der Anklagepunkte gespeichert worden waren. Anhaltspunkte dafür, dass die auf dieser CD gespeicherten Dateien nicht mit denen identisch waren, die sich hinter den vom Angeklagten veröffentlichten Links verbargen, haben sich nicht ergeben. Die Inhalte der Botschaften und Reden entsprachen insbesondere den inhaltlichen Auswertungen der in das Selbstleseverfahren eingestellten BKA-Gutachten, die der Sachverständige F. aufgrund seiner Feststellungen den einzelnen Botschaften und Reden zuordnen konnte. Soweit die Ermittlungsbeamten darauf verzichtet haben, sich wiederholende Links zur Bewertung an das Bundeskriminalamt zu übersenden, ist der Senat aufgrund der immer wieder gleichlautenden Bemerkungen des Angeklagten im Chat der Überzeugung, dass sich der Inhalt des Links im Laufe der Zeit nicht verändert hat.
Die Urheberschaft für die einzelnen Reden und Botschaften folgt aus den Auswertungsgutachten des Bundeskriminalamtes, die sich der Senat von den beim Bundeskriminalamt tätigen Zeugen KK'in A., KOK S., KHK'in L. und KOK B. und Sachverständigen S., Z., T. und A. ergänzend erläutern ließ. Teilweise teilen die Botschaften schon in der Überschrift der Rede den Autor mit, teilweise wurden sie bei ihrer Veröffentlichung als mit einem Standbild eines der Rädelsführer visualisierte Audiobotschaft dargestellt. Lediglich hinsichtlich des Briefes von Al-Zarqawi an Bin Laden, den der Angeklagte als Teil einer Sammlung am 20. Juli 2006 im Chat veröffentlicht hatte, ist nach dem Gutachten des islamwissenschaftlichen Sachverständigen S. die Identität von Absender und Adressaten nicht eindeutig zu klären. Dass Al-Zarqawi der Verfasser dieses Schreibens ist, ergibt sich für den Senat indes aus dem Inhalt des Briefes. Der Verfasser spricht die Adressaten als "Löwen" bzw. "tapfere Kämpfer" an, die sich im Gebirge aufhielten, und bezeichnet die zwei Personen als Symbolfiguren des weltweiten Djihads. In Übereinstimmung mit dem Gutachten des Sachverständigen S. zieht der Senat daraus den Schluss, dass sich der Brief an Bin Laden und Al-Zawahiri richtete. Unter den Feldkommandeuren des Djihad im Irak sei nach Ansicht des Sachverständigen S. wiederum außer Al-Zarqawi niemand bekannt, der die in dem Schreiben hervortretenden Ideen (Verfolgung der Schiiten) erdacht und auch später in die Tat umgesetzt habe. An der Authentizität der Urheberschaft Al-Zarqawis hatte auch der Sachverständige Dr. S. keine Zweifel. Dies lässt den Schluss zu, dass es sich bei dem Absender tatsächlich um Al-Zarqawi handelt. Nicht zuletzt durch die Einordnung des Briefes in die Sammlung der Werke Al-Zarqawis sollte offensichtlich auch der Eindruck untermauert werden, dass das Schreiben von ihm selbst stammt.
Zum werbenden Charakter der Tätigkeit des Angeklagten
Dass der Angeklagte schließlich die von ihm verbreiteten Botschaften nicht nur zu Informationszwecken, sondern in der konkreten Absicht, Mitglieder oder Unterstützer für die terroristischen Organisationen Al Qaeda und Al Qaeda im Zweistromland zu werben, verbreitet hat, ergibt sich für den Senat aus einer Gesamtschau der durch die Hauptverhandlung gewonnenen Indizien, wobei insbesondere die fundamentalistische Einstellung des Angeklagten einen wesentlichen Aspekt darstellt.
Der werbende Charakter der Botschaften
Dass mit den benannten Botschaften von Seiten der jeweiligen Redner versucht wird, neue Mitglieder oder Unterstützer für die Organisationen Al Qaeda bzw. Al Qaeda im Zweistromland zu gewinnen, ergibt sich zunächst aus dem dem Senat durch Übersetzung vermittelten Inhalt. Für beide Terrornetzwerke spielen nach übereinstimmender Aussage der Sachverständigen F. und Dr. S., die der Senat nach kritischer Würdigung seinen Feststellungen zugrunde legt, die Medien - und dabei insbesondere das Internet - eine maßgebliche Rolle. Der sogenannte Propagandabereich ist für terroristische Vereinigungen schlechthin - neben dem Aktionsbereich (Kampf, Anschläge) und dem Infrastrukturbereich (Finanzierung, Ausbildung) - von essentieller Bedeutung. Terroristische Taten können so ohne besonderen Aufwand in publikumswirksamer Weise verbreitet werden. Die Präsentation verunsichert den Gegner mitunter stärker als der Terrorakt selbst und bezweckt die psychologische Terrorisierung des Westens. Die Einzeltaten, etwa die Demütigung und Tötung von Geiseln, wirken so über ihren unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang hinaus und bewirken in der Sicht der Medienöffentlichkeit den Eindruck einer allgegenwärtigen unausweichlichen terroristischen Bedrohung. Zudem werden bereits vollzogene Terrorakte für die Organisation reklamiert und auf diese Weise vor allem gegenüber potentiellen Geldgebern Handlungsfähigkeit signalisiert. Daneben dient die Veröffentlichung von Botschaften der Darstellung von Zielen der Organisation, ihrer Legitimierung aus ihrem eigenen Verständnis heraus, der Information ihrer Anhänger und vor allem der Werbung neuer Mitglieder oder Unterstützer.
Letzter Aspekt ist bei den verbreiteten Reden besonders deutlich zum Vorschein gekommen. In allen Botschaften fordern die Redner die muslimische Welt auf, sich dem Djihad gegen das westliche Bündnis, die diese unterstützenden Kräfte und teilweise auch gegen die Zivilbevölkerung anzuschließen. Dabei fordern sie keinen friedlichen Weg, sondern einen gewaltsamen Kampf, in dem sie zur Tötung und Gefangennahme der Feinde zum Preis des eigenen Lebens aufrufen.
Bei den Rednern handelt es sich um die Rädelsführer der bekanntesten islamistischterroristischen Vereinigungen, von denen jede eine Symbolfigur des bewaffneten Djihads darstellt. Es liegt deshalb auf der Hand, dass sie gerade zur Teilnahme am Djihad in den Reihen der von ihnen repräsentierten Vereinigungen aufrufen. Dies drängt sich umso mehr auf, als die Reden auch Bezug zur jeweiligen Organisation haben, weil etwa deren Taten gerechtfertigt oder glorifiziert werden sollen. So versuchte Al-Zarqawi etwa, die Tötung von Schiiten zu legitimieren, während Bin Laden vermeintliche Verdienste oder Siege von Al Qaeda beim Zuhörer in Erinnerung rufen will.
Lediglich der Brief Al-Zarqawis an Bin Laden, den der Angeklagte am 20. Juli 2006 als Teil des Sammelwerks von Al-Zarqawi veröffentlicht hat (vgl. A II 3.11 b), dürfte bei seiner Erstellung zunächst keinen werbenden Charakter gehabt haben. Dieser war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere nach den nachvollziehbaren Aussagen des Sachverständigen S. gerade nicht an die Öffentlichkeit gerichtet, sondern beinhaltete vielmehr eine Rechtfertigung gegenüber Bin Laden, warum auch die schiitische Zivilbevölkerung Angriffsziel seiner Organisation sei. Indes wird der Inhalt dieses Briefes in der vom Angeklagten zur Verfügung gestellten Sammlung durch einen unbekannten Verfasser dahingehend beschrieben, dass der Brief unter Berücksichtigung von Vorbehalten "voller Vorteile" sei. Durch die Einstellung des Schreibens in die Sammlung der Werke Al-Zarqawis sowie den mit seinen übrigen Botschaften korrespondierenden Inhalt nimmt es dann aber den selben Charakter solcher Botschaften an und ist auch objektiv geeignet, neue Unterstützer oder Mitglieder für Al Qaeda im Zweistromland zu erreichen.
Die werbende Tätigkeit des Angeklagten
Nach einer Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände konnte der Senat aufgrund der Verbreitung der benannten Botschaften durch den Angeklagten im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" nur den Schluss ziehen, dass sich der Angeklagte damit als Multiplikator in den Dienst von Al Qaeda und Al Qaeda im Zweistromland stellte, um deren Botschaften im Internet zum erhofften Erfolg zu verhelfen, also insbesondere durch Verbreitung der Reden der jeweiligen Vereinigung neue Mitglieder oder Unterstützer zuzuführen.
Zwar beruft sich der Angeklagte im letzten Wort darauf, kein Terrorist zu sein und lediglich von seinem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht zu haben. Er wird indes durch sein Verhalten im Internet und die sonstigen in der Hauptverhandlung zu Tage getretenen Erkenntnisse überführt. Zum einen hat er bei der Verbreitung der Links die jeweiligen Rädelsführer für ihre Reden und Taten gelobpreist. Dies wäre bei einer Weitergabe von Reden zu reinen Informationszwecken nicht nur überflüssig, sondern sogar unangebracht gewesen. Indem der Angeklagte den Terroristen Al-Zarqawi als "Märtyrer" und die am 29. August 2006 über den mitgeteilten Link (vgl. A II 3.20) zu erreichende Sammlung als "fantastisch" bezeichnet, hat sich der Angeklagte bereits selbst überführt. Soweit der Angeklagte Botschaften ohne befürwortenden Kommentar zur Verfügung gestellt hat, ergab sich aus der Würdigung der Gesamtumstände, dass er sich auch diese Botschaften zu eigen machen und gezielt um Mitglieder oder Unterstützer der benannten Organisationen werben wollte, denn ihm war der Inhalt der verbreiteten Botschaften bekannt. Das ergibt sich aus seinen die jeweiligen Reden und Sammelwerke zutreffend beschreibenden Anmerkungen. Ihm war auch bekannt, dass es sich bei "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" um einen djihadistisch geprägten Chatroom handelte. Hierfür spricht nicht nur die Auswahl des Namens, der die Gefolgschaft und Sympathie mit terroristischen Organisationen wie Al Qaeda oder Al Qaeda im Zweistromland assoziiert. Es folgt auch aus dem von den Betreibern an den Anfang der Paltalksitzung des Angeklagten vom 23. Juni 2006 ab 17:20:27 Uhr eingestellten Text, in der es heißt: "Möge Gott im djihadistischen Room Al Ansar euch am Leben halten". Der Charakter und das Selbstverständnis der Chatbetreiber war dem Angeklagten auch bewusst. Am 29. August 2006 begrüßte er um 19:54:06 die im Chatroom anwesenden Nutzer mit den Worten: "Möge Gott euch grüßen im djihadistischen Al-Ansar Raum". In diesem Chat übernahm der Angeklagte zwischenzeitlich auch die Aufgaben eines Administrators, was die Identifizierung des Angeklagten mit dem im Chat verbreiteten Gedankengut unterstreicht. Zunächst hatte er den Status eines Besuchers, der sich vor Verfassen eigener Beiträge "freischalten" lassen musste. Dies wird belegt durch die Aussage des Zeugen B., der nach seinen Angaben selbst erfolgreich versucht hat, sich über Paltalk im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" einzuloggen, sich aber mangels Freischaltung nicht an dem Chat beteiligen, sondern nur die dort veröffentlichten Beiträge mitlesen konnte. So erklären sich auch die mehrfach im Chat festzustellenden Einträge anderer Nutzer, in denen gezielt Besucher mit den Worten "Der Punkt wurde von dir beseitigt" - was so viel bedeutete wie "entsperrt" worden zu sein - angesprochen wurden und diese erst anschließend eigene Beiträge einstellen konnten (etwa Sitzung am 23. Juni 2006, 9:20:28 Uhr, am 9. Juli 2006, 12:18:44 und 16:25:41 Uhr, am 20. Juli 2006 um 22:53:48 Uhr, am 21. Juli 2006 20:05:28 Uhr, am 23. Juli 2006 um 16:06:10 Uhr, am 2. August 2006 um 20:16:55 Uhr). Ab dem 9. August 2006 um 17:19:04 Uhr nahm der Angeklagte diese Rechte selbst wahr, indem er zahlreiche Besucher "freischaltete", wie die entsprechenden Chateintragungen belegen. In dieser Stellung konnte er nicht nur weiteren Besuchern die Möglichkeit gestatten, eigene Beiträge zu verfassen, sondern auch gegen solche vorgehen, die mit seinen Ansichten nicht zu vereinbarende Beiträge schrieben. Dies hatte er zuvor schon auch ohne entsprechende Administratorenrechte auszuüben getan. Bereits am 7. Juli 2006 ermahnte er unter dem Pseudonym "3mer_kurdi" einen unter dem Nicknamen "muslim_wahabee" am Chat teilnehmenden Nutzer um 18:55:18 Uhr, dass der Chatroom als Raum für Anhänger des Djihads bekannt sei und nicht für die Deutung von Träumen. Als ein Nutzer am 17. Juli 2006 um 15:38:51 Uhr damit begann, Bin Laden und die "Wahabiten" zu beschimpfen, füllte der Angeklagte als "3mer_kurdi" das Textfeld durch die wiederholte Eingabe des Zeichens "q" bis die ihm widerstrebenden Beiträge auf dem Bildschirm nicht mehr zu lesen waren. Auch in anderen Chatrooms, in denen dem Angeklagten keine Administratorenbefugnisse zustanden, akzeptierte der Angeklagte keine entgegenstehenden Meinungen. Beim Besuch des Chatrooms "Kurda kurd u rebazy Islam" am 1. Juli 2006 bat der Angeklagte um 23:14:12 Uhr zunächst den Betreuer, den Nutzer "hozan_104" aus dem Raum auszuweisen. Als dies der Betreuer ablehnte, stellte der Angeklagte als "3mer_kurdi" so viele "@"Zeichen ein, dass er den Eintrag des anderen Nutzers unsichtbar machte.
Dem Angeklagten war auch bewusst, dass der Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" von sunnitischen Moslems besucht wird, die den bewaffneten Djihad befürworten und sich auch mit dem Gedanken tragen, diesen auszuüben. Am 9. Juli 2006 Uhr schrieb der Nutzer "3aseq 7or al3en" um 19:48:52:
"An alle meine Brüder, betet für uns, damit wir willenstark bleiben. Wir werden aus Sicherheitsgründen uns von euch entfernen. Möge Gott euch allesamt vor jedem Unheil beschützen. Betet für uns, damit wir willenstark bleiben, gedenkt eurem Bruder, der euch aus vollem Herzen geliebt hat, dem Liebhaber der Paradiesjungfrauen. Gott befohlen, dessen anvertrautes Gut nicht verloren geht!".
Daraufhin verabschiedeten sich mehrere Nutzer von ihm. Der Angeklagte schrieb um 19:55:27 Uhr: "O der, der nach Fallujah geht, grüße Abu Musab Al-Zarqawi". In mehreren Sitzungen erklärte der Angeklagte die Teilnahme am Djihad als Pflicht jedes Moslems und äußerte sich darüber, dass der "Märtyrertod" erstrebenswert sei. Im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" schrieb der Angeklagte am 7. Juli 2006 um 18:33:05 Uhr als "3mer_kurdi":
"Ich liebe Gott, den du uns in ihm geliebt hast und wir hoffen von Gott, dass wir zu den Mudjahedin zählen mögen, die auf seinem Wege kämpfen und dass Gott uns ihnen folgen lässt und uns das Märtyrertum schenkt."
Als "3mer_kurdi" schrieb er im benannten Chatroom am 9. Juli 2006 um 19:51:46 Uhr, dass er Gott bittet, den Djihad zu schenken, und um 19:52:07 Uhr, dass Gott "uns nicht auf diese Weise sterben lasse, durch das Sitzen und fern von Djihad und befestigtem Stützpunkt". Am 31. Juli 2006 äußerte er sich um 21:37:49 Uhr wie folgt:
"Die Muslime sind aufgefordert, sich vorzubereiten und sich zu rüsten und den Djihad auszuüben, der Sieg und das Märtyrertum sind dann Dinge, die Gott weiß und vorsieht. Al Anssari_22, ist der Märtyrertod bei dir etwa ein Verlust? Du bist dann bei Gott ein Entrechteter."
In der Sitzung am 19. Juli 2006 gab er als "almowahd" seinen Unmut über die Muslime kund, die sich nicht am Djihad beteiligen. Um 23:57:33 Uhr schrieb er:
"60.000 von den Sitzenden und vom Djihad Zurückbleibenden, Leute der Islamischen Partei. Wären diese 60.000 getötet, wenn sie zusammen mit den Mudjahedin gewesen wären? Bei Gott, ich trauere nicht um sie, auch wenn sie von den Leuten der Sunna sind. Sie haben den Mudjahedin mehr Schaden zugefügt, als die Ablehnenden dies vermochten, ihre Moscheen und ihre Redner sind Zeuge dafür bis zum Jüngsten Tag."
Diese Position machte der Angeklagte bereits in der Sitzung am 9. Juli 2006 deutlich, als er unter dem Benutzernamen "3mer_kurdi" um 13:11:00 Uhr schrieb:
"Bruder aboumoujahed, wer nicht zum Djihad hinauszieht und wer sich nicht vorbereitet hat, verdient es getötet zu werden."
Seine Stellung als Administrator nutzte der Angeklagte auch zur umfassenden Unterrichtung der Teilnehmer über sämtliche Fragen im Zusammenhang mit der Pflicht des Moslems, den Djihad zu führen. In der Sitzung vom 9. August 2006 ab 16:29:54 verlinkte er umfangreiche Sammlungen von religiösen Gutachten und Erklärungen zu allgemeinen Fragen des bewaffneten Djihads sowie Erläuterungen zu Möglichkeiten der Unterstützung der Mudjahedin. Zu den veröffentlichten Links merkte er unter anderem an, dass sie eine wissenschaftliche Enzyklopädie für diejenigen enthalten würden, die nach der Wahrheit über den Djihad suchen würden. Nach seinen weiteren Angaben seien die Links für Personen gedacht, die Zweifel an den Kampfoperationen der Mudjahedin hätten. Sie würden die unwahren Ausführungen der Gelehrten des ägyptischen Herrscherhauses widerlegen. Auch für diejenigen, denen es schwer falle, andere von der richtigen Handlungsweise der Mudjahedin zu überzeugen, sei der Inhalt der Links wichtig. Mit den Links könne man die Gedanken des Djihad auf dem leichtesten Weg und in kürzester Zeit bei denen verbreiten, die über die Taten der Mudjahedin diskutieren würden. Sie würden über die Wahrheit aufklären und dabei den Weg leuchten. Die eingestellten Internetseiten würden überdies eine Antwort darauf geben, ob es aus militärischer Sicht von Nutzen für das irakische Volk sei, wenn junge Muslime mobil machen würden und in den Irak gingen, um die Kreuzfahrer zu bekämpfen. Besonders deutlich wird seine Einstellung, nicht nur zu informieren, sondern aktiv zu werben durch in dieser Sitzung erteilte Hinweise, wie man in den Irak gelangen könne und welche Ausrüstung und Kampfmethoden für den Kämpfer im Irak erforderlich seien, um den Invasoren Schaden zuzufügen. Letztlich begreift der Angeklagte sogar den Terror als wesentliches Element des Islam. Am 24. Juni 2006 gab er im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" um 13:02:10 Uhr die Erklärung ab "Der Terror ist vom Islam. Und wer ihn leugnet, der macht sich ungläubig".
Auch verherrlichte der Angeklagte die Mudjahedin bei ihrem Kampf gegen die westliche Welt durch die Verbreitung von Erfolgsmeldungen über Anschläge der Mudjahedin. Am 28. Juni 2006 teilte er als "3mer_kurdi" in dem Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" um 17:25:30 Uhr mit, dass "am 24. Jumada Al Ula 1427, entspricht dem 20.6.2006, ein den ,Märtyrertod' suchender Bruder mit seinem mit Sprengstoff beladenen Auto in den Kontrollpunkt des kreuzfahrerischen Feindes und dessen Anhänger aus der abtrünnigen Götzendienergardisten in der Region Kolikom eingedrungen sei, wodurch dieser vollkommen zerstört und mindestens 10 Ungläubige und deren abtrünnige Nachläufer getötet wurden". Um 17:25:48 Uhr schrieb er im Anschluss:
"Dies, und wir möchten bekannt geben, dass die westliche Region im besonderen Maße eine beispiellose Operation gegen die Kreuzfahrer und deren abtrünnigen Parteigänger aus den Sicherheitsapparaten erfährt, aber aufgrund der schweren Verbindung und der Eskalation der Lage kommen solche frohe Botschaften mit Verzögerung an".
Um 17:28:09 Uhr teilte er in der selben Sitzung mit: "Am 20. Jumada Al Ula 1427, entspricht dem 16.6.2006, haben die Heldenhaften des Monotheismus aus den Brigaden des Schura-Rats der Mudjahedin gegen den glaubenlosen amerikanischen Feind und dessen abtrünnigen Nachläufer aus den Garden der Götzendiener in einem gemeinsamen Kontrollpunkt in der Region Al Malahima in Al Djazeera mit leichten Waffen und Raketen gekämpft. Sie haben unter den Feinden ein Gemetzel angerichtet. Dann haben sie den Weg für einen verehrungswürdigen Bruder (Abu Sayf Al-Tunisi), wir bitten Gott, ihn anzunehmen und dessen Rang höher zu stufen, geebnet, damit dieser mit einer Autobombe sich in mitten des Ziels hinein begibt. Er, Gott erbarme sich seiner, konnte zu ihnen gelangen und sein Auto unter den Ungläubigen und deren abtrünnigen Nachläufern aus den Garden der Götzendiener in die Luft sprengen. Infolge dessen wurde der Kontrollpunkt gänzlich beseitigt. Ein Panzerfahrzeug und ein Hummer sowie ein Pick Up wurden zerstört. Die Anzahl der Toten unter den Ungläubigen und Götzendienern wurde auf mehr als 35 geschätzt. Möge Gott unseren Bruder in die höchste Stufe des Himmels aufnehmen. Aller Lob und Dank gebührt Allah". Am 4. Juli 2006 gab er als "3mer_kurdi" im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" um 16:11:40 Uhr den Abschuss eines Hubschraubers der Kreuzritter vom Typ Apachi mittels einer LandLuftRakete bekannt, bei dem die Piloten getötet worden seien. Diese Mitteilung kommentierte er mit den Worten: "So lobpreisen wir Gott." Am 20. Juli 2006 berichtete er um 9:29:21 Uhr als "3mer_kurdi" von einem Selbstmordattentat gegen Soldaten des Korps Badr in Kufa:
"Ein edler Bruder, ein Löwe aus den Löwen der Muslime, aus dem Selbstopferungsbataillon Abi Dudjana brach auf und fuhr seinen mit Sprengstoff bespickten Wagen in die Mitte einer Ansammlung des Korps Badr im Gebiet von Kufa hindurch. Er hat unter ihnen großen Schaden verursacht, so dass jeder Zehnte von ihnen getötet oder verwundet wurde. Gott gebührt die Preislobung und die Dankbarkeit und wir bitten Gott, unseren Bruder unter die Märtyrer aufzunehmen und ihm in den höchsten Paradiesen anzusiedeln."
Ähnlich lautete der Eintrag des Angeklagten am 31. Juli 2006 um 21:24:24 Uhr:
"Ein edler Bruder, einer der Helden aus dem "MärtyrerBataillon Abu-Dujanah Al-Ansari", möge Gott von ihm zufrieden sein, ist am Dienstag 29. Jamadi al-Aakhera 1427 Hij., entspricht dem 25.07.2006 n.C., mit einem Sprengstoffwagen losgefahren und hat ihn in die Mitte des Kontrollpunktes der abtrünnigen Polizei auf dem Weg zwischen Rabiia und Tall-Afar, südwestlich von Mosul, gelenkt und ist in ihn eingetaucht. Diese gesegnete Operation hat mehr als zwanzig Abtrünnigen den Tod und zahlreichen von ihnen die Verwundung gebracht. Wir bitten Gott, unseren Bruder unter die Märtyrer aufzunehmen und seine Stellung in den höchsten Paradiesen zu erhöhen."
In der selben Sitzung teilte der Angeklagte um 22:18:05 Uhr mit: "Eure Brüder aus dem militärischen Flügel des Konsultativrates der Mudjahedin haben am Samstag, 4. Rajab 1427 Hij., entspricht dem 29.07.2006 n.C., den genannten, Mohammad Hussein Jaafar, im Stadtteil "Al-Khadraa" ermordet. Dieser ist ein Bruder vom früheren Gouverneur des Regierungsbezirks "AlKut" und bekleidet ein Amt im Finanzministerium, und Gott gebührt die Lobpreisung und der Dank." In einer weiteren Internetsitzung verbreitete der Angeklagte am 2. August 2006 um 20:19:14 Uhr als "3mer_kurdi" die Nachricht, dass ein weiterer Selbstmordanschlag zur Tötung zahlreicher Personen geführt habe:
"Ein edler Bruder, ein Held aus dem "MärtyrerBataillon Abu Dujana Al-Ansari", möge Gott mit ihm zufrieden sein, fuhr am Montag, 06. Rajab 1427 Hij., entspricht dem 31.07.2006, hinaus mit einem mit Sprengstoff beladenen Wagen und überrannte damit den Hauptsitz der abtrünnigen Peschmerga in der Nähe der Straßenkreuzung des Mosul-Dammes, nördlich der Stadt Mosul. Er rief ,Gott ist groß' und ließ sich samt dem Sprengstoffwagen im Innern des Hauptsitzes in die Luft sprengen. Er ließ hinter sich zwanzig bis dreißig Tote und Verwundete aus den Abtrünnigen. Wir bitten Gott, unseren Bruder unter den Märtyrern zu akzeptieren und seine Stellung in den höchsten Paradiesen zu erhöhen."
Weiter hieß es in einem Eintrag des Angeklagten im 20:28:56 Uhr:
"Eure Brüder aus dem militärischen Flügel des Konsultativrates der Mudjahedin haben am Montag, 06. Rajab 2427 Hij., entspricht dem 31.07.2006, auf der Schnellstraße im Gebiet von Al-Dora einen Sprengsatz unter einem Wagen vom Typ GMC zur Explosion gebracht, welches zum Zerstören des Wagens und zum Verderben von mindestens fünfzehn Personen von ihnen geführt hat, und Gott gebührt die Lobpreisung und der Dank."
Am 3. August 2006 um 11:00:47 Uhr stellte der Angeklagte den folgenden Beitrag ein:
"Eure Brüder aus dem militärischen Flügel des Konsultativrates der Mudjahedin haben sich am Dienstag 07. Rajab 1427 Hij., entspricht dem 1.08.2006, Gefechte mit leichten und mittelschweren Waffen mit den Kreuzfahrertruppen und den Götzengarden im Bezirk Biji geliefert. Und nachdem sie Unterstützung angefordert haben, wurde ein Sprengsatz gegen einen Transporter beladen mit einer großen Zahl von den Götzengardisten zur Explosion gebracht. Mindestens fünfundzwanzig von ihnen sind dadurch eliminiert worden, andere wurden verletzt. Und Gott gebührt die Lobpreisung und der Dank".
Das Feindbild des Angeklagten umfasste entsprechend den Ideologien von Al Qaeda und Al Qaeda im Zweistromland auch Juden und Angehörige der Sicherheitskräfte im Irak. Zu den Juden verbreitete er am 16. August 2006 um 19:49 Uhr im Forum "Al-Hesbah" unter dem Pseudonym "Kurdstan" folgenden, im Original arabischen Text:
"Die Stunde des jüngsten Tages wird nicht schlagen, bis die Muslime gegen die Juden kämpfen. Die Muslime werden sie töten, so dass sich der Jude hinter Stein und Baum verstecken wird. Da spricht der Stein oder Baum: Oh Muslime, oh Knechte Gottes, hier hinter mir ist ein Jude. So komme her und töte ihn."
Im Islamischen Netz Mohajroon erklärte der Angeklagte am 7. September 2006 um 15:39 Uhr unter dem Benutzernamen "Abu Beker Al-Mohajer", dass Polizisten, die menschliche Götzen unterstützen, keine Brüder seien. Er stellte einen Link zur Verfügung, den er mit der Erklärung "Das Schwert und die Abschlachtung für jeden, der in den Polizei und Armeedienst eintritt - Erklärung der Scharia-Stelle des Konsultativrates der Mudjahedin im Irak" versah. Seine Einstellung zum Djihad ergänzte er am 9. September 2006 im selben Forum um 9:27 Uhr und verbreitete ein Buch von Youssef Al-Libri mit dem Titel "Die Beurteilung des Djihad und seiner Arten". Hiernach ergebe sich die Notwendigkeit des Djihad aus der Unterdrückung der Muslime. Djihad bedeute unter anderem, die Ungläubigen auf ihren Territorien anzugreifen und ihnen den Islam anzubieten. Lehnten sie diesen ab, müssen die Ungläubigen bekriegt und unterworfen werden. Vom Inhalt dieser Forenbeiträge hat sich der Senat durch Inaugenscheinnahme der auf dem Gerichtsdatenträger gespeicherten Internetsitzungen überzeugt. Diese ergab auch, dass der Angeklagte der Verfasser der Beiträge gewesen ist. Zwar verwendete der Angeklagte keines der im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" benutzten Pseudonyme. Auch wurde der Verfasser der über den überwachten Anschluss eingestellten Beiträge nicht farblich markiert. Wie bei allen dem Senat bekannten Foren wird aber auch in den Foren "Al-Hesbah" bzw. "Islamisches Netz Mohajroon" ein Nutzer zu Beginn einer jeden Sitzung unter Nennung seines Namens begrüßt. Diese Begrüßung ist nur für den angesprochenen Nutzer sichtbar. Der Inaugenscheinnahme der Internetsitzung auf dem Gerichtsdatenträger ließen sich die von den Betreibern der Foren veranlassten Begrüßungsformeln "Hallo kurdstan!" (alHesbah) bzw. "Hallo Abu Beker al-Mohajer" (Islamisches Netz Mohajroon) entnehmen. Daraus ergibt sich, dass die unter den Namen "kurdstan" bzw. "Abu Beker Al-Mohajer" verfassten Beiträge von dem Angeklagten stammen.
Ganz im Sinne der Ideologie Al-Zarqawis stachelte der Angeklagte schließlich auch zum Hass gegen Schiiten auf. Am 9. Juli 2006 schrieb er als "3mer_kurdi" um 13:13:52 Uhr: "Aber diejenigen, die hinter der islamischen Partei gehen und sich mit den Ablehnenden verbrüdern, solle man abschlachten und uns von ihnen erleichtern". Am 20. Juli 2006 schrieb er als "3mer_kurdi" um 9:35:37 Uhr: "Gott verfluche den unreinen Sistani und den verfluchten verreckten Khomeini und alle die ihnen folgen aus den Ablehnenden und Megus ." Andersgesinnte erregten bei dem Angeklagten regelmäßig Unmut. Den unter dem Pseudonym "Abufatima-14" Beiträge verfassenden Nutzer, der in der soeben genannten Sitzung die Hisbollah verteidigte, nannte der Angeklagte um 9:34:51 einen unreinen Ablehnenden, der auf die Müllkippe des Raums geschmissen werden sollte. Der Angeklagte ging gegen die Schiiten im Internet auch aktiv vor. Er besuchte mit weiteren Gleichgesinnten schiitische Chatrooms, um dort Links einzustellen, die die dortigen Besucher zu Internetseiten mit Schadsoftware weiterleiten und so deren Rechner infizieren sollten: Am 29. Juli 2006 forderte ein Nutzer des Chatrooms "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" unter dem Pseudonym "abo shahed" zunächst um 17:59:31 Uhr andere Benutzer auf, an einer "kleinen Razzia" gegen die "Ablehnenden" teilzunehmen. Diese Aufforderung wurde vom Angeklagten um 18:03:31 Uhr erneuert, woraufhin er den Chatroom verließ, um sein Vorhaben vorzubereiten. Zwischen 18:02:26 und 18:05:58 Uhr verabredete er in einer Instant-Message-Sitzung mit "abo shahed", schiitische Chatrooms zu betreten, abzuwarten, bis der Raum voll besetzt sei und einen anschließenden VirusLink zu verbreiten, der etwa als Operation der Hisbollah getarnt werden sollte. In weiterer Ausführung dieses Plans betrat der Angeklagte nunmehr als "ibrahimmmm" um 18:06:29 Uhr erneut den Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" und besprach mit "abo shahed" die Einzelheiten der Verbreitung der Viren und welche Schäden sie verursachen würden. Mehrfach forderte er andere Nutzer auf, an dieser "gesegneten Razzia" teilzunehmen. Er werde im Chatroom der Schiiten nach Verbreitung der Viren das Mikrofon übernehmen und ein Tonband des "Abschlachter-Scheichs" - gemeint war Al-Zarqawi - abspielen. In Umsetzung dieses Plans besuchte der Angeklagte um 19:00:50 Uhr als "ibrahimmmm" den Chatroom "oALIMa3Alhako" und stellte um 19:23:13 Uhr den Link http://www.geocities.com/mmommn/gm.zip zur Verfügung, wobei er hierzu angab, dass es sich um einen Link handele, über den der Sender Al-Manar zu erreichen sei. Im selben Chatroom teilte er gemäß den vorherigen Absprachen - diesmal unter dem Benutzernamen "almowahd" - zu dem zuvor vom Nutzer "7ezeb allah" um 19:32:36 Uhr eingestellten Link mit der Bezeichnung http://www.geocities.com/mmommn/groovie.zip mit, dass über diesen eine "fantastische Operation der Hisbollah" angesehen werden könne. Um 19:35:50 Uhr stellte er zudem den Link http://www.geocities.com/mommn/zerobug.zip mit der Behauptung ein, dass man damit verschlüsselte Seiten entschlüsseln könne. Tatsächlich befand sich hinter den verlinkten Zip-Archiven ausweislich des in die Hauptverhandlung eingeführten Gutachtens des Bundeskriminalamtes vom 17. Oktober 2006 Schadsoftware. Letztgenannten Link stellte er unter dem Pseudonym "ibrahimmmm" in weiteren schiitischen Chatrooms ein, nämlich um 19:38:24 Uhr in "Kurdistan Era Dengi Kurdistan", um 19:39:49 und 19:40:23 Uhr in "Kocka gele Kurdistan", um 19:41:40 Uhr in "Kurdstan Hawargay Didaran oWo Ashqany Slaemany", um 19:42:29 Uhr in "Kurdistan Kurdistan united", um 19:44:51 Uhr in "Kurdistan Chaxanay Trr Tss Trr Tss HKK" und um 19:46:05 Uhr in "Kurdistan Kuran Kchan Oslo London Stockholm Berlin". In diesen Chatroom stellte er um 19:46:53 Uhr zudem den vorbenannten Link mit der Endung "groovie.zip" ein, den er um 19:47:40 Uhr zudem in "Kurdistan Chayxanay IIIII Hawler IIIII", um 19:48:32 und 19:50:55 Uhr in "Kocka Kurdistane KRG", um 19:52:25 Uhr in "Kurdstan xxx Chaxanay xoXox HxxAxxWxxLxxExxR xoXox" und um 19:54:01 und 19:55:14 Uhr in "Kurdistan.**.M Peshmerge Derinekan.**." veröffentlichte.
Insgesamt war durch die Gestaltung und Ausrichtung des Chatrooms "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" für alle Benutzer unverkennbar, dass diejenigen, die dort Botschaften von Bin Laden, Al-Zarqawi und anderen Anführern terroristischer Gruppierungen zugänglich machten, die in diesen enthaltenen Erklärungen guthießen und als eigene Botschaften weitergaben. Ein abweichendes Verständnis ließe sich weder mit dem Inhalt der Reden noch mit dem Verhalten des Angeklagten im Internet in Einklang bringen. Dies wird zur sicheren Überzeugung auch durch das Verhalten des Angeklagten außerhalb des Internets belegt. Denn wenn der Angeklagte auch nach Aussage seiner Nachbarn kein extremistisches Verhalten offen zur Schau stellte, ließen die im Folgenden zu schildernden Indizien in ihrer Gesamtwürdigung nur den Schluss zu, dass der Angeklagte über eine fundamentalistische und radikale Gesinnung verfügt.
Wie sich aus der Aussage des Zeugen KOK G. ergab, leitete bereits im Jahre 2004 die Staatsanwaltschaft München II unter dem Aktenzeichen 69 Js 7380/04 ein Ermittlungsverfahren gegen T. M. wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ein. Es bestand der Verdacht, dass sich um M. eine Gruppe von Islamisten gebildet hatte, deren Ziel es war, durch die Begehung von allgemeinkriminellen Straftaten die finanziellen und logistischen Mittel zu erlangen, um in Westeuropa radikalislamistische Aktivitäten ausüben zu können. Die Mitglieder der Gruppe standen insbesondere im Verdacht, an Eigentums und Vermögensdelikten, Urkundenfälschung, Einschleusung von Ausländern, Geldwäsche und Verstößen gegen das Waffengesetz beteiligt gewesen zu sein. Aufgrund dieses Ermittlungsverfahrens geriet unter anderem der Angeklagte in das Visier der Ermittlungsbehörde. Dieser hatte regelmäßig telefonischen Kontakt zu M. und wies diesen ein, über das Internet und insbesondere über dortige Chatrooms zu kommunizieren. Der Angeklagte konfigurierte dessen PC entsprechend mit dem Programm "Paltalk" und stand M. bei Fragen zum Internet immer zur Verfügung. Es entstand der Verdacht, dass es sich bei dem Angeklagten um den logistischen Berater M. handelte. Daraufhin wurde das Ermittlungsverfahren auf den Angeklagten erweitert und die Durchsuchung der damaligen Wohnung Am W. 14 in G.angeordnet.
Diese Durchsuchung wurde in Amtshilfe für die bayerischen Behörden durch das LKA Niedersachsen am 2. Februar 2005 durchgeführt. In Gegenwart der Zeugen S. und B. führte die Durchsuchung zur Sicherstellung zahlreicher Audiokassetten, Videos, CDs, DVDs, Bücher und sonstiger Schriftstücke, die zur Auswertung an das Polizeipräsidium Oberbayern übersandt wurden. Bei der Sichtung wurde eine Mappe des Angeklagten festgestellt, in der sich ein Schreibblock befand. Dieser besaß eine Kartonrückwand, auf der sich unter anderem die Telefonnummern des Mullah Krekar, früher geistiges Oberhaupt der Organisation Ansar Al Islam, sowie dessen Bruder Khaled Ranjdar befanden. Auf einer Videokassette befand sich ein Film von der Hochzeitsfeier des Angeklagten, auf der M. C., der nach Erkenntnissen der bayerischen Behörden dem islamistischen Spektrum zuzuordnen ist, als radikalislamistisch angesehen wird und als Gefährder eingestuft ist, eine Rede hielt. Die Auswertung des bei dem Angeklagten sichergestellten Handys ergab Kontakte zu Kr., C., M., H. Dj., A. G. (beide standen im Verdacht, die Organisation Ansar Al Islam zu unterstützen), Fa. K.i (mutmaßlich führendes Mitglied der Ansar Al Islam) und S. M. (mutmaßliches Mitglied des Netzwerks Al-Zarqawi). Als Bildschirmschoner hatte der Angeklagte ein Bild von Usama Bin Laden auf seinem Handy eingerichtet. Die Übersetzung der sichergestellten Schriftstücke sowie der Titel der Kassetten und Videos enthielten vorwiegend Predigten und Abhandlungen von Bin Laden, Azzam, Krekar und Abu Qatada, einem sehr einflussreichen Rechtsgelehrten in Europa, über den Djihad. Der Senat hat sich durch Inaugenscheinnahme der hierzu gefertigten Lichtbilder des Handybildschirmschoners, der Bücher und Kassetten davon überzeugt, dass das gesamte beschlagnahmte Material bereits auf eine radikale fundamentalistische Gesinnung des Angeklagten deutete. Weil indes ein Tatnachweis gegen ihn nicht geführt werden konnte, wurde das Ermittlungsverfahren mit Verfügung vom 23. Mai 2005 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die sichergestellten Asservate wurden dem Angeklagten wieder ausgehändigt.
Aufgrund der sich länger hinziehenden Abwicklung der Asservate und im Hinblick auf sein zukünftiges Verhalten wandte sich der Angeklagte am 14. Juni 2005 und am 31. Januar 2006 an seinen Verteidiger, den Zeugen R.. In Gegenwart des Zeugen D., der das Gespräch dolmetschte, erklärte der Zeuge R. dem Angeklagten, dass er die sichergestellten und wieder ausgehändigten Sachen straflos besitzen und sich entsprechendes Material aus dem Internet straflos beschaffen dürfte. Zugleich setzte der Zeuge R.r den Angeklagten darüber in Kenntnis, dass dieser mit einer weiteren Überwachung zu rechnen habe. Gleichwohl intensivierte der Angeklagte seine bis dahin bereits zu Tage getretene fundamentalistische Einstellung. Diese äußerte er zwar nicht öffentlich, machte diese aber gegenüber seinen Verwandten im Irak deutlich. Im Vorfeld des vom Angeklagten als im Widerspruch zum Glauben stehend angesehenen und daher abzulehnenden Verfassungsreferendums im Irak vom 15. Oktober 2005 erklärte er in einem Telefongespräch mit seinen im Irak lebenden Schwestern K. und A., sowie mit seiner Mutter am 28. September 2005 zwischen 9:01:48 und 9:26:27 Uhr, dass er mit einer Teilnahme seiner Verwandten an dem Referendum nicht einverstanden sei. Gegenüber seinem Bruder A. äußerte er sich am 14. Oktober 2005 zwischen 20:28:08 und 20:45:11 Uhr, dass er sich wünsche, sein Vater werde von einer Bombe zerstückelt, wenn dieser an dem Referendum teilnehme. In einem weiteren Telefonat am selben Tag zwischen 20:56:52 und 21:14:17 Uhr mit seinem Bruder Ab. und seiner Mutter kündigte der Angeklagte schließlich an, er werde sich und seine Verwandten für die Sache Gottes opfern und den Weg der Mudjahedin gehen. Sämtliche Gespräche wurden auf kurdisch geführt. Der Senat hat sich vom Inhalt durch Abspielen und Übersetzen der aufgezeichneten Gespräche überzeugt. Der Zeuge Y., der die Auswertung von Telefongesprächen des Angeklagten ab dem 8. Juni 2006 betrieb, schilderte ergänzend, dass der Angeklagte am 18. August 2006 seinem Neffen H. gegenüber erklärt habe, seinen Neffen He. töten zu wollen, weil dieser als Journalist für die PUK arbeite und in seinen Artikeln "Sakrilegsätze" gegen Gott und den Islam geschrieben habe. Um seinen Bruder und seinen Vater werde er nicht trauern, wenn diese durch einen Anschlag ums Leben kämen. Dieses Telefonat lag auf der Linie der übrigen Gespräche, so dass der Senat keine Zweifel an der Aussage des Zeugen Y. hatte.
Ansonsten erweiterte der Angeklagte seine Sammlung radikalen Gedankenguts und speicherte Reden, Texte und Vorträge fundamentalistischer Gelehrter wie auch Videos über Anschläge auf alliierte Soldaten auf CDs, DVDs und seinen Notebooks. So stellten die Zeugen B. und S. bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten am 10. Oktober 2006 nicht nur CDs mit den von dem Angeklagten verbreiteten Audiobotschaften, sondern auch weitere Datenträger sicher, auf denen insbesondere Anschläge auf Angehörige der westlichen Streitkräfte wiedergegeben wurden. Auf einer CD, deren Inhalt in Augenschein genommen wurde, befand sich ein kurzer Film, auf dem die feige Erschießung zweier amerikanischer Soldaten durch Scharfschützen am helllichten Tag an einer belebten Straße in Aramadi zu sehen war. Auf derselben CD befand sich zudem ein Video, auf dem die Tötung acht amerikanischer Soldaten in der Region von Al Jazeera durch Mudjahedin gezeigt wurde. Die Leiche eines US-Soldaten und die erbeuteten Waffen wurden dabei in Nahaufnahme wiedergegeben. Unterlegt mit djihadistischen Gesängen und Erklärungen war auf einer anderen CD ein einstündiger Film gespeichert, in dem zahllose Anschläge auf Lkws, Transportfahrzeuge und gepanzerte Wagen der westlichen Kräfte hintereinander abgespielt wurden. Teilweise zeigen die Filme, wie Helme, Kleidung und Körperteile der getöteten Soldaten feierlich als Symbol des Sieges aufgeschichtet werden. Der Film wird im Abspann Bin Laden und Al-Zarqawi gewidmet. Eine weitere CD hatte den Anschlag auf die USS Cole vor der Küste Adens zum Gegenstand und stand unter dem Motto: "Die Lösung ist der Djihad". Neben diesen Anschlagvideos ließen sich zahlreiche digitale Filme feststellen, in denen Selbstmordattentäter gewürdigt werden. Unter anderem besaß der Angeklagte ein Video von dem Anschlag auf das Hotel Sheraton am 24. März 2004 in Bagdad, das als "Schlacht von Bagdad" bezeichnet wird und zeigt, wie ein Anführer den Selbstmordattentätern den vorgesehenen Ablauf schildert, diese sich angesichts der vor ihnen liegenden Tat als "noch nie so glücklich wie jetzt" beschreiben und die Explosion mittels eines mit Dynamit beladenen Betonmischers verursacht wird. Der Film endet mit einem Gruß der "Brüder der medialen Abteilung der Al Qaeda im Zweistromland". Auf einer weiteren CD des Angeklagten konnte eine Worddatei mit dem Titel "Abschlachten der Ungläubigen" aufgerufen werden, in denen die Vorteile des Enthauptens der Ungläubigen auch nach einer Gefangennahme unter Hinweis auf Koransuren, geschichtliche Erzählungen des Propheten und Meinungen islamischer Gelehrter beschrieben werden. Auf der Festplatte des Sony-Notebooks befand sich ein Film mit dem Titel "Das mediale Forum der Sunna-Anhänger präsentiert: Der Weg des Stolzes", der ein Interview mit einem Mudjahedin beinhaltete und durch Szenen von Angriffen auf Straßensperren, Militärstützpunkte, Polizeistreifen, Wachleute, fahrende Fahrzeuge, Patrouillen, Soldaten und Offiziere mehrfach unterbrochen wird. In djihadistischen Gesängen wird dabei das "Schlachten der Ungläubigen" gefordert und der Djihad als Notwendigkeit für den Erhalt der Religion Gottes legitimiert.
In dieser Gesamtschau konnte der Senat ausschließen, dass der Angeklagte die Botschaften der Rädelsführer von Al Qaeda und Al Qaeda im Zweistromland lediglich zu Informationszwecken oder im Sinne einer Kundgabe von Sympathie verbreitet hat. Vielmehr ließ die extremradikale Einstellung des Angeklagten, seine mehrfach erfolgte Aufforderung zum bewaffneten globalen Djihad und die fanatische Huldigung Al-Zarqawis und Bin Ladens nur die Schlussfolgerung zu, dass insbesondere für die beiden terroristischen Vereinigungen neue Mitglieder oder Unterstützer speziell durch den Angeklagten durch das Abspielen der festgestellten Botschaften und die Bekanntgabe entsprechender Links und Texte gewonnen werden sollten.
Zum Unrechtsbewusstein
Dass der Angeklagte schließlich mit Unrechtsbewusstsein handelte und er insbesondere nicht einem unvermeidbaren Verbotsirrtum unterlag, ergibt sich aus der Aussage der Zeugen R. und D. sowie aus weiteren Beiträgen, die der Angeklagte im Chat verfasst hat. Zwar hat der Zeuge R. dem Angeklagten nach Einstellung des Verfahrens der Staatsanwaltschaft München II erläutert, dass der Besitz und das Herunterladen von Dateien mit entsprechendem Inhalt nicht strafbar sei. Die Verbreitung und das Kommentieren solcher Dateien über das Internet ist aber gerade nicht Gegenstand dieser Beratung gewesen.
Bestimmte Verhaltensweisen des Angeklagten im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" belegen insoweit auch, dass der Angeklagte besonders vorsichtig und konspirativ zu Werke ging, um seine Tätigkeit trotz weiterlaufender Überwachung durch die Behörden, fortzusetzen. Am 24. Juni 2006 schrieb der Nutzer "aba_3abdelra7man" um 15:40:44 Uhr: "Bruder ich habe ein Programm, das die IP in Sekundentakt ändert." Den Link zu der Software stellte er um 15:52:07 Uhr ein. Daraufhin beteiligte sich der Angeklagte unter dem Pseudonym "3mer_kurdi" an der Verbreitung des Links und stellte ihn selbst um 15:52:36 und 15:52:52 Uhr in den Chat ein. In der Sitzung vom 9. Juli 2006 teilte der Nutzer "riaa7 alnsr_1" um 19:25:21 Uhr mit, dass er bei Google und Yahoo nach Reden von Al-Zarqawi gesucht habe. Darauf schrieb der Angeklagte unter dem Pseudonym "3mer_kurdi" ab 19:28:36 Uhr: "Mein Bruder riaa7 alsnr, ich rate den Brüdern davon ab, Suchmaschinen wie Google, Yahoo zu benutzen, denn es wurde viel über deren Schäden geschrieben. Diese archivieren mittels "L I B" jede Suche, die man vorgeht. Die Brüder, welche den PC von zuhause benutzen, sollen diese böswilligen Maschinen vermeiden". Es sei besser, Vorsichtsmaßregeln zu ergreifen (19:34:36 Uhr). Das Beste sei, die Reden von vertrauenswürdigen Brüdern zu verlangen (19:35:08 Uhr). Es gäbe auch andere Wege, die einen nicht in Gefahr bringen würden (19:35:43 Uhr). Man soll an den Foren "Alhesbah" und "alboraq" teilnehmen (19:37:48 Uhr). In der selben Sitzung rät "3mer_kurdi" schließlich dem die Durchführung eines Selbstmordanschlags ankündigenden Nutzer "3asheq 7or al3en" um 19:50:03 Uhr: "Das Beste ist, wenn du das Gerät löschst". Insgesamt konnte festgestellt werden, dass der Angeklagte im sowieso anonymen Raum "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" zusätzlich Sicherheitsmaßnahmen zur Verhinderung einer Identifizierung forderte und anriet, die für den Fall, dass er sein eigenes Verhalten als legal interpretiert hätte, nicht erforderlich gewesen wären. Dies rechtfertigt den Schluss, dass der Angeklagte eine strafrechtliche Verfolgung befürchtete und ihm das Unrecht seiner Taten bewusst war.
Rechtliche Würdigung
Der Angeklagte hat sich dadurch in 22 Fällen des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für eine ausländische terroristische Vereinigung gemäß § 129b Abs. 1 in Verbindung mit § 129a Abs. 1 und 5 Satz 2 StGB strafbar gemacht.
Bei Al Qaeda und Al Qaeda im Zweistromland handelt es sich nach den getroffenen Feststellungen um Vereinigungen, deren Tätigkeit auf die Ermordung und Verschleppung von Menschen gerichtet ist.
Um Mitglieder für eine der in § 129a Absatz 1 StGB bezeichneten terroristischen Vereinigung wirbt, wer sich um die Gewinnung von Personen bemüht, die sich mitgliedschaftlich in die Organisation einer derartigen Vereinigung einfügen. Um Unterstützer wirbt, wer bei anderen die Bereitschaft wecken will, die Tätigkeit oder die Bestrebungen einer solchen Vereinigung direkt oder über eines ihrer Mitglieder zu fördern, ohne sich selbst als Mitglied in die Organisation einzugliedern. Die Werbung kann sich dabei in beiden Fällen sowohl an eine konkrete Person als auch an eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten richten.
Hierfür ist ausreichend, dass der Angeklagte - wie dargestellt - Verlautbarungen verbreitet hat, in denen zur Teilnahme am Djihad zumindest auch zu Gunsten der vom jeweiligen Redner repräsentierten Vereinigung aufgerufen wird und er sich diese um Mitglieder oder Unterstützer werbende Äußerung zu eigen gemacht hat sowie als eigenes werbendes Eintreten für die Vereinigung verstanden wissen wollte. Sein Verhalten beschränkte sich nicht auf einen allgemeinen Aufruf zum globalen Djihad, das allgemein befürwortende Eintreten für Al Qaeda oder Al Qaeda im Zweistromland, die Rechtfertigung ihrer Ziele oder der aus ihr heraus begangenen Straftaten sowie die Verherrlichung dieser Ideologien. Insoweit ist schon aus den Gesamtumständen seiner Besuche und Aktivitäten in dem Chatroom für alle anderen dortigen Besucher sein befürwortendes Eintreten für die Inhalte der von ihm verbreiteten Dateien unverkennbar, denn es reicht aus, dass der Angeklagte die Weiterverbreitung erkennbar als eigene Meinungsäußerung den weiteren Besuchern des Chatrooms zugänglich machen wollte. Die Äußerungen der Rädelsführer der beiden fraglichen Vereinigungen - Bin Laden, Al-Zawahiri, Al-Zarqawi und Al-Muhadjer - waren nach ihrer Gesamtaussage unverkennbar nicht nur darauf gerichtet, allgemein Propaganda für den Djihad und ungenannte Vereinigungen zu treiben, sondern im Vordergrund stand vielmehr der Zweck, gezielt neue Teilnehmer oder Unterstützer für diesen Kampf zu gewinnen. Dass die Äußerungen zugleich als Werbung um Mitglieder oder Unterstützer für andere - ideologisch gleichgesinnte - Vereinigungen verstanden werden konnten oder gleichzeitig auch deren Tätigkeit preist sowie zu deren Fortsetzung aufruft, schließt die Strafbarkeit nicht aus. Die notwendigerweise gleichzeitig geäußerte Sympathie für die benannten Vereinigungen tritt demgegenüber in den Hintergrund.
Dass sich dieses Werben des Angeklagten an eine unbestimmte Anzahl von Adressaten gerichtet hat und in einem Chatroom für djihadistische Islamisten, d.h. für Gleichgesinnte stattgefunden hat, ist unschädlich. Insbesondere im Internet und in frei und jedermann zugänglichen Chatrooms ist die Zahl der möglichen Empfänger von Botschaften unbegrenzt, was dem Angeklagten bewusst war. Insoweit geht der von der Verteidigung vorgebrachte Ansatz, der Chatroom werde nur von Nutzern besucht, die bereits Mitglieder oder Unterstützer der djihadistischen Organisationen seien und daher nicht mehr als solche angeworben werden könnten, fehl. Ebenso unschädlich ist die Tatsache, dass ein bestimmter Erfolg der Werbung um Mitglieder oder Unterstützer durch die Ermittlungen nicht belegt werden konnte. Für das vollendete Werben um Mitglieder oder Unterstützer ist kein besonderer Erfolg notwendig (vgl. MK-Miebach/Schäfer, § 129a StGB Rn. 74). Es handelt sich bei dem Straftatbestand um ein unechtes Unternehmensdelikt.
Lediglich soweit der Angeklagte Audiobotschaften teilweise nicht vollständig eingestellt hat (vgl. die Audiobotschaft unter A II 3.14 und der erste Versuch, die Audiobotschaft unter A II 3.21 abzuspielen), konnte der Senat die Erfüllung des Tatbestandes des § 129b Abs. 1 i.V.m. § 129a Abs. 5 Satz 2 StGB nicht feststellen. Auch wenn es sich bei der Tatvariante des Werbens um ein unechtes Unternehmensdelikt handelt, bedarf es zu seiner Vollendung einer Handlung, die zumindest geeignet sein muss, andere Personen zu der beabsichtigten Maßnahme zu veranlassen. Ansonsten liegt nur ein strafloser Versuch vor. Für den Schuldspruch hatte dies indes keine Auswirkung, weil es dem Angeklagten während der jeweiligen Sitzungen gelungen ist, zumindest eine weitere werbende Botschaft zu veröffentlichen, die im Verhältnis zu den straflosen Versuchshandlungen keine eigenständige, sondern dieselbe Tat darstellt.
Ein die Schuld des Angeklagten ausschließender unvermeidbarer Verbotsirrtum nach § 17 S. 1 StGB lag nicht vor (vgl. B VII).
Die nach § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB erforderliche Verfolgungsermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz ist erteilt worden. Die Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung künftiger Taten in Deutschland, die in Zusammenhang mit der terroristischen Vereinigung Al Qaeda stehen, datiert vom 18. September 2002 (Az.: II B 1 - 4030 E (57) - 2 G 183/2002). Die Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von Werbern um Mitglieder oder Unterstützer der unter dem Namen "Al Qaeda im Zweistromland" auftretenden ausländischen terroristischen Vereinigung, die sich im Inland aufhalten oder im Inland tätig werden, wurde am 14. August 2007 erteilt (Az.: II B 1 - 4030 E (316) - 21 166/2006).
Soweit der Angeklagte in einer Paltalksitzung mehrfach Botschaften eingestellt hat, die allesamt den Tatbestand des § 129b Abs. 1 i.V.m. § 129a Abs. 1 und 5 Satz 2 StGB erfüllt hätten, standen diese aufgrund einer natürlichen Handlungseinheit nicht in Konkurrenz zueinander. Sämtliche festgestellten, sich an den unterschiedlichen Paltalksitzungen orientierenden Taten hat der Angeklagte in Tatmehrheit nach § 53 StGB erfüllt.
Der Senat ist sich bei der rechtlichen Würdigung des Verhaltens des Angeklagten der besonderen Bedeutung der Meinungs- und Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) sowie der Glaubensfreiheit (Art. 4 GG) bewusst gewesen. Bezüglich des Grundrechts aus Art. 5 GG konnte der Senat jedoch ausschließen, dass die Äußerungen und Verhaltensweisen in einer Weise zu interpretieren waren, die ihnen die strafrechtliche Relevanz nähme. Vielmehr versuchte der Angeklagte, die ihm zur Verfügung gestellte Meinungsfreiheit zu missbrauchen, um anderslautende Meinungen, politische Ansichten, Gesinnungen und Glaubensbekenntnisse mit terroristischen Mitteln zu bekämpfen und zwei Terrororganisationen durch die Gewinnung neuer Mitglieder oder Unterstützer zu stärken. Eine solche Vorgehensweise wird durch die die Meinungsfreiheit einschränkenden allgemeinen Gesetze, zu denen §§ 129a und 129b StGB zählen, in verhältnismäßigem Ausmaß beschränkt. Ihre im konkreten Fall vorzunehmende Anwendung führt auch unter Berücksichtigung des Gedankens der Wechselwirkungslehre nur zu dem Ergebnis, dass sich der Angeklagte bei seiner Vorgehensweise auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung nicht berufen konnte. Entsprechendes gilt für das Grundrecht auf Religionsfreiheit, das trotz des Wortlauts des Art. 4 Abs. 1 GG nicht vorbehaltlos gewährt wird, sondern durch die verfassungsimmanenten Schranken einer Einschränkung unterliegt. Die im Wege der praktischen Konkordanz vorzunehmende Abwägung mit den Gütern von Verfassungsrang, die durch das Verhalten des Angeklagten beeinträchtigt werden (Erhalt der demokratischen Grundordnung in der Bundesrepublik Deutschland, Recht auf Leben, Unversehrtheit, Freiheit, freie Meinungsäußerung, Glaubensfreiheit anderer u. a.), führte zu dem Ergebnis, dass die Glaubensfreiheit des Angeklagten zurückzutreten hatte, zumal Terror nicht zu den anerkannten Glaubenspflichten des Islams gehört.
Strafzumessung
Bei der Bemessung der Strafe ist der Senat hinsichtlich jeder einzelnen Tat vom Strafrahmen des § 129a Abs. 5 Satz 2 StGB, der für das Werben um Mitglieder oder Unterstützer terroristischer Vereinigungen eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vorsieht, ausgegangen.
Eine Milderung dieses Rahmens nach § 129a Absatz 6 StGB kam nicht in Betracht, weil weder von einer geringen Schuld des Angeklagten noch von einer untergeordneten Bedeutung seines Handelns gesprochen werden konnte. Zwar könnte jede einzelne Tat für sich betrachtet im Zusammenhang mit den vielfachen Wiederholungen an einen minder schweren Fall denken lassen, aber eine Gesamtschau seiner Handlungen und der Motivation dazu lässt das wiederum ausschließen. Der Angeklagte besitzt eine verblendete extremistische Einstellung, die er auch in seinem Schlusswort noch einmal offenbart hat. Er hat sich als uneinsichtiger fanatischer Kämpfer für eine Andersgläubige missachtende Ideologie dargestellt, der sein Handeln aufgrund eines angeblich den Islam bekämpfenden und zu versklaven versuchenden Kreuzzuges der westlichen Mächte zu rechtfertigen versucht. Auch fällt der Tatbeitrag des Angeklagten nicht nur unerheblich ins Gewicht. Gerade die Propagandasäule ist - wie dargestellt - für die vom Angeklagten beworbenen Organisationen von essentieller Bedeutung. Eine Bewertung in der Form, dass es sich "nur" um Propagandatätigkeit handele, wird ihrer Bedeutung für den globalen Djihad nicht gerecht. Auch liegt der Tatbeitrag des Angeklagten innerhalb des Propagandabereichs gerade nicht auf der untersten Schwelle der im Tatbestand vorausgesetzten Wirksamkeit (vgl. dazu MK-Miebach/Schäfer, § 129a StGB Rn. 125). Mit seinen Handlungen hat der Angeklagte das Internet als Werkzeug des Terrorismus instrumentalisiert und dabei wie die Rädelsführer von Al Qaeda und Al Qaeda im Zweistromland sich der Möglichkeit einer weltweiten, schnellen und unzensierten Verbreitung von Aufrufen zur Beteiligung zu Nutze gemacht. Diese Art der Werbung lässt sich mit einer mittels Flugblättern oder Plakaten durchgeführten und dadurch viel weniger Empfänger erreichenden nicht vergleichen. Schließlich konnte nicht unberücksichtigt bleiben, dass es sich bei beiden beworbenen Organisationen um die führenden djihadistischen Gruppierungen handelt, die Terroranschläge mit unermesslichem Leid für eine Vielzahl von Menschen durchführen.
Die Voraussetzungen für ein Absehen von Strafe oder eine Strafmilderung nach § 129a Abs. 7 i.V.m. § 129 Abs. 6 StGB (tätige Reue) lagen ebenfalls nicht vor.
Zugunsten des Angeklagten hat der Senat bewertet, dass jener bislang nicht vorbestraft ist und dass er sich seit mehr als 1 1/2 Jahren in Untersuchungshaft befindet, die wegen des Bezugs der Taten zum Terrorismus unter besonderen Sicherheitsbedingungen vollzogen wird. Die Entfernung von seiner Familie - die Geburt seines jüngsten Sohnes hat er bereits in Unfreiheit erfahren - und sein auch aufgrund der Haft ungesicherter ausländerrechtlicher Status dürften auf den Angeklagten einen erheblichen psychischen Druck ausgeübt haben. Ferner war zu berücksichtigen, dass Erfolge seiner Werbung im Sinne tatsächlich gewonnener Mitglieder oder Unterstützer nicht festgestellt werden konnten und die Botschaften über Fernsehen und Internet bereits vorab veröffentlicht worden waren. Letztlich hat er sich zwar auch in seinem letzten Wort teilweise geständig gezeigt. Dem kam allerdings nach der ihn überführenden langen Beweisaufnahme nur noch untergeordnete Bedeutung zu, zumal er sich im letzten Wort zugleich uneinsichtig zeigte und sein Verhalten als Ausdruck seiner Meinungs- und Glaubensfreiheit zu rechtfertigen suchte.
Auf der anderen Seite konnte nicht übersehen werden, dass es sich im Zeitalter des Internets um Taten von erheblicher Bedeutung handelte. Der Angeklagte hat sich hier eine weltweit verfügbare Plattform zur Verbreitung seines extremistischen Gedankenguts ausgesucht und für die Ziele von Al Qaeda und Al Qaeda im Zweistromland geworben, die auf die Eliminierung westlichen Einflusses in muslimischen Ländern, Einrichtung sog. Gottesstaaten auf der Basis des Scharia-Rechts ausgerichtet sind und die Bekämpfung der gesamten westlichen Welt und prowestlicher Regierungen in der muslimischen Welt durch Terrorakte bezweckt. Dadurch soll weltweit ein Klima der Angst vor allgegenwärtigen terroristischen Bedrohungen hervorgerufen werden. Das Internet ist insoweit bereits notwendiger Bestandteil terroristischer Betätigung geworden. Noch Zögernde werden auf ihrem Weg zum Djihad bestärkt und allen wird durch tägliche Berichte über erfolgreiche Anschläge und Lobpreisungen der als Märtyrer gewürdigten Attentäter gezeigt, dass nur der gewaltsame Djihad der richtige Weg sei. Deswegen mussten auch die Auswirkungen einer derartigen Propaganda berücksichtigt werden, namentlich die Erlangung von finanzieller Unterstützung, denn keine Terrororganisation kommt ohne finanzielle Mittel aus und die Bereitschaft zum Spenden wird gerade durch angebliche Erfolge propagierende Berichte gefördert.
Dass der Angeklagte in einigen Fällen die Botschaften erst auf Aufforderung anderer Nutzer im Chatroom "Al Ansar Ansar Al Mujahdeen" verbreitet hat, vermochte ihn nicht zu entlasten. Der Strafbarkeitsvorwurf setzt allein die Handlungen des Angeklagten voraus, nicht aber, dass er auf einen bestimmten Personenkreis trifft. Insoweit spielte es für die Strafzumessung auch keine Rolle, dass sich der Angeklagte außerhalb des Internets Dritten gegenüber weitgehend rechtschaffen verhalten hat. Dieses ist Taten mit notwendigerweise konspirativer Vorgehensweise gerade immanent.
Straferschwerend musste hingegen berücksichtigt werden, dass der Angeklagte in seinem letzten Wort deutlich gemacht hat, dass es ihm auch an der erforderlichen Einsicht fehlt. Die verfassungsrechtlich garantierte Meinungsäußerungsfreiheit hält er für eine verlogene und leere Phrase, weil ihm seine Art der Meinungsäußerung nicht erlaubt sein soll. Vielmehr wurde dadurch deutlich, dass er den Freiraum und den Schutz, den ihm dieser Staat bietet, missbrauchen will zugunsten einer menschenverachtenden und inhumanen Ideologie.
Der Senat ist der Ansicht, dass aus den 22 Fällen die Aktivitäten am 24. Juni 2006 zwischen 8:18:04 und 13:36:09 Uhr (vgl. A II 3.1) den höchsten Stellenwert haben, während es sich bei den in der Folgezeit verbreiteten Botschaften in aller Regel um Wiederholungen handelte. Hierfür erschien eine Einsatzstrafe von einem Jahr tat und schuldangemessen. Für die weiteren Taten erschien eine weitere Differenzierung in nachvollziehbarer Form nicht möglich. Unter Berücksichtigung, dass es sich im Wesentlichen um Wiederholungen handelte erschien für die Taten Nr. 2 bis 22 jeweils eine Einzelstrafe von acht Monaten für tat und schuldangemessen.
Aufgrund dieser Einzelstrafen hat der Senat unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände, insbesondere des zeitlichen, örtlichen, situativen und motivatorischen Zusammenhangs, der eine enge Verzahnung aller Taten begründet, eine maßvolle Erhöhung der Einsatzstrafe vorgenommen, die gleichzeitig als warnendes Signal für den Angeklagten und mögliche Nachahmer zu dienen hatte. Der Senat hielt insgesamt eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren für tat und schuldangemessen und hat daher auf eine solche erkannt.
Nebenentscheidungen
Einziehung
Die Einziehung der beiden vom Angeklagten verwendeten Notebooks erfolgte auf der Grundlage des § 74 StGB. Sie sind als Tatmittel für die Verbreitung der Botschaften vom Angeklagten - der HP Pavillon zumindest bis zum 25. Juli 2006, der Sony Vaio frühestens ab dem 26. Juli 2006 - verwendet worden. Beide Notebooks standen zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Einziehung im Eigentum des Angeklagten. Darüber hinaus lagen auch die Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 Ziff. 2 StGB vor, da der Angeklagte sein Verhalten für erlaubt hält, seine extremradikale Gesinnung noch in seinem Schlusswort zum Ausdruck brachte und daher die konkrete Gefahr besteht, dass der Angeklagte im Fall der Rückgabe der Notebooks weitere rechtswidrige Taten der abgeurteilten Art begehen wird. Aufgrund seines Schlusswortes ist die große Gefahr gegeben, dass er als Unbelehrbarer seine Tätigkeit alsbald fortsetzen wird, sobald er wieder auf freiem Fuß ist.
Kosten
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 465 StPO.