Arbeitsgericht Braunschweig
Urt. v. 01.07.1998, Az.: 7 Ca 997/97 E
Tarifgerechte Eingruppierung einer Schulsekretärin; Anfall von Arbeitsvorgängen entsprechend den Anforderungen eines oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale; Umfang der Darlegungspflicht und Beweispflicht des Angestellten; Ausübung von Tätigkeiten, die gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordern
Bibliographie
- Gericht
- ArbG Braunschweig
- Datum
- 01.07.1998
- Aktenzeichen
- 7 Ca 997/97 E
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1998, 27989
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:ARBGBS:1998:0701.7CA997.97E.0A
Rechtsgrundlagen
- Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 b BAT/VkA
- § 22 BAT
In dem Rechtsstreit
hat die 7. Kammer des Arbeitsgerichts Braunschweig
auf die mündliche Verhandlung vom 01.07.98
durch
den Richter am Arbeitsgericht ... als Vorsitzenden und
die ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
- 3.
Der Streitwert wird auf 4.320,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin ab dem 01.01.1995.
Die am 16.02.1946 geborene Klägerin ist seit dem 01.07.1980 bei der beklagten Gemeinde als Schulsekretärin mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 22,5 Stunden an der Haupt- und Realschule Rühen beschäftigt. Die Schule umfaßt 14 Klassen mit insgesamt ca. 340 Schülern und 18 Lehrkräften. Die Leitung der Schule obliegt einem Rektor und einem Konrektor, die Klägerin ist im Schulsekretariat als Alleinkraft tätig.
Auf das Arbeitsverhältnis finden der Bundes-Angestellten-Tarifvertrag sowie die diesen ergänzenden ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Die Klägerin erhält seit dem 01.01.1981 eine Vergütung entsprechend Vergütungsgruppe VIII BAT/VkA.
Mit Schreiben vom 03.06.1992 begehre die Klägerin von der beklagten Gemeinde die Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 b BAT/VkA. Mit Schreiben vom Juli 1992 übersandte die Klägerin der beklagten Gemeinde eine Stellenbeschreibung, in der sie die von ihr auszuübenden Tätigkeiten mit den jeweils darauf entfallenen Zeitanteilen darstellte (wegen des Inhalts der Arbeitsplatzbeschreibung und des Anteils der einzelnen Arbeitsvorgänge an der Gesamtarbeitszeit wird auf Blatt 37-40 der Akten Bezug genommen). Mit Schreiben vom 08.03.1993 lehnte die beklagte Gemeinde das Höhergruppierungsbegehren der Klägerin ab. Mit Schreiben vom 20.09.1995 begehrte die Klägerin nochmals erfolglos eine Vergütung nach Vergütungsgruppe VI b. Dabei vertrat die Klägerin die Ansicht, sie erfülle die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 b BAT/VkA und sei aufgrund Bewährungsaufstieges nunmehr nach Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 b zu vergüten.
Mit ihrer am 24.12.1997 beim Arbeitsgericht Braunschweig eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie vertritt die Ansicht, ihre Tätigkeit sei in die beiden Arbeitsvorgänge, allgemeiner Bürodienst und Schulverwaltungstätigkeit aufzuteilen. Hierzu behauptet sie, der letztgenannte Arbeitsvorgang gliedere sich in lehrerbezogene Schulverwaltungstätigkeit, Schülerangelegenheiten und Elternangelegenheiten. Der Zeitanteil für lehrerbezogene Schulverwaltungstätigkeit betrage 30,5 %, der der schülerbezogenen Schulverwaltungstätigkeit 43 % und der Zeitanteil für elternbezogene Schulverwaltungstätigkeit betrage 1,5 % (wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 3-4 der Akten Bezug genommen). Die Stellenbeschreibung aus dem Jahre 1992 sei nicht mehr aktuell, da sich ihr Aufgabengebiet zwischenzeitlich insbesondere durch Technisierung gewandelt habe. Die Klägerin behauptet, auf Grund ihrer langjährigen Tätigkeit verfüge sie über erhebliche Erfahrungskenntnisse, ohne die es ihr nicht möglich wäre, die ihr übertragenen Aufgaben zu bewältigen. Ihr obliege die eigenständige Organisation des Schulsekretariates sowie der Handkassen- und Etatverwaltung. Zu ihren Aufgaben gehöre das Aufgeben von Bestellungen, die Entgegennahme und Überprüfung von Rechnungen einschließlich der Eintragung in die Haushaltsüberwachungslisten. Sie rechne die Handkasse unter Verwendung der dafür vorgesehenen Belege ab. Im Schülerbereich habe sie ca. 15 verschiedene Antragsformulare bei Bedarf herauszugeben, die Schüler zu beraten und den Rücklauf zu kontrollieren. Allein bei der Einschulung in die 5. Klasse seien 5 Formulare von den Eltern auszufüllen, die sie anschließend bearbeiten und dokumentieren müsse. Sie müsse Schulunfallmeldungen aufnehmen und bearbeiten, Schulbescheinigungen und Beurlaubungen ausstellen sowie Zu- und Abgänge erfassen. Bei Sachbeschädigungen habe sie die entsprechenden Feststellungen zu treffen und Schadensersatzansprüche gegenüber den Eltern geltend zu machen. Im Bereich der Lehrerverwaltungstätigkeit obliege ihr die Verwaltung von ca. 20 unterschiedlichen Formularen (Reisekostenabrechnungen, Versetzungsanträge, usw.). In diesem Zusammenhang sei sie dafür verantwortlich, daß aufgrund des geschilderten Sachverhaltes der richtige Antrag herausgegeben werde. Erforderlichenfalls berate sie die Lehrer bei der Antragstellung.
Im Bereich der Lehrmittelfreiheit gebe sie jeweils zu Schuljahresbeginn an die Schüler die Inventarlisten heraus und überprüfe am Ende des Schuljahres den Zustand der Bücher, um festzustellen, ob die Bücher weiter verwendet werden können. Ihr obliege die Überwachung der Rückgabe nicht fristgerecht abgegebener Bücher, die Zahlung von Schadensersatzansprüchen durch die Eltern sowie gegebenenfalls die Durchführung des Mahnwesens. Ferner erstelle sie Statistiken, die sie zudem ständig aktualisieren müsse. Besonders hoch belastet sei sie bei Einschulungen, da hier gegenüber Schülern und Eltern zusätzliche Beratungstätigkeiten anfielen, die psychologisches Einfühlungsvermögen erforderten. Letztlich verfüge sie auch über Erste-Hilfe Kenntnisse, über Kenntnisse der PC-Bedienung und der Bedienung weiterer Peripheriegeräte. Als Alleinkraft müsse sie darüberhinaus in erheblichem Umfang über organisatorische Fähigkeiten verfügen. Daraus folge, daß sie nicht nur vertiefte Fachkenntnisse eines eng umgrenzten Aufgabenbereichs besitze, sondern vielmehr ein auf Rechtskenntnisse und Erfahrungswissen gestütztes breit gefächertes Fachwissen.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, daß die beklagte Gemeinde verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 01.01.1995 Vergütung nach der Vergütungsgruppe VI b der Anlage 1 a zum BAT der VkA nebst 4 % Zinsen auf die Nettodifferenzbeträge seit dem 06.05.1998 zu zahlen.
Die beklagte Gemeinde beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt sich mit Rechtsgründen und vertritt die Ansicht, die Eingruppierung der Klägerin in die Vergütungsgruppe VII a der Anlage 1 a zum BAT der VkA sei zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den zu den Akten gereichten Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 21.01.1998 und vom 01.07.1998 Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist zulässig.
Es handelt sich um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unbedenklich als zulässig anzusehen ist (vgl. BAG, Urteil vom 24.03.1993, 4 AZR 298/92; BAG, Urteil vom 19.03.1986, AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Eingruppierung in die Vergütungsgruppe VI b der Anlage 1 a zum BAT der VkA.
Nach § 22 Abs. 1 BAT richtet sich die Eingruppierung eines Angestellten nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung. Der Angestellte ist in die Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht, § 22 Abs. 2 Unterabsatz 1 BAT. Das ist der Fall, wenn mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabsatz 2 Satz 1 BAT, nebst Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 BAT). Unter einem Arbeitsvorgang im Sinne von § 22 Abs. 2 BAT ist nach ständiger Rechtsprechung des BAG eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer vernünftigen, sinnvollen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit, der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen (BAG, AP Nr. 2, 115 und 161 zu §§ 22, 23 BAT).
Der Angestellte ist für die Erfüllung der anzuwendenden Tätigkeitsmerkmale und hinsichtlich der Feststellung der Arbeitsvorgänge darlegungs- und beweispflichtig. Eine Eingruppierungsfeststellungsklage ist dann schlüssig, wenn der Kläger die Einzelheiten seiner Tätigkeit sowie darüber hinaus diejenigen Tatsachen vorgetragen hat, welche das Arbeitsgericht kennen muß, um daraus rechtlich folgern zu können, welche Arbeitsvorgänge im Rahmen der auszuübenden Tätigkeit des Angestellten anfallen. Hierbei reicht grundsätzlich eine lediglich nach Arbeitsschritten gegliederte Tätigkeitsdarstellung nicht aus. Diese Tätigkeitsdarstellung muß vielmehr weiterhin Angaben zu den Arbeitsergebnissen der Arbeitsvorgänge, zu den Zusammenhangstätigkeiten und zur Abgrenzbarkeit der verschiedenen Einzelaufgaben enthalten. Hinsichtlich der anzuwendenden Tätigkeitsmerkmale muß die Klägerin diejenigen Tatsachen vortragen, die den Schluß darauf zulassen, daß seine Tätigkeit die Tätigkeitsmerkmale der von ihm in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe erfüllt. Daraus folgt, daß rein äußerliche, Schlagwort- bzw. überschriftartige pauschale Bezeichnungen, die den qualitativen Gehalt der Tätigkeit nicht ohne weiteres erkennen lassen, nicht genügen (BAG, AP Nr. 32 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Angesichts der Differenzierungen der Tätigkeitsmerkmale ist eine lediglich genaue Darstellung der Aufgaben des Angestellten nicht ausreichend. Vielmehr bedarf es auch zu den einzelnen tariflichen Qualifizierungsmerkmalen im Hinblick auf die jeweils in Betracht kommenden unbestimmten Rechtsbegriffe eines entsprechenden substantiierten Tatsachenvortrages. Eine in tatsächlicher Beziehung lückenlose und genaue Darstellung der Tätigkeiten und Einzelaufgaben genügt nicht, wenn sich daraus nicht zugleich entnehmen läßt, aufgrund welcher konkreten Tatsachen die jeweils in Betracht kommenden Tätigkeitsmerkmale erfüllt sein sollen. Dies gilt insbesondere für tarifvertragliche Heraushebungsmerkmale. Diese bestehen in einer Wertung, die einen Vergleich mit denen unter die Vergütungsgruppe fallenden, nicht herausgehobenen Tätigkeiten erfordert. Insoweit bedarf es eines substantiierten und spezifizierten Vortrages, der den Vergleich ermöglicht (BAG, Urteil vom 20.10.1993, 4 AZR 47/93).
Die für die Eingruppierung der Klägerin maßgebenden Tätigkeitsmerkmale des BAT haben folgenden Wortlaut:
Vergütungsgruppe VII
1
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendiensten und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche Fachkenntnisse erfordert. (Erforderlich sind nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen usw. des Aufgabenkreises).(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendiensten und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert.
(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muß aber so gestaltet sein, daß er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann).
(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)
Vergütungsgruppe VI b
1
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeiten gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Fünftel selbständige Leistungen erfordert.(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muß aber so gestaltet sein, daß er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen). (Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert, nach sechsjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 b.
(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muß aber so gestaltet sein, daß er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. (Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)
Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 a BAT/VkA. Die Tätigkeiten der Klägerin erfordern gründliche Fachkenntnisse. Nach der von den Tarifvertragsparteien gegebenen Klammerdefinition erfordern gründliche Fachkenntnisse nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen usw. des Aufgabenkreises. Da die Parteien die Tätigkeit der Klägerin insoweit als unstreitig ansehen und auch die beklagte Gemeinde die Tätigkeitsmerkmale dieser Tarifgruppe als erfüllt ansieht, kann eine weitere Überprüfung hinsichtlich der Eingruppierung der Klägerin in die Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1a BAT/VkA unterbleiben (vgl. BAG, Urteil vom 17.08.1994, AP 183 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Die Klägerin erfüllt indes nicht die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1b BAT/VkA und kann deshalb auch nicht aufgrund sechsjähriger Bewährung nunmehr eine Vergütung nach Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 b verlangen. Die Merkmale der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 b enthalten gegenüber der Fallgruppe 1 a eine Steigerung der Anforderungen hinsichtlich der zu verrichtenden Tätigkeiten. Diese Vergütungsgruppe verlangt Tätigkeiten, die gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordern. Wenn die gründlichen, d.h. die in dem gebotenen Maße vertieften Fachkenntnisse darüberhinaus auch noch vielseitig sein sollen, so kennzeichnet dieses zusätzliche Merkmal den erweiterten Umfang der Fachkenntnisse, die für den jeweiligen Bereich des Angestellten verlangt werden. Das Tätigkeitsmerkmal der "Vielseitigkeit" ist also quantitativ zu begreifen, d.h. die Menge der zu beachtenden und anzuwendenden Normen und Bestimmungen ist maßgebend (BAG, Urteil vom 29.08.1984 - 4 AzR 338/82; BAG, AP Nr. 94 zu §§ 22, 23 BAG 1975). "Vielseitigkeit" ist kein allumfassender Begriff in dem Sinne, daß der Angestellte alle Sachgebiete der Verwaltung mit gründlichen Fachkenntnissen beherrschen muß; der Begriff der "Vielseitigkeit" liegt vielmehr zwischen dem Begriff "allseitig" und dem Begriff "einseitig". Demnach kann auch Erfahrungswissen gründliche und vielseitige Fachkenntnisse begründen. Die Fachkenntnisse brauchen sich auch nur auf den Teilbereich zu beziehen, in dem der Angestellte arbeitet. Der Teilbereich muß allerdings so beschaffen sein, daß er nur mit gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen bearbeitet werden kann; dies ergibt sich aus Art und Gesamtinhalt der Tätigkeitsmerkmale. Ein eng abgegrenzter Teilbereich mit routinemäßigen Arbeiten kann deshalb nicht die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 b erfüllen (vgl. BAG, Urteil vom 29.08.1984, AP Nr. 94 zu §§ 22, 23 BAT 1975; LAG Düsseldorf, Urteil vom 28.01.1986 - 11 Sa 1506/85 Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, II, Anlage 1 a Vergütungsgruppe VII, Rz 11 ff).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Selbst wenn man davon ausgeht, daß die von der Klägerin vorgetragene, von der Arbeitsplatzbeschreibung aus dem Jahre 1992 abweichende, Bewertung ihrer Arbeitsvorgänge zutreffend sein sollte, was die Klägerin allerdings nicht hinreichend substantiiert dargelegt hat, so reicht ihr Vortrag nicht aus, um die Eingruppierungsklage schlüssig zu begründen. Die Klägerin hat nicht im einzelnen dargelegt, welche konkreten Tätigkeiten gründliche und vielseitige Fachkenntnisse im Sinne des Tarifvertrags erfordern. Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage lediglich die von ihr vorgenommenen Tätigkeiten konkret dargestellt. Allein die Erläuterung der Arbeitsplatzbeschreibung gibt noch keinen Aufschluß über den qualitativen Gehalt der Tätigkeit. Es ist der Klägerin zuzugeben, daß ihre Tätigkeit insbesondere dann, wenn sie unter Zeitdruck allein entscheiden muß, nervenaufreibend sein kann und daß der Umgang mit Eltern, Schülern und Lehrern psychologisches Einfühlungsvermögen erfordert. Die Klägerin hat jedoch nicht näher dargelegt, was sie unter der eigenständigen Organisation des Schulsekretariates verstanden wissen will. Insoweit fehlt es bereits an einer konkreten Darlegung der der Klägerin übertragenen Arbeiten. Hinsichtlich des Bereiches der Kassen- und Etatverwaltung, der Schulunfallmeldungen und der Herausgabe von Formularen hat die Klägerin zwar ansatzweise die von ihr verrichteten Tätigkeiten dargelegt, es fehlt jedoch trotz eines entsprechenden Auflagenbeschlusses weiterhin an einer differenzierten Darstellung, welche Tätigkeiten der Klägerin gründliche Fachkenntnisse (welche Normen und Vorschriften sind anzuwenden?) und welche Tätigkeiten gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordern. Insbesondere hat die Klägerin keinerlei Tatsachen dazu vorgetragen, die einen wertenden Vergleich zwischen den Tarifmerkmalen gründliche Fachkenntnisse und dem Tarifmerkmal gründliche und vielseitige Fachkenntnisse ermöglichen. Insbesondere hat es die Klägerin unterlassen, den Umfang der einschlägigen und bei welchen Aufgaben anzuwendenden Vorschriften darzulegen, so daß bereits deshalb nicht ersichtlich ist, daß die Klägerin vielseitige Fachkenntnisse benötigt. Ohne konkreten Tatsachenvortrag kann eine vielseitige Fachkenntnisse erfordernde Arbeit auch nicht in der Erledigung von Anträgen, Fragen von Lehrern und Schülern und in der Erteilung von Auskünften gesehen werden, da sie sich hier um einen begrenzten Kreis von sich wiederholenden Vorgängen im Rahmen der allgemeinen Tätigkeit einer Schulsekretärin handelt. Die Klägerin hätte deshalb zunächst einmal im Hinblick auf den Begriff der Vielseitigkeit der Fachkenntnisse darlegen müssen, daß die vorgenannten Tätigkeiten nicht nur Fachkenntnisse von nicht unerheblichem Maß und nicht nur oberflächlicher Art bedingen, sondern darüberhinaus auch noch eine Erweiterung der Fachkenntnisse dem Umfang, d.h. der Quantität nach, verlangen. Hierzu macht die Klägerin jedoch keinerlei substantiierte und nachprüfbare Ausführungen. Die Klägerin hat nicht einmal dargelegt, welche nähere Kenntnis von welchen konkret anzugebenden Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen sie zur Erledigung der ihr übertragenen Tätigkeiten benötigt. Den Besitz und die Notwendigkeit der Erbringung gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse hat die Klägerin somit nicht nachgewiesen.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO. Danach hat die Klägerin als unterlegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf 4.320,00 DM festgesetzt.
Die Streitwertfestsetzung, die gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil zu erfolgen hatte, beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 12 Abs. 7 ArbGG. Der Streitwert war sonach mit dem 36-fachen Wert des monatlichen Differenzbetrages zwischen der Vergütungsgruppe VII BAT und der Vergütungsgruppe VI b BAT festzusetzen.