Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 04.07.1991, Az.: 10 L 5218/91
Ausbildungsförderung; EuGH-Vorlage; Diskriminierungsverbot; Ausländer; Erwerbstätigkeit
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 04.07.1991
- Aktenzeichen
- 10 L 5218/91
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1991, 13084
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1991:0704.10L5218.91.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 13.09.1988 - AZ: 3 VG A 395/84
- nachfolgend
- BVerwG - 08.09.1993 - AZ: BVerwG 11 C 18.92
Fundstellen
- FamRZ 1992, 737-740 (Volltext mit red. LS)
- InfAuslR 1991, 297-298 (Volltext mit red. LS)
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 3. Kammer Hannover - vom 13. September 1988 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin ist französische Staatsbürgerin. Nach Erwerb der mittleren Reife war sie von Oktober 1975 bis Dezember 1978 bei der Société Générale tätig. Im Juni 1978 erwarb sie das Certificat D'Aptitude Professionelle, und zwar im Bereich Bankwesen mit der Zusatzqualifikation "deutsche Sprachkenntnis" (Banque mention Allemand).
Anschließend begab sich die Klägerin in die Bundesrepublik Deutschland und war dort vom 1. Januar 1979 bis zum 30. Juni 1981 als Angestellte, zuletzt als Datentypistin in der Kreditabteilung, bei der Deutschen Bank in Frankfurt und Hannover tätig. In der Zeit vom 1. Juli 1981 bis zum .30. September 1984 war die Klägerin überwiegend arbeitslos mit Leistungsbezug. In der Zeit vom 1. September 1981 bis zum 31. August 1982 wurde sie zur Steno-Phono-Kontoristin umgeschult. Im November 1982 war sie als kaufmännische Angestellte bei der Firma ..., vom 21. April bis 21. Juli 1983 als Angestellte beim 20. Deutschen Evangelischen Kirchentag beschäftigt. Ab September 1983 besuchte die Klägerin während ihrer Arbeitslosigkeit Abendkurse bei der Volkshochschule zur Vorbereitung auf die Immaturenprüfung, die sie im Juni 1984 bestand.
Ab Wintersemester 1984/85 betreibt die Klägerin bis heute (WS 1990/91 zwölftes Fachsemester, SS 1991 Urlaubssemester nach Geburt ihres Kindes) ein Studium an der Beklagten in den Fachrichtungen Romanistik und Germanistik (Abschluß Magister). Mit Antrag vom 4. August 1984 begehrte die Klägerin bei dem für die Beklagte handelnden Studentenwerk Hannover die Gewährung von Ausbildungsförderung und führte dazu aus, daß sie sich seit dem 1. Januar 1979 im Bundesgebiet aufhalte und erwerbstätig gewesen sei.
Mit Bescheid vom 18. September 1984 lehnte das Studentenwerk im Auftrage der Beklagten den Antrag ab, da die Klägerin eine Voraussetzung für die Gewährung von Ausbildungsförderung an Ausländer, eine wenigstens fünfjährige rechtmäßige Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet, nicht erfülle. Die Zeiten der Arbeitslosigkeit könnten nicht als solche der Erwerbstätigkeit in diesem Sinne anerkannt werden.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 1984 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat Klage erhoben und vorgetragen, daß es dem Gleichbehandlungsgrundsatz widerspreche, wenn Ausländern, die sich durch eigene Erwerbstätigkeit einen Anspruch auf Ausbildungsförderung verschaffen wollten, eine fünfjährige volle Erwerbstätigkeit ohne Ausfallzeiten abverlangt werde, wohingegen bereits Auszubildende, deren Eltern lediglich drei Jahre im Bundesgebiet - auch mit Ausfallzeiten - erwerbstätig gewesen seien, in den Genuß von Ausbildungsförderungsleistungen kämen. Damit werde auch gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 7 des EWG-Vertrages verstoßen. Zudem habe sie als Staatsbürgerin eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft einen Anspruch auf die Gewährung von Ausbildungsförderung, wie sie als soziale Vergünstigung allen Bundesbürgern zustehe.
Mit Beschluß vom 19. November 1985 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - zur Auslegung des Gemeinschaftsrechtes im Wege der Vorabentscheidung die Frage vorgelegt, ob die Klägerin Anspruch auf Ausbildungsförderung gemäß § 8 BAföG i.V.m. Art. 48 und 49 EWG-Vertrag und Art. 7 der Verordnung Nr. 1612/68 habe, oder ob, wenn dies nicht der Fall sei, die Nichtgewährung von Ausbildungsförderung einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 7 Abs. 1 EWG-Vertrag darstelle.
Der EuGH hat mit Urteil vom 21. Juni 1988 - RS 39/86 - für Recht erkannt:
"1) Artikel 7 Absatz 1 EWG-Vertrag gilt beim gegenwärtigen Entwicklungsstand des Gemeinschaftsrechts nur insoweit für eine Förderung, die ein Mitgliedstaat seinen eigenen Staatsangehörigen zur Durchführung eines Hochschulstudiums für den Lebensunterhalt und die Ausbildung gewährt, als eine solche Förderung der Deckung von Einschreibegebühren oder anderen Gebühren, insbesondere von Studiengebühren, dient, die für den Zugang zum Unterricht verlangt werden.
2) Eine Förderung, die für den Lebensunterhalt und die Ausbildung zur Durchführung eines Hochschulstudiums gewährt wird, das zu einem berufsqualifizierenden Abschluß führt, stellt eine soziale Vergünstigung im Sinne von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2) dar.
3) Ein Angehöriger eines anderen Mitgliedstaats, der im Aufnahmestaat nach Ausübung einer Berufstätigkeit ein Hochschulstudium aufnimmt, das zu einem berufsqualifizierenden Abschluß führt, ist dann weiterhin als Arbeitnehmer anzusehen, der sich als solcher auf Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1612/68 berufen kann, wenn zwischen der früheren Berufstätigkeit und dem betreffenden Studium ein Zusammenhang besteht.
4) Der Aufnahmemitgliedstaat darf den Anspruch auf die gleichen sozialen Vergünstigungen im Sinne von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1612/68 nicht von der Voraussetzung abhängig machen, daß zuvor im Hoheitsgebiet dieses Staates eine Berufstätigkeit von einer bestimmten Mindestdauer ausgeübt worden ist."
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin daraufhin ergänzend vorgetragen, daß sie die Voraussetzungen erfülle, unter denen ein Staatsbürger eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft nach der Auslegung des EuGH zu Art. 7 der Verordnung Nr. 1612/68 als Arbeitnehmer Anspruch auf die Gewährung von Ausbildungsförderung für ein Studium habe. Es bestehe ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen dem Gegenstand ihres Studiums und ihrer früheren Tätigkeit bei einer Bank. So habe sie im Juni 1978 die Berufsschulausbildung im Bankfach mit dem "Certificat D'Aptitude Professionelle" und der Zusatzqualifikation "Banque mention Allemand" abgeschlossen. Ihr berufliches Ziel sei es bereits damals gewesen, im internationalen Geschäftsverkehr zu arbeiten, insbesondere im Bereich der fremdsprachlichen Kommunikation und Korrespondenz mit Geschäftspartnern aus der Bundesrepublik Deutschland. Da ihr ursprünglicher Arbeitgeber diese Möglichkeit nicht eingeräumt habe, sei sie ins Bundesgebiet eingereist, um hier ihre beruflichen Vorstellungen zu realisieren. Hier sei jedoch ihre berufliche Qualifikation nicht anerkannt worden. Ihr Arbeitsplatz bei der Deutschen Bank sei auf untergeordnete Tätigkeiten beschränkt gewesen; so habe sie z.B. einen Scheckrechner bedient, Buchungsbelege erfaßt und Akkreditive sortiert. Eine Weiterbildung bei der Deutschen Bank sei ihr versagt worden. Schließlich habe sie ihre Tätigkeit dort aufgeben müssen, weil sie den Anforderungen ihres Arbeitsplatzes physisch und psychisch nicht mehr gewachsen gewesen sei. Auf Anraten und mit Unterstützung des Arbeitsamtes habe sie sich, um ihrem Berufsziel näherzukommen, zur Steno-Phono-Kontoristin ausbilden lassen. Mit dieser Ausbildung habe sie aber keinen festen Arbeitsplatz finden können, und schon gar nicht eine Möglichkeit, ihrem Berufsziel entsprechend im Bereich der internationalen Geschäftskorrespondenz und -kommunikation tätig zu werden. Daher habe sie letztlich nur die Möglichkeit gesehen, sich in Abendkursen bei der Volkshochschule auf die Immaturenprüfung vorzubereiten und nach deren Bestehen das jetzt betriebene Studium aufzunehmen. Eine Weiterbildung im kaufmännisch-wirtschaftlichen Bereich sei für sie wegen fehlender Bildungsvoraussetzungen, Neigung und Befähigung nicht in Betracht gekommen. Im übrigen hat die Klägerin ausgeführt, daß, wenn gleichwohl eine Kontinuität zwischen der vorangegangenen beruflichen Tätigkeit und dem Inhalt ihres Studiums verneint werde, ihr dennoch Ausbildungsförderung zu gewähren sei, weil ihr die Lage auf dem Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung ihrer Befähigung keine andere Möglichkeit offengelassen habe, als sich in der jetzigen Weise fortzubilden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihr - der Klägerin - auf ihren Antrag vom 4. August 1984 Ausbildungsförderung nach dem BAföG zu gewähren und den namens und im Auftrage der Beklagten erlassenen Bescheid des Studentenwerks Hannover vom 18. September 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 19. Oktober 1984 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt, daß die Klägerin auch unter Berücksichtigung des Rechts der Europäischen Gemeinschaften die persönlichen Förderungsvoraussetzungen nicht erfülle. Insbesondere erscheine ihr der von der Klägerin behauptete inhaltliche Zusammenhang zwischen der Tätigkeit der Klägerin als Bankangestellter und dem Studium der Germanistik und Romanistik konstruiert. Das Berufsfeld einer Bankangestellten sei nämlich keineswegs von dem kommunikativen Element geprägt, das die Klägerin in den Vordergrund stelle. Im übrigen könne weder von unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach der Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der Deutschen Bank durch die Klägerin gesprochen werden noch von einer schlechten Arbeitsmarktlage im Bankwesen allgemein. Auf die Arbeitslosigkeit der Klägerin nach dem Abschluß ihrer Ausbildung zur Steno-Phono-Kontoristin komme es hier nicht an.
Das Verwaltungsgericht hat gemäß Beschluß vom 1. September 1988 darüber, ob zwischen der von der Klägerin im Bundesgebiet ausgeübten Berufstätigkeit und dem Gegenstand ihres Studiums ein Zusammenhang bestehe, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, das in der Verhandlung am 13. September 1988 von Frau Gudrun Zöllich vom Fachvermittlungsdienst beim Arbeitsamt Hannover mündlich erstattet worden ist, Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom selben Tage Bezug genommen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach Gewährung der Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Klagefrist als begründet erachtet. Die Klägerin habe gemäß § 8 Abs. 3 BAföG i.V.m. Art. 48 und 49 EWG-Vertrag und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1612/68 des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft in der Auslegung durch das Urteil des EuGH vom 21. Juni 1988 einen Anspruch auf Ausbildungsförderung gegen die Beklagte. Dieser Anspruch stehe der Klägerin zu, weil sie insoweit als Arbeitnehmerin anzusehen sei, die sich durch ein Hochschulstudium weiterbilde. Der vom EuGH grundsätzlich geforderte Zusammenhang zwischen der früheren Berufstätigkeit der Klägerin und dem von ihr ergriffenen Studium liege aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung einschließlich der Beweisaufnahme vor. Dabei hat das Verwaltungsgericht die erforderliche Kontinuität nicht nur für Fälle der branchenspezifischen Weiterbildungsmaßnahmen, bei denen sich der Zusammenhang bereits aus den Gegenständen von Tätigkeit und Weiterbildung objektiv einleuchtend ergebe, bejaht, sondern auch dann, wenn ein Wanderarbeitnehmer, der bereits über eine längere Zeit in seinem Aufenthaltsland berufstätig gewesen sei, sich aufgrund der dabei gewonnenen Erfahrungen weiterbilde, um auf dem Arbeitsmarkt eine seinem Berufsziel entsprechende Tätigkeit aufnehmen zu können. Es reiche auch aus, wenn der Gegenstand der Weiterbildung aus der zuvor ausgeübten Berufstätigkeit nachvollziehbar mit dem Ziel entwickelt werde, eine berufliche Qualifikation zu erlangen, die erforderlich sei, um eine dem Berufswunsch entsprechende Tätigkeit aufnehmen oder erhalten zu können. Dieser Zusammenhang sei um so eher nachvollziehbar und bedürfe dann um so weniger der Stützung durch objektiv-inhaltliche Beziehungen zwischen Tätigkeit und Weiterbildung, je weniger die Aufgabe des bisherigen Tätigkeitsbereichs als freiwillig qualifiziert werden könne. Deshalb verböten sich inhaltliche Anforderungen an den "Zusammenhang", wenn der Arbeitsmarkt auf dem bisherigen Tätigkeitsbereich dem Arbeitnehmer praktisch verschlossen sei. Aber auch dann, wenn die Weiterführung der bisherigen Tätigkeit dem Arbeitnehmer nicht mehr zugemutet werden könne, etwa weil seine Fähigkeiten und Neigungen dadurch nur unzureichend ausgeschöpft würden, gewönnen die mehr an der Ausbildungsplanung des Arbeitnehmers ausgerichteten "subjektiven" Elemente des "Zusammenhangs" größeres Gewicht; ebenso, wenn der bisherigen beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers ein spezifischer Bezug zu einer bestimmten Weiterbildungsrichtung weitgehend fehlen würde. Diese Voraussetzungen für die Annahme eines Zusammenhangs zwischen Berufstätigkeit und Gegenstand des Studiums seien im Falle der Klägerin gegeben. Ihr beruflicher Werdegang sei von der Sachverständigen unter dem Aspekt des Berufswunsches als geradlinig bezeichnet worden. Das Verwaltungsgericht teilt diese Sicht, bei der der Wunsch der Klägerin, eine fremdsprachliche Bürotätigkeit auszuüben, die Abschnitte ihrer beruflichen Entwicklung verbunden habe. Diese beginne bei der bereits auf das fremdsprachliche Tätigkeitsfeld ausgerichteten Berufsschulausbildung ("mention Allemand") und führe zu der Tätigkeit bei der Deutschen Bank hin, wo aber mangels hinreichender Qualifikation ein Einsatz im Bereich der fremdsprachlichen Kommunikation nicht möglich gewesen sei. Die Aufnahme dieser für die Klägerin fremdsprachlichen Tätigkeit dokumentiere den von ihr behaupteten Berufswunsch. Auch der Abbruch ihres Arbeitsverhältnisses, das von der Klägerin letztlich nicht freiwillig gekündigt worden sei - das Arbeitsamt habe eine Sperrzeit nicht verhängt -, habe erkennbar keine Abkehr von diesem Berufswunsch bewirkt. Die Umschulung zur Steno-Phono-Kontoristin stehe damit durchaus in Einklang. Der Zusammenhang mit der Arbeitnehmereigenschaft sei auch für die Zeit des Studiums gegeben. Das Verwaltungsgericht folgt insoweit insbesondere den Ausführungen der Sachverständigen dazu, daß die längere Arbeitslosigkeit der Klägerin auf deren fehlender Qualifikation für einen Arbeitsplatz im angestrebten Berufsfeld beruht habe. Die Erforderlichkeit einer Weiterbildung stehe außer Zweifel, was ohne weiteres einen Zusammenhang zwischen der bisherigen Berufstätigkeit und der Weiterbildung indiziere. Hätte die Klägerin seinerzeit eine - typische - Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin bzw. Fremdsprachensekretärin aufgenommen oder eine Banklehre, so wäre ein Zusammenhang in diesem Sinne ohne weiteres vermutet worden. Diese Stufe der mittleren beruflichen Bildung habe die Klägerin indessen übersprungen und nach bestandener Immaturenprüfung ein wissenschaftliches Hochschulstudium aufgenommen, das nicht auf einen bestimmten Beruf zugeschnitten sei, sondern den Zugang zu einer Vielzahl von Berufsfeldern eröffne. Gleichwohl sei die erforderliche Kontinuität gewahrt. Denn es obliege der eigenverantwortlichen Entscheidung des Arbeitnehmers, auf welcher Stufe er die Weiterbildungsmaßnahme ansiedle. Allein das Überspringen einer Bildungsstufe nehme der Ausbildung nicht den Charakter einer Weiterbildungsmaßnahme und lasse auch nicht den Zusammenhang zur vorangegangenen beruflichen Tätigkeit abreißen. Dies treffe auch hinsichtlich des Gegenstandes des Studiums zu, auch wenn damit ein Wechsel von der schlicht büromäßigen Abwicklung des Geschäftsverkehrs zu einer eher wissenschaftlich fundierten Tätigkeit im Bereich der fremdsprachlichen Geschäftskommunikation (Public Relations) begründet werde. Die Klägerin sei in der Wahl eines Studienfaches durch die geringe schulische Vorbildung vor allem im mathematischen Bereich eingeschränkt gewesen, so daß, abgesehen von der fehlenden Hochschulreife, ein anderes Studium wie etwa das der Betriebswirtschaftslehre nicht mit Erfolg hätte aufgenommen werden können. Die Klägerin habe folgerichtig gehandelt, wenn sie nach längerer Arbeitslosigkeit und in Kenntnis des Arbeitsmarktes in dem Studium die einzige Möglichkeit gesehen habe voranzukommen, diese Entscheidung aus den Erfahrungen der vorangegangenen Berufstätigkeit resultiere und objektiv geeignet sei, die Chancen zur Erlangung eines sicheren und besseren Arbeitsplatzes zu mehren. Das spreche für eine Kontinuität zwischen Arbeit und Ausbildung, zumal gegenteilige Anhaltspunkte weder vorgetragen noch ersichtlich seien.
Die Beklagte hat fristgerecht Berufung eingelegt. Sie führt aus, daß nach der Entscheidung des EuGH grundsätzlich ein Zusammenhang zwischen dem Gegenstand des Studiums und der früheren Berufstätigkeit bestehen müsse. Eine Ausnahme, deren Voraussetzungen nicht mit denen des Grundsatzes vermischt werden dürften, gelte für den Fall, daß der Wanderarbeitnehmer unfreiwillig arbeitslos geworden sei und ihn die Lage auf dem Arbeitsmarkt zur beruflichen Umschulung in einem anderen Berufszweig zwinge. Beide Voraussetzungen seien jedoch nicht erfüllt. Ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Tätigkeit der Klägerin als Bankangestellter und ihrem Studium der Romanistik und Germanistik liege nicht vor, da das Studium nicht auf einer Banklehre aufbaue. Das Verwaltungsgericht bejahe zu Unrecht einen Zusammenhang auch dann, wenn eine branchenspezifische Weiterbildung nicht vorliege. Diese Auslegung gehe zu weit, da sie grundsätzlich jede Weiterbildung erfasse. Dies könne nicht richtig sein, da nach der Entscheidung des EuGH gerade nicht jede Weiterbildung oder jedes Studium zur Anerkennung des Arbeitnehmerstatus führe. Auf die Geradlinigkeit der beruflichen Entwicklung der Klägerin, wie es aber die vom Verwaltungsgericht benannte Sachverständige vom Fachvermittlungsdienst des Arbeitsamtes Hannover in der mündlichen Verhandlung angenommen habe, komme es für den geforderten Zusammenhang nicht an, da jede Weiterbildung unabhängig von einem gegenständlichen Zusammenhang mit der früheren Berufstätigkeit Elemente der Geradlinigkeit aufweise. Im übrigen bringe eine fremdsprachliche Weiterbildung immer eine Verbesserung der Berufschancen mit sich, so daß der geforderte Zusammenhang hiermit nicht begründet werden könne. Wenn also wie hier zwischen der früheren Berufstätigkeit und dem Gegenstand des aufgenommenen Studiums kein inhaltlicher Zusammenhang bestehe, dann müsse die Aufnahme dieses Studiums zwangsläufig als Abbruch und nicht lediglich als Unterbrechung der Berufstätigkeit angesehen werden. Denn durch den berufsqualifizierenden Abschluß des Studiums werde der bisherige Beruf der Klägerin nicht wiederaufgenommen bzw. auf einer gehobenen Ebene mit höherer Qualifikation weitergeführt. Der zweite Tatbestand sei ein Ausnahmetatbestand und ebenfalls nicht erfüllt. Zum einen habe die Klägerin ihre Berufstätigkeit nicht unfreiwillig aufgegeben, da sie selbst gekündigt habe. Jedenfalls trage sie für das Vorliegen einer unfreiwilligen Arbeitslosigkeit die Beweislast. Außerdem habe die Lage auf dem Arbeitsmarkt die Klägerin nicht zu einer beruflichen Umschulung in einem anderen Berufszweig gezwungen. Die Arbeitsmarktsituation im Bankgewerbe sei auch in den Jahren 1984 bis 1989 nicht schlecht gewesen.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Ergänzend führt sie aus, daß vom EuGH nicht in jedem Falle ein am Inhalt des Studiums orientierter Zusammenhang mit der früheren Berufstätigkeit gefordert werde. Ein solcher Zusammenhang könne mit dem EuGH dann nicht verlangt werden, wenn der Wanderarbeitnehmer unfreiwillig arbeitslos geworden sei und ihn die Lage auf dem Arbeitsmarkt zu einer beruflichen Umschulung in einem anderen Berufszweig zwinge. Für diese Auslegung spreche die Systematik der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zur Freizügigkeit. Beide Alternativen stünden nicht in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis, sondern seien gleichwertig. Das Verwaltungsgericht habe zu Recht objektive und subjektive Anforderungen an das Vorliegen eines Zusammenhangs gestellt. Sie, die Klägerin, sei unfreiwillig arbeitslos geworden und sei durch die Lage auf dem Arbeitsmarkt zur Umschulung in einem anderen Berufszweig gezwungen gewesen. Daß sie zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei der Deutschen Bank ihr Einvernehmen gegeben habe, spreche nicht gegen eine unfreiwillige Beendigung des Arbeitsverhältnisses, da das Arbeitsamt keine Sperrzeit verhängt habe. Sie sei nämlich aus gesundheitlichen Gründen gezwungen gewesen, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Im Gegensatz zu ihrer früheren Tätigkeit in Paris habe sie bei der Deutschen Bank in Frankfurt und später in der Filiale in Hannover nur untergeordnete Tätigkeiten mit "Fließbandcharakter" auszuführen gehabt. Diese Arbeiten seien sehr eintönig und wenig anspruchsvoll gewesen. Die Arbeitsbedingungen hätten sie so belastet, daß psychosomatische Beschwerden aufgetreten seien, die immer schlimmer geworden seien. Auf Anraten ihres Hausarztes habe sie sich daraufhin in psychotherapeutische Behandlung begeben. Sie sei immer öfter arbeitsunfähig krankgeschrieben worden und habe ihre Arbeit kaum noch verrichten können. Auf therapeutischen Rat habe sie daher das Arbeitsverhältnis aufgegeben. Aufgrund fehlender Qualifikation sei ihr nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Arbeitsmarkt praktisch verschlossen gewesen. Es habe deshalb nahegelegen, sich entsprechend fortzubilden oder umzuschulen, was sie auch versucht habe. Sie habe alle sich ihr bietenden Chancen wahrgenommen, um ihre Mobilität am Arbeitsmarkt durch entsprechende Qualifikation zu erhöhen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie der Leistungsakte des Arbeitsamtes Hannover Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Ein Anspruch der Klägerin auf Ausbildungsförderung für ein Hochschulstudium gemäß § 8 Abs. 3 BAföG i.V.m. Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1612/68 des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2) in der Auslegung, wie sie der EuGH in seinem Urteil vom 21. Juni 1988 - Rechtssache 39/86 (Lair) - (Slg. 1988, 3190; InfAuslR 1988, 293; NJW 1988, 2165 [EuGH 21.06.1988 - - 39/86]; FamRZ 1988, 885; RdJB 1989, 215) der Vorschrift gegeben hat, hängt von der Entscheidung der Frage ab, ob die Gewährung von Ausbildungsförderung als eine soziale Vergünstigung anzusehen ist, die mit der Arbeitnehmereigenschaft zusammenhängt. Der EuGH hat dazu über den bereits erwähnten Leitsatz Nr. 3 hinaus im einzelnen ausgeführt (Grund 37), daß im Bereich der Hochschulausbildungsförderung ein solcher Zusammenhang zwischen der Arbeitnehmereigenschaft und einer Förderung, die für den Lebensunterhalt und die Ausbildung zur Durchführung eines Hochschulstudiums gewährt werde, jedoch eine Kontinuität zwischen der zuvor ausgeübten Berufstätigkeit und dem aufgenommenen Studium in dem Sinne voraussetze, daß zwischen dem Gegenstand des Studiums und der früheren Berufstätigkeit ein Zusammenhang bestehen müsse (erste Frage). Eine solche Kontinuität könne allerdings nicht verlangt werden im Falle eines Wanderarbeitnehmers, der unfreiwillig arbeitslos geworden sei und den die Lage auf dem Arbeitsmarkt zu einer beruflichen Umschulung in einem anderen Berufszweig zwinge (zweite Frage).
Zur ersten Frage hat der EuGH den im dritten Leitsatz seines Urteils genannten Zusammenhang im Grund 37 Satz 1 dahin konkretisiert, daß zwischen dem "Gegenstand" des Studiums und der früheren Berufstätigkeit ein Zusammenhang bestehen müsse. Im Urteil vom selben Tage - Rechtssache 197/86 (Brown) - (Slg. 1988, 3205) hat der EuGH in einem vergleichbaren Fall von Beschäftigungsverhältnis und (Universitäts-)Studium "im selben Fachbereich" gesprochen (Leitsätze Nr. 3 und 4 sowie Gründe Nr. 20, 23 und 28). Der deutsche Gesetzgeber hat auf der Grundlage des Urteils des EuGH in der Sache Lair durch das 12. BAföG-Änderungsgesetz vom 22. Mai 1990 (BGBl I S. 936; Bundestagsdrs. 11/5961 v. 4. 12. 1989, S. 19; vgl. auch Hailbronner, Europa 1992 - Freizügigkeit für Studenten und Auszubildende in der Europäischen Gemeinschaft, JuS 1991, 9, 12), das am 1. Juli 1990 in Kraft getreten ist, § 8 Abs. 1 um eine Nr. 6 ergänzt, wonach Ausbildungsförderung Auszubildenden geleistet wird, die die Staatsangehörigkeit eines anderen EG-Mitgliedstaates haben und im Geltungsbereich des Gesetzes vor Beginn der Ausbildung in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden haben; zwischen der darin ausgeübten Tätigkeit und dem "Gegenstand" der Ausbildung muß grundsätzlich ein "inhaltlicher Zusammenhang" bestehen. Diese Auslegung des Urteils des EuGH durch den deutschen Gesetzgeber gilt auch für die Zeit vor dem 1. Juli 1990, da Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1612/68 bereits für den hier maßgeblichen Bewilligungszeitraum ab Wintersemester 1984/85 gemäß Art. 189 EWG-Vertrag im Mitgliedstaat Bundesrepublik Deutschland unmittelbar geltendes Recht war. Das erkennende Gericht selbst hat auf der Grundlage der Entscheidung des EuGH in seinem Urteil vom 16. März 1989 - 14 OVG A 175/86 - (InfAuslR 1989, 220; NVwZ 1989, 783) einen "inhaltlichen, thematischen Zusammenhang" gefordert und diesen - insoweit mit dem Verwaltungsgericht - vor allem im Falle einer fach- bzw. branchenspezifischen Weiterbildungsmaßnahme gesehen, bei der sich der Zusammenhang bereits aus den Gegenständen von Berufstätigkeit und Weiterbildung objektiv einleuchtend ergibt. Es hat den gegenständlichen Zusammenhang zwischen einer früheren Berufstätigkeit als Bankkaufmann und einem wirtschaftswissenschaftlichen Fachhochschulstudium angenommen. In der Rechtsprechung zum Unterhalts- und Ausbildungsförderungsrecht ist in den sog. Abitur-Lehre-Studium-Fällen der Begriff des engen "sachlichen" und zeitlichen "Zusammenhangs" zwischen den einzelnen Ausbildungsabschnitten Lehre und Studium geprägt und ausgeführt worden, daß praktische Ausbildung und Studium "derselben Berufssparte" angehören oder jedenfalls so zusammenhängen müssen, daß das eine für das andere eine "fachliche Ergänzung, Weiterführung oder Vertiefung" oder daß die praktische Ausbildung eine sinnvolle Vorbereitung auf das Studium darstellt (BGH, Urt. v. 7. 6. 1989 - IVb ZR 51/88 -, NJW 1989, 2253, 2254) [BGH 07.06.1989 - IVb ZB 51/88]. Auf dieser Grundlage hat das OVG Münster (Urt. v. 30. 1. 1990 - 16 A 75/89 -, FamRZ 1991, 249) entschieden, daß zwischen einer Berufsausbildung zum Bankkaufmann und einem Fachhochschulstudium in der Fachrichtung Wirtschaft ein enger sachlicher Zusammenhang besteht.
Nach diesen Grundsätzen, denen der jetzt für das Ausbildungsförderungsrecht zuständige erkennende Senat folgt, liegt bereits nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die erste Frage entscheidungserheblich sei, der geforderte gegenständliche Zusammenhang zwischen der früheren Berufstätigkeit der Klägerin als Bankangestellter und dem Studium der Romanistik und Germanistik - auf dessen Annahme das angefochtene Urteil jedoch entscheidend gestützt ist - nicht vor. Auch wenn die Klägerin ihre französische Sprache sowie ihre Sprachkenntnisse in Deutsch bei dem Studium der Romanistik und Germanistik einsetzen kann, so hat es sich bei den genannten Sprachen nicht um den Gegenstand ihrer früheren Berufstätigkeit, sondern lediglich um die sprachlichen Mittel hierzu gehandelt. Eine Auslegung des gegenständlichen Zusammenhangs zwischen Berufstätigkeit und Ausbildung unter Einbeziehung der Sprache, in der die Berufstätigkeit ausgeübt worden ist, würde zu einer uferlosen Ausweitung des gegenständlichen Zusammenhangs führen, da viele berufliche Tätigkeiten über die Sprache mit einem der Berufstätigkeit fremden Gegenstand des Studiums in Zusammenhang gebracht werden könnten. Die deutschen Sprachkenntnisse der Klägerin waren daher nicht Gegenstand, sondern lediglich Voraussetzung ihrer Berufstätigkeit bei der Deutschen Bank. Darüber hinaus ist aus den Akten nichts dafür ersichtlich, daß die Klägerin ihre Tätigkeit bei der Deutschen Bank - wie aber beabsichtigt (Bl. 12 d. Beiakte B) - in französischer Sprache ausgeübt hätte - sie war zuletzt als Datentypistin beschäftigt -, so daß ein gegenständlicher Zusammenhang auch nach einer weiten Auslegung jedenfalls hinsichtlich des Studiums der Romanistik abzulehnen wäre. Die Geradlinigkeit und Nachvollziehbarkeit einer beruflichen Entwicklung - worauf aber die Sachverständige und ihr folgend das Verwaltungsgericht maßgeblich abgehoben haben - vermögen einen - objektiven - gegenständlichen Zusammenhang zwischen Berufstätigkeit und Studium nicht zu ersetzen, weil sie von subjektiven Merkmalen wie Begabung, Fähigkeiten, Bildungswilligkeit, Wünschen und Vorstellungen abhängen, die nichts mehr mit der früher ausgeübten Berufstätigkeit zu tun haben müssen.
Selbst wenn ein gegenständlicher Zusammenhang zwischen der früheren Berufstätigkeit und dem Studium der Klägerin - noch - angenommen werden könnte, käme es darauf im vorliegenden Falle jedoch nicht an. Entscheidungserheblich ist nach Auffassung des Senats vielmehr die Beantwortung der zweiten Frage (Grund 37 Satz 2). Ausgehend von den Bedenken dreier Mitgliedstaaten, die im Verfahren Lair vor dem EuGH geltend gemacht haben, daß eine Person die Arbeitnehmereigenschaft verliere, an die die sozialen Vergünstigungen geknüpft seien, wenn sie im Aufnahmestaat ihre bisherige Berufstätigkeit oder, falls sie arbeitslos ist, die Suche nach einer Beschäftigung aufgebe, um dort eine Vollzeitausbildung aufzunehmen (vgl. EuGH (Lair), Grund 29 Satz 1), erscheint der Grund 37 dieses Urteils in einem anderen Licht. Danach gilt offenbar die Voraussetzung des gegenständlichen Zusammenhangs zwischen früherer Berufstätigkeit und Hochschulstudium nur für den Fall, daß die Berufstätigkeit bis zum Studium ausgeübt worden und wegen des Studiums aufgegeben worden ist (Grund 37 Satz 1). Das Erfordernis des gegenständlichen Zusammenhangs mit der früheren Berufstätigkeit erscheint insoweit sinnvoll, um auszuschließen, daß über Art. 7 Abs. 2 der Freizügigkeitsverordnung letztlich ein allgemeines Recht auf Ausbildungsförderung für jedes beliebige Hochschulstudium geltend gemacht wird, das es aber nach Art. 7 Abs. 1 EWG-Vertrag grundsätzlich nicht gibt (vgl. Leitsatz Nr. 1 und Grund 16 EuGH (Lair)). Grund 37 Satz 2 jedoch gilt danach für den Fall, daß die Berufstätigkeit nicht bis zum Studium ausgeübt worden ist, also Arbeitslosigkeit vorliegt. Demnach stehen Satz 1 und 2 des Grundes 37 nicht, wie die Beklagte meint, in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis, sondern sie behandeln zwei verschiedene Fallgestaltungen, die einander ausschließen. Da die Klägerin vor Aufnahme ihres Hochschulstudiums zum Wintersemester 1984/85 arbeitslos gewesen ist, kommt nur die zweite Alternative (Grund 37 Satz 2) zur Anwendung.
Grund 37 Satz 2 lautet:
"Solche Kontinuität kann allerdings nicht verlangt werden im Falle eines Wanderarbeitnehmers, der unfreiwillig arbeitslos geworden ist und den die Lage auf dem Arbeitsmarkt zu einer beruflichen Umschulung in einem anderen Berufszweig zwingt."
Grund 38 erläutert, daß dieses Verständnis der Freizügigkeit der Wanderarbeitnehmer im übrigen einer aktuellen Entwicklung entspreche; kontinuierliche berufliche Laufbahnen seien seltener als früher. Es komme also vor, daß eine Berufstätigkeit durch Zeiten der Ausbildung, der Umschulung oder der Wiedereingliederung unterbrochen werde.
Nach Auffassung des erkennenden Senats liegt jedoch bereits die erste Voraussetzung der zweiten Alternative des Grundes 37 nicht vor, da die Klägerin nicht unfreiwillig arbeitslos geworden ist. In der Arbeitsbescheinigung der Deutschen Bank, Filiale Hannover, vom 2. Juli 1981 (Bl. 6 d. Beiakte B) heißt es, daß das Arbeitsverhältnis "durch Aufhebungsvertrag (gegenseitiges Einvernehmen)" beendet worden sei. Als Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses war angeführt worden, daß die Klägerin sich durch die Anforderungen ihres Arbeitsplatzes überlastet gefühlt habe, ein Arbeitsplatz in der von ihr angestrebten Position ihr aber nicht habe angeboten werden können. Weiter ergibt sich aus den Akten, daß die Kündigung am 15. Mai 1981 von beiden Seiten, also auch von der Klägerin, ausgesprochen worden ist (Bl. 11 d. Beiakte B). Dies hat die Klägerin am 30. Juli 1981 gegenüber dem Arbeitsamt Hannover schriftlich erklärt und näher erläutert (Bl. 11 und 12 d. Beiakte B), was aber an der Einverständlichkeit der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses nichts ändert. Deshalb spricht dagegen auch nicht der Umstand, daß die Klägerin anschließend Arbeitslosengeld bezogen hat, weil keine Sperrzeit verhängt worden ist. Denn nach § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG tritt eine Sperrzeit nur ein, wenn der Arbeitslose das Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund gelöst hat. Der wichtige Grund bestimmt sich u.a. unter Abwägung der Interessen des Arbeitnehmers mit den Interessen der Versichertengemeinschaft (vgl. Knigge/Wittrock, AFG, Kommentar, 1. Aufl. 1984, § 119 Rdnr. 47). Da es bei der Ausbildungsförderung aber nicht auf die Interessen der Versichertengemeinschaft ankommt und es im Gegensatz zum Arbeitslosengeld um eine langfristige soziale Leistung (rd. 5 Jahre bei einer Hochschulausbildung) geht, erscheint es durchaus gerechtfertigt, hinsichtlich der Gewährung von Ausbildungsförderung von einem selbständigen Maßstab auszugehen und die Frage der Freiwilligkeit der Arbeitslosigkeit am bürgerlich-rechtlichen Prinzip der Vertragsfreiheit (§ 305 BGB) zu messen. Danach hat die Klägerin durch eigene Kündigung ihren Arbeitsvertrag freiwillig gelöst. Für dieses Ergebnis sprechen auch die Motive der Klägerin, auf die es wie auch auf die geltend gemachten gesundheitlichen Gründe - die Klägerin hat sich auch nicht krank gemeldet - allerdings nicht mehr ankommt. Die Klägerin hat zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit der Deutschen Bank erklärt (Bl. 12 f d. Beiakte B), daß die Arbeit nicht ihren Vorstellungen entsprochen habe, monoton gewesen sei - in der Berufungserwiderung spricht sie von "untergeordneter Tätigkeit mit Fließbandcharakter" - und zu einer hohen Streßbelastung geführt habe und ihr vor allem keine Aufstiegsmöglichkeiten noch den Einsatz oder die Ausübung ihrer fremdsprachlichen Kenntnisse geboten hätte (vgl. Sachverständigengutachten Bl. 306 d. GA).
Vorsorglich ist darauf hinzuweisen, daß auch die zweite Voraussetzung nicht vorliegt, da die Klägerin durch die Lage auf dem Arbeitsmarkt zu einer beruflichen Umschulung in einem anderen Berufszweig nicht gezwungen worden ist. Wie die Sachverständige in der mündlichen Verhandlung am 13. September 1988 ausgeführt hat (vgl. Bl. 307 d. GA), sei der Arbeitsmarkt hinsichtlich der Ausbildung der Klägerin in den Jahren 1984 bis 1988 zwar eng gewesen; allerdings hätte es bei einer entsprechenden Mobilität möglich gewesen sein müssen, eine Anstellung zu finden. Die arbeitslose Klägerin hat danach die Suche nach einer Beschäftigung aufgegeben und damit den Zusammenhang zwischen Ausbildungsförderung als sozialer Vergünstigung und ihrer Arbeitnehmereigenschaft selbst aufgelöst. Dafür spricht weiter, daß die Klägerin während ihrer Arbeitslosigkeit bereits einmal zur Steno-Phono-Kontoristin umgeschult worden ist. Dafür, daß die Klägerin überhaupt ernsthaft versucht hat, auch mit dieser Ausbildung eine Beschäftigung zu finden, ist weder etwas vorgetragen worden noch aus den Akten ersichtlich. Auch die Sachverständige hat dazu in der mündlichen Verhandlung nichts ausgesagt.
Entscheidend dokumentiert sich für den Senat die freiwillige Aufgabe der Suche nach einer Beschäftigung darin, daß sich die Klägerin während ihrer Arbeitslosigkeit von August 1983 bis Mitte Juni 1984 in Abendkursen bei der Volkshochschule auf die Immaturenprüfung vorbereitet hat. Die Klägerin hat damit bei Gelegenheit ihrer Arbeitslosigkeit eine Allgemeinbildung nachgeholt, die ihr schließlich den Zugang zum Hochschulstudium erst eröffnet hat. Hätte die Klägerin diese Allgemeinbildung bereits besessen und die Banktätigkeit bis zum Studium ausgeübt, hätte sie - abgesehen davon, daß sie sich selbst die Fähigkeit zu einem wirtschaftswissenschaftlichen Studium wegen mangelnder mathematischer Begabung abgesprochen hat - nach den dargelegten Grundsätzen auch keine Ausbildungsförderung für das Hochschulstudium erhalten können, weil der gegenständliche Zusammenhang zwischen früherer Berufstätigkeit als Bankangestellter und dem Studium der Germanistik und Romanistik gefehlt hätte. Dies alles zeigt, daß die Klägerin nicht wegen einer berufs- und arbeitsmarktbedingten Arbeitslosigkeit zu einem Studium "gezwungen" wurde, sondern - bei allem Respekt vor dem beruflichen Aufstieg der Klägerin als EG-Ausländerin über den hiesigen zweiten Bildungsweg - aufgrund ihrer allgemeinen, nicht berufsspezifischen Fähigkeiten und Begabungen, die sie während der Arbeitslosigkeit noch ausgebaut hat, dieses Studium gewünscht, gewollt und darauf zugearbeitet hat. Im BAföG-Antrag der Klägerin vom 1. August 1984 (Bl. 19 Rs. d. Beiakte A) hat die Klägerin wörtlich ausgeführt: "Würde ich nun kein BAföG beziehen, wäre ich ohne jegliche Perspektive, da ich im Studium die einzige Möglichkeit sehe, voranzukommen."
Vor allem vermag der Senat keinen Zwang aufgrund einer Arbeitslosigkeit nach Banktätigkeit und Umschulung zur Steno-Phono-Kontoristin zu einer beruflichen Umschulung in einem anderen Berufszweig in der Form einer Hochschulausbildung in Germanistik und Romanistik bis zum Magister zu sehen. Ein Zwang - immer aus der Sicht der früher ausgeübten Banktätigkeit - hätte auch unter Berücksichtigung der Fähigkeiten und Begabungen der Klägerin allenfalls zu einer Umschulung etwa zur Fremdsprachenkorrespondentin gelegen, wie zuvor eine Umschulung zur Steno-Phono-Kontoristin geboten gewesen war. Die Klägerin hat aufgrund ihrer während der Arbeitslosigkeit ausgebauten Allgemeinbildung insbesondere in sprachlicher Hinsicht mit dem Studium eine Berufsausbildung von vorne angefangen, ohne daß die Banktätigkeit hierfür Voraussetzung oder förderlich gewesen wäre. Der erkennende Senat ist daher der Auffassung, daß die berufliche Umschulung über ein Hochschulstudium - im konkreten Fall über die angestrebte Förderungsdauer von sieben Jahren - völlig außerhalb des Rahmens der in die Banktätigkeit der Klägerin eingebrachten beruflichen Fähigkeiten und Kenntnisse liegt und damit nicht mehr "zwingend" geboten ist. Die Klägerin hat nicht an ihre frühere Berufstätigkeit und damit an ihre Arbeitnehmereigenschaft angeknüpft, sondern an die vor der Berufstätigkeit bestehende und danach während der Arbeitslosigkeit ausgebaute Allgemeinbildung, so daß sie sich auch nicht auf die Gewährung von Ausbildungsförderung als einer "Arbeitnehmern" gewährten sozialen Vergünstigung berufen kann. In diesem Sinne ist nach Auffassung des Senats das Arbeitsverhältnis der Klägerin als Bankangestellte, das alleinige Grundlage der Rechte aus der Verordnung Nr. 1612/68 sein kann, im Verhältnis zum Studium, das durch das Stipendium finanziert werden soll, hinsichtlich der beruflichen Qualifizierung der Klägerin von ähnlich untergeordneter Bedeutung, wie es das Arbeitsverhältnis im Falle Brown in zeitlicher Hinsicht gewesen ist (vgl. EuGH, Urt. v. 21. 6. 1988 - RS 197/86 -, aaO, Grund 27 Satz 2).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit aus § 188 Satz 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.
Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Sache rechtsgrundsätzliche Bedeutung hat. Es ist die Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung klärungsbedürftig, wie der vom EuGH in seinem Urteil vom 21. Juni 1988 - RS 39/86 - geforderte Zusammenhang zwischen der Arbeitnehmereigenschaft eines Wanderarbeitnehmers und der Ausbildungsförderung für ein Hochschulstudium als sozialer Vergünstigung auszulegen ist.
Dr. Jank
Winzer
Munk