Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 22.08.2007, Az.: 14 U 24/07
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 22.08.2007
- Aktenzeichen
- 14 U 24/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 59351
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2007:0822.14U24.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 30.11.2006 - AZ: 8 O 28/06
Fundstellen
- BauR 2008, 717-718 (Volltext mit amtl. LS)
- OLGReport Gerichtsort 2008, 217-219
In dem Rechtsstreit
...
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juli 2007 durch die Richterin am Oberlandesgericht A. als Vorsitzende, den Richter am Oberlandesgericht Dr. W. und den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. W. für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 30. November 2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Berufung des Klägers hat mit dem auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung an das Landgericht gerichteten Hilfsantrag Erfolg.
1. Das Landgericht hat die auf Zahlung restlichen Werklohnes gerichtete Klage rechtsfehlerhaft wegen fehlender Passivlegitimation der in dem Mahnbescheidsantrag und der Anspruchsbegründung als "D.A. GmbH" bezeichneten Anspruchsgegnerin als unzulässig verworfen.
Zwar trifft es zu, dass die GmbH aufgrund Verschmelzung mit der übernehmenden S. AG seit der Eintragung der Verschmelzung am 2. Oktober 2003 - also bereits vor Anhängigkeit des Mahnbescheidsantrags vom 28. Januar 2004 - erloschen war (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 2 Umwandlungsgesetz ). Als Anspruchsgegnerin hätte mithin richtigerweise von Anfang an die S. AG genannt werden müssen. Bei der Benennung der D.A. GmbH als Beklagte handelte es sich indessen hier nach den gesamten Umständen nicht um eine Klage gegen die seinerzeit nicht mehr existente GmbH, zu deren Änderung es eines Parteiwechsels bedurft hätte, sondern um eine bloße Falschbezeichnung, die unschädlich und einer vom Landgericht auf den Antrag des Klägers vom 11. April 2006 durchzuführenden Rubrumsberichtigung gemäß § 319 ZPO zugänglich war.
Eine Parteibezeichnung ist als Teil einer Prozesshandlung grundsätzlich der Auslegung zugänglich. Dabei ist maßgebend, wie die Bezeichnung bei objektiver Deutung aus der Sicht der Empfänger (Gericht und Gegenpartei) zu verstehen ist. Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei gewählten Bezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Demgemäß ist bei äußerlich unrichtiger Bezeichnung grundsätzlich die Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die Bezeichnung betroffen werden soll. Als Auslegungsmittel können dabei auch spätere Prozessvorgänge dienen (vgl. BGH, NJW 1987, 1946 [BGH 26.02.1987 - VII ZR 58/86] - juris Rn. 8; OLG Hamm, NJW-RR 1991, 188).
Die gebotene Auslegung ergibt hier mit hinreichender Deutlichkeit, dass im vorliegenden Fall von vornherein die S. AG Beklagte des Rechtsstreits geworden ist. Der Kläger, der zum Zeitpunkt des Mahnbescheidsantrages (28. Januar 2004) aufgrund des Schreibens der S. vom 5. Januar 2004 (Bl. 105 d.A.) bereits von der Eingliederung der D.A. GmbH in die AG wusste, wollte erkennbar dasjenige Rechtssubjekt verklagen, das für die Forderungen gegen die GmbH einzustehen hatte. Das war unzweifelhaft. So hat es auch die Beklagte selbst zunächst aufgefasst, indem sie in ihrem Widerspruch gegen den Mahnbescheid vom 1. März 2004 selbst das Rubrum ausdrücklich durch entsprechende handschriftliche Eintragung in dem Vordruckfeld "Antragsgegner/in" klargestellt hat ("S. AG, Direktion S.H., fr.D.A.H."). Deutlich wird dies ferner daraus, dass ungeachtet der fehlerhaften Bezeichnung des Empfängers sowohl der Mahnbescheid als auch die Anspruchsbegründungsschrift jeweils durch persönliche Entgegennahme durch eine Angestellte der S. AG zugestellt worden sind und die Beklagte weder mit ihrem Schriftsatz vom 28. Februar 2006 (Bl. 30 d.A.), mit dem sie Klagabweisung beantragte, noch in ihrer ersten sachlichen Erwiderung mit Schriftsatz vom 29. März 2006 (Bl. 44 ff.d.A.) rügte, fehlerhaft bezeichnet und tatsächlich längst mit der S. AG verschmolzen zu sein. Stattdessen hat sie sich unter Übernahme der falschen Parteibezeichnung des Klägers sachlich auf die Klage eingelassen. Auf eine vermeintliche Unzulässigkeit der Klage im Hinblick auf die bereits vor Rechtshängigkeit durchgeführte Verschmelzung hat sie sich erst zwei Tage später mit Schreiben vom 31. März 2006 (Bl. 55 d.A.) berufen.
Wegen des Widerspruchsschreibens der S. war auch für das Gericht von Anfang an objektiv der tatsächlich gemeinte wirkliche Rechtsträger erkennbar. Eine Verwechslungsgefahr zwischen dem in den Schriftsätzen bezeichneten und dem tatsächlich gemeinten Anspruchsgegner bestand zu keinem Zeitpunkt, da die D.A. GmbH bereits erloschen und an ihrer Stelle nur noch die S. AG Träger sämtlicher Rechte und Pflichten war.
Dementsprechend hat beispielsweise das OLG Jena für den vergleichbaren Fall der Klage gegen eine zum Zeitpunkt der Klagerhebung nicht mehr bestehende Gebietskörperschaft, die nach dem Schadensfall in einer im Wege der Rechtsnachfolge kraft Verordnung an ihre Stelle getretenen Großgemeinde aufgegangen ist, ebenfalls einen Fall der Rubrumsberichtigung wegen unrichtiger Parteibezeichnung angenommen (vgl. MDR 1997, 1030 [OLG Jena 04.03.1997 - 3 U 600/96]). In ähnlicher Weise hält das OLG Hamburg ( ZIP 2004, 906 [OLG Hamburg 16.04.2004 - 11 U 11703]) im Fall des Erlöschens des übertragenden Rechtsträgers wegen Eintragung der Verschmelzung zwischen Einreichung und Zustellung der Klage (also vor Rechtshängigkeit) eine bloße Berichtigung der Parteibezeichnung (vom übertragenden auf den übernehmenden Rechtsträger) für ausreichend.
2. Da die Klage nach alledem im vorliegenden Fall nicht wegen fehlender Passivlegitimation der Beklagten als unzulässig verworfen werden durfte und die Klage auch nicht aus anderen Gründen abweisungsreif war, war der Rechtsstreit auf den Hilfsantrag des Klägers gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO an das Landgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
a) Eine Rüge der örtlichen Zuständigkeit hat die Beklagte bislang nicht erhoben; außerdem unterhält die Beklagte ausweislich des Schreibens vom 5. Januar 2004 (Bl. 105 d.A.) im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Hannover einen Geschäftssitz, von dem aus offenbar eigenständig die Geschäfte der bisherigen D.A. GmbH fortgeführt werden (vgl. § 21 ZPO ).
b) Eine Verjährung der geltend gemachten Forderung lässt sich aufgrund des bisherigen Vorbringens der Parteien nicht feststellen. Offen ist schon, wann der streitgegenständliche Auftrag erteilt wurde und welches Recht demzufolge anzuwenden ist. Auch zur Einbeziehung der VOB/B ist nichts vorgetragen. Bei Auftragserteilung nach dem 1. Januar 2002 wäre Verjährung nicht vor dem 31. Dezember 2005 (§ 195, § 199 Abs. 1 BGB n.F.) eingetreten. Die Zustellung des Mahnbescheids am 25. Februar 2004 hätte die Verjährung bis 4. September 2004 (sechs Monate nach der Nachricht über die Einlegung des Widerspruchs, § 204 Abs. 2 BGB n.F.) gehemmt, sodass sich der Ablauf der Verjährungsfrist auf den 4. August 2006 verschoben hätte. Durch die Fortsetzung des Rechtsstreits Anfang 2006 wäre daher rechtzeitig eine erneute Hemmung eingetreten (§ 204 Abs. 2 Satz 3 BGB n.F.). Bei Vertragsschluss noch vor dem 1. Januar 2002 dürfte im Hinblick auf die wegen Erbringung der Bauleistung für den Gewerbebetrieb der Beklagten dann wohl geltende vierjährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 2 BGB a.F. entsprechendes gelten.
c) Dass der Bauauftrag an die Klägerin von der A. erteilt worden ist, steht nach bisherigem Sach- und Streitstand einer Zahlungspflicht der Beklagten ebenfalls nicht entgegen, da diese das Vorbringen unter 1. im Schriftsatz des Klägers vom 19. April 2006 (Bl. 63 d.A.) nicht bestritten hat.
d) Ob die geltend gemachte Werklohnforderung im Übrigen berechtigt ist, lässt sich wegen der streitigen Forderungshöhe (Massen und Einheitspreise der Nachträge) sowie der behaupteten Mängel der erbrachten Werkleistung erst nach weiterer Sachaufklärung entscheiden.
II.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO und erfolgt im Hinblick darauf, dass die Kostenentscheidung des
Landgerichts durch die Aufhebung des angefochtenen Urteils gegenstandslos geworden ist (§ 775 Nr. 1 ZPO).
Über die Kosten des Berufungsverfahrens wird das Landgericht im Rahmen seiner abschließenden Entscheidung zu befinden haben; deren Verteilung ist vom endgültigen Ausgang des Rechtsstreits abhängig.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür ( § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO ) nicht vorliegen.