Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 21.10.2015, Az.: L 15 BK 13/13
Kinderzuschlag gemäß § 6a BKGG; Begriff des Einkommens; Absetzungen vom Einkommen; Differenzierung von Bruttoeinkommen und Nettoeinkommen
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 21.10.2015
- Aktenzeichen
- L 15 BK 13/13
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2015, 37752
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2015:1021.L15BK13.13.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Osnabrück - 04.09.2013 - AZ: S 27 BK 15/10
Rechtsgrundlagen
- § 6a BKGG
- § 129 SGB III
- § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II
- § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG
- § 11 Abs. 2 SGB II
Redaktioneller Leitsatz
1. Das Ziel des Kinderzuschlags nach § 6a BKGG ist darauf beschränkt, zu verhindern, dass Familien ausschließlich wegen der Unterhaltsbelastung durch Kinder von unterhaltssichernden Leistungen nach dem SGB II abhängig werden.
2. Als maßgebliches elterliches Einkommen definiert § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG ausdrücklich das Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II mit Ausnahme des Wohngeldes und des Kindergeldes; der Einkommensbegriff in § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG stimmt hiernach - soweit nicht Wohn- oder Kindergeld betroffen sind - mit dem Einkommensbegriff des § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II deckungsgleich überein.
3. Soweit bei der Bemessung der unterhaltssichernden Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe von § 11 Abs. 2 SGB II Absetzungen vom Einkommen vorzunehmen sind, handelt es sich bei deren Berücksichtigung um einen von der Definition des Einkommens in § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II losgelösten, zusätzlichen Berechnungsschritt ("Vom Einkommen sind abzusetzen "), den § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG mit seiner allein auf § 11 Abs. 1 S. 1 beschränkten Bezugnahme vollständig ausklammert.
Tenor:
Das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 4. September 2013 wird aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Auf die Berufung der Beklagten streiten die Beteiligten noch darüber, ob das Sozialgericht die Beklagte durch das angefochtene Urteil vom 4. September 2013 zu Recht verurteilt hat, dem Kläger für den Monat Dezember 2009 Kinderzuschlag gemäß § 6a BKGG in Höhe von 420 EUR und für den Monat Januar 2010 in Höhe von 560 EUR zu gewähren.
Der verheiratete Kläger ist der leibliche Vater der vier in seinem Haushalt lebenden Kinder J. (geboren 1990), K. (geboren 1996), L. (geboren 1997) und M. (geboren 1998). Für diese bezog er - unterbrochen unter anderem durch den Bezug von unterhaltssichernden Leistungen nach dem SGB II - Kinderzuschlag nach § 6a Abs. 1 BKGG.
Seinen Weiterbewilligungsantrag vom 28. Oktober 2009 für die Zeit ab 1. Dezember 2009 lehnte die Beklagte indessen mit Bescheid vom 19. November 2009 ab. Zur Begründung bezog sie sich auf den Umstand, dass seinerzeit allein der Kläger Einkommen in Gestalt von Arbeitslosengeld I (ALG I) in monatlicher Höhe von 824,70 EUR bezog, und führte aus, das Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau erreiche damit nicht die Mindesteinkommensgrenze gemäß § 6a Abs. 1 Nummer 2 BKGG von 900 EUR. Möglicherweise bestehe Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II oder Wohngeld. Es werde eine unverzügliche Antragstellung empfohlen.
Mit seinem hiergegen am 22. Dezember 2009 erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, es sei unzutreffend, dass die Beklagte lediglich den Nettobetrag des ALG I (27,49 EUR täglicher Leistungssatz X 30 Tage) berücksichtige. Maßgeblich sei das Bemessungsentgelt, das sich auf täglich 51,94 EUR und damit auf 1.558,20 EUR monatlich belaufe und die Mindesteinkommensgrenze nach § 6a Abs. 1 Nummer 2 BKGG übersteige.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BKGG bestehe kein Anspruch auf Kinderzuschlag von Personen, die mit Ausnahme des Wohngeldes und des Kindergeldes über Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II von weniger als 900 EUR, bei Alleinerziehenden von weniger als 600 EUR, verfügten. Dabei sei nach § 11 Absatz 1 SGB II als Einkommen grundsätzlich vom Brutto-Arbeitseinkommen auszugehen. Bei Beziehern von Arbeitslosengeld I sei aber eine solche Differenzierung von Bruttoeinkommen und Nettoeinkommen nicht möglich. Das Bemessungsentgelt von 51,94 EUR täglich bestimme sich gem. § 131 SGB III nach dem vor Eintritt von Arbeitslosigkeit durchschnittlich bezogenen Bruttoarbeitsentgelt. Zu Zeiten einer aktiven Beschäftigung sei auch der vollständige Betrag des Bruttogehalts tatsächlich vom Arbeitgeber auszuzahlen, teilweise in Form von Steuern, teilweise in Form von Sozialversicherungsbeiträgen und im Übrigen als Nettogehalt. Da es in voller Höhe vom Arbeitnehmer erwirtschaftet und vom Arbeitgeber ausgezahlt werde, sei das volle Bruttogehalt als Einkommen anzurechnen. Demgegenüber sei die Berücksichtigung des Bemessungsentgelts nach § 131 SGB II als Bruttoeinkommen nicht möglich, da in dieser Höhe gar keine Leistungen ausgezahlt würden; das Arbeitslosengeld I könne nicht um einen fiktiven Betrag erhöht werden.
Am 15. Mai 2010 ist Klage erhoben worden. Der Kläger hat ergänzend geltend gemacht, auch beim ALG I würden Sozialversicherungsbeiträge als Pauschale in Höhe von 21 % des Bemessungsentgelts und gegebenenfalls Steuern abgeführt. Es widerspreche dem Gleichheitssatz, wenn bei der Prüfung, ob das Mindesteinkommen nach § 6a Abs. 1 Nummer 2 BKGG erreicht werde, bei einem Arbeitnehmer vom Bruttolohn ausgegangen werde, bei einem Bezieher von ALG I aber lediglich vom ausgezahlten Leistungssatz. Der Bezieher von ALG I habe seinen Anspruch durch Einzahlung von Beiträgen in die Arbeitslosenversicherung erworben, so dass man das ALG I im Zusammenhang mit dem zuvor erzielten Arbeitseinkommen sehen müsse.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat sich hierzu auf die Weisungslage bezogen, nach der zur Prüfung der Mindesteinkommensgrenze bei Arbeitslosengeldempfängern der Leistungssatz nach § 129 SGB III zu Grunde zu legen sei.
Mit Urteil vom 4. September 2013 hat das Sozialgericht Osnabrück die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 19. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2010 verurteilt, dem Kläger für den Monat Dezember 2009 Kinderzuschlag in Höhe von 420,00 EUR und für Januar 2010 Kinderzuschlag in Höhe von 560,00 EUR zu gewähren. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Sozialgericht ausgeführt, als Einkommen im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BKGG sei zu seiner Überzeugung bei Beziehern von ALG I von dem anteiligen, dem Umfang des prozentualen Anteils des Leistungssatzes am Leistungsentgelt entsprechenden Bemessungsentgelt (im Falle des Klägers 67 % von 51,95 EUR = 34,79 EUR täglich) auszugehen. Einerseits sei nämlich dem Kläger nicht in seiner Auffassung zu folgen, dass es auf das tägliche Bemessungsentgelt selbst (im Falle des Klägers 51,94 EUR täglich) ankomme, da er nach § 129 Nr. 1 SGB III lediglich einen geringeren Leistungsanspruch in Höhe von 67 % habe. Andererseits dürfe bei Beziehern von ALG I der pauschale Abzug von Steuern und Sozialabgaben nicht zusätzlich einkommensmindernd berücksichtigt werden. Die Formulierung des § 6 Abs. 1 Nummer 2 BKGG weise darauf hin, dass ein einkommensmindernder Abzug von Steuern und Sozialabgaben nach § 11b SGB II gerade nicht vorgenommen werden solle. Wenn die Beklagte daher bei ALG I - Beziehern den pauschalen Abzug nach § 33 SGB III a.F. einkommensmindernd berücksichtige und vom effektiven Leistungssatz ausgehe (im Falle des Klägers 67 % des um die pauschalen Abzüge von 51,95 EUR auf 41,03 EUR verminderten Leistungsentgelts = 27,49 EUR), benachteilige sie hiermit die Empfänger von ALG I. Dadurch, dass bei der Bestimmung des Mindesteinkommens nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG von einem Einkommen in Höhe von 67 % des Bemessungsentgelts (vor Abzug der pauschalierten Absetzungen) ausgegangen werde, könne eine Gleichbehandlung mit den übrigen Empfängern von Kinderzuschlag erreicht werden.
Mit ihrer am 1. Oktober 2013 eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, sie halte an ihrer Rechtsauffassung fest, dass bei Beziehern von ALG I als deren Einkommen der effektive Leistungssatz nach § 129 SGB III zugrunde zu legen sei. Dies bedeute, dass im Falle des Klägers aus dem Bemessungsentgelt in Höhe von 51,94 EUR täglich zunächst das um pauschale Abzüge verminderte Leistungsentgelt in Höhe von 41,03 EUR zu bestimmen und erst aus diesem der Anteil von 67 % als Leistungssatz in Höhe von 27,49 EUR täglich abzuleiten sei.
Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 4. September 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen, die Berufung zurückzuweisen. Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Leistungsakten des Beklagten Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten, über die der Senat gem. § 124 Abs. 2 SGG im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. Das Sozialgericht hat den Beklagten mit seinem angefochtenen Urteil zu Unrecht verurteilt, dem Kläger für die Monate Dezember 2009 und Januar 2010 Kinderzuschlag nach § 6a BKGG zu gewähren. Die Beklagte hat dies mit ihrem Bescheid vom 19. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2010 rechtmäßig abgelehnt. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung des begehrten Kindergeldes haben in den beiden streitbefangenen Monaten nicht vorgelegen. Das Ziel des Kinderzuschlags nach § 6a BKGG, das vorliegend in der Fassung vom 16.07.2009 Anwendung findet, ist darauf beschränkt, zu verhindern, dass Familien ausschließlich wegen der Unterhaltsbelastung durch Kinder von unterhaltssichernden Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - abhängig werden (vgl. ausführlich Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008 Anhang zu § 6a BKGG, Rn 2). Grundlegende Anspruchsvoraussetzung ist daher gem. § 6a Abs. 1, 1. Halbsatz und Nr. 1 BKGG zunächst, dass im Haushalt der antragstellenden Person mindestens ein unverheiratetes Kind im Alter von unter 25 Jahren lebt, für das Anspruch auf Kindergeld besteht. Die weiteren, bedarfsbezogenen Anspruchsvoraussetzungen gelten nach § 6a Abs. 1 Abs. 1 Nr. 2 BKGG und den dort in Bezug genommenen Bestimmungen entsprechend dem gesetzgeberischen Ansatz zunächst der Prüfung, ob das elterliche Einkommen bei fingierter Kinderlosigkeit genügt, um den elterlichen Bedarf vollständig zu decken, ohne andererseits eine Höhe zu erreichen, die neben dem für den Unterhalt der Eltern erforderlichen Betrag auch bereits den höchstmöglichen Kinderzuschuss einschließt. Liegt das Elterneinkommen innerhalb dieses Korridors, ist ausgehend vom möglichen Höchstbetrag des Kinderzuschusses (140 EUR für jedes zu berücksichtigende Kind, § 6a Abs. 2 S. 1 BKGG) durch Anrechnung des Einkommens und Vermögens jedes Kindes (§ 6a Abs. 3 BKGG) und sodann des elterlichen Einkommens und Vermögens (§ 6a Abs. 4 BKGG) die individuelle Höhe eines etwaigen Anspruchs auf Kinderzuschlag zu bestimmen. Als weitere Anspruchsvoraussetzung muss die Gewährung des nach § 6a Abs. 3 und 4 BKGG individuell bestimmten Kinderzuschlags dazu führen, dass Hilfebedürftigkeit im Sinne von § 9 SGB II vermieden wird. Diese Anspruchsvoraussetzung ist erfüllt, wenn die aus Eltern und Kindern gebildete Bedarfsgemeinschaft ohne die Gewährung des nach § 6a BKGG individuell bestimmten Kinderzuschlags Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben würde, die durch seine Gewährung bewirkte Einkommenserhöhung jedoch die Bedürftigkeit nach § 9 SGB II beseitigt (vgl. zu den Anspruchsvoraussetzungen ausführlich Spellbrink, aaO., Rn. 7 bis 18). In Anwendung dieser Grundsätze scheitert die Gewährung eines Kinderzuschlages für die Monate Dezember 2009 und Januar 2010 vorliegend - wie die Beklagte zutreffend angenommen hat - bereits daran, dass das isolierte Elterneinkommen nicht innerhalb des Korridors gem. § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG gelegen, sondern den seinerzeitigen Mindestbetrag von 900 EUR unterschritten hat. Als maßgebliches elterliches Einkommen definiert § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG ausdrücklich das Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II mit Ausnahme des Wohngeldes und des Kindergeldes. Der Einkommensbegriff in § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG stimmt hiernach - soweit nicht Wohn- oder Kindergeld betroffen sind - mit dem Einkommensbegriff des § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II deckungsgleich überein. In der maßgeblichen Fassung vom 05.02.2006 hat § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II insoweit bestimmt, dass als Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert - mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz - zu berücksichtigen sind. Maßgeblich für die Bestimmung der Einkommenshöhe im Sinne von § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II ist danach der tatsächliche Zufluss von Einnahmen in Geld oder Geldeswert. Soweit bei der Bemessung der unterhaltssichernden Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe von § 11 Abs. 2 SGB II Absetzungen vom Einkommen vorzunehmen sind, handelt es sich bei deren Berücksichtigung um einen von der Definition des Einkommens in § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II losgelösten, zusätzlichen Berechnungsschritt ("Vom Einkommen sind abzusetzen "), den § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG mit seiner allein auf § 11 Abs. 1 S. 1 beschränkten Bezugnahme vollständig ausklammert. Kommt es hiernach aber für die Bestimmung des Einkommens im Sinne von § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG auf den Einkommenszufluss gem. § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II an, unterliegt es keinem durchgreifenden Zweifel, dass lediglich der Zahlbetrag des ALG I für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG herangezogen werden kann. Denn in eben dieser Höhe bildet das ALG I Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II (vgl. BSG, Urteil vom 26.06.2008, Az. B 11b AS 45/06 R, Rn 43; LSG NRW, Urteil vom 09.05.2007, Az. L 12 AS 52/06, Rn. 24 f bei juris). Soweit demgegenüber das Sozialgericht darauf abgestellt hat, dass es bei der Berechnung des auszahlbaren Betrages des Arbeitslosengeldes I zu Abzügen für Steuern und Sozialabgaben komme, die gleichsam in Umkehrung der Abzüge nach § 11 Abs. 2 S. 1 Nrn. 1 und 2 SGB II dem Zahlbetrag des ALG I zugeschlagen werden müssten, um zu einem Bruttobetrag des ALG I zu gelangen, vermag der Senat diesem Ansatz nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass der Zahlbetrag des ALG I - ausgehend vom Bruttobetrag des zugrunde liegenden Arbeitseinkommens - nicht lediglich um einen nach § 129 SGB III (in der vorliegend anwendbaren Fassung des SGB III vom 16.02.2011) als Leistungssatz von alternativ 60 % bzw. 67 % bezeichneten prozentualen Abschlag von 40 % bzw. 33 %, sondern vorab um einen zusätzlichen Abzug u.a. für Steuern und Sozialabgaben (§ 133 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 a.F.) zu bereinigen ist. Hierbei handelt es sich indessen nicht etwa um Abzüge, die auf der Grundlage eines Bruttobetrages des zustehenden Arbeitslosengeldes I einbehalten und abgeführt werden, sondern um Korrekturbeträge, mit denen bei der Bemessung des ALG I dem Umstand Rechnung getragen wird, dass auch das frühere Arbeitsentgelt dem Arbeitslosen nicht als Bruttobetrag, sondern nur um Abzüge u.a. für Steuern und Sozialabgaben vermindert zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung gestanden hat. Der Abzug nach § 133 Abs. 1 SGB III a.F. (gleichlautend jetzt § 153 Abs. 1 SGB III) dient als Abzug vom Bemessungsentgelt, dem nach Maßgabe von § 131 SGB III a.F. (jetzt § § 151 SGB III) maßgeblichen früheren Bruttoeinkommen, der Bestimmung des sog. Leistungsentgelts, nach dem sich unter zusätzlicher Berücksichtigung des maßgeblichen Leistungssatzes (§ 129 SGB III a.F., jetzt § 149 SGB III) die Höhe des Leistungsanspruchs richtet. Insoweit bestimmt § 129 SGB III a.F. ausdrücklich, dass das Arbeitslosengeld 67 % bzw. 60 % des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt) beträgt, das sich aus dem Bruttogehalt ergibt, dass der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Der Leistungsanspruch auf Arbeitslosengeld nach dem SGB III ist hiernach, soweit es um die Berücksichtigung der pauschalierten Abzüge nach § 133 Abs. 1 SGB III a.F. geht, von vornherein auf einen bestimmten Vomhundertsatz des - durch jene Abzüge ermittelten - früheren Nettoeinkommens gerichtet. Es handelt sich mithin nicht um gegenwärtige tatsächliche Abzüge vom Arbeitslosengeld I, sondern um pauschalierte Abzüge von dem in der Vergangenheit erzielten Arbeitseinkommen mit dem Ziel, dessen für die Höhe des ALG I - Anspruchs maßgeblichen Nettobetrag zu bestimmen. Hiervon zu unterscheiden sind diejenigen Zahlungen, die auch bei ALG I - Bezug (von der Arbeitsverwaltung) neben dem ALG I - Anspruch an verschiedene Zweige der Sozialversicherung zu leisten sind. Sie sind nicht mit den Abzügen nach § 133 Abs. 1 SGB II a. F. identisch, schließen insbesondere wegen der Einkommensteuerfreiheit des ALG I (§ 3 Abs. 2 lit. a) EStG) keine Steuern ein, und bemessen sich im Übrigen nach besonderen, dem jeweiligen Leistungsrecht zu entnehmenden Bemessungsregeln (vgl. etwa §§ 5 Abs. 1 Nr. 2 und 232a SGB V, zur Berechnung im Einzelnen vgl. BSG, Urteil vom 29.09.1997, Az. 8 RKn 5/97). Da sie aber nicht von dem Arbeitslosen aus den ihm nach § 129 SGB III a.F. zustehenden Leistungen zu zahlen sind, scheiden diesbezügliche Zuschläge zum Zahlbetrag des ALG I aus. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Ein Grund, gem. § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, besteht nicht.