Arbeitsgericht Oldenburg
Urt. v. 11.02.2013, Az.: 3 Ca 517/13

Bibliographie

Gericht
ArbG Oldenburg
Datum
11.02.2013
Aktenzeichen
3 Ca 517/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 64306
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
LAG Niedersachsen - 22.05.2015 - AZ: 14 Sa 100/14
BAG - 23.03.2016 - AZ: 5 AZR 337/15

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Nach § 9 Ziffer 4 des Einführungstarifvertrages ERA sind die nach Abschluss aller Anpassungsmaßnahmen nicht verbrauchten Mittel eines im Zuge der betrieblichen Einführung des Entgeltrahmenabkommens vom 23. Mai 2000 der Metallindustrie (ERA) gebildeten ERA-Anpassungsfonds an die Beschäftigten auszuzahlen.

2. Zur Vorbereitung einer auf Auszahlung gerichteten Klage hat der Beschäftigte gemäß §§ 241 Abs. 2, 242 BGB gegenüber dem Arbeitgeber ein Anspruch auf Auskunft über die Höhe des ERA-Anpassungsfonds und die Anzahl der anspruchsberechtigten Arbeitnehmer.

Tenor:

I. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen

1) über die Höhe des ERA-Anpassungsfonds gem. § 9 EinführungsTV  ERA für den Betrieb G. am 1. April 2010.

2) über die Anzahl der im Betrieb G. Beschäftigten, die zum  Aufbau der ERA-Strukturkomponente beigetragen haben und zum  1. April 2010 in einem Arbeitsverhältnis im Betrieb standen (Anspruchsberechtigte gemäß § 9 Ziffer 5 EinführungsTV ERA).

II. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.000,-- € festgesetzt.

IV. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand:

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Metallindustrie. In den Werken G., D. und V. fertigt sie Bagger und Krane. An allen drei Standorten sind Betriebsräte gebildet. Außerdem ist ein Gesamtbetriebsrat errichtet. Die Beklagte ist nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbandes.

Der Kläger ist langjährig im Werk G. beschäftigt.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die T. GmbH, schloss am 12. Februar 2007/20. Februar 2007 mit der IG-Metall, Bezirksleitung Küste, Hamburg einen „Übernahmetarifvertrag“. Danach finden die in der Anlage zum Übernahmetarifvertrag aufgeführten Flächentarifverträge, u.a. das gemeinsame Entgeltrahmenabkommen (ERA) vom 23. Mai 2003 und der Einführungstarifvertrag ERA (EinführungsTV ERA) vom 18. Dezember 2003, bei der T. GmbH Anwendung. Außerdem sollte ERA ab dem 01.01.2009 gelten. Die ERA-Strukturkomponente sollte in Form eines ERA-Anpassungsfonds im Sinne des § 9 EinführungsTV ERA verwendet werden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Übernahmetarifvertrag vom 12.02.2007/20.02.2007 (Fotokopie Bl. 43-48 d.A.) verwiesen.

Im Januar 2009 wurde im Werk G. Kurzarbeit eingeführt. In der Betriebsvereinbarung vom 09. Dezember 2008 vereinbarten der Betriebsrat des Werkes G. und die T. GmbH die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 91,5 %. Die Mittel hierfür sollten aus dem für die Bildung einer Beschäftigungsgesellschaft gebildeten Fonds „T.“ sowie aus Mitteln der ERA-Strukturkomponente genommen werden. Die T. GmbH wendete für diese Aufstockungsleistung 528.434,-- EUR auf. Zur Deckung dieses Betrages wurden 70.000,-- EUR aus den „T.-Fonds“ entnommen.

In Ergänzung des Übernahmetarifvertrages vom 12./20. Februar 2007 trafen die T. GmbH, die IG-Metall Bezirksleitung Küste, Hamburg und die Betriebsräte der Betriebe G., V. und D. am 24. August 2009/25. August 2009 eine weitere Vereinbarung, in der es auszugsweise heisst:

§ 1

Termin der ERA-Einführung

Der Termin der ERA-Einführung in den drei Betrieben D., V. und G. wird auf den 01.04.2010 verschoben.

§ 2

Höhe des ERA-Anpassungsfonds

§ 4 III Abs. 2 S. 3 und Abs. 5 des Übernahmetarifvertrages vom 20.02.2007 wird aufgehoben und wie folgt gefasst: die bisher getätigten Rückstellungen in Höhe von 1,873 Mio.€ zuzüglich der durch Protokollnotiz vom 09.12.2008 vereinbarten Aufstockung um € 50.000 werden um € 200.000 für den Zeitraum bis zur Einführung von ERA erhöht, so dass sich eine Gesamtrückstellung von 2,123 Mio.€ ergibt.

§ 3

Verteilung auf die Betriebe

Die erstgenannte Rückstellung, nämlich insgesamt 1.873 Mio.€ wird zu je einem Drittel für jeden der drei Betriebe verwendet; die Rückstellungen in Höhe von € 50.000 und € 200.000 werden ausschließlich für die Mitarbeiter des Betriebes G. verwendet.

Gemäß der Betriebsvereinbarung zwischen der Geschäftsführung und dem Betriebsrat für den Betrieb G. vom 09.12.2008 und der ergänzenden Betriebsvereinbarung vom 09.07.2009 werden die für den Betrieb G. getätigten oder noch zu tätigenden Rückstellungen zunächst zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes bis zum Ablauf der durch die Agentur für Arbeit genehmigten Kurzarbeit verwendet. Soweit Aufstockungsbeträge zur Kurzarbeit in den anderen beiden Betrieben vereinbart werden, werden die für den jeweiligen Betrieb noch vorhandenen Rückstellungen entsprechend § 3 Abs. 2 S. 1 verwendet. Nur soweit die Rückstellungen nicht für diese Aufstockungen zum Kurzarbeitergeld zum Zeitpunkt der Einführung von ERA verwendet wurden, kommt die restliche Rückstellung aus dem ERA-Strukturfonds zur Auszahlung an die dann im jeweiligen Betrieb tätigen Arbeitnehmer, soweit die betriebliche Kostenneutralität bei Einführung von ERA gewahrt ist.

Insofern vereinbaren die Betriebspartner, dass die für jeden Betrieb reservierte Rückstellung gleichmäßig an die Mitarbeiter ausbezahlt werden.

§ 4

     Verdienstsicherung

Sämtliche Mitarbeiter, die zum Zeitpunkt der ERA-Einführung bei T. in den drei Betrieben beschäftigt sind, erhalten in Abweichung zu § 15 Ziff. 5 des Entgeltrahmentarifvertrages Küste, Hamburg vom 26.03.2008 eine tarifdynamische, bei Tariferhöhungen nicht anrechenbare Zulage in Höhe der Differenz zwischen dem bisherigen Tarifentgelt einschließlich tariflicher Leistungskomponente und dem sich aus der Umstellung ergebenden Tarifentgelt einschließlich etwaiger Leistungsentgelte. Diese Zulage wird in dieser Form für eine Laufzeit von zehn Jahren ab Einführung von ERA gewährt. Danach erfolgt eine Anrechnung gem. § 15 Ziff. 5 des Entgeltrahmentarifvertrages Küste, Hamburg vom 26.03.2008.

Am 17. Dezember 2009/22. Dezember 2009 schlossen die T. GmbH, die IG-Metall Bezirksleitung Küste, Hamburg und die Betriebsräte G., D. und V. die „Vereinbarung über die Einführung des Entgeltrahmenabkommens“. Auszugsweise heisst es darin:

...

„Das Entgeltrahmenabkommen (ERA) wird in den Betrieben G., D. und V. zum 01. April 2010 eingeführt.

Maßgeblich für die ERA-Ersteingruppierung sind die als Anlagen 1 - 3 beigefügten (im Folgenden Bestandslisten genannt) sowie die als Anlagen 4 - 6 beigefügten (Im Folgenden Zukunftslisten genannt) genannten Listen. Hieraus ergibt sich:

I. Bisherige Mitarbeiter

1. Für die zum Stichtag der ERA-Einführung beschäftigten Mitarbeiter (Bestandsmitarbeiter) gelten die Bestandslisten entsprechend den Anlagen 1 - 3.

2. Alle Bestandsmitarbeiter erhalten nach Unterzeichnung dieser Vereinbarung schriftlich den neuen Entgeltaufbau.

3. Gemäß § 4 des Tarifvertrages / der Vereinbarung vom 24.08.2009 erhalten die bisherigen Mitarbeiter eine Verdienstsicherung. Diese Verdienstsicherung gilt auch für nach dem Stichtag wiedereingestellte Mitarbeiter sowie im Falle von Versetzungen oder Umsetzungen. Individualvertragliche Abweichungen sind hierbei möglich.

...

7. Der Anpassungsfonds wird entsprechend dem Tarifvertrag / der Vereinbarung vom 24.08.2009 an die Mitarbeiter ausgezahlt. Eine Kompensation betrieblicher Kosten findet nicht statt.“

Mit Unternehmenskauf und Übertragungsvertrag vom 10. März 2010 übertrug die T. GmbH den Geschäftsbereich A. auf die B. F. GmbH, die in die Beklagte umfirmierte. Die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter gingen zum 16. April 2010 auf die Beklagte über.

Die Beklagte wollte den Übernahmetarifvertrag vom 10./20.02.2007 nicht fortführen. Die Mitarbeiter der Beklagten streikten. Als Ergebnis der Streikmaßnahme machte die Beklagte am 26. November 2010 eine Gesamtzusage, in der es u.a. heißt:

„2.

Die Geschäftsführung sichert zu, dass ab dem 16.04.2011 auf die Arbeitsverträge die Bestimmungen des Übernahmetarifvertrages vom 20.02.2007 einschließlich der dazu gehörigen Anlagen und seiner Ergänzungsregelungen Anwendung finden.“

Die Betriebspartner setzten das Entgeltrahmenabkommen in den Betrieben um. Die Beklagte zahlt an eine Vielzahl von Mitarbeitern, deren Tarifentgelt nach der Einführung von ERA niedriger ist als das Tarifentgelt vor der Einführung von ERA, Ausgleichszulagen im Sinne von § 15 Ziffer 3 ERA/Verdienstsicherung gem. § 4 der Vereinbarung vom 24.08.2009/25.08.2009. Für die Monate April 2010 bis einschließlich Februar 2011 hatte die Beklagte hierfür 1.016.409,34 EUR bereitzustellen.

Auszahlungen an die Mitarbeiter erfolgten nicht.

Mit der am 11. Juni 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage vom 10. Juni 2013 seines Prozessbevollmächtigten begehrt der Kläger im Wege der Stufenklage Auskunft über die Höhe des ERA-Anpassungsfonds zum Zeitpunkt der Einführung von ERA sowie die Anzahl der bei der Auszahlung des ERA-Anpassungsfonds anspruchsberechtigten Arbeitnehmer sowie - nach Erteilung der Auskunft - Zahlung des auf den Kläger entfallenden Auszahlungsbetrages.

Der Kläger meint,

der Anpassungsfonds sei an die Mitarbeiter auszuzahlen. Die ERA-Einführung im Betrieb sei kostenneutral im Sinne der Regelungen des EinführungsTV ERA erfolgt. Die nicht verbrauchen Mittel des Anpassungsfonds seien deshalb auszuzahlen. Zur Kompensation der gezahlten Ausgleichszulagen dürfe die Beklagte den Anpassungsfonds nicht verwenden. Insoweit handele es sich nämlich nicht um Mehrkosten. Die Mitarbeiter erhielten schließlich das Entgelt, das sie bereits vor Einführung von ERA erhalten hätten.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen,

a. über die Höhe des ERA-Anpassungsfonds gemäß § 9 ERA-Einführungstarifvertrag für den Betrieb G. am 01.04.2010.

b. über die Anzahl der im Betrieb G. Beschäftigten, die zum Aufbau der ERA-Strukturkomponente beigetragen haben und zum 01.04.2010 in einem Arbeitsverhältnis im Betrieb stehen (Anspruchsberechtigte gemäß § 9, Ziffer 5. Einführungstarifvertrag ERA).

2. die Beklagte zu verurteilen, den sich aus der Auskunft ergebenden Auszahlungsanspruch aus dem ERA-Anpassungsfonds an den Kläger auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint,

nach den tarifvertraglichen Vorgaben könne der Anpassungsfonds zur Kompensation der geschuldeten Ausgleichszulagen herangezogen werden. Derzeit müsse sie immerhin noch monatlich 21.500,-- EUR hierfür aufwenden. Hochgerechnet bis zum Zeitpunkt des Ablaufes der Verdienstsicherung im März 2020 betrage der Aufwand etwa 3,84 Mio. EUR. Damit übersteige der Aufwand die Rückstellungen beträchtlich. Ein Auszahlungsanspruch bestehe deshalb nicht.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe

A.

Die insgesamt zulässige Klage hat - soweit die Kammer über sie entschieden hat - auch in der Sache Erfolg.

Dem Kläger steht der erhobene Auskunftsanspruch zu. Ohne die begehrten Auskünfte ist der Kläger nicht in der Lage, den Anspruch auf Auszahlung des auf ihn entfallenden Anteils des ERA-Anpassungsfonds zu beziffern. Die Beklagte ist unschwer in der Lage, diese Auskunft zu erteilen.

I.

Der Kläger leitet seine Ansprüche aus den ERA-Tarifverträgen her. Obwohl die Beklagte nicht tarifgebunden ist, finden diese tariflichen Regelungen im Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Denn als Folge der Gesamtzusage vom 26. November 2010 der Beklagten gelten die Regelungen aus den ERA-Tarifverträgen zumindest einzelvertraglich weiter. Die Beklagte ist einzelvertraglich gegenüber dem Kläger verpflichtet, die Bestimmungen der ERA-Tarifverträge zu befolgen (LAG Niedersachsen, Beschluss vom 27.11.2012 - 1 TaBV 91/12).

II.

Zwar folgt der erhobene Auskunftsanspruch nicht unmittelbar aus den genannten tariflichen Bestimmungen. Er ergibt sich jedoch aus den §§ 241 Abs. 2, 242 BGB.

1. Nach § 241 Abs. 2 BGB kann ein Schuldverhältnis jeden Teil des Schuldverhältnisses zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Nach § 242 BGB ist der Schuldner verpflichtet, die Leistungen so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass sich aus diesen Normen ein einklagbarer Auskunftsanspruch des Vertragspartners ergeben kann, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang eines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen tatsächlichen Angaben unschwer machen kann (BAG vom 19.04.2005 - 9 AZR 188/04 - AP BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 39).

2. Diese Erfordernisse sind hier erfüllt.

a. Dem Kläger steht ein Recht in Form eines Auszahlungsanspruches auf der Grundlage der Regelung in § 9 Ziffer 4 und 5 EinführungsTV ERA zu.

aa. Denn nach dieser tariflichen Bestimmung werden die verbleibenden Mittel aus dem ERA-Anpassungsfonds ausgezahlt, wenn sich herausgestellt hat, dass eine weitere Verwendung von Mitteln des ERA-Anpassungsfonds nach den Regeln der betrieblichen Kostenneutralität nicht erforderlich ist. Die weiteren Auszahlungsmodalitäten sind in einer Betriebsvereinbarung zu regeln.

bb. Diese ergänzenden Regelungen sind erfolgt. In § 3 Abs. 3 der Vereinbarung vom 24. August 2009/25. August 2009 haben die Betriebspartner festgelegt, dass die für jeden Betrieb reservierte Rückstellung (gemeint ist der Anpassungsfonds) gleichmäßig an die Mitarbeiter ausgezahlt wird. Diese Regelung stellt, wie in § 7 der Vereinbarung ausdrücklich festgehalten ist, eine Betriebsvereinbarung im Sinne der zitierten Regelung des § 9 Ziffer 3 EinführungsTV ERA dar.

b. Der Kläger selbst ist nicht in der Lage, den Auszahlungsanspruch zu beziffern. Die Höhe des dem Kläger zustehenden Anteils am ERA Anpassungsfonds bestimmt sich zum einen nach dem Umfang der Rückstellungen zum Zeitpunkt der Auszahlung und der Zahl der Anspruchsberechtigten Arbeitnehmer andererseits. Über beide Größen hat der Kläger keine eigene Kenntnis. Die Vorgänge liegen außerhalb seiner Wahrnehmungen.

c. Die Beklagte ist in der Lage, diese erforderlichen tatsächlichen Angaben zu machen. Ihr liegen die entsprechenden „Zahlen“ vor. Sie hat Kenntnis über die Höhe der Rückstellungen des Anpassungsfonds zum Einführungsstichtag am 1. April 2010 und kann auf der Grundlage der Regelung nach § 9 Ziffer 5 EinführungsTV ERA die anspruchsberechtigten Arbeitnehmer unschwer bestimmen. Auch wird sie dadurch nicht übermäßig belastet (vgl. dazu BAG vom 01.12.2004 - 5 AZR 664/03 = NZA 2005, 289).

III.

Der Auskunftsanspruch entfällt auch nicht deshalb, weil er ins Leere greift. Auch ist er fällig.

1. Die begehrten Auskünfte kann der Kläger dann nicht verlangen, wenn zum Zeitpunkt des Auskunftsverlangens bereits festgestellt werden kann, dass ein Auszahlungsbetrag nicht zur Verfügung steht, weil die Mittel des Anpassungsfonds bereits erschöpft sind.

Gleiches würde gelten, wenn der Anpassungsfonds zwar nicht erschöpft ist, die Kompensationsmaßnahmen aber noch nicht abgeschlossen sind. Denn in diesem Falle kann eine Auszahlung nicht verlangt werden, weil die Feststellung der erforderlichen Kostenneutralität noch nicht getroffen werden kann, deshalb der Auszahlungszeitpunkt noch nicht bestimmt ist (vgl. § 9 Ziffer 4 EinführungsTV ERA). Ein etwaiger Auszahlungsanspruch wäre danach noch nicht fällig.

2. Diese Voraussetzungen liegen indes nicht vor. Nach den im Zuge der ERA-Einführung getroffenen tariflichen und betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen steht die geforderte betriebliche Kostenneutralität fest. Der Anpassungsfonds steht, sofern er noch Mittel (Rückstellungen) enthält, zur Auszahlung an.

a. Insbesondere kann die Beklagte nicht auf die gewährten Ausgleichszulagen im Sinne von § 15 Ziffer 3 ERA / § 4 der Vereinbarung vom 24. August 2009 / 25. August 2009 verweisen.

aa. Zwar handelt es sich dabei entgegen der Rechtsauffassung des Klägers um betriebliche Kosten der ERA-Einführung. In § 9 Ziffer 3 EinführungsTV ERA ist nämlich ausdrücklich geregelt, dass der Anpassungsfonds insbesondere zur Deckung der Ausgleichszulagen, die gemäß § 15 Ziffer 3 ERA zugesagt werden, verwendet werden kann.

bb. Dürfte die Beklagte den Anpassungsfonds zur Kompensation der Ausgleichszulagen heranziehen, wäre das Auskunftsbegehren des Klägers nicht fällig. Nach § 4 Ziffer 4 des EinführungsTV ERA beträgt die Kompensationsphase 5 Jahre, gerechnet ab dem Zeitpunkt der ERA-Einführung. Hier befinden sich die Parteien noch innerhalb dieser Phase. Eingeführt hat die Beklagte ERA am 01.04.2010.

cc. Darüber hinaus kann aufgrund der seitens der Beklagten vorgenommenen Hochrechnung davon ausgegangen werden, dass bei Berücksichtigung der Ausgleichszahlungen die Rückstellungen für den Ausgleichsfonds in Höhe von insgesamt 2,13 Mio.€ (§ 2 der Vereinbarung vom 24. August 2009/25. August 2009) unter Berücksichtigung der Abflüsse aufgrund der Aufstockung des Kurzarbeitergeldes bereits nach einer fünfjährigen Kompensationszeit gemäß § 4 Ziffer 2 EinführungsTV ERA erschöpft wären. Es kann daher offenbleiben, ob aufgrund der Regelung in § 4 der Vereinbarung vom 24. August 2009/25. August 2009 sogar von einer zehnjährigen Anpassungsphase ausgegangen werden muss.

b. Jedoch steht der seitens der Beklagten angenommenen Kompensation die Regelung vom 17. Dezember 2009/22. Dezember 2009 entgegen. Dort ist nämlich ausdrücklich in § 7 vereinbart, dass der Anpassungsfond entsprechend dem Tarifvertrag der Vereinbarung vom 24.08.2009 an die Mitarbeiter ausgezahlt wird. Weiter heisst es, dass eine Kompensation betrieblicher Kosten nicht stattfindet. Damit haben die Tarifvertragsparteien/die Betriebspartner verbindlich geregelt, dass die ERA-einführungsbedingten Mehrkosten innerhalb der festgelegten betrieblichen Kostenneutralität verbleiben. Nur so erschließt sich die weitere Regelung, dass eine Auszahlung des Anpassungsfonds an die Mitarbeiter erfolgen soll. Denn nach der bereits zitierten tariflichen Regelung kommt die Auszahlung nur dann in Betracht, wenn eine weitere Verwendung von Mitteln des ERA-Anpassungsfonds nach den Regeln der betrieblichen Kostenneutralität nicht erforderlich ist (§ 9 Ziffer 4 Satz 1 EinführungsTV ERA).

IV.

Steht nach alledem fest, dass die Beklagte zur Auszahlung der noch nicht verbrauchten Mittel des ERA-Anpassungsfonds verpflichtet ist, hat sie dem Kläger die für die Bezifferung seines Anspruches erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Ohne die Auskünfte kann der Kläger die zur Durchsetzung des Auskunftsanspruchs erforderliche Leistungsklage nicht erheben. Diese setzt nämlich die Bezifferung des verlangten Betrages voraus.

B.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Nach § 61 Abs. 1 ArbGG ist im Urteil der Wert des Streitgegenstandes festzusetzen. Die Wertfestsetzung beruht hier auf den §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 23 Abs. 3 RVG. Die Kammer hat das Auskunftsbegehren nach der Hälfte des Hilfswertes berechnet.

Gründe, gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG die Berufung gesondert zuzulassen, bestanden nicht.