Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 30.01.1991, Az.: 2 W 1/91
Notwendigkeit eines Titels gegen sämtliche Besitzer einer Wohnung für eine Räumungsvollstreckung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 30.01.1991
- Aktenzeichen
- 2 W 1/91
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1991, 15231
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1991:0130.2W1.91.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Vechta - 27.12.1990 - AZ: 4 C 619/89
Rechtsgrundlagen
- 765a ZPO
- § 885 ZPO
Fundstellen
- JurBüro 1991, 638 (Volltext mit amtl. LS)
- MDR 1991, 968-969 (Volltext mit amtl. LS)
- ZMR 1991, 268 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis bei Durchsetzung eines Räumungstitels
Amtlicher Leitsatz
Erwirkt ein Vermieter, der eine Wohnung an zusammenlebende Ehegatten vermietet hat, einen Räumungstitel nur gegen einen Ehegatten, dann ist auf dessen Antrag das Räumungsvollstreckungsverfahren gemäß § 765a ZPO ohne weiteres einzustellen.
In dem Rechtsstreit
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgericht Oldenburg
am 30. Januar 1991
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners werden der Beschluß der 6. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 27. Dezember 1990 und der Beschluß der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Vechta vom 12. November 1990 aufgehoben.
Auf Antrag des Schuldners wird die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Vechta vom 9. Januar 1990 (4 C 619/89) einstweilen eingestellt, soweit der Schuldner zur Räumung verurteilt ist.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragt der Gläubiger.
Entscheidungsgründe
Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, denn das Landgericht hat übersehen, daß ein Rechtsschutzinteresse für die eingeleitete Zwangsvollstreckung nicht besteht. Das ist im Zwangsvollstreckungsverfahren immer von Amts wegen zu prüfen (vgl. Zöller-Stöver, ZPO, 16. Aufl., § 765a Rdnr. 31). Dieses Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn der Gläubiger kein schutzwürdiges Interesse an der beantragten Vollstreckungsmaßregel hat (Zöller-Stöver, a.a.O., vor § 704 Rdnr. 17).
Das ist insbesondere dann der Fall, wenn das angewendete Mittel ungeeignet ist, den begehrten Erfolg herbeizuführen (BVerfG, NJW 1983, 559).
So liegt es hier. Der Gläubiger hat gegen den Schuldner einen Räumungstitel erlangt. Mit diesem Titel kann er jedoch das begehrte Ziel - Räumung des Hauses - nicht erreichen. Ausweislich des Mietvertrages waren Miete neben dem ebenfalls zur Räumung verurteilten ... die Eheleute ..., also der Schuldner und seine Ehefrau. Daß diese den Mietvertrag nicht unterschrieben hat, ist unbeachtlich, denn der Schuldner konnte für seine Ehefrau handeln und sie beim Abschluß des Vertrages vertreten. Davon ist nach dem Inhalt der Vertragsurkunde auszugehen. Die Ansicht des Gläubigers, aus der fehlenden Mitunterzeichnung durch die Ehefrau des Schuldners ergebe sich, daß diese nicht Mietvertragspartei sei, findet in dem Vertragswortlaut keine Stütze. Es ist auch nicht vorgetragen, die Beteiligten seien sich bei Vertragsabschluß einig gewesen, daß die Ehefrau des Schuldners nicht Vertragspartei werden sollte.
Damit hat die Ehefrau des Schuldners ein eigenes Besitzrecht, das sich aus dem abgeschlossenen Mietvertrag ergibt (OLG Köln, NJW 1954, 1895 [OLG Köln 16.07.1954 - 1 W 77/54]; Zöller-Stöver a.a.O., § 885, Rdnr. 6). Deshalb bedarf es eines Titels auch gegen die Ehefrau (OLG Köln, a.a.O.; Zöller/Stöver, a.a.O.), um die Räumungsvollstreckung durchführen zu können. Ein solcher Titel liegt bisher nicht vor, so daß, ein Rechtsschutzbedürfnis zur Vollstreckung gegen den Schuldner nicht ersichtlich ist. Bevor diese Sachlage sich nicht geändert hat (§ 765a Abs. 3 ZPO), kommt daher eine Räumungsvollstreckung gegen den Schuldner nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.