Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 30.05.2013, Az.: L 10 VJ 1/09
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 30.05.2013
- Aktenzeichen
- L 10 VJ 1/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 64251
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG - 11.03.2009 - AZ: S 38 VJ 61/04
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 11. März 2009 und der Bescheid des Beklagten vom 12. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Oktober 2004 aufgehoben.
Der Beklagte wird verurteilt, die bei der Klägerin bestehende Entwicklungsstörung als Impfschaden infolge der im Zeitraum vom 3. März 1999 bis einschließlich 8. Februar 2000 erfolgten Schutzimpfungen im Sinne von § 60 Abs. 1 i.V.m. § 2 Nr. 11 If SG festzustellen und der Klägerin ab Januar 2002 unter Zugrundelegung eines GdS i.H.v. 100 Beschädigtenversorgung nach Maßgabe des IfSG i.V.m. dem BVG zu gewähren.
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Klägerin ein Impfschaden festzustellen und ihr entsprechend Beschädigtenversorgung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfGS) i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) zu gewähren ist.
Die am 4. November 1998 geborene Klägerin wurde durch den seinerzeit behandelnden Facharzt für Kinderheilkunde Prof. Dr. J. am 3. März 1999, 31. Mai 1999 und 10. Januar 2000 mit den Impfstoffen Infantrix-IPV + Hib und Gen H-B-Vax K sowie am 19. April 1999 mit dem Impfstoff Infantrix-IPV + Hib gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Haemophilusinfluenza b (Hb), Hepatitis B und Poliomyelitis geimpft. Außerdem erhielt sie am 8. Februar 2000 eine Impfung mit dem Impfstoff Priorix gegen Masern, Mumps und Röteln.
Ausweislich der vorliegenden Kopien aus dem Kinder-Untersuchungsheft der Klägerin verneinte der Kinderarzt Prof. Dr. J. anlässlich der Vorsorgeuntersuchung U 5 am 31. Mai 1999 einen Anhalt für eine die Entwicklung gefährdende Gesundheitsstörung. Anlässlich der Vorsorgeuntersuchung U 6 am 11. Oktober 1999 ist dann hingegen ausdrücklich eine taktile-kinästhetische Störung unter Verweis auf das Sozialpädiatrische Zentrum K. vermerkt. Ausweislich der Berichte des behandelnden Orthopäden Dr. L. vom 1. September und 29. September 1999 stellten die Eltern die Klägerin dort vor, weil sie noch nicht sitzen und bei passivem Hinsetzten die Position nicht halten könne. Erst mit 5 1/2 Monaten habe sie sich selbständig drehen können. Auch sei eine Rückwärtsdrehung des Unterarmes beidseits aufgefallen. Der Orthopäde stellte die Diagnosen eines Entwicklungsrückstandes und eines KISS-Syndroms (Symmetriestörung aufgrund Halswirbelsäulenblockierung), bestätigte eine verstärkte Supinationshaltung der Arme und verordnete krankengymnastische Übungsbehandlung. Bei der zweiten Untersuchung diagnostizierte er außerdem eine Symmetriestörung aufgrund Blockierung der Hüftgelenke. Eine neuropädiatrische Untersuchung der Klägerin im Stadtkrankenhaus M. am 7. September 1999 ergab die Diagnosen einer statomotorischen Retardierung. Es seien jedoch keine konkreten Symptome der Spastizität oder extrapyramidaler bzw. cerebrelärer Störungen zu finden gewesen, so dass das neurologische Bild als taktil-kinästhetische Störung definiert werden könne. Am 9. November 1999 wurde die Klägerin im Sozialpädiatrischen Zentrum K. untersucht. Dort gaben die Eltern ausweislich des Berichtes vom 17. November 1999 u.a. an, das Kind habe zunächst keine Besonderheiten gezeigt, es habe mit ca. 6 - 7 Monaten das Drehen gelernt. Im weiteren Verlauf sei zunächst die motorische Entwicklungsverzögerung in Auge gefallen. Das Kind erhalte seit Juli des Jahres Krankengymnastik. Den Eltern erscheine es nicht nur in der motorischen Entwicklung auffällig. Die untersuchende Ärztin für Kinderheilkunde, Kinder- und Jugendpsychiatrie stellte die Diagnose einer deutlichen Entwicklungsretardierung im motorischen Bereich (Rückstand etwa 3 Monate) sowie im sensomotorischen und Perzeptionsbereich (Rückstand bis zu 6 Monate). Im Folgenden wurde die Klägerin sowohl durch das Zentrum für Entwicklungsdiagnostik und Sozialpädiatrie des Klinikums der Stadt M. (Berichte vom 29. Februar 2000 und 19. Juni 2001) als auch durch das Sozialpädiatrische Zentrum K. (Berichte vom 20. April 2000 und 13. September 2000) wiederholt untersucht. Es wurde im Ergebnis eine tiefgreifende Entwicklungsstörung festgestellt, deren Ursache trotz umfangreicher Untersuchungen nicht geklärt werden konnte. Mit Datum vom 1. August 2001 erstellte der Amtsarzt N. im Auftrag des Gesundheitsamtes O. einen ersten Bericht über eine Störung des Impfverlaufes nach Schutzimpfungen. Hierin ist vermerkt, dass erste Krankheitszeichen, die über das Maß einer üblichen Impfreaktion hinausgingen, Anfang Juni 1999 aufgetreten seien. Es seien Schlafstörungen, Aufschreien, Essstörungen (Schluckprobleme) aufgetreten. Das Kind habe keine feste Nahrung mehr zu sich genommen, die Augen verdreht und wenig Reaktion auf Licht oder laute Geräusche gezeigt. Die vorläufige Diagnose laute tiefgreifende Entwicklungsstörung, sensorische Integrationsstörung. Im zweiten Impfbericht selben Datums wird ein Auftreten einer Entwicklungsstörung nach der 3. Impfung angegeben.
Am 2. Januar 2002 stellte die Klägerin durch ihre Eltern bei dem Beklagten einen Antrag auf Anerkennung eines Impfschadens und Gewährung von Beschädigtenversorgung. Dem fügten die Eltern ausführliche Angaben zur Entwicklung der Klägerin bei. Auf Anforderung des Beklagten erstattete der Kinderarzt Dr. P., der die Klägerin als Praxisnachfolger von Prof. Dr. J. seit Juli 2000 behandelt hatte, einen Befundbericht vom 14. Mai 2002. Darin gab er an, dass nach Aktenlage erstmals zur U 5 Auffälligkeiten in der Entwicklung dokumentiert worden seien. Retrospektiv habe die Mutter berichtet, schon vorher Auffälligkeiten festgestellt zu haben. Bei der U 6 habe sich dann bereits ein deutlicher Entwicklungsrückstand gezeigt. Mit Datum vom 30. Dezember 2002 erstattete im Auftrag des Beklagten der Kinderarzt Prof. Dr. Q. ein schriftliches Gutachten auf der Grundlage einer Untersuchung der Klägerin und Befragung der Eltern am 17. Oktober 2002 und Auswertung der vorliegenden Befundunterlagen. Der Gutachter bestätigte das Vorliegen einer Mehrfachbehinderung mit deutlicher Retardierung und Störung der motorischen Entwicklung bei der Klägerin. Hinweise auf eine Chromosomenabnormität, eine strukturelle Fehlanlage des Gehirns oder eine post- oder parainfektiöse oder posttraumatische Genese der Erkrankung könne er nicht feststellen. Er empfehle eine weitere Diagnostik zum Ausschluss pränataler oder genetischer Erkrankungen. Nach dem vorliegenden Sachstand, handele es sich mit großer Wahrscheinlichkeit bei den vorliegenden Gesundheitsschäden nicht um Impfschadensfolgen. Die Beurteilung sei insbesondere aufgrund der unterschiedlichen Daten über Impfungen und Impfverlauf schwierig. So seien nach dem Impfbericht vom 1. August 2001 erste Auffälligkeiten ab Juni 1999 (nach der 3. Impfung), nach späteren Aufzeichnungen bzw. der jetzigen Anamneseerhebung bereits nach der ersten Impfung aufgetreten. Der Kinderarzt sei nicht konsultiert worden. Die typischen Symptome für hinsichtlich der Impfungen bekannte Komplikationen seien nicht aufgetreten. Mit Bescheid vom 12. Januar 2004 lehnte der Beklagte den Antrag auf Beschädigtenversorgung ab, da nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen ein Ursachenzusammenhang zwischen den Schutzimpfungen und der Erkrankung der Klägerin nicht festzustellen sei. Den dagegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagten nach Einholung weiterer versorgungsmedizinischer Stellungnahmen mit Widerspruchsbescheid vom 4. Oktober 2004 als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Klägerin sich mit der am 27. Oktober 2004 bei dem Sozialgericht Braunschweig erhobenen Klage gewandt und umfänglich dargelegt, dass sich aus der Entwicklung vor den Impfungen, den zwischen und unmittelbar nach den Impfungen aufgetretenen Symptomen (Auffälligkeiten) und der sich anschließenden Entwicklung ergebe, dass ein Impfschaden vorliege. Das Sozialgericht hat zur Klärung des Sachverhaltes ein Gutachten der Fachärztin für Kinderheilkunde und Jugendmedizin Prof. Dr. R. vom 29. August 2005 eingeholt. Die Sachverständige ist im Wesentlichen zu dem Ergebnis gekommen, dass bei der Klägerin eine Mehrfachbehinderung vorliege, die vor allem durch eine schwere Retardierung der geistigen Entwicklung und eine ausgeprägte Verhaltensstörung gekennzeichnet sei und deren Ursache bislang ungeklärt sei. Ein ursächlicher Zusammenhang mit den zwischen März 1999 und Januar 2000 durchgeführten Mehrfachschutzimpfungen erscheine unwahrscheinlich. Zwar könnten Impfstoffe mit gravierenden Nebenwirkungen bis zu schweren Hirnschädigungen in Zusammenhang gebracht werden. Jedoch seien diese in der Regel Folge von entzündlichen Erkrankungen des Gehirns und peripheren Nervensystems, die in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang nach der Impfstoffgabe aufträten. Anzeichen hierfür seien bei der Klägerin aber am Tag der Impfung bzw. Folgetag nicht beobachtet worden. So habe im Gegensatz zu den Angaben Eltern der Impfarzt keinerlei unerwünschten Ereignisse vermerkt oder gemeldet. Die Anamnese und das Krankheitsbild der Klägerin seien mit dem Vorliegen einer Reihe bekannter und gut definierter Retardierungssyndrome, wie dem RETT-Syndrom, dem Angelmann-Syndrom und dem fragilen X-Syndrom (fra(X)-Syndrom) durchaus vereinbar. Hier sei eine molekulargenetische und zytogenetische Untersuchung zu empfehlen. Hierauf hat die Klägerin entsprechende Untersuchungen durchführen lassen, wonach aufgrund molekulargenetischer Diagnostik ein RETT-Syndrom mit einer Sicherheit von 70-80%, ein Angelmann-Syndrom zu etwa 75% und ein fra(X)-Syndrom nahezu sicher ausgeschlossen worden sind. Auf Anordnung des Sozialgerichts hat der Facharzt für Pädiatrische Infektiologie Prof. Dr. S. nach Durchsicht der Aktenunterlagen eine gutachtliche Stellungnahme vom 23. Oktober 2006 abgegeben, wonach festzuhalten sei, dass nach den Angaben der ständigen Impfkommission und der üblichen Sekundärliteratur nicht bekannt sei, dass einer der bei der Klägerin verwendeten Impfstoffe kausal Krankheitserscheinungen, wie sie bei der Klägerin vorliegen, hervorriefen. Ein umfassendes Gutachten könne er innerhalb von 3 bis 6 Monaten erstellen. Nach gerichtlicher Abänderung der Beweisanordnung auf den Facharzt für Mikrobiologie, Kinder- und Jugendmedizin Prof. Dr. T. erstattete dieser mit Datum vom 22. Januar 2007 ein Gutachten nach Aktenlage. Er kam im Wesentlichen zu dem Ergebnis, dass es unwahrscheinlich sei, dass die Impfungen ursächlich oder mitursächlich an der Entstehung oder Verschlimmerung der Gesundheitsstörungen der Klägerin beteiligt seien. So wiesen die dokumentierten Schilderungen der Mutter keine Hinweise für eine über das übliche Maß hinausgehende typische Impfreaktion aus. Es handele sich um eine eigenständige komplexe Entwicklungsstörung in deren zeitlichen Ablauf die Impfungen koinzidental aber nicht kausal beteiligt gewesen seien. Auch der Verlauf der Störung spreche mit Wahrscheinlichkeit gegen einen Impfschaden. Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat das Sozialgericht schließlich noch ein Gutachten des ehemaligen Direktors der Landeskinderklinik U. Prof. Dr. V. vom 8. Juli 2007 aufgrund erneuter ambulanter Untersuchung der Klägerin eingeholt. Der Sachverständige Prof. Dr. V. ist im Wesentlichen zu dem Ergebnis gekommen, dass die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen zumindest zum Teil auf die Impfung am 3. März 1999 zurückzuführen seien. Die Mutter habe jetzt angegeben, dass Auffälligkeiten wie, dass die Klägerin nicht mehr geschlafen habe, grundlos anhaltend geschrien habe, nicht mehr habe schlucken können sowie eine aktive andauernde Überstreckung des Kopfes auf dem Arm der Mutter, bereits gegen Ende der ersten Woche nach der Impfung aufgetreten seien. Spätestens ab April 1999 habe die Mutter eine auffällig verminderte, fehlende Reaktion beobachtet. Diese Auffälligkeiten seien mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als postvakzinale Encephalitis mit hinreichender zentralnervöser Symptomatik und nach typischer postvakzinaler Inkubationszeit (5./6. postvakzinaler Tag) einzuordnen. Ursächlich sei am ehesten die Hepatitis-B-Impfung am 3. März 1999. Daneben bestehe in Kombination mit dem Impfschadensereignis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auch eine angeborene Entwicklungsstörung. Eine genaue Trennung der Langzeitfolgen sei nicht möglich. Bei einer Gesamt-MdE von 100 sei die Gesundheitsstörung zu 1/2 auf einen Impfschaden zurückzuführen.
Mit Urteil vom 11. März 2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Dazu hat es wesentlich ausgeführt, dass unter Zugrundlegung der unmittelbar nach den Impfungen dokumentierten und zunächst auch von den Eltern bestätigten Kindesentwicklung nach Einschätzung aller Sachverständigen die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhanges zwischen dem Krankheitsbild der Klägerin und den Impfungen nicht zu begründen sei. Auch Prof. Dr. V. habe festgestellt, dass ein Zusammenhang nur dann angenommen werden könne, wenn eine eindeutig außergewöhnliche Impfreaktion maximal 28 Tage nach der jeweiligen Impfung belegt sei. Dies sei jedoch tatsächlich nicht der Fall. Den späteren Angaben der Eltern ab Stellung des Versorgungsantrages könne gegen über der zeitnah dokumentierten Entwicklung und früheren Angaben nicht der Vorzug gegeben werden.
Gegen das ihren Bevollmächtigten am 15. Mai 2009 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 15. Juni 2009 eingelegten Berufung, mit der sie den geltend gemachten Anspruch auf Beschädigtenversorgung weiter verfolgt. Insbesondere macht sie geltend, dass die Angaben der Mutter wie sie gegenüber Prof. Dr. V. erfolgt seien, zuträfen und entsprechend zugrunde zu legen seien. Hilfsweise sei ein Anspruch im Wege der Kann-Versorgung gegeben.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 11. März 2009 und den Bescheid des Beklagten vom 12. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Oktober 2004 aufzuheben,
2. den Beklagten zu verurteilen, die bei ihr bestehende Entwicklungsstörung als Impfschaden infolge der im Zeitraum vom 3. März 1999 bis einschließlich 8. Februar 2000 erfolgten Schutzimpfungen im Sinne von § 60 Abs. 1 i.V.m. § 2 Nr. 11 IfSG festzustellen und ihr ab Januar 2002 unter Zugrundelegung eines GdS i.H.v. 100 Beschädigtenversorgung nach Maßgabe des IfSG i.V.m. dem BVG zu gewähren,
hilfsweise,
Beweis zu erheben nach Maßgabe der Anträge Nr. 1 – 3 aus dem Schriftsatz vom 30. Mai 2013
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 11. März 2009 zurückzuweisen.
Der Senat hat zur weiteren Klärung des Sachverhaltes Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage des Arztes und Experten für Impfstoffsicherheit Dr. W. vom 10. Januar 2011. Der Sachverständige ist im Wesentlichen zu dem Ergebnis gekommen, dass die Entwicklungsstörung der Klägerin mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Impfschadensfolge sei. Es gebe keine Hinweise für eine vorbestehende Schädigung. Entsprechend den Angaben der Eltern seien nach der ersten Kombinationsimpfung unerwünschte Wirkungen aufgetreten. Der Hirnschaden der Klägerin sei ursächlich durch die Impfungen mit Infantrix IPV+Hib und Gen H-B-Vax K ausgelöst worden. Bei der Beurteilung seien die Merkmale der verwendeten Impfstoffe wesentlich zu beachten. Hier seien insbesondere die Zusatzstoffe Aluminiumhydroxid und Thiomersal in dem Hepatitisimpfstoff maßgeblich, deren Auswirkungen sich erst langfristig zeigten. Hierauf hat der Beklagte eine umfassende gutachtliche Stellungnahme des Infektionsmediziners Prof. Dr. X. vom 21. März 2011 eingereicht. Dieser hat ausgeführt, dass keine Wahrscheinlichkeit der Verursachung der Erkrankung der Klägerin durch die Impfungen gegeben sei. Aus den vorliegenden Angaben sei keine akute zentralnervöse Komplikation nach den Impfungen abzuleiten. Eine Verursachung solcher Komplikationen und schwerer Entwicklungsstörungen durch Begleitstoffe der Impfstoffe seien nach dem Stand der Wissenschaft nicht anerkannt. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 3. August 2011 bekräftigte der Sachverständige Dr. W. seine Einschätzung, dass nach aktuellem Kenntnisstand über seltene Impfkomplikationen hier mit der geforderten Wahrscheinlichkeit ein Impfschaden vorliege. Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat der Senat schließlich ein Gutachten des Arztes für Innere Medizin und Klinische Pharmakologie Prof. Dr. Y. vom 12. Juli 2012 eingeholt. Der Sachverständige ist im Wesentlichen zu dem Ergebnis gekommen, dass die gesundheitliche Schädigung der Klägerin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit durch die Impfung verursacht worden ist. Hierbei seien die Impfungen am 3. März und 19. April 1999 möglicherweise bahnend gewesen, der Schadensbeginn im Mai, Juni 1999 aber Folge der Impfung am 31. Mai 1999 gewesen. Hier sei es zu einer Enzephalopathie als kausal verursachte Impfkomplikation gekommen. Der GdS sei seit November 2000 auf 100 einzuschätzen. Hierauf hat der Beklagte ergänzend eine weitere gutachtliche Stellungnahme des Prof. Dr. X. vom 28. Dezember 2012 eingereicht, worin dieser in Auseinandersetzung mit dem Gutachten von Prof. Dr. Y. bei seiner Verneinung einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhanges zwischen den Impfungen und der Erkrankung der Klägerin verblieben ist und insbesondere weiter seine Auffassung dargelegt hat, dass der Annahme der Verursachung einer Enzephalitis bei der Klägerin durch die Impfungen nicht gefolgt werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. Die Akten haben dem Senat vorgelegen und waren Gegenstand der Verhandlung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft und insgesamt zulässig. Die Berufung ist auch begründet.
Das mit der Berufung angefochtene Urteil des Sozialgerichts und die ablehnenden Bescheide des Beklagten waren aufzuheben und der Beklagte war antragsgemäß zu verurteilen. Nach Würdigung der gesamten Sachlage insbesondere der Ergebnisse der weiteren Beweisaufnahme im Berufungsverfahren durch Einholung des Gutachtens des Impfstoffexperten Dr. W. sowie des Gutachtens des Arztes für Innere Medizin und Pharmakologie Prof. Dr. Y. besteht nach Überzeugung des Senates ein Anspruch der Klägerin auf Feststellung eines Impfschadens infolge der im Zeitraum vom 3. März 1999 bis 8. Februar 2000 verabreichten Impfungen und Gewährung von Beschädigtenversorgung nach den Vorschriften des IfSG i.v.m. dem BVG.
Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG erhält, wer durch eine Schutzimpfung - die u.a. von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde - eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, nach der Schutzimpfung wegen des Impfschadens i.S.d. § 2 Nr. 11 IfSG wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG.
Wie das Sozialgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, handelte es sich bei den bei der Klägerin im Zeitraum vom 3. März 1999 bis 2. Februar 2000 vorgenommenen Impfungen um solche, die unter den Schutzbereich des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG fallen.
Die Klägerin hat infolge der Impfungen auch einen Impfschaden erlitten. Impfschaden ist nach der Vorschrift des § 2 Nr. 11 IfSG die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung. Dabei sind die Impfung, die unübliche Impfreaktion (Primärschaden) sowie deren gesundheitliche Dauerfolgen (Impfschaden) voll zu beweisen. Für den Ursachenzusammenhang genügt jeweils Wahrscheinlichkeit. Eine solche hinreichende Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhanges liegt dann vor, wenn nach der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen eine Ursächlichkeit spricht.
Im vorliegenden Fall ist nach dem Ergebnis der umfassenden medizinisch-wissenschaftlichen Beweiserhebung zur Überzeugung des Senates entgegen der Auffassung des Sozialgerichts eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhanges zwischen der Erkrankung der Klägerin im Sinne der ärztlicherseits diagnostizierten Entwicklungsstörung und den geltend gemachten Schutzimpfungen gegeben.
So ist zunächst anders als vom Sozialgericht vertreten eine durch die Impfung hervorgerufene über das übliche Maß hinausgehende Impfreaktion (Impfkomplikation) im notwendigen zeitlichen Zusammenhang mit den Impfungen bei der Klägerin festzustellen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass sich die zeitliche Einordnung des erstmaligen Auftretens von Symptomen für eine solche Impfkomplikation schwierig gestaltet. Es sind zunächst aber die umfassend dokumentierten schlüssigen Angaben der Mutter der Klägerin ausreichend, um zur Überzeugung des Senates überhaupt von einem Auftreten von für eine Impfkomplikation sprechenden Auffälligkeiten auszugehen. Wenn das Sozialgericht die Auffassung vertritt, dass nur den vor Antragstellung dokumentierten Entwicklungen und Schilderungen der Eltern zu folgen sei, vermag der Senat sich dem nicht anzuschließen. So sind zunächst zu den von der Mutter geschilderten akuten Auffälligkeiten, wie Schlafstörungen, das anhaltende grundlose Schreien, eine Störung der Nahrungsaufnahme (Schluckbeschwerden, Würgen, Ausspucken der Nahrung), die Verdrehung der Augen, die Überstreckung des Kopfes und die verminderte Reaktion, in den Unterlagen gar keine zeitnahen Angaben vorhanden. Selbst die von Dr. V. zitierte Karteikarte des früheren Kinderarztes Prof. Dr. J. wies offenbar zwar Vorstellungen der Klägerin zwischen der 1. Impfung und der U5- und U6-Untersuchung aus, nicht jedoch Angaben zu den konkreten Symptomen. Daraus ist aber nicht zu schließen, dass solche Symptome (Auffälligkeiten) nicht oder erst mit nicht mehr hinreichendem zeitlichen Zusammenhang mit den Impfungen aufgetreten wären. Als erstes überhaupt werden die Symptome in den Berichten des Amtsarztes Kraft vom 1. August 2001 aufgelistet, mithin mehrere Monate vor Antragstellung. Es ist aus den Berichten selbst nicht ersichtlich, woher der Amtsarzt die Angaben hat. Es ist aber davon auszugehen, dass sie von den Eltern / der Mutter der Klägerin stammten. Seit diesen Berichten wurden von der Mutter der Klägerin durchgehend immer dieselben akuten Auffälligkeiten nach Beginn der Impfungen angegeben. Abweichungen oder Widersprüche zu den einzelnen geschilderten Symptomen (Auffälligkeiten) finden sich im Verlauf des gesamten Verfahrens nicht. Die Angaben der Mutter sind durchweg übereinstimmend inhaltsgleich und schlüssig. Dabei spricht auch die vorliegende Kopie der Karte zur U5-Untersuchung vom 31. Mai 1999 nicht gegen die Angaben der Mutter als maßgeblicher Zeugin hinsichtlich des Auftretens der genannten Auffälligkeiten im Anschluss an die Impfungen, weil hier zwar der Anhalt für eine Entwicklungsstörung verneint wurde, zu sonstigen Auffälligkeiten aber keine Angaben gemacht worden sind und auch die Seite mit den erhobenen und erfragten Befunden zu dieser Untersuchung nicht vorhanden ist. Nach Überzeugung des Senates ist insgesamt von den glaubhaften Aussagen der Mutter zu einem Auftreten der geschilderten Auffälligkeiten im Gefolge der Impfungen auszugehen.
Zutreffend hat das Sozialgericht dann in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass sich in den Angaben zum Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens der genannten Auffälligkeiten Diskrepanzen finden. So ist im ersten Impfbericht als Tag des Auftretens erster Krankheitszeichen Anfang Juni 1999 angegeben, im zweiten Impfbericht von einer Entwicklungsstörung nach der dritten Impfung (31. Mai 1999) die Rede. Auch hier ist nicht ersichtlich, woher diese zeitlichen Angaben stammen. Die Mutter der Klägerin selbst hatte im Antrag von Januar 2002 angegeben, erste Auffälligkeiten im Sinne der geschilderten Symptome seien mit Impfbeginn aufgetreten. Entsprechend hat sie gegenüber dem Gutachter Prof. Dr. Q. im Verwaltungsverfahren angegeben, dass sich erste Auffälligkeiten nach der ersten Impfung im März 1999 gezeigt hätten. Entsprechende Angaben finden sich gegenüber der Sachverständigen Prof. Dr. R. und dem Sachverständigen Prof. Dr. V. dort unter Präzisierung auf gegen Ende der ersten Woche nach der ersten Impfung am 3. März 1999. Somit beschränkt sich die Differenz der Angaben in zeitlicher Hinsicht auf die in den Impfberichten befindlichen Angaben gegenüber den späteren Angaben. Dies kann jedoch auch dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn die ersten Auffälligkeiten im beschriebenen Sinne erstmals Anfang Juni 1999 aufgetreten sein sollten, dann stehen sie doch zumindest mit der Impfung vom 31. Mai 1999 in entsprechend engem zeitlichen Zusammenhang. Hierzu hat dann auch der Sachverständige Prof. Dr. Y. schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass zumindest das Intervall zwischen dieser Impfung und dem Schadensbeginn dem in der Literatur angegebenen Intervall von der ersten bis innerhalb der ersten vier Wochen entspricht (Seiten 42, 43 des Gutachtens Prof. Dr. Y.). Entsprechendes gilt für den von Prof. Dr. V. angegebenen postvakzinalen Zeitraum innerhalb der ersten zwei bis drei Wochen. Die Impfstoffe waren ausweislich des Impfbuches am 3. März 1999 und 31. Mai 1999 identisch. Der von Prof. Dr. Y. für Ausnahmefälle angegebene und demgegenüber von Prof. Dr. X. unter Bezugnahme auf die ihm bekannten WHO-Veröffentlichungen bestrittene sogar bis zu drei Monate betragende Inkubationszeitraum kann insoweit dahingestellt bleiben. Unklar bleibt, weshalb Prof. Dr. V. lediglich auf die erste Impfung abstellt, da sich aus keinem der Gutachten, auch dem von Prof. Dr. V. nicht, und den darin vertretenen wissenschaftlichen Lehrmeinungen Begründungen ergeben, dass nur die erste Impfung überhaupt als ursächlich in Betracht kommen könnte. Ausweislich der von Prof. Dr. V. wiedergegebenen Schilderungen der Mutter (Seiten 10, 11 des Gutachtens Prof. Dr. V.) zeigten sich die genannten Auffälligkeiten im Übrigen auch über den gesamten Impfzeitraum. Selbst wenn man also den frühen Beginn der Auffälligkeiten bereits im März 1999 bezweifelt und wie das Sozialgericht auf Anfang Juni 1999 abstellt, bliebe es somit in jedem Fall bei dem hinreichenden zeitlichen Zusammenhang mit der (wirkstoffgleichen) Impfung am 31. Mai 1999. Die Prämisse der Richtigkeit der Angabe bezüglich eines Auftretens der Symptome erstmals im März 1999, die Prof. Dr. V. seiner Beurteilung voransetzt (Seite 25 des Gutachtens Prof. Dr. V.), ist insoweit nicht nachvollziehbar.
Die von der Mutter geschilderten und in den Impfberichten wiedergegebenen Auffälligkeiten genügen auch zur Annahme einer postvakzinalen Enzephalopathie oder Enzephalitis bzw. einer entsprechenden entzündlichen ZNS-Reaktion als unmittelbare Impfkomplikation. Vorangehend ist hierzu zunächst festzustellen, dass alle Sachverständigen die Möglichkeit der Verursachung einer solchen Erkrankung durch die bei den Impfungen der Klägerin verwendeten Impfstoffe nach dem Kenntnisstand der Wissenschaft nicht ausschließen konnten. Dies gilt auch für die Stellungnahme des Prof. Dr. X. vom 28. Dezember 2012, der lediglich dargelegt hat, dass nach den von ihm zugrunde gelegten Studien die Evidenz weder für die Annahme noch für den Ausschluss einer Kausalität ausreichend sei. Im Weiteren haben die Sachverständigen Prof. Dr. V. und Prof. Dr. Y. eindeutig und übereinstimmend ausgeführt, dass die genannten, von der Mutter geschilderten Auffälligkeiten nach den aktuellen Erkenntnissen der Wissenschaft ausreichend sind, um auf eine entsprechende entzündliche Erkrankung bzw. Reaktion zu schließen. So hat Prof. Dr. Y. dargelegt, dass eine postvakzinale Enzephalitis sich oft nicht akut sondern subakut über viele Tage und Wochen hin entwickele. Es komme bei Kindern auch im Rahmen dessen nur bei 50-75% zu Fieber (Seiten 30,31 des Gutachtens Prof. Dr. Y.). Entsprechend ist auch Prof. Dr. V. der Auffassung, dass nach den Schilderungen der Mutter der Klägerin eine für die Einordnung als postvakzinale Enzephalitis hinreichende zentralnervöse Symptomatik aufgetreten sei (Seite 22 des Gutachtens Prof. Dr. V.). Schließlich hat ebenfalls der Sachverständige Dr. W. seinerseits dargelegt, dass eine solche initiale entzündliche Reaktion der Blutgefäße des Gehirns und des umliegenden Hirngewebes sehr wahrscheinlich sei (Seite 24 des Gutachtens Dr. W.). Er weist außerdem ausdrücklich darauf hin, dass es zum Nachweis einer Impfreaktion keinen diagnostischen Gold-Standard gebe, der ein solches Krankheitsbild mit Sicherheit nachweise (Seite 20 des Gutachtens Dr. W.). Zudem hat der Sachverständige Prof. Dr. Y. die Häufigkeit des Fehlens bestimmter klassischer Symptome für eine entzündliche Reaktion umfänglich belegt. Demgegenüber vermögen die Darlegungen des Gutachters Prof. Dr. Q., des Sachverständigen Prof. Dr. T. wie auch des von dem Beklagten beauftragten Prof. Dr. X., die allein wegen des Fehlens der häufigen, aber nach schlüssiger Darlegung durch Prof. Dr. W. und Prof. Dr. V. nicht zwingend notwendigen Symptome, wie insbesondere Fieber, eine entzündliche Reaktion ausschließen, nicht zu überzeugen.
Nachdem somit von einer das übliche Ausmaß einer Impfreaktion übersteigenden akuten gesundheitlichen Schädigung im Sinne einer Enzephalopathie bzw. Enzephalitis infolge zumindest einer der streitgegenständlichen Impfungen auszugehen ist, ist schließlich ebenfalls festzustellen, dass die dauernde gesundheitliche Schädigung der Klägerin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ursächlich auf zumindest einer dieser Impfungen beruht. Auch hier wird von keinem Sachverständigen ausgeschlossen, dass eine Entwicklungsstörung, wie die der Klägerin von einer Enzephalopathie bzw. Enzephalitis verursacht werden kann. Bereits der im Verwaltungsverfahren gehörte Gutachter Prof. Dr. Q. hat dies keinesfalls ausgeschlossen, sondern hat ausdrücklich die Schwierigkeit der Beurteilung hervorgehoben. Er ist dabei noch davon ausgegangen, dass keine Enzephalopathie o.ä. aufgetreten sei und allein hieraus die Wahrscheinlichkeit der Ursächlichkeit der Impfungen verneint. Er hat aber dennoch eine weitere Abklärung der Ursachen angeregt. Die Sachverständige Prof. Dr. R. hat ihrerseits unter relativ geringer Begründung ebenfalls bereits eine entzündliche Erkrankung des Gehirns und peripheren Nervensystems infolge der Impfungen verneint und auf aus ihrer Erfahrung bekannte anlagebedingte Retardierungssyndrome verwiesen. Auch sie hat letztlich eine weitere Abklärung empfohlen. Dem ist die Klägerin im Folgenden auch nachgekommen. Ausweislich der vorgelegten Befunde der molekulargenetischen Diagnostik wurden jedoch die von Prof. Dr. R. genannten Retardierungssyndrome zu großen Teilen ausgeschlossen, so das RETT-Syndrom zu 70 - 80%, das Angelmann-Syndrom zu über 75% und das fra(x)-Syndrom nahezu vollständig. Das bedeutet, diese von Prof. Dr. R. als eher wahrscheinlich eingestuften Ursachen sind entsprechend mit weitaus geringerer Wahrscheinlichkeit einzustufen als zum Zeitpunkt ihrer Begutachtung. Der anschließend durch das Sozialgericht gehörte Sachverständige Prof. Dr. T. hat dann seinerseits lediglich ebenfalls aufgrund seiner Einschätzung der Symptome nach den Impfungen bereits eine entzündliche Impfreaktion ausgeschlossen und daher sowie ergänzend aufgrund des Verlaufes der Entwicklungsstörung, ohne letzteres im Einzelnen näher darzulegen (Seite 10 des Gutachtens Prof. Dr. T.), einen Impfschaden verneint. Demgegenüber haben Prof. Dr. V., Dr. Hartmann und Prof. Dr. Y. die Ursächlichkeit zwischen der von ihnen positiv angenommenen entzündlichen Reaktion des Gehirns und zentralen Nervengewebes infolge der Impfungen und der Entwicklungsstörung der Klägerin übereinstimmend mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bejaht und die Beeinträchtigung der Entwicklung des Gehirns infolge der entzündlichen Reaktion dargelegt. Sowohl Prof. Dr. V. als auch Prof. Dr. Y. haben hier wesentlich auf den Hepatitis-Impfstoff abgestellt. Dabei hat Dr. W. außerdem zusätzlich auf eine mögliche neurotoxische Wirkung der Inhaltsstoffe Thiomersal und Aluminium hingewiesen (Seiten 20, 21 des Gutachtens Dr. W.), wobei diese Auffassung seitens Prof. Dr. X. in seiner Stellungnahme vom 21. März 2011 als in keiner Weise belegt zurückgewiesen wurde. Es kann jedoch dahingestellt bleiben, welcher konkrete Inhaltsstoff tatsächlich maßgeblich war, da unbestritten eine entzündliche Reaktion des Gehirns und umliegenden Nervengewebes infolge der Impfungen grundsätzlich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit geeignet ist, solche Gesundheitsstörungen, wie sie bei der Klägerin aufgetreten sind, hervorzurufen und eben eine solche entzündliche Reaktion infolge der Impfung zu Überzeugung des Senates eingetreten war. Die Auffassung von Prof. Dr. V., dass die Entwicklungsstörung neben der Ursächlichkeit der Impfung teilweise mit einer entsprechenden Wahrscheinlichkeit auch auf einer anlagebedingten Ursache beruhe, vermag der Senat hingegen nicht nachzuvollziehen. Wie bereits dargelegt, wurde hierzu eine umfangreiche molekulargenetische Diagnostik mit einem die Wahrscheinlichkeit deutlich minimierendem Ergebnis durchgeführt. Im Vergleich dazu hat die Prüfung der Ursächlichkeit der Impfungen ergeben, dass insoweit eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit besteht, die letztlich hinreichend überwiegt. Einen gänzlichen Ausschluss anderer möglicher Ursachen verlangt das Gesetz im Rahmen der Kausalität im Impfschadensrecht gerade nicht. Seine Annahme einer hälftigen Verursachung hat Prof. Dr. V. dann auch nicht begründen können.
Die Gesundheitsstörungen der Klägerin im Sinne einer schwerwiegenden Entwicklungsstörung und deren Folgen sind nach alledem als Impfschaden mit einem GdS vom 100 seit der Antragstellung anzuerkennen. Die Höhe des GdS ergibt sich nach Maßgabe der bei Antragstellung geltenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (AHP), Teil A Nr. 26.3 Entwicklungsstörungen im Kleinkindesalter und Einschränkungen der geistigen Leistungsfähigkeit im Schul- und Jugendalter sowie der insoweit inhaltsgleich am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung, Teil B Nr. 3.4.1 und 3.4.2. Wie durch die Befundunterlagen und die Gutachten umfassend belegt ist, zeitigt die Erkrankung der Klägerin schwere Auswirkungen in allen Bereichen und hat letztlich bisher auch zu einer starken Einschränkung ihrer Eingliederungsmöglichkeiten geführt, wobei die endgültige Entwicklung und Möglichkeit einer dauerhaft selbständigen Lebensführung noch nicht abzusehen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
Grund für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG besteht nicht.