Landgericht Braunschweig
Urt. v. 28.08.2013, Az.: 9 O 2637/12

Außerordentliche Kündigung einer Abgrenzungsvereinbarung zwischen international tätigen Herstellern von Kräuterspirituosen

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
28.08.2013
Aktenzeichen
9 O 2637/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 51797
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGBRAUN:2013:0828.9O2637.12.0A

Fundstellen

  • LMuR 2013, 6 (Pressemitteilung)
  • WuW 2014, 88-95

In dem Rechtsstreit
,
Klägerin
Prozessbevollmächtigte:
gegen
Beklagte
wegen Abgrenzungsvereinbarung (Marke)
hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig im schriftlichen Verfahren mit einer Schriftsatzendfrist bis zum 19.08.2013
durch

für R e c h t erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

  3. 3.

    Das Urteil ist gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

  4. 4.

    Der Streitwert wird auf 500.000,- € festgesetzt.

Tatbestand

Bei den Parteien handelt es sich um bekannte, große und international tätige Hersteller von Kräuterspirituosen ("J." bzw. "U."). Die Parteien streiten über die Frage, ob eine zwischen den Parteien geschlossene Abgrenzungsvereinbarung (noch) wirksam ist.

Am 02.03,/10.04.1974 haben die Parteien - bzw. die Rechtsvorgänger - das folgende "Interessenabgrenzungsabkommen" geschlossen (Anlage K 1):

§ 1

Erläuterung

1. M. stellt her und vertreibt die Marke "J.".

Bei

a. der Ausstattung in ihrer Gesamtheit,

b. dem Wort "J." und

c. dem Hubertushirschkopf im Medaillon (mit und ohne Kreuz)

handelt es sich im warenzeichen- und ausstattungsrechtlichen Sinne um "berühmte Marken".

2. U. stellt her und vertreibt die Marke "U.".

Bei

a. der "U."-Gesamtausstattung,

b. der typischen Verpackung der Kleinstflasche in hellbraunem Papier" und

c. der "grünen Farbe" in flächenhafter Ausbildung, so daß sie beherrschendes Element der Ausstattung oder der Werbemittel ist,

handelt es sich gleichfalls im warenzeichen- und ausstattungsrechtlichen Sinne um "berühmte Marken".

§ 2

Interessenabgrenzung

1. Die Vertragsschließenden sind sich darüber einig, daß M. ein Interesse an der Farbe Grün hat entsprechend dem als Anlage I beigefügten "J."-Etikett, in dem die Farbe Grün kein beherrschendes Element, sondern nur eines von mehreren Elementen einer Mehrfarbenkombination ist.

2. M. verpflichtet sich, die Farbe Grün weder auf Verpackungen noch in der Werbung in dominierender Weise flächenmäßig zu verwenden. Die bisher benutzten Mehrfarbenkombinationen, in denen grundsätzlich die Farbe Orange stark hervortritt, werden ihr hingegen ausdrücklich zugestanden.

M. ist jedoch verpflichtet, die zur Zeit noch mit einem grünen Hintergrund laufende Insertionsserie, in der die Farbe Orange nicht dominierend in Erscheinung tritt, baldmöglichst abzuändern.

3. U. verpflichtet sich, die Farbe Orange weder für Ausstattungen, noch Verpackungen, noch in der Werbung in dominierender Weise flächenmäßig zu verwenden, insbesondere den Namen "U." nicht in dunklen Schriftzeichen auf rotem oder orangefarbenem Feld erscheinen zu lassen.

4. Die Vertragsschließenden werden künftig ihre Warenausstattungen und Werbemittel unter Berücksichtigung der gegenseitigen, vorstehend in den §§ 1 und 2 definierten Interessen gestalten.

§ 3

Örtlicher und sachlicher Geltungsbereich

1. Der örtliche Geltungsbereich dieses Vertrages erstreckt sich auf die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin, Österreich und die Schweiz.

2. Dieser Vertrag gilt für alle Konzerngesellschaften und alle Rechtsnachfolger, gleichgültig welche Rechtsform sie auch immer haben. Sollte es im Falle einer Rechtsnachfolge erforderlich sein, die Verpflichtungen aus diesem Vertrage vertraglich weiterzuleiten, so erfolgt dies.

§ 4

Abänderungen und/oder Ergänzungen

1. Abänderungen und/oder Ergänzungen dieses Vertrages sind nur dann wirksam, wenn sie schriftlich erfolgen.

2. Auf die Einrede der mündlichen Vertragsabänderung wird ausdrücklich verzichtet.

§ 5

Gerichtsstand und Erfüllungsort

1. Erfüllungsort ist Düsseldorf.

2. Gerichtsstand ist nach Wahl des Klägers Braunschweig oder Düsseldorf.

Diese Vereinbarung wurde von den Parteien seit 1974 eingehalten.

Mit Schreiben vom 21.07.2009 erklärte die Klägerin die Kündigung der Abgrenzungsvereinbarung und nahm dabei Bezug auf § 2 Ziffern 2. und 4. der Vereinbarung. Mit Schreiben vom 26.05.2010 wiederholte die Klägerin die Kündigung hinsichtlich der ganzen Vereinbarung.

Die Beklagte widersprach der Kündigung.

Beide Parteien verfügen über zahlreiche eingetragenen Marken.

Für die Beklagte ist die dreidimensionale grüne deutsche Marke Nr. x eingetragen (Anlage B 26), mit der eine grüne quaderförmige Verpackungsform geschützt wird. Die Wort-/Bildmarke Nr. X schützt eine grünes Quadrat, welches in der Mitte den horizontalen Schriftzug "U." aufweist (B 27). Die Verpackungsgestaltung wird auch geschützt durch die Marken Nr. X, Nr. X und Nr, X (B 28).

Die Klägerin ist der Auffassung,

ein Feststellungsinteresse folge aus dem Bestreiten der Wirksamkeit der Kündigung. Der Klägerin sei es nicht zuzumuten, es auf einen Rechtsstreit ankommen zu lassen.

Zum Kündigungsgrund trägt sie vor: Es liege ein wichtiger Grund durch wesentliche Änderung der Verhältnisse vor. Grundlage der Interessenvereinbarung sei gewesen, dass es sich bei der Marke der Beklagten um eine berühmte Marke gehandelt habe. Eine berühmte Marke setzte nach dem zur Zeit des Vertragsschlusses geltenden Recht eine überragende Verkehrsgeltung voraus. In der Entscheidung "Grüne Vierkantflasche" (BGH GRUR 1969, 541) habe der BGH ein Freihaltebedürfnis bei einer Verkehrsdurchsetzung von 64 % als nicht ausreichend angesehen. Im Zusammenhang. mit der grünen Farbe für Kräuterspirituosen dürfte man einen Kennzeichnungsgrad von nicht unter 80 % fordern können. Der in der Umfrage der Klägerin festgestellte Bekanntheitsgrad reiche nicht aus. Die Klägerin habe bei der Firma TNS Infratest GmbH eine Verkehrsbefragung zur Farbe Grün durchführen lassen. Den Befragten wurde eine grüne Tafel auf weißem Grund vorgelegt. Ergebnis dieser Befragung sei gewesen, dass die Farbe Grün für die Beklagte einen Kennzeichnungsgrad von 8,2 % hat und für die Klägerin 31,1 % habe. Meinungsumfragen aus den Jahren 1967 und 1969 hätten belegt, dass die Beklagte einen Bekanntheitsgrad von 62 % - 87 % gehabt hätte.

Die Ausgaben der Beklagten für Werbung seien von 2,8 Mio. EUR im Jahr 1994 auf 592.000 EUR im Jahr 2009 zurückgegangen. Der Absatz der Beklagten sei zurückgegangen. Der Klägerin sei angesichts dessen eine Bindung an die Vereinbarung nicht mehr zuzumuten.

Ein Kündigungsrecht folge auch aus einer ergänzenden Vertragsauslegung. Dies gelte jedenfalls dann, wenn sich kennzechenrechtliche Verhältnisse wesentlich geändert hätten. Der Beklagten komme kein schutzwürdiges Interesse zu.

Hilfsweise stützt die Klägerin den Antrag auf eine anfängliche Kartellrechtswidrigkeit. Bereits zum Abschluss der Vereinbarung habe kein ausreichender Kennzeichnungsgrad vorgelegen. Für die anfängliche Nichtigkeit spreche auch das Übermaß der der Klägerin auferlegten Unterlassungspflicht. Eine Unterscheidung bzw. Definition hinsichtlich des konkreten Grüntons werde nicht vorgenommen. Das Verbot gelte unabhängig davon, ob die Klägerin die Farbe kennzeichenmäßig benutze. Auf die Gefahr einer Verwechslung komme es gar nicht an. Daher ziehe die Beklagte aus der Vereinbarung Vorteile, die nicht durch einen kennzeichenrechtlichen Schutz gedeckt wären.

Die Klägerin beantragt:

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien am 02.03./10.04.1974 geschlossene Interessenabgrenzungsabkommen wirkungslos ist und die Verwendung der Farbe Grün durch die Klägerin keinen Einschränkungen aus diesem Abkommen unterliegt.

Hilfsweise

beantragt sie Verweisung an das LG Hannover (Kartellgericht).

Die Beklagte beantragt:

Die Klage anzuweisen

Die Beklagte meint,

die Klage sei unzulässig, da die Unterberg KG nicht mehr existiere. Rechtsnachfolgerin sei die U. GmbH & Co. KG. Es fehle zudem an einem Feststellungsinteresse. Es gebe weder zum Abschluss der Vereinbarung noch nach der bestehenden Situation Anhaltspunkte dafür, dass das Abkommen wirkungslos sei.

Für die Kündigung gebe es keine Rechtsgrundlage. Ein Kündigungsgrund liege nicht vor, denn es sei keine wesentliche Veränderung der Verhältnisse festzustellen. Die von der Farbe Grün dominierte U.-Aufmachung habe eine überragende Verkehrsgeltung. Die Farbe sei nach wie vor von sehr großer Bedeutung für die Beklagte. Sie werde seit vielen Jahrzehnten intensiv genutzt und beworben. Dieses belegen auch Gerichtsentscheidungen, in denen den jeweiligen Verfahrensgegnern untersagt worden sei, die Farbe Grün flächendeckend für Werbung einzusetzen. Der Kläger würde verkennen, dass es nicht um den Schutz einer abstrakten Farbmarke gehe, sondern um Grün als eine im warenzeichen- und ausstattungsrechtlichen Sinne "berühmte Marke". Der Beklagten sei es jederzeit möglich, aus den eingetragenen Marken gegen Dritte, die die Farbe Grün in dominierender Weise flächenmäßig verwenden, vorzugehen. Die Ausgaben für Marketing hätten im Jahr 2009 mehr als 2,8 Mio. EUR betragen. Die von der Klägerin vorgelegte Angabe berücksichtige nur die "klassischen Werbeaufwendungen". Die Beklagte sei alleinige Marktführerin im Bereich Käuterbitter.

Der Klägerin sei die Einhaltung der Vereinbarung nicht unzumutbar, denn die dadurch erfolgten Einschränkungen seien gering.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.05.2013 und die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

1.

Das Landgericht Braunschweig ist zuständig.

Dies folgt aus der Gerichtsstandsvereinbarung in § 5 des Interessenabgrenzungsabkommens und §§ 140 MarkenG i.V.m § 5 der ZustVO Nds.

Zur Frage der Zuständigkeit hinsichtlich der kartellrechtlichen Fragestellungen wird auf die Ausführungen zu Ziffer 7. verwiesen.

2.

Die Beklagte ist jetzt die U. GmbH und Co KG. Es handelt sich um die Rechtsnachfolgerin. Die unrichtige Parteibezeichnung ist unschädlich, da durch die unstreitige Rechtsnachfolge die Identität der Parteien gewahrt ist.

3.

Die Feststellungsklage ist zulässig.

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

Bei dem Interessenabgrenzungsabkommen handelt es sich um einen Vertrag der Parteien, so dass es sich bei der Frage der Gültigkeit um ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis handelt.

Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage der Klägerin eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH NJW 2010, 1877 (1878) [BGH 13.01.2010 - VIII ZR 351/08].

Diese Voraussetzungen liegen vor. Zwischen den Parteien existiert ein Vertrag der zumindest 40 Jahre lang als gültig betrachtet worden ist. Der Kündigung der Klägerin hat die Beklagte widersprochen. Die Beklagte hat erklärt, dass sie das Abkommen trotz der Kündigung weiter für wirksam halte und auch durchsetzen wolle (Anlage K 5). Es kann der Klägerin nicht zugemutet werden, eine aufwändige Werbekampagne zu starten und dann im Rahmen eines von der Beklagten angestrengten Verletzungsprozess klären zu lassen, ob der Vertrag sie (noch) bindet. Sie hat ein starkes rechtliches Interesse im Vorfeld Klarheit über die Gültigkeit des Vertrages zu gewinnen.

Das Feststellungsinteresse entfällt auch nicht deshalb, weil die Klärung der Gültigkeit des Vertrages nicht alle denkbaren rechtlichen Unsicherheiten der Klägerin beseitigt. Streitgegenstand ist die Gültigkeit eines ganz bestimmten Vertrages. Ob der Beklagten aus andern Rechtspositionen (Marke, UWG) weitere Rechte zukommen ist in diesem Verfahren nicht zu klären. Es kann auch gar nicht im Vorfeld abstrakt geklärt werden. Für denkbare außervertragliche Ansprüche müsste eine ganz konkrete Werbekampagne o.ä. der Klägerin vorliegen. Rechtsverhältnis hier ist allein der Vertrag.

4.

Die erste Kündigung vom 21.07.2009 (Anlage K 4) ist nicht bereits als Teilkündigung unwirksam.

Diese Kündigung erfasst den ganzen Vertrag.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften (§ 133 BGB).

Für die Auslegung einer empfangsbedürftigen Willenserklärung ist maßgebend, wie diese vom Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben und nach der Verkehrsauffassung verstanden werden musste (BGH NJW 1990, 3206 [BGH 05.07.1990 - IX ZR 10/90]).

Das Schreiben vom 21.07.2009 lässt sich nur so verstehen, dass das Interessenabgrenzungsabkommen insgesamt beendet werden soll. Die konkreten Erläuterungen zu der Bedeutung der Farbe Grün dienen lediglich der Begründung des (Gesamt)kündigung.

Dies entspricht auch dem Verständnis der Beklagten selbst, wie sich aus dem Antwortschreiben vom 13.10.2009 (Anlage K 5) ergibt. dort wird ausgeführt, dass die Beklagte von der Wirksamkeit des Vertrages ausgeht. Bei Nichteinhaltung der Verpflichtungen wird die Durchsetzung der Rechte angekündigt.

Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die erneute Kündigung vom 26.10.2010 (Anlage B 50) wegen des zu langen Zuwartens zwischen der Kenntnis der Kündigungsgründe und der Erklärung der Kündigung unwirksam ist.

5.

Der Vertrag ist nicht wirksam gekündigt worden.

Der Klägerin steht kein Kündigungsgrund zu.

a)

Die Klägerin hat kein Recht zur ordentlichen Kündigung.

Der Vertrag sieht - offensichtlich bewusst - keine Kündigungsmöglichkeit vor

Abgrenzungsvereinbarungen ohne Kündigungsregelungen gelten grundsätzlich zeitlich unbegrenzt. Marken haben - anders als andere gewerbliche Schutzrechte - ein "ewiges Leben". Daher ist es naheliegend, dass dies auch für markenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen gilt (BGH GRUR 2011, 641 [BGH 07.12.2010 - KZR 71/08] - "JOOP!" Abs. 47). Nur auf diese Weise lassen sich Markenstrategien langfristig ausrichten und entsprechende Investitionen rechtfertigen.

b)

Der Klägerin steht auch kein Kündigungsrecht aus einer analogen Anwendung des § 723 BGB zu.

Dies scheitert bereits an einem gesellschaftsähnlichen Verhältnis, da mit dem Vertrag kein gemeinsamer Zweck verfolgt wird (vgl. Knaak GRUR 1981, 396).

c)

Der Klägerin steht kein Recht zur außerordentlichen Kündigung gem. § 314 BGB zu.

aa)

Dauerschuldverhältnisse können bei Vorliegen von wichtigen Gründen außerordentlich gekündigt werden. Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrags für den Kündigenden unzumutbar machen - § 314 BGB (vgl. a. BGH NJW 1989, 1483; 1981, 1264). Dabei müssen allerdings Umstände, die im Gefahrenbereich des Kündigenden liegen, ähnlich wie beim Wegfall der Geschäftsgrundlage grundsätzlich unberücksichtigt bleiben (BGH NJW 1951, 836 [BGH 15.06.1951 - V ZR 86/50]). Diese Regeln gelten auch für Abgrenzungsvereinbarungen (OLG Hamm GRUR 1991, 699 [OLG Hamm 29.01.1991 - 4 U 105/90] - Grohe; Knaak GRUR 1981, 386 ( 394)).

§ 314 BGB ist auch auf vor Inkrafttreten dieser Vorschrift begründete Dauerschuldverhältnisse anwendbar (Art 229, § 5 S. 2 EGBGB).

Ausgehend von diesen Grundsätzen gilt folgendes:

bb)

Vertragsverletzungen oder durch die Beklagte zu vertretende Störungen des Vertrages liegen nicht vor.

cc)

Es liegt auch kein wichtiger Grund deshalb vor, weil sich die tatsächlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben.

Das wäre unter Umständen der Fall, wenn die Beklagte ihre Unternehmensfarbe geändert hätte und die Farbe Grün nicht mehr als dominierende Farbe der Unternehmenskommunikation benutzen würde. Es wäre dann gegebenfalls nicht zulässig, die Klägerin weiter an den Einschränkungen hinsichtlich der Farbgestaltung festzuhalten, wenn dies der Beklagten keinen Nutzen mehr bringt. Im vorliegenden Fall hat sich die Bedeutung der Farbe Grün für die Beklagte aber nicht verringert.

dd)

Es liegt auch keine wesentliche Änderung der bei Vertragsschluss maßgebenden Umstände vor.

Die Klägerin trägt dazu vor, dass der Umsatz der Beklagten zurückgegangen sei, die Beklagte die Werbemittel stark gekürzt habe und dass der Kennzeichnungsgrad der Farbe Grün gegenwärtig nicht mehr ausreiche.

Vorliegend fehlt es bereits am substantiierten Vortrag, wie die Verhältnisse sich im Vergleich zu 1974 verändert haben. Die Klägerin stellt ganz wesentlich auf die Verhältnisse im Juli 2009 (Befragungszeitpunkt für das Gutachten K 2). Maßgebend können nur die Umstände bei Vertragsschluss sein. Das von der Klägerin eingeholte Gutachten von TNS infratest ist nicht in der Lage einen Nachweis für eine wesentliche Änderung der Verhältnisse aufzuzeigen und so das Kündigungsrecht zu begründen.

Es kommt nicht darauf an, ob die Voraussetzungen einer abstrakten Farbmarke - die es damals so noch nicht gab - oder einer Verkehrsgeltung der Farbe Grün zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorlagen, oder heute vorliegen. Entscheidend ist, dass die Parteien in genauer Kenntnis der Marktverhältnisse und der jeweiligen Marktauftritte des anderen Vertragspartners die Vereinbarung geschlossen haben. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Parteien bei dem Vertragsschluss 1974 von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen sind. Erst recht gibt es keinen Hinweis darauf, dass die Klägerin getäuscht worden ist. Die bekannten tatsächlichen Verhältnisse sind die Grundlage des Vertrages. Die klarstellende rechtliche Einordnung als "berühmte Marke" ist dagegen nicht abstrakt Vertragsgrundlage geworden. Es wurden seinerzeit keine Befragungen durchgeführt oder Gutachten eingeholt. Es wurde auch nicht über bestimmte Prozentzahlen gesprochen.

Die maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse haben sich aber nicht geändert. Die Beklagte hat bei Abschluss Grün intensiv verwendet und dies auch über die folgenden Jahrzehnte bis heute unverändert fortgesetzt. Die Beklagte hat die Farbe Grün vor und nach der Vereinbarung in großem Umfang genutzt und sie gegenüber anderen Wettbewerbern verteidigt. Die Beklagte hat dies durch umfangreiche Anlagenkonvolute zu Markenanmeldungen (B 4, B 26, B 27 B 28), zur Produktwerbung (B 5, B 9,B 31 - B 36, B 41) und Gerichtsentscheidungen (B 13 bis B 24; vgl. a. SS der Bekl. v. 14.05.2013, S. 18 = Bl. 122 d.A.) belegt. Es ist nicht erkennbar, dass sich die Nutzung oder Bedeutung der Farbe Grün für die Beklagte im Laufe der Zeit verringert hat. Dafür spielt es keine Rolle, ob sich die Gesamtwerbeaufwendungen oder der Gesamtabsatz der Beklagten verringert haben. Nach wir vor ist sie ein bedeutender Hersteller eines Kräuterbitters mit einem erheblichem Umsatz. Absolut dominierende Unternehmensfarbe ist nach wie vor Grün.

Selbst wenn es - entgegen der Auffassung der Kammer - auf einen bestimmten Grad der Bekanntheit der Farbe Grün zum damaligen Zeitpunkt ankäme, fehlt es an substantiierten Vortrag und Beweisantritt, wie dieser Grad tatsächlich war. Es ist keineswegs sicher, dass identische Befragungen im Jahr 1974 und 2009 zu signifikant unterschiedlichen Ergebnissen geführt hätten.

ee)

Es fehlt auch an einer weiteren Voraussetzung des § 314 BGB. Es ist auch nicht erkennbar, dass ein Festhalten an der Vereinbarung die Klägerin unzumutbar belastet (§ 314 Abs. 1, S. 2 BGB).

Die Vereinbarung betrifft nur eine bestimmte Art der Verwendung der Farbe Grün ("in dominierender Weise flächenmäßig"). Eine beschränkte Verwendung von Grün, die Abbildung grüner Gegenstände (z.b. Kräuter) und die Verwendung der grünen Flasche ist zulässig. Die potentielle Bedeutung einer Nutzung der Farbe Grün für die Klägerin hat sich auch nicht seit 1974 verändert. Schon damals war Grün die Farbe der Natur und der von der Klägerin verwendeten Kräuter. Auch der durch die Marke "Jägemeister" hergestellte Bezug zur Jagd oder Jägern und damit der Farbe Grün war damals gegeben. Gleichwohl hat die Klägerin die Abgrenzungsvereinbarung in dieser Form geschlossen.

Gegen eine Unzumutbarkeit spricht der Umstand, dass die Klägerin während der Zeit der Gültigkeit der Vereinbarung einen geradezu beispiellosen Aufstieg als Hersteller von Kräuterspirituosen erreicht hat. Sie hat 2012 einen neuen Rekordansatz mit "J." von 89,2 Millionen Flaschen erreicht. Sie steht auf Platz 7 der Top 100 Premium Spirituosen und ist weltweit die meistverkaufte Likörmarke. Sie wird in 90 Ländern vertreiben und hat dabei einen Auslandsanteil von fast 80 % (Pressemeldung vom 11.03.2013).

Die Beschränkungen durch die streitgegenständliche Vereinbarung hatten danach offenbar keine negativen wirtschaftlichen Auswirkungen.

Der Umstand, dass die Marke der Klägerin im Laufe der Zeit wertvoller geworden ist, fällt allein in ihre Risikosphäre. Auch wenn die Parteien nach Ansicht der Klägerin "nicht mehr auf Augenhöhe" sind, ist die Einhaltung eines Vertrages deshalb nicht unzumutbar.

Die Vereinbarung betrifft zudem nur Deutschland, Österreich und die Schweiz. Die Klägerin macht aber den weitaus größten Teil ihres Umsatzes außerhalb dieser Länder.

Auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung ist nicht erkennbar geworden, wo die tatsächliche Einschränkung der Entfaltungsmöglichkeiten liegt. Es scheint sich um sehr abstrakte Vorstellungen des Einsatzes der Farbe Grün zu handeln.

Die Klägerin ist durch das Abkommen auch gegenüber der Beklagten vor der Verwendung der Farbe Orange geschützt. Es besteht somit eine gleichgewichtige Verpflichtung.

Umgekehrt wäre eine Beendigung des Vertrages für die Beklagte mit gravierenden Nachteilen verbunden. Die Vereinbarung wird seit Jahrzehnten gelebt. Die Beklagte hat sich auf den Fortbestand verlassen und marketingmäßig entsprechend positioniert. Die Beendigung des Vertrages birgt die Gefahr, dass erhebliche Investitionen in die Marke entwertet würden (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGH Jette Joop Abs. 57).

d)

Die Vereinbarung ist auch nicht nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage beendet worden. Ein Kündigungsrecht nach § 313 Abs. 3, Abs. 1 BGB besteht nicht.

Nach § 313 Abs. 1 BGB kann die Anpassung eines Vertrages verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Nach § 313 Abs. 3 S. 2 BGB kann bei Dauerschuldverhältnissen ggf. gekündigt werden.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen entsprechen im Ergebnis denjenigen des § 314 BGB (vgl. Knaak GRUR 1981, 395). Es kann daher auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.

e)

Der Klägerin kommt auch kein Kündigungsrecht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu.

Soweit in der Rechtsprechung auch ein Kündigungsrecht im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung angenommen worden ist, handelt es sich um ausgesprochene Einzelfallentscheidungen (vgl. BGH GRUR 1970, 528 -Migrol; BGH GRUR 1959, 384 - Postkalender; Knaak GRUR 1981, 386). Im Fall Migrol ging es um die Möglichkeit der Kündigung einer Vereinbarung, durch die einem anderen die Benutzung einer Bezeichnung ohne zeitliche Begrenzung gestattet worden war. Im Fall Postkalender ging es um immer wiederkehrende Aufträge.

Vorliegend haben sich die Parteien lediglich zu einem Unterlassen verpflichtet und das auch nur in einer bestimmten Art und Weise. Diese Beschränkungen sind nicht so gravierend, dass man davon ausgehen müsste, dass sie die Lösung von dieser Vereinbarung geregelt hätten, wenn sie die Entwicklungen bzw. ihre zukünftigen Interessenlagen vorhergesehen hätten. Die Vereinbarung war vielmehr bewusst auf Dauer angelegt.

Typischerweise werden Markenstrategien langfristig ausgerichtet und sind mit erheblichen Investitionen verbunden. Die Vertragspartner wolle daher keine Möglichkeit der grundlosen Beendigung (Knaak GRUR 1981, 396).

6.

Die Abgrenzungsvereinbarung ist nicht gem. § 138 BGB nichtig.

Die Klägerin hat, anders als sie darstellt, auch Vorteile aus dieser Vereinbarung. Denn in § 2 Nr. 3 der Vereinbarung hat sich die Beklagte verpflichtet, die Farbe Orange nicht flächenmäßig zu verwenden.

Es handelt sich um inhaltlich und regional begrenzte Einschränkungen. Der Klägerin verbleibt ausreichender Bewegungsraum. Die Klägerin konnte auch unter Beachtung des Vertrages in großem Umfang expandieren.

Die Kammer kann auch keinen Verstoß gegen Art. 12 GG erkennen. Die Pflicht zur Einhaltung eines freiwillig abgeschlossenen Vertrages verstößt nicht gegen Art. 12 GG. Etwas anderes folgt auch nicht aus der grundsätzlich unbegrenzten Laufzeit. Die eigenen (beruflichen) Entfaltungsmöglichkeiten können durch entgegenstehende Rechtspositionen Dritter auch auf Dauer eingeschränkt sei. Dies ist etwa der Fall bei den auf Dauer bestehenden Markenrechten.

7.

Die Abgrenzungsvereinbarung ist nicht gem. § 134 BGB wegen eines Versstoßes gegen das GWB nichtig.

a)

Das Landgericht Braunschweig ist auch sachlich und örtlich zuständig, soweit hier eine kartellrechtliche Fragestellung zu beantworten ist.

Nach § 140 Abs. 1 MarkenG sind für alle Klagen, durch die ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird (Kennzeichenstreitsachen), die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Landesregierung hat von der Ermächtigung in § 140 Abs. 2 MarkenG Gebrauch gemacht und in § 5 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten in der Gerichtsbarkeit und der Justizverwaltung (ZustVO-Justiz, Nds. GVBl 2009, 506) das Landgericht Braunschweig als zuständiges Kennzeichengericht bestimmt.

Nach § 87 S. 1 GWB sind für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die die Anwendung dieses Gesetzes ... betreffen, ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstands die Landgerichte ausschließlich zuständig. Nach § 87 S. 2 GWB gilt dies auch, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder teilweise von einer Entscheidung, die nach diesem Gesetz zu treffen ist ... abhängt. Die Landesregierung hat von der Ermächtigung des § 89 Abs. 1 GWB Gebrauch gemacht und in § 7 ZustVO-Justiz für Kartellsachen die Zuständigkeit des Landgerichts Hannover bestimmt.

Es liegt damit ein Zuständigkeitskonflikt zwischen der ausschließlichen Zuständigkeit der Kennzeichengerichte und der Kartellgerichte vor. Trotz des grundsätzlichen Vorranges der Kartellgerichte kann der Konflikt nicht in jedem Fall zu Gunsten der Kartellgerichte aufgelöst werden (a.A. wohl Benkard, PatG 10. A. § 143, Rn. 10).

In dem hier vorliegenden Fall des § 87 S. 2 GWB (vgl. Langen/Bunte-Bornkamm Kartellrecht, 9. A. § 87 Rn. 10) kommt eine Zuständigkeit der Kartellgericht erst bei Entscheidungserheblichkeit in Betracht (Bechtold, GWB, § 87, Rn. 7). Die Rechtsauffassung und ggf. Beweiswürdigung des Kennzeichengerichts zu den markenrechtlichen Fragen könnte allenfalls in den Gründen des Verweisungsbeschlusses ausgeführt werden. Dies wäre aber weder für das Kartellgericht noch die Parteien bindend. Der Gesetzgeber hat aber bewusst die Konzentrationsmöglichkeit geschaffen um kompetente und erfahrene Spruchkörper mit den jeweiligen Spezialfragen zu befassen. Es muss dann der Rechtsstreit auch bei dem Gericht bleiben, dessen Zuständigkeit für den Schwerpunkt des Falles begründet ist. Es entscheidet so das Gericht, dass für den größeren Teil des Rechtsstreits die bessere Kompetenz hat. Eine andere Auffassung würde dazu führen, dass das Kennzeichengericht hier alle kennzeichenrechtlichen Fragen prüfen und dann möglicherweise wegen der noch verbleibenden kartellrechtlichen Frage verweisen müsste. Es ist daher eine teleologische Reduktion des § 87 S. 2 GWB geboten (vgl. Immenga/Mestmäcker-Schmidt GWB, 4. A. § 2007, § 87 Rn. 29 ff.; Langen/Bunte a.a.O. Rn. 15).

Dies wird im vorliegenden Fall besonders deutlich, da die aufgeworfenen kartellrechtlichen Fragen - Wirksamkeit der Abgrenzungsvereinbarung - ihrerseits wieder einen markenrechtlichen Schwerpunkt haben. Es geht um die Frage, ob ein potentieller Zeichenkonflikt geregelt wird.

Es würde dem Sinn der Zuständigkeitskonzentrationen widersprechen, wenn jedes auch nur potentiell mit dem GWB unvereinbare Verhalten eine ausschließliche Zuständigkeit nach § 87 GEB begründet, auch wenn nach gesicherter Praxis ein solcher Verstoß im Ergebnis nicht vorliegt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die kartellrechtliche Frage durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt ist (Langen/Bunte a.a.O. Rn. 16). In diesen Fällen ist eine Zuständigkeit der Kartellgerichte gegeben, es ist aber keine ausschließliche Zuständigkeit (Immenga/Mestmäcker-Schmidt a.a.O. Rn. 33).

Einer möglichen Zuständigkeit des Kartellgerichts steht im vorliegenden Fall weiter entgegen, dass die Klägerin sich nur hilfsweise auf eine Unwirksamkeit des Vertrages nach dem Kartellrecht beruft. Erst wenn die Kammer zu der Auffassung gelangt, dass alle anderen Begründungen der Klägerin nicht durchgreifen, müsste die Frage der Vereinbarkeit mit dem Kartellrecht geprüft werden. Die Klägerin hätte es so in der Hand, durch eine hilfsweise geltend gemachte Kartellrechtswidrigkeit die Sache vor ein anderes Gericht zu bringen, wenn das Kennzeichengericht den markenrechtlichen Argumenten nicht folgt. Ein solcher "kartellrechtlicher Rettungsschirm" würde eine Umgehung des Gebotes der prozessualen Waffengleichheit und des Einwilligungsvorbehaltes des § 269 Abs. 1 ZPO darstellen.

Schließlich entspricht eine Zuständigkeit des Landgerichts Braunschweig auch dem im Vertrag niedergelegten Willen der Parteien.

b)

Die Vereinbarung verstößt nicht gegen Kartellrecht.

Maßgebend für die Beurteilung der kartellrechtlichen Wirksamkeit ist die Rechtslage zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (vgl. BGH, GRUR 2001, 641 - Jette Joop, Abs. 17).

Derartige Abgrenzungsvereinbarungen wurden nach der Rechtslage nur dann als kartellrechtlich unzulässig angesehen, wenn sie entweder eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckten oder bei ihrem Abschluss kein ernsthafter, objektiv begründeter Anlass zu der Annahme bestand, dem begünstigten Vertragspartner stehe ein entsprechender Unterlassungsanspruch zu (BGH a.a.O. Abs. 19). Die kartellrechtliche Zulässigkeit einer Abgrenzungsvereinbarung, die keine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt, beurteilt sich allein nach der markenrechtlichen Rechtslage bei ihrem Abschluss. Mit dem berechtigten Bedürfnis der Vertragsparteien nach Rechtssicherheit bei der Markennutzung wäre es nicht zu vereinbaren, müssten sie ständig anhand der Entwicklung der markenrechtlichen Rechtsprechung überprüfen, ob ihre Vereinbarung weiterhin Bestand hat. Dies würde auch die von den Parteien im Vertrauen auf den Bestand ihrer Vereinbarung getätigten Investitionen entwerten (BGH a.a.O. Abs. 60).

Dies gilt entsprechend für warenzeichenrechtliche oder wettbewerbsrechtliche Konfliktlagen.

Ein Kartellrechtsverstoß liegt daher erst dann vor, wenn die damalige Rechtslage keinen möglichen Unterlassungsanspruch hergegeben hätte und darüber auch keine vernünftigen Zweifel bestanden (vgl. Ullmann jurisRR-WettbR 8/2011, Anm. 2 zu BGH "Jette Joop"). Es muss also ein objektiv falsche, nicht mehr vertretbare Beurteilung der Kollisionslage vorliegen (Fammler, GRUR 2011, 646 (647) Anm. zu BGH "Jette Joop"). Der Beurteilungsspielraum ist großzügig zu bemessen (Harte-Bavendamm/Bomhard, GRUR 1998, 530 (532).

Im vorliegenden Fall gab es 1974 begründeten Anlass von möglichen Unterlassungsansprüchen der Beklagten gegen die Klägerin auszugehen.

Solche Ansprüche hätten sich aus dem damals geltenden § 25 Warenzeichengesetz ergeben können.

§ 25 Abs. 1 WZG lautete

Wer im geschäftlichen Verkehr Waren oder ihre Verpackung oder Umhüllung, oder Ankündigungen, Preislisten, Geschäftsbriefe, Empfehlungen, Rechnungen oder dergleichen widerrechtlich mit einer Ausstattung versieht, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen gleicher oder gleichartiger Waren eines anderen gilt, oder wer derart widerrechtlich gekennzeichnete Waren in Verkehr bringt oder feilhält, kann von dem anderen auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Der BGH hatte zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Rechtsprechung des RG fortgesetzt und anerkannt, dass auch Farben oder Farbzusammenstellungen Ausstattungsschutz genießen können, wenn sie auf eine bestimmte Herkunftsstätte hinweisen, also eine selbständige Kennzeichnungskraft besitzen (BGH GRUR 1957, 369 - rot-weiß-Packung; BGH GRUR 1968, 371 - Maggi). Ein entsprechender Anspruch der Beklagten wäre jedenfalls in Betracht gekommen. Dies entsprach der Einschätzung der Parteien und wird auch durch die erfolgreiche gerichtliche und außergerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen der Beklagten belegt.

§ 16 Abs. 3 UWG a.F. schützte "Geschäftsabzeichen und sonstige zur Unterscheidung von des Geschäfts von anderen Geschäften bestimmte Einrichtungen".

Beide Vorschriften stimmen in den vor allem strittigen Haupterfordernissen der Verkehrsgeltung und der Verwechslungsgefahr überein. Während es für § 25 WZG genügt, dass die Aufmachung bestimmter Waren als Kennzeichen aufgefasst wird, betrifft § 16 UWG a.F. den umfassenderen Fall, dass sich das Klagezeichen darüber hinaus zur Unterscheidung des Geschäfts von anderen Geschäften durchgesetzt hat, und geht dementsprechend in seiner Tragweite insofern weiter, als der Schutz anders als bei § 25 WZG nicht notwendig auf den Bereich gleichartiger Waren beschränkt ist (BGH GRUR 1968, 371 - Maggi).

Es bedarf dabei keiner abschließenden Prüfung, ob solche Ansprüche tatsächlich bestanden haben. Es genügt, dass sie in Betracht kamen. Es müssen daher weder die rechtlichen Voraussetzungen des § 25 WZG noch die tatsächlichen Grundlagen bei Vertragsschluss 1974 geprüft werden. Die Parteien waren bestens mit den Marktverhältnissen vertraut und haben einen Ausstattungsschutz angenommen und sind auf dieser Grundlage von möglichen Ansprüchen ausgegangen. Im Vorfeld der Auseinandersetzung war die Beklagte an die Klägerin herangetreten und hatte darauf hingewiesen, dass sie die Grundfarbe grün seit 70 Jahren mit großem Aufwand verteidige. Es wird weiter klar gestellt, dass die neue Form der Verwendung der Farbe Grün durch die Klägerin so nicht akzeptiert wird und dass diese "Anlass zur Verteidigung unserer Interessen" ist (Schreiben vom14.06.1973 Anlage K 11). Damit war deutlich signalisiert, dass es die Beklagte auf eine rechtliche Auseinandersetzung ankommen lassen würde. Die Klägerin reagierte darauf, indem sie vorschlug, "diesen Komplex zwischen unseren Häusern abzugrenzen" (Schreiben vom 09.07.1973, K 11). Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Parteien hier einen vermeintlichen zeichenrechtlichen Konflikt vorgeschoben haben um eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung zu legitimieren.

Das "Interessenabgrenzungsabkommen" stellt eine angemessene Lösung dieses Konflikts dar. Von rein zeichenmäßigen Abgrenzungen geht nur eine geringfügige Wettbewerbsbeschränkende Wirkung aus. Nach der Rechtsprechung des BGH sind diese "kartellrechtlich grundsätzlich positiv zu beurteilen" (BGH GRUR 2011, 641 [BGH 07.12.2010 - KZR 71/08] - jette Joop, Rn. 55). Dies wird hier besonders deutlich, da die Parteien ihre Produkte weiter räumlich unbeschränkt und unter den jeweiligen Markennamen verkaufen dürfen. Es gibt lediglich bei der farblichen Gestaltung der Werbung und Produkte geringfügige Einschränkungen (vgl. a. den Fall GRUR Int 1978, 208).

Hinzukommt, dass die Klägerin ihren tatsächlichen Marktauftritt nicht, bzw. allenfalls sehr geringfügig anpassen musste. Sie konnte ohne Umstellung ihre bisherige Vermarktungsstrategie fortsetzten. Auch in den folgenden Jahrzehnten ist der Erfolg der klägerischen Absatzbemühungen durch die Abgrenzungsvereinbarung nicht behindert worden. Vielmehr ist es der Klägerin unter Beachtung des geltenden Vertrages gelungen, ein extrem erfolgreiches Produkt zu platzieren.

Es ist auch kartellrechtlich nicht geboten, die zeitliche Gültigkeit solcher Abgrenzungsvereinbarungen zu beschränken. Sie sind - wie die dahinterstehenden Zeichenrechte - auf Dauer angelegt. Durch längere Benutzung werden die Zeichen immer wertvoller.

Auch aus Art. 85 EWG Vertrag (später Art. 81, jetzt Art. 101 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) folgt nichts anders. Danach galt

(1) Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, insbesondere

a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen;

b) die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen;

c) die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen;

d) die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;

e) die an den Abschluß von Verträgen geknüpfte Bedingung, daß die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.

Nach der schon vor 1995 ergangenen Rechtsprechung des EuGH waren Abgrenzungsvereinbarungen, durch die im beiderseitigen Interesse der Parteien der jeweilige Benutzungsumfang ihrer Zeichen festgelegt wird, um Verwechslungen und Konflikte zu vermeiden, nach Art. 85 I EWG-Vertrag grundsätzlich zulässig, sofern mit ihnen nicht zugleich auch Marktaufteilungen oder andere Wettbewerbsbeschränkungen bezweckt wurden (EuGH, Slg. 1985, 363 = WuW/E EWG/MUV 674 - Toltecs/Dorcet II). Aus dieser Rechtsprechung konnten sich bei Abschluss der Vereinbarung der Parteien keine weitergehenden kartellrechtlichen Anforderungen als nach deutschem Recht ergeben (vgl. BGH Jette Joop Abs. 33)

Es kann offen bleiben, ob angesichts des sehr begrenzten Regelungsgehaltes der Vereinbarung überhaupt von der für einen Kartellrechtsverstoß erforderlichen "Spürbarkeit" ausgegangen werden kann oder ob die Beschränkungen von vorherein mangels Erheblichkeit aus dem Anwendungsbereich des Kartellrechts fallen (vgl. allg. zur diesem Kriterium: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht: GWB, 4. Auflage, § 1 GWB Rn. 165 ff. m.w. Nachw.).

8.

Die Kostentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 ZPO.

Der Streitwert folgt aus § 51 GKG festzusetzen. Dafür war - entsprechend den Angaben der Klägerin - der Streitwert unter Berücksichtigung der erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung des Markauftritts für den wirtschaftlichen Erfolg der Marke "J." festzusetzen.