Sozialgericht Hannover
Beschl. v. 01.06.2007, Az.: S 34 SF 8/07

Befreiung eines nach kaufmännischen Grundsätzen auf Grundlage eines eigenen Wirtschaftsplanes geführten Landesbetriebs von der Gerichtskostenpflicht

Bibliographie

Gericht
SG Hannover
Datum
01.06.2007
Aktenzeichen
S 34 SF 8/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 65488
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGHANNO:2007:0601.S34SF8.07.0A

Tenor:

Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung vom 28. November 2006, Aktenzeichen S 24 KA 388/06, wird zurückgewiesen.

Gründe

1

I.

Die Beteiligten streiten um die Gerichtskostenbefreiung der Klägerin.

2

1.

Im zugrunde liegenden Verfahren wandte sich die Klägerin mit ihrer am 20. Oktober 2006 erhobenen Klage gegen einen Honorarbescheid der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen. Durch Beschluss vom 24. November 2006 setzte das Gericht den Streitwert auf 37,64 EUR fest. Sodann forderte die Urkundsbeamtin mit Kostenrechnung vom 28. November 2006 von der Klägerin drei Gerichtsgebühren in Höhe von insge- samt 75,00 EUR an.

3

2.

Hiergegen richtet sich die am 11. Dezember 2006 beim Sozialgericht Hannover eingegangene Erinnerung der Klägerin. Sie vertritt die Ansicht, gemäß § 2 GKG nicht kostenpflichtig zu sein. Die Klägerin stehe in staatlicher Trägerschaft und sei eine Behörde der Mittelinstanz. Ihre vorgesetzte Dienststelle sei das Ministerium für Wissenschaft und Kultur. Für sie gelte das Niedersächsische Hochschulgesetz, wonach die Finanzierung der Hochschulen in Trägerschaft des Staates und auch in staatlicher Hand liege. Auch wenn sie als Landesbetrieb zu führen sei, sei sie selbst kein Landesbetrieb, sondern vielmehr eine staatliche Einrichtung. Sie werde nur durch verschiedene Bundesgesetze dazu gezwungen, wie ein Landesbetrieb geführt zu werden. Die Klägerin stellt ihre Haushaltsführung und die Haushaltsführung des Landes Niedersachsen detailliert dar. Sie erläutert ihre Sichtweise zur Bedeutung des Aktivrubrums und schildert die Situation anderer Universitätskliniken. Wegen der weiteren Einzelheiten des Erinnerungsvorbringens wird auf Bl. 9 ff. der Akte verwiesen.

4

Der Erinnerungsgegner stützt die Auffassung der Kostenbeamtin.

5

Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

6

II.

Die Erinnerung der Klägerin ist gemäß § 66 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) zulässig. Nach der genannten Vorschrift entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind, über die Erinnerung des Kostenschuldners. Nach Abs. 6 dieser Vorschrift entscheidet das Gericht über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter.

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Die Erinnerung ist jedoch nicht begründet. Die Kostenrechnung ist rechtmäßig und hält der gerichtlichen Überprüfung Stand.

8

Bei dem zugrunde liegenden Verfahren handelt es sich um ein kostenpflichtiges Verfahren nach § 197 a SGG, da weder die Klägerin noch die Beklagte zu dem kostenprivilegierten Personenkreis der Versicherten gem. § 183 SGG gehören. Nach § 197 Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 GKG wird die gerichtliche Verfahrensgebühr mit der Einreichung der Klage fällig, sofern keine Kostenfreiheit nach § 2 GKG besteht.

9

Die Klägerin ist nicht von der Gerichtskostenpflicht befreit, denn die Norm des § 2 GKG betrifft nur den Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten oder Kassen. Zu dem Kreis der von dieser Vorschrift begünstigten Personen oder Einrichtungen gehört die Klägerin nicht, da sie nach kaufmännischen Grundsätzen auf Grundlage eines eigenen Wirtschaftsplanes geführt wird.

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Öffentliche Anstalten der Länder sind, wie § 2 Abs. 1 GKG ausdrücklich hervorhebt, für die Kostenbefreiung nur dann diesen gleichgestellt, wenn sie nach deren Haushaltsplänen verwaltet werden. Bund und Länder sind von den Kosten befreit, weil sie als Träger der Justizhoheit den Aufwand für die Errichtung und Unterhaltung der Gerichtsorganisation zu tragen haben (BFHE 113, 496, 499). Dieser Gesichtspunkt einer Kompensation ist nicht ohne weiteres tragfähig für Bereiche, die nicht ausschließlich für Rechnung des Bundes oder eines Landes, sondern für eigene Rechnung einer Anstalt verwaltet werden. Für sie stellt das Gesetz deshalb auf eine haushaltsmäßige Betrachtung und nicht darauf ab, in welcher Weise die Verwaltungsorganisation dem Bund oder Land rechtlich zugeordnet ist (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27. Oktober 1981, Az. VI ZR 108/76; Kammergericht, Beschluss vom 12. Juli 1982, RPfl. 1982, 487). Aus diesem Grunde hat auch das Oberlandesgericht Bremen keine Gerichtsgebührenbefreiung für die Zentralkrankenhäuser der Stadtgemeinde Bremen feststellen können (Beschluss vom 26. Februar 1999, Az. 2 W 103-98, NJW-RR 1999, Heft 21).

11

Die Klägerin wird als Landesbetriebe gemäß § 26 Abs. 1 LHO geführt. Die Wirtschaftsführung und das Rechnungswesen richten sich gem. § 47 Abs. 1 Nr. 1 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) nach kaufmännischen Grundsätzen. Der Wirtschaftsplan gliedert sich nach dem handelsrechtlichen Schema der Gewinn- und Verlustrechnung und umfasst die jeweiligen Ist-, Soll- und Plandaten. Auf den Jahresabschluss sind die Vorschriften des Handelsgesetzbuchsüber große Kapitalgesellschaften sinngemäß anzuwenden. Die öffentliche Hand, die Aufgaben der Daseinsvorsorge in die Form von verselbständigten Regiebetrieben oder Eigenbetrieben dekonzentriert, bindet diese damit in eine von der Verwaltung nach kameralistischen Grundsätzen deutlich abgesetzte, einem selbständigen Wirtschaftsunternehmen angenäherte Organisation ein, um wirtschaftlichen, insbesondere kaufmännischen Gesichtspunkten Rechnung tragen zu können, deren Berücksichtigung im Rahmen des weniger flexiblen, anderen Grundsätzen verpflichteten öffentlichen Haushaltsrechts nicht in gleichem Maße möglich wäre (vgl. BGH a.a.O.).

12

Die Erinnerung war hiernach zurück zu weisen.