Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 05.05.2009, Az.: 1 Ws 252/09
Ende der befristeten Führungsaufsicht durch Straferlass
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 05.05.2009
- Aktenzeichen
- 1 Ws 252/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 17819
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2009:0505.1WS252.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Osnabrück, 13 BRs 104/06 vom 27.02.2009
Rechtsgrundlagen
- § 68g Abs. 1 S. 2 StGB
- § 68g Abs. 3 S. 1 StGB
Fundstellen
- NStZ-RR 2009, 260-261
- StV 2009, 543
Amtlicher Leitsatz
Eine befristete Führungsaufsicht endet mit dem Erlass der in dieser Sache zur Bewährung ausgesetzten (restlichen) Strafe auch dann, wenn in einer anderen Sache noch eine Bewährungsfrist läuft. Dies gilt auch für eine kraft Gesetzes eingetretene Führungsaufsicht.
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Osnabrück gegen den Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - Osnabrück vom 27.2.2009, soweit darin festgestellt worden ist, dass die Führungsaufsicht aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 7.12.2005, Az.: 1 Ws 580/05, beendet ist, wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und dem Verurteilten insoweit entstandener notwendiger Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
Gründe
Durch Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 28.11.2003 wurde gegen den Beschwerdeführer wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Bedrohung und wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Trunkenheit im Verkehr und Urkundenfälschung eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verhängt und die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Die Unterbringung wurde seit dem 06.12.2003 vollstreckt. Durch Beschluss des Senats vom 07.12.2005 wurde die Maßregel zum 31.01.2006 für erledigt erklärt und die Dauer der Kraft Gesetzes eintretenden Führungsaufsicht auf zwei Jahre festgelegt. Zur weiteren Ausgestaltung der Führungsaufsicht wurde die Sache an die Strafvollstreckungskammer zurückgegeben. Mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 11.01.2006, rechtskräftig seit dem 27.01.2006, wurde die Vollstreckung des Restes der nach Verbüßung von 2/3 noch nicht vollstreckten Freiheitsstrafe aus dem Urteil zur Bewährung ausgesetzt und die Bewährungszeit auf zwei Jahre festgelegt. Außerdem wurden die Bewährungsaufsicht und die Führungsaufsicht durch Auflagen/Weisungen ausgestaltet.
Mit Urteil des Amtsgerichts Meppen (10 Ds 879 Js 40128/06 (294/07)) vom 29.10.2007 wurde der Angeklagte wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Die Bewährungszeit wurde im Bewährungsbeschluss auf drei Jahre festgesetzt. Außerdem wurden dem Verurteilten Auflagen und Weisungen erteilt.
Die Strafvollstreckungskammer hat mit Beschluss vom 09.01.2008 im vorliegenden Verfahren die zweijährige Bewährungszeit wegen der neuen Verurteilung um ein Jahr verlängert (Ende 26.01.2009).
Mit Beschluss vom 27.02.2009 hat die Strafvollstreckungskammer die durch Beschluss vom 11.01.2006 zur Bewährung ausgesetzte Reststrafe aus dem Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 28.11.2003 erlassen und gleichzeitig festgestellt, dass die Führungsaufsicht aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 07.12.2005 beendet ist.
Die gegen die Feststellung der Beendigung der Führungsaufsicht eingelegte sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Osnabrück ist zulässig. Die Feststellung der Beendigung der Führungsaufsicht kommt inhaltlich einer Aufhebung i.S.d. § 68 e Abs. 1 StGB gleich. Da gegen einen Aufhebungsbeschluss nach § 68 e StGB die sofortige Beschwerde das statthafte Rechtsmittel ist (MüKo, StGB , Bd. 2/1, § 68 e Rn.: 24), ist wegen der inhaltsgleichen Wirkung der Feststellung der Beendigung die sofortige Beschwerde hier ebenfalls gegeben.
Das Rechtsmittel ist aber unbegründet. Zwar weist die Staatsanwaltschaft in ihrer Beschwerdebegründung zutreffend darauf hin, dass der Verurteilte aufgrund der seit dem 29.10.2007 rechtskräftigen Verurteilung durch das Amtsgericht Meppen in jenem Verfahren noch bis zum 28.10.2010 unter Bewährung, steht und das nach § 68g Abs. 1 Satz 2 StGB die Führungsaufsicht nicht vor Ablauf der Bewährungszeit endet. Richtig ist auch, dass eine Verlängerung der Dauer der Führungsaufsicht selbst dann eintritt, wenn Bewährungsaussetzungen in anderen Verfahren erfolgt sind.
Die Rechtsmittelführerin hat aber nicht beachtet, dass § 68g Abs. 3 StGB für den Fall, dass eine zur Bewährung ausgesetzte Reststrafe erlassen wird, bestimmt, dass damit auch eine wegen derselben Tat angeordnete Führungsaufsicht endet. So liegt der Fall hier. Die Strafvollstreckungskammer hat wie ausgeführt - am 27.02.2009 die Reststrafe aus dem Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 28.11.2003 erlassen und gleichzeitig festgestellt, dass die Führungsaufsichtszeit aus dem Beschluss des Senats vom 07.12.2005, der sich auf dieselben Taten bezog, beendet ist.
Dem Umstand, dass der Senat die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aus dem Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 28.11.2003 für erledigt erklärt hat und damit kraft Gesetzes Führungsaufsicht eintrat (§ 67d Abs. 6 Satz 2 StGB), kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu. Entgegen einer in der Rechtsprechung teilweise vertretenen Auffassung findet § 68g Abs. 3 StGB nicht nur auf eine gerichtlich angeordnete Führungsaufsicht, sondern auch auf die kraft Gesetzes eintretende Führungsaufsicht Anwendung (OLG Hamm NStE 1 zu § 68g StGB. Stree in Schönke-Schröder, StGB, 27. Aufl., Rdnr. 10 u. 15 zu § 68g. Schneider in Leip. Komm. StGB 12. Aufl., Rdnr. 26 zu 68g. Lackner/Kühl, StGB 26. Auflage, § 68g Anm. 4. SKHorn § 68g, Rdnr. 10. aA. OLG Hamm OLGSt Nr. 1 zu § 68g. NStZ 84, 188. LG Marburg NStZ-RR 07, 39). Die einschränkende Auslegung wird weder dem Sinn noch dem Wortlaut des § 68g Abs. 3 StGB gerecht. "Angeordnet" im Sinne dieser Vorschrift ist auch eine gesetzlich eintretende Führungsaufsicht. Es wäre sinnwidrig, letztere von der Anwendung des § 68g Abs. 3 StGB auszuklammern, obwohl auch für sie im Falle einer erfolgreichen Bewährung kein Bedürfnis mehr besteht.
Für die Anwendbarkeit von des § 68g Abs. 3 StGB auf die kraft Gesetzes eintretende Führungsaufsicht spricht auch die Neufassung des Absatzes 3. Im Regierungsentwurf (RegE, BTDrs. 16/1993, S. 23) heißt es insoweit u.a.:
"Für die Fälle, in denen Führungsaufsicht und Bewährung in derselben Sache bestehen, koppelt § 68g Abs. 3 (neu: Satz 1) StGB das Ende der Führungsaufsicht an dasjenige der Bewährung. Hat die Aussetzung Erfolg, werden also entweder Strafe oder Strafrest erlassen, endet auch die Führungsaufsicht. Von dieser Regelung macht der Entwurf nun für Fälle der unbefristeten Führungsaufsicht (§ 68c Abs. 2 u. 3 StGB) eine Ausnahme und koppelt ihr Ende vom Ende der Bewährung durch Straferlass ab. Denn bei den Fällen der unbefristeten Führungsaufsicht handelt es sich um solche, in denen eine längerfristige Begleitung der betroffenen Person u. U. über das Ende der Bewährungszeit für eine in der selben Sache verhängte Strafe hinaus erforderlich erscheint."
Daraus ergibt sich, dass für den Normalfall der befristeten Führungsaufsicht - wie hier - mit dem Erlass der Reststrafe auch die wegen derselben Tat angeordnete Führungsaufsicht endet. Das Rechtsmittel war deshalb als unbegründet zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.