Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 07.05.2009, Az.: 2 SsBs 52/09
Beweiswürdigung bei Verurteilung wegen Verstoßes gegen die Bienenschutzverordnung (BienSchVO)
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 07.05.2009
- Aktenzeichen
- 2 SsBs 52/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 17286
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2009:0507.2SSBS52.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Oldenburg - Urteil - 04.12.2008
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 1 Nr. 2 BienSchVO
- § 261 StPO
Redaktioneller Leitsatz
Werden Imker dadurch geschädigt, dass Teile ihres Bienenbestands aufgrund der Verwendung bienengefährlicher Pflanzenschutzmittel (hier: Tamaron mit dem Wirkstoff Methamidophos) verenden, muss bei einer gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 BienSchVO erfolgten Verurteilung eines das Pflanzenschutzmittel verwendenden Landwirts ausgeschlossen sein, dass die Bienen andere Ackerflächen, welche ebenfalls mit derartigen bienengefährlichen Pflanzenschutzmitteln gespritzt worden sind, beflogen haben.
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Oldenburg vom 04.12.2008 nebst den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Oldenburg zurück verwiesen.
Gründe
Gegen den Betroffenen ist mit Urteil des Amtsgerichts Oldenburg vom 04.12.2008 wegen fahrlässig begangener Ordnungswidrigkeit nach dem Pflanzenschutzgesetz in Verbindung mit der Bienenschutzverordnung, und zwar der Anwendung eines bienengefährlichen Pflanzenschutzmittels auf nichtblühenden Pflanzen, die von Bienen beflogen werden, eine Geldbuße von 750,00 EUR festgesetzt worden.
Nach den Feststellungen des Urteils behandelte der Betroffene am 26.07.2006 gegen 22.00 Uhr die von ihm bewirtschafteten Kartoffelackerflächen "..." und "..." in der Gemeinde ... sowie zu einem anderen Zeitpunkt vor dem 27.07.2006 die von ihm bewirtschaftete Kartoffelackerfläche "..." in der Gemeinde ... mit einem bienengefährlichen Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Methamidophos (Tamaron), obwohl die Flächen zu dieser Zeit von Bienen beflogen wurden, was er jedenfalls bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können und müssen.
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, die mit ihr erhobene Sachrüge führt zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Amtsgericht.
Die Herleitung des durch das Amtsgericht festgestellten Sachverhaltes aus der durchgeführten Beweisaufnahme ist im Urteil nicht hinreichend dargetan. Die dargestellte Beweisaufnahme trägt die Feststellung, die seitens des Betroffenen mit dem bienengefährlichen Pflanzenschutzmittel behandelten Kartoffelackerflächen seien von Bienen beflogen worden, nicht.
Das Amtsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, 19 Bienenvölker des Imkers ..., 10 Bienenvölker des Imkers ... und 22 Bienenstöcke des Imkers ... seien durch Aufnahme des bienengefährlichen Pflanzenschutzmittels auf den Kartoffelflächen des Betroffenen dergestalt geschädigt worden, dass 60 bis 70 % der Flugbienen verendet seien. Zwar stellt das Amtsgericht zunächst lediglich fest, die Behandlung sei geeignet gewesen, diese Schädigung hervorzurufen, doch ergibt sich aus den nachfolgenden Ausführungen, dass es sich darüber hinaus von einer Verursachung des Schadens durch die Handlung des Betroffenen überzeugt hat.
Ausweislich des Urteils haben die genannten Imker am Morgen des 27.07.2006 die beschriebenen Schädigungen ihrer Bienenvölker festgestellt und mit Rücksicht auf ihren Verdacht, der Tod der Bienen sei auf die Verwendung bienengefährlicher Pflanzenschutzmittel zurückzuführen, Erkundigungen dazu eingeholt, welche Landwirte im nahen zeitlichen Zusammenhang Pflanzenschutzmittel gespritzt haben. Da ihnen entsprechendes über den Betroffenen bekannt wurde, nahmen sie Proben von dessen Kartoffeläckern und sandten diese zur Untersuchung an die Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen der Biologischen Bundesanstalt für Land und Forstwirtschaft in Braunschweig sowie an das Institut für Ökotoxikologie und Ökochemie der Bundesanstalt. Sowohl in den Kartoffelkrautproben sämtlicher Schläge des Betroffenen als auch in den Bienen der Geschädigten Imker wurde der bienenschädliche Wirkstoff Methamidophos, welcher in dem seitens des Betroffenen nach eigener Darstellung eingesetzten Pflanzenschutzmittel Tamaron enthalten ist, nachgewiesen.
Die geschilderten Wahrnehmungen der Zeugen und die Ergebnisse der chemischen Untersuchungen sind nicht ausreichend, um die Feststellung zu tragen, die Bienen seien beim Befliegen der Kartoffelackerflächen des Betroffenen zu Schaden gekommen. Das Urteil enthält nämlich keine Angaben dazu, ob mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass die Bienen andere Ackerflächen, welche ebenfalls mit derartigen bienengefährlichen Pflanzenschutzmitteln gespritzt worden sind, beflogen haben. Diesbezüglich hätte es näherer Ausführungen bedurft, worauf das Amtsgericht seine Überzeugung von der ausschließlichen Ursächlichkeit der Verwendung des Pflanzenschutzmittels durch den Betroffenen gründet. Möglicherweise erweisen sich insoweit die seitens der Geschädigten Imker nach dem Schadenseintritt eingeholten Erkundigungen als hinreichend. Dem Urteil lässt sich jedoch nicht entnehmen, welche Erkundigungen diese eingezogen haben und auf welche Art und von wem ihnen der Hinweis auf den Betroffenen erteilt worden ist. Zudem ergibt sich aus den amtsgerichtlichen Feststellungen, dass der Verdacht bestand, dass zumindest ein weiterer Landwirt im zeitlichen Zusammenhang mit dem Schadenseintritt Pflanzenschutzmittel gespritzt haben soll. Insoweit ist es zu einer Probenentnahme gekommen. Mit dem Ergebnis der Probenentnahme hat sich das Amtsgericht jedoch nicht auseinander gesetzt, so dass nicht auszuschließen ist, dass auch dieser Landwirt das Mittel Tamaron verwandt hat und die Vergiftung der Bienen beim Befliegen seiner Ackerflächen aufgetreten ist.
Alleine der Umstand, dass die fraglichen Ackerflächen im Flugradius der Bienen lagen und aufgrund eines erhöhten Blattlausbefalles und damit verbundener Honigtaubildung grundsätzlich zu befürchten stand, dass die Bienenvölker die Flächen befliegen würden, ist zur Feststellung eines Verstoßes gegen die Bienenschutzverordnung nicht ausreichend.
Gemäß § 2 Abs. 1 Ziff. 2 BienSchVO dürfen bienengefährliche Pflanzenschutzmittel an nicht blühenden Pflanzen nur dann nicht angewandt werden, wenn diese von Bienen beflogen werden. Der fahrlässige Verstoß hiergegen stellt sich gem. § 4 Abs. 1 Ziff. BienSchVO als ordnungswidrig dar. Nach dem Wortlaut der Vorschriften setzt ein bußgeldbewehrter Verstoß voraus, dass das Pflanzenschutzmittel eingesetzt wurde, obwohl die Pflanzen tatsächlich beflogen wurden. Alleine die - u.U. naheliegende - Möglichkeit eines Befliegens der Pflanzen ist mithin nicht ausreichend.
Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Da nicht auszuschließen ist, dass das Amtsgerichts weitergehende Feststellungen zu treffen vermag, welche zum Nachweis der Begehung der Ordnungswidrigkeit ausreichend erscheinen, etwa durch weitergehende Befragung der Zeugen oder - sollte etwa auch der zweite Landwirt das in Rede stehende Pflanzenschutzmittel verwandt haben - Hinzuziehung sachverständiger Hilfe, war die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Oldenburg, welches auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu befinden haben hat, zurückzuverweisen.
Zu einer Zurückverweisung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts besteht kein Anlass.