Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 16.12.1996, Az.: 7 W (L) 59/96
Eintragung der Hofeigenschaft; Entstehung der Hofeigenschaft ; Rechtsnachfolge von Todes wegen; Anwendung von Bundesrecht im Beitrittsgebiet; Grundbesitz eines Hofs im Sinne höferechtlicher Bestimmungen ; Geltung des Anerbenrechts ; Verlust der Hofeigenschaft
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 16.12.1996
- Aktenzeichen
- 7 W (L) 59/96
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1996, 16993
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1996:1216.7W.L59.96.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG ... - 06.08.1996 - AZ: 38 Lw 29/96
Rechtsgrundlagen
- § 11 HöfeVfO
- Art. 235 § 1 EGBGB
- Art. 25 EGBGB
- § 1 Abs. 1 Satz 1 HöfeO
Fundstelle
- AgrarR 1998, 255
Verfahrensgegenstand
Hofeigenschaft für den im Grundbuch von ... Band I Blatt 5 bzw. ... Blatt 246 eingetragenen Grundbesitz
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Die Rechtsnachfolge von Todes wegen unterliegt dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehört.
- 2.
Auch wenn es sich bei den Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zur ehemaligen DDR nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts um eine Sonderrechtslage handelte, die ehemalige DDR insbesondere nicht als Ausland angesehen wurde, sind die Vorschriften des EGBGBüber das internationale Privatrecht analog anzuwenden.
- 3.
Voraussetzung für die Feststellung der Hofeigenschaft ist, dass der Hof im Alleineigentum einer natürlichen Person oder im Miteigentum von Ehegatten steht. Eine Erbengemeinschaft nach BGB hingegen kann die Hofeigenschaft nicht begründen
In der Landwirtschaftssache
hat der 7. Zivilsenat - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Celle
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ...
des Richters am Oberlandesgericht ... und der Richterin am Oberlandesgericht ... als
Berufsrichter
sowie der Landwirte ... und ... als ehrenamtliche Richter
am 16. Dezember 1996
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den am 6. August 1996 verkündeten Beschluß des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - ... wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1 trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 2 bis 7.
Beschwerdewert für beide Instanzen: 25.000 DM.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Geschwister (Beteiligte zu 4-6) bzw. die Enkel (Beteiligte zu 1-3 und 7) des am 13.04.1952 in ... verstorbenen .... Dieser war Eigentümer eines im Grundbuch von ... Bd. I Bl. 5 eingetragenen Grundbesitzes von 23.70.99 ha.
Die Antragstellerin begehrt Feststellung, daß dieser früher im Eigentum ihres Großvaters väterlicherseits befindliche, im Bereich des ehemaligen Amtes ... gelegene Grundbesitz ein Hof im Sinne höferechtlicher Vorschriften gewesen und sie Hoferbin geworden ist.
... wurde nach seinem Tod gemäß gemeinschaftlichen Erbschein des Amtsgerichts ... vom 04.03.1960 (Bl. 7 d.A.) beerbt von seiner Witwe ... sowie seinen fünf Kindern ... (Beteiligte zu 4), ... (Beteiligte zu 5), ... (Beteiligte zu 6) sowie dem Vater der Antragstellerin ...
Der Vater der Antragstellerin und seine Ehefrau wurden im Juni 1952 zwangsausgesiedelt und hatten seither ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland. ... verstarb am 21.10.1954 und wurde beerbt von seinen beiden Kindern, der Antragstellerin und Beteiligten zu 1 sowie ... (Beteiligte zu 7). Dies ergibt sich aus den Akten 3 VI 96/67 AG ... sowie dem gemeinschaftlichen Erbschein dieses Amtsgerichts vom 26.09.1967 (Bl. 9 d.A.), wonach die Mutter der Beteiligten zu 1 und 7 zunächst Vorerbin war.
Die Großmutter der Antragstellerin und Ehefrau des ... verstarb am 12.04.1957. Sie wurde gemäß gemeinschaftlichen Erbschein des Amtsgerichts ... vom 23.02.1960 beerbt von ihren Kindern ..., den Beteiligten zu 4, 5 und 6 sowie ihren Enkelinnen, den Beteiligten zu 1 und 7.
Die zuvor genannte ... hat ihre Erbanteile nach ihren Eltern ... und ... durch notariellen Vertrag vom 15.05.1993 an ihre Töchter ... (Beteiligte zu 2) und ... (Beteiligte zu 3) übertragen.
Der sowohl rechts- wie auch linkselbisch gelegene Grundbesitz des Erblassers ... war zunächst gemäß Eintragung vom 31.01.1935 als sog. Halbhof in die Erbhöferolle eingetragen und zunächst im Grundbuch von ... Bd. I Blatt 22, seit dem 25.05.1952 im Grundbuch von ... Bd. 22 Blatt 605 zur Größe von 28.60.50 ha verzeichnet. Nach Abschreibung der rechtselbisch gelegenen Flächen zur Größe von 24.35.57 ha am 22.10.1952 und Übertragung auf das Grundbuch von ... Blatt 246 am 26.02.1960 (ohne Übertragung des Hofvermerks) wurde der am 28.04.1950 eingetragene Hofvermerk am 27.10.1966 gelöscht, weil die verbliebenen 4.24.13 ha nicht die Voraussetzungen eines Hofes i. S. der Höfeordnung erfüllten.
Für die rechtselbisch belegenen Flächen legte das Amtsgericht ..., Zweigstelle ..., am 18.03.1952 ein eigenes neues Grundbuch an, nämlich das von ... (Bd. 1 Blatt 5 und verzeichnete die Größe seines Grundbesitzes mit 23.70.99 ha. Als Eigentümer wurde ... eingetragen. Am 27.11.1959 wurde an dessen Stelle vermerkt "Eigentum des Volkes". Dieses Grundbuch wurde 1983 geschlossen. Ein Hofvermerk war insoweit zu keiner Zeit eingetragen.
Ausweislich des Rehabilitierungsbescheides des Amtes für Rehabilitierung und Wiedergutmachung des Landes ... vom 01.02.1996 wurde die Zwangsaussiedlung der Großmutter und des Vaters der Antragstellerin im Juni 1952 als mit den tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar und für rechtswidrig erklärt.
Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, in dem rechtselbisch gelegenen Gebiet des Amtes ... habe beim Tode des Erblassers sowie ihres Vaters noch das Hannoversche Höfegesetz von 1909 Geltung.
Die Beteiligten zu 2 bis 7 haben hingegen die Auffassung vertreten, daß das allgemeine Erbrecht des BGB zur Anwendung zu kommen habe. Im übrigen weise der Grundbesitz die Hofeigenschaft auch gar nicht mehr auf. Eine Hofstelle sei nicht mehr vorhanden. Sämtlich Gebäude seien - unstreitig - 1976 abgebrochen worden. Die Ländereien seien - was ebenfalls unstreitig ist - nach der Wiedervereinigung auf 12 Jahre verpachtet. Die Antragstellerin sei zudem nicht wirtschaftsfähig.
Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat mit dem angefochtenen Beschluß den Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der fragliche Grundbesitz sei zwar bei Inkrafttreten des Reichserbhofgesetzes Hof im Sinne des Höfegesetzes für die Provinz ... gewesen. Durch das Kontrollratsgesetz Nr. 45 habe der Hof jedoch seine Erbhofeigenschaft verloren. Allerdings sei nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 45 das Höfegesetz für die Provinz ... wieder in Kraft gesetzt, jedoch im Bereich der sowjetischen Besatzungszone nicht praktiziert worden. Der Hof sei auch nicht wieder in die Höferolle eingetragen worden. Dies jedoch sei Voraussetzung für die Entstehung der Hofeigenschaft nach dem Höfegesetz für die Provinz .... Im übrigen sei 1952 von den Machthabern in der ehemaligen DDR die für ... geltende Höfeordnung aufgehoben worden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin, die ihre erstinstanzlich vorgetragene Rechtsauffassung aufrecht erhält. Soweit man mit dem Landwirtschaftsgericht die Auffassung vertreten sollte, daß eine erneute Eintragung der Hofeigenschaft in das Grundbuch zur Entstehung dieser Hofeigenschaft erforderlich gewesen wäre, sei zu bedenken, daß dies den Betroffenen als juristischen Laien nicht bekannt gewesen sei und tatsächlich die Möglichkeit gar nicht bestanden habe, einen entsprechenden Antrag zu stellen.
Die Beteiligten zu 2, 3, 5 und 6 verteidigen die angegriffene Entscheidung.
II.
Die gemäß den §§ 9, 22 Abs. 1 LwVG, 20, 22 FGG zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.
Die Anträge sind zulässig. Die Landwirtschaftsgerichte sind auch für Feststellungsverfahren entsprechend § 11 HöfeVfO zuständig, wenn der Grundbesitz - nach der Behauptung eines Beteiligten - den vor Inkrafttreten des REG geltenden anerbenrechtlichen Vorschriften unterliegt (BGHZ 12, 254 = RdL 1954, 132).
Das Landwirtschaftsgericht hat zu Recht den Antrag der Beteiligten zu 1, festzustellen, daß der streitbefangene Grundbesitz ein Hof im Sinne der höferechtlichen Vorschriften und sie Hoferbin geworden ist, zurückgewiesen. Zutreffend hat es seiner Entscheidung allgemeines Erbrecht nach dem BGB zugrunde gelegt.
Gemäß Art. 235 § 1 EGBGB gilt aufgrund des Einigungsvertrages für die erbrechtlichen Verhältnisse vor dem Beitritt der ehemaligen DDR zur Bundesrepublik das bisherige Recht. Die hier maßgeblichen Erbfälle sind im Jahre 1952 bzw. 1954 eingetreten.
Die Antragstellerin kann mit dem Tod ihres Vaters nur insoweit eine Rechtsposition nach höferechtlichen Vorschriften erlangt haben, als diesem (dem Vater) selbst eine solche nach dem Tod seines Vaters ... angefallen war. ... lebte zum Zeitpunkt seines Todes in der ehemaligen DDR, ... hingegen in der Bundesrepublik Deutschland.
Nach den Bestimmungen des internationalen Privatrechtes des EGBGB unterliegt die Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehört, Art. 25 EGBGB. Auch wenn es sich bei den Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zur ehemaligen DDR nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 36, 1 ff. [BVerfG 31.07.1973 - 2 BvF 1/73]) um eine Sonderrechtslage handelte, die ehemalige DDR insbesondere nicht als Ausland angesehen wurde, bestand und besteht doch Einigkeit, daß die Vorschriften des EGBGBüber das internationale Privatrecht analog anzuwenden waren (so auch BGH Urteil vom 01.12.1993 - Az IV ZR 261/92 -). Gemäß Art. 3 Abs. 3 EGBGB beziehen sich die Verweisungen im dritten und vierten Abschnitt, die das Vermögen einer Person dem Recht eines Staates unterstellen, jedoch nicht auf Gegenstände, die sich nicht in diesem Staat befinden und nach dem Recht des Staates, in dem sie sich befinden, besonderen Vorschriften unterliegen. Es kam also gegebenenfalls zu einer sog. Nachlaßspaltung.
Dies galt allerdings nicht in der Zeit bis zum 31.12.1975, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Rechtsanwendungsgesetzes der DDR (DDR-RAG). Bis zum 31.12.1975 galten auch in der DDR die früheren Art. 24 und 25 EGBGB in der ursprünglichen Fassung aus dem Jahre 1900. Da es allerdings bis zum 22.02.1967 auch aus Sicht der ehemaligen DDR nur eine einheitliche deutsche Staatsangehörigkeit gab, führte die Verweisung des Art. 24 Abs. 1 EGBGB a.F. bis zum Inkrafttreten des Staatsbürgerschaftsgesetzes der DDR zwar zur Anwendung deutschen Rechtes, ohne jedoch zu bestimmen, ob im Einzelfall das Erbrecht der ehemaligen DDR oder das Erbrecht der Bundesrepublik Deutschland maßgebend war. Mangels gesetzlicher Bestimmungen wurden die Kollisionsnormen des Internationalen Privatrechtes im Verhältnis der beiden deutschen Teile analog angewandt (siehe oben). An die Stelle einer Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit trat für die Unteranknüpfung im interlokalen Bereich eine solche an den gewöhnlichen Aufenthaltsort (vgl. im einzelnen Schotten, DtZ 1991, 225 ff., 227; Dörner DNotZ 1977, 324 ff., 336; OLG Frankfurt DGZ 1991, 300 ff., 301; LG Gießen FamRZ 1992, 603 [LG Gießen 14.01.1992 - 7 T 251/91]).
Die Erbfolge nach dem am 13.04.1952 in ... verstorbenen Großvater der Antragstellerin richtete sich (zunächst unabhängig von Vorstehendem) nach den erbrechtlichen Bestimmungen der ehemaligen DDR. ... lebte zum Zeitpunkt seines Todes in der ehemaligen DDR. Dort befand sich auch der streitbefangene Grundbesitz.
In der ehemaligen DDR aber trat die Erbfolge nach dem 1952 in ihrem Staatsgebiet noch gültigen Bürgerlichen Gesetzbuch ein.
Im Gebiet des Amtes ... galten zum Zeitpunkt des Erbfalls weder das REG, altmecklenburgisches Anerbenrecht, das Höfegesetz für die Provinz ... vom 28.07.1909 noch die HöfeO.
Nach Inkrafttreten des REG vom 29.09.1933 galten zunächst frühere Anerbenrechte nicht mehr fort.
Das REG wurde jedoch gem. Art. I des Kontrollratsgesetzes Nr. 45 aufgehoben, und die am 01.01.1933 in Kraft gewesenen Gesetze über Vererbung von Liegenschaften durch gesetzliche Erbfolge oder Verfügung von Todes wegen wurden gem. Art. II wieder in Kraft gesetzt.
Dazu gehörte für den Bereich der Provinz ... gemäß der Anlage A der Mil. Reg. VO Nr. 84 Ziff. 2 auch das Gesetz betr. das Höferecht in der Provinz Hannover.
Das Anerbenrecht für Mecklenburg gemäß Anerbenrecht vom 20.04.1922 erlangt im vorliegenden Fall keine Bedeutung, denn es war durch das Gesetz vom 24.08.1951 bereits aufgehoben worden. Die Fragen, ob mit Inkrafttreten des KRG Nr. 45 überhaupt zunächst von der Geltung dieses Anerbenrechts auszugehen war und ob es sich auf das Gebiet des ehemaligen Amt ... erstreckte, können deshalb dahinstehen.
Die gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 HöfeO für Niedersachsen geltende Höfeordnung, die die Britische Militärregierung aufgrund der im Kontrollratsgesetz Nr. 45 enthaltene Ermächtigung für ihre Besatzungszone eingeführt hat, galt für den Bereich des Amtes ..., der aufgrund eines Gebietstausches zwischen der britischen und sowjetischen Zone zur sowjetischen Besatzungszone gehörte, nicht.
Die Höfeordnung hat auch nicht rückwirkend durch den Beitritt der ehemaligen DDR einerseits bzw. die Rechtsänderung hinsichtlich des Gebietes des Amtes ... andererseits, nach der dieses wieder zu Niedersachsen gehört, Geltung für den ostelbisch gelegenen Teil des Hofes erlangt.
Kapitel III Art. 8 des Einigungsvertrages bestimmt lediglich, daß mit dem Wirksamwerden des Beitrittes in dem Beitragsgebiet Bundesrecht in Kraft tritt, soweit es nicht in seinem Geltungsbereich auf bestimmte Länder oder Landesteile der Bundesrepublik beschränkt ist und soweit durch den Einigungsvertrag nichts anderes bestimmt wird. Zum Zeitpunkt des Beitrittes gehörte das Amt ... noch zu Mecklenburg-Vorpommern, die Geltung der Höfeordnung aber war auf die 4 in § 1 HöfeO genannten 4 Bundesländer beschränkt.
Auch aus § 5 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren bei sonstigen Änderungen des Gebietsbestandes der Länder laut Art. 29 Abs. 7 des GG (G Art. 29 Abs. 7) vom 30.07.1979 ergibt sich nichts anderes. Danach erhalten mit einer Gebietsänderung in dem betroffenen Gebiet die Rechtsvorschriften des aufnehmenden Landes Geltung und die Rechtsvorschriften des abgebenden Landes treten außer kraft. Dies kann aber Wirkung nur für die Zukunft, nicht für die Vergangenheit entfalten.
Im übrigen sind jedenfalls mit Inkrafttreten der Verfassung der ehemaligen DDR im Jahre 1949 sämtliche früheren Anerbengesetze als gegenstandslos anzusehen. Dies entsprach der Rechtsauffassung der damaligen Machthaber (vgl. Adlerstein-Desch DTZ 1991, 200 m.w.N.; Wöhrmann/Stöcker, Das Landwirtschaftserbrecht, 6. Aufl., Einl. Rn. 42; OLG Celle Beschluß vom 18.04.1994 - 7 W 62/93 -). Die Anwendung der alten Landesanerbengesetze widersprach der politischen Zielsetzung, frei verfügbares Eigentum an Produktionsmitteln und damit auch an landwirtschaftlichem Besitztum abzuschaffen. Sie stand zudem im Widerspruch zum Prinzip des sozialistischen Zentralismus. Danach war nicht vorgesehen, daß in verschiedenen Regionen der ehemaligen DDR unterschiedliches Recht zur Anwendung kam.
Diese Rechtsauffassung spiegelte sich auch wider in der tatsächlichen Handhabung in der Rechtspraxis. So wurden insbesondere die nach dem Hannoverschen Höfegesetz erforderlichen Höferollen nicht geführt. Gerade weil es dem Willen des Gesetzgebers widersprach, alten Anerbengesetzen Geltung zu verschaffen, hat er mit dem Unterlassen der Anlegung von Höferollen und Entgegennahme von Eintragungsanträgen insoweit bewußt die formellen Voraussetzungen für das Entstehen anerbenrechtlich gebundenen Grundvermögens vereitelt, ohne damit gegen höherrangiges Recht derart verstoßen zu haben, daß sein Verhalten rechtlich schlechthin unbeachtlich wäre.
Dem steht nicht entgegen, daß die Machthaber in der ehemaligen DDR erst im Jahr 1951 das alte Anerbenrecht des Landes Mecklenburg durch das Gesetz vom 24.08.1951 (RegBl. für Mecklenburg 1951 Nr. 19 S. 86) aufgehoben haben, denn dies geschah gemäß seines § 2 mit rückwirkender Kraft. Es handelte sich dabei also offenkundig um einen Akt der Rechtsbereinigung, der der tatsächlichen Nichtgeltung dieses Gesetzes - zunächst in der SBZ - in der DDR Rechnung trug (Wöhrmann/Stöcker a.a.O.).
Damit ist hinsichtlich des rechtselbischen gelegenen Grundbesitzes des Johann ... gesetzliche Erbfolge nach BGB eingetreten. Dieser entsprechen die erteilten Erbscheine.
Das gleiche gilt für den Erbfall nach ..., dem Vater der Antragstellerin, von dem diese ihr vermeintliches Recht ableitet. ... hatte zum Zeitpunkt seines Todes 1954 seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik. Die Höfeordnung galt auf dem Gebiet des Amtes ... nicht. Zudem hatte die Besitzung 1954 ihre Hofeigenschaft in jedem Fall verloren, denn nach der Zwangsaussiedlung der Eltern der Antragstellerin waren die Strukturen des Hofes zerschlagen worden. Die Voraussetzung eines Hofes (auch im Sinne des Hann. Höferechts), nämlich das Bestehen eines landwirtschaftlichen Betriebes als Organisationseinheit, waren mit der Zwangsaussiedlung, der nachfolgenden Beschlagnahme und schließlich der zentralen Bewirtschaftung auf unabsehbare Zeit, somit auf Dauer verloren. Dieser Zustand hält noch heute an. Eine Bewirtschaftung von dem linkselbisch gelegenen Teilen der Besitzung fand nicht statt. Es bestand auch keine Aussicht, daß die Teile des Hofes wieder zusammenkommen und gemeinsam bewirtschaftet werden könnten.
Damit kann auch nicht festgestellt werden, daß der Grundbesitz ein Hof im Sinne höferechtlicher Bestimmungen ist, unabhängig davon, ob die Höfeordnung heute in dem Umgliederungsgebiet des Amtes ... gilt. Voraussetzung für die Feststellung der Hofeigenschaft wäre zudem, daß der Hof im Alleineigentum einer natürlichen Person oder im Miteigentum von Ehegatten stünde. Eine Erbengemeinschaft nach BGB hingegen kann die Hofeigenschaft nicht begründen (Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery HöfeO 9. Aufl., § 1 Rn 32). Daß die Voraussetzungen einer fortgesetzten Gütergemeinschaft im Sinne des § 1483 BGB vorliegen, ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Schließlich ist es unerheblich, welche der in den Grundakten angegebenen katastermäßigen Grundstücksgrößen und welche grundbuchmäßige Bezeichnung zutrifft.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 33, 34, 44, 45 Abs. 1 Satz 2 LwVG.
Streitwertbeschluss:
Beschwerdewert für beide Instanzen: 25.000 DM. Der Geschäftswert bestimmt sich nach §§ 30, 130, 19 KostO, §§ 19 a), 20 S. 1 b), S. 2 HöfeVfO.