Amtsgericht Neustadt am Rübenberge
Beschl. v. 09.10.2008, Az.: 34 F 94/08 KI

Abstammung; Anhörung; Anschrift; Briefkastenadresse; Erfolgsaussicht; Erreichbarkeit; Erziehung; Erziehungseignung; Identifizierung; Kindeswohl; Klageerhebung; ladungsfähige Anschrift; Mutter; Mutwilligkeit; Prozesskoszenhilfe; Rechtsverkehr; Sorgerechtsübertragung; Unzulässigkeit; Vaterschaftsanfechtungsverfahren; Zulässigkeit

Bibliographie

Gericht
AG Neustadt am Rübenberge
Datum
09.10.2008
Aktenzeichen
34 F 94/08 KI
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 55129
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Im Vaterschaftsanfechtungsverfahren muss die klagende Mutter ihre ladungsfähige Anschrift angeben.

Prozesskostenhilfe für eine Vaterschaftsanfechtung kann über den Anwendungsbereich des § 1600a Abs. 4 BGB hinaus nicht gewährt werden, wenn die beabsichtigte Klage voraussichtlich das Kindeswohl gefährden wird.

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Gründe

1

Prozesskostenhilfe konnte nicht bewilligt werden, weil die Klage ohne Erfolgsaussicht und mutwillig ist, § 114 ZPO.

2

Die Klage ist nicht zulässig. Die Klägerin ist zur Angabe einer ladungsfähigen Anschrift verpflichtet. Eine an einem Rechtsstreit beteiligte Person muss eine sog. ladungsfähige Anschrift angeben, damit sie im Rechtsverkehr zu identifizieren und zu erreichen ist und sie wegen der ihr zukommenden prozessualen Pflichten in Anspruch genommen werden kann Ohne Angabe der ladungsfähigen Anschrift der Klägerin liegt grundsätzlich keine ordnungsgemäße Klageerhebung i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 i.V.m. § 130 Nr. 1 ZPO vor  (OLG Karlsruhe OLGR Karlsruhe 2008, 615). Die von der Antragstellerin angegebene Briefkastenadresse reicht nicht aus.

3

Darüber hinaus bestehen keine Erfolgsaussichten, weil die Klägerin ohne Angabe einer ladungsfähigen Anschrift voraussichtlich nicht wird angehört werden können. Sie ist in den Verfahren Amtsgericht Neustadt a. Rbge. 34 F 73/08 und 34 F 87/08 trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen. Zumal sie nun noch nicht einmal eine ladungsfähige Anschrift angibt, wird sie sicher auch in diesem Verfahren nicht erscheinen. Ohne die persönliche Anhörung dazu, mit wem sie in der gesetzlichen Empfängniszeit geschlechtlich verkehrt hat, kann das Verfahren nicht abgeschlossen werden.

4

Letztlich ist die Klage mutwillig. Die Klägerin ficht die Vaterschaft des Kindes Xxx an. Das Sorgerecht für dieses Kind war Gegenstand des mittlerweile erstinstanzlich abgeschlossenen Verfahrens Amtsgericht Neustadt a. Rbge. 34 F 73/08. In diesem Verfahren hat die Klägerin, obwohl alle Zustellungen wirksam vorgenommen wurden, sich weder schriftlich geäußert noch ist sie zu den Terminen im einstweiligen Anordnungs- und Hauptsacheverfahren erschienen. Versuche des Jugendamts, mit ihr Kontakt aufzunehmen, schlugen fehl. Die elterliche Sorge wurde mittlerweile dem Beklagten übertragen, der Xxx und dessen 3 Geschwister mit großem persönlichen Einsatz allein betreut. Würde nun festgestellt, dass Xxx nicht vom Beklagten abstammt, so würde dieser die einzige Bezugsperson verlieren, die eine ordnungsgemäße Erziehung gewährleisten kann. Die Klägerin ist dazu nach den Feststellungen im Sorgerechtsverfahren völlig ungeeignet. Zwar hängt die Zulässigkeit der von der Mutter persönlich erhobenen Anfechtungsklage nicht gem. § 1600a Abs. 4 BGB davon ab, dass sie dem Wohl des Kindes dient. Im Rahmen der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe kann dieser Gesichtspunkt jedoch berücksichtigt werden. Es ist nicht Aufgabe der Prozesskostenhilfe, Verfahren zu unterstützen, die dem Wohl des Kindes offensichtlich abträglich sind. Eine Klage der Mutter, die dem Kind schadet, ist mutwillig. Wenn das Kind später seine Abstammung selbst klären möchte bleibt ihm immer noch die Möglichkeit, selbst Klage zu erheben.