Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 06.01.2011, Az.: 11 B 3371/10

Duldung; Nebenbestimmung; Suspensiveffekt; Bestimmtheit; Rechtsschutzgarantie

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
06.01.2011
Aktenzeichen
11 B 3371/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 45204
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Klage gegen eine einer Duldung beigefügten Nebenbestimmung hat nach §§ 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO, 64 Abs. 4 NSOG keine aufschiebende Wirkung.

Die auflösende Bedingung "erlischt mit Ankündigung der Abschiebung" verstößt weder gegen den Bestimmtheitsgrundatz noch gegen die grundgesetzliche Rechtsschutzgarantie.

Gründe

Der Prozesskostenhilfeantrag ist unbegründet, weil das einstweilige Rechtsschutzbegehren aus den nachfolgenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§§ 166 VwGO, 114 Satz 1 ZPO).

Der Antragsteller beantragt, in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 5 VwGO festzustellen, dass seine Klage (11 A 3368/10) gegen den in der ihm von der früheren Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörde Niedersachsen befristet bis zum 11. Januar 2011 erteilten Duldung beigefügten Zusatz "…erlischt am Tage der Abschiebung oder mit deren Ankündigung" aufschiebende Wirkung entfaltet.

Dieses Begehren bleibt erfolglos. Denn die Kammer geht davon aus, dass die aufschiebende Wirkung der Klage nach §§ 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO, 64 Abs. 4 NSOG ausgeschlossen ist. Die Duldung ist nach § 60 a AufenthG eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung, mithin eine Entscheidung innerhalb der Verwaltungsvollstreckung. Nichts anderes kann daher für die eine Duldung einschränkenden Nebenbestimmungen gelten. Dementsprechend geht die Kammer in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa Beschlüsse vom 11. November 2010 - 11 B 3010/10 - und 23. Juni 2010 - 11 B 1522/10 -) sogar davon aus, dass eine gegen den (weitergehenden) Widerruf der Duldung nach § 60 a Abs. 5 Satz 2 AufenthG gerichtete Klage keine aufschiebende Wirkung entfaltet (vgl. Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, Rn. 51 zu § 61 und Rn. 270 zu § 60 a). Der von dem Antragsteller angeführte Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen vom 24. November 2010 (4 V 685/10) vernachlässigt diesen systematischen Zusammenhang und vermag die Kammer daher nicht zu überzeugen.

Wenn man das Begehren des Antragstellers dementsprechend sachgerecht als solchen nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erwähnten Klage auslegen würde, ergäbe sich nichts anderes, denn der erwähnte Zusatz in der ihm erteilten Duldung lässt den Antragsteller in seinen Rechten verletzende Rechtsfehler nicht erkennen.

Rechtliche Grundlage ist § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG, der es ausdrücklich zulässt, einer Duldung (auflösende) Bedingungen zuzufügen. Der Zusatz, dass die Duldung erlischt, wenn die Abschiebung angekündigt wird, ist auch hinreichend bestimmt; insbesondere kann der Antragsteller deren Eintritt unschwer feststellen. Der vom Antragsteller angeführte Beschluss des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 2009 (- 19 C 09.2053 -) befasst sich dagegen mit einer Nebenbestimmung, die vorsah, dass die Duldung erlischt, sobald ein gültiges Reisedokument vorliegt und/oder die Abschiebung möglich ist. Dieses Gericht hat zudem demgegenüber eine auflösende Bedingung für rechtmäßig erachtet, welche das Erlöschen der Duldung mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Vorliegens eines Rückreisedokuments vorsah (Beschluss vom 10. September 2008 - 19 C 08.2207 - <juris>).

Die Beifügung der hier in Rede stehenden auflösenden Bedingung ist auch mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht unvereinbar. Zum einen hat der Gesetzgeber den Ausländerbehörden die Möglichkeit einer solchen Nebenbestimmung neben dem in § 60 a Abs. 5 Satz 2 AufenthG vorgesehenen Widerruf eingeräumt, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass es sich bei Letzterem um die einzig zulässige Maßnahme zur Verkürzung der Gültigkeitsdauer einer Duldung handelt (vgl. dazu VGH München a.a.O.; Funke-Kaiser a.aO:, Rn. 91 zu § 60 a). Zum anderen ist auch nach Bekanntgabe des Abschiebetermins ein (vorläufiger) Rechtsschutz gegeben. Schließlich sei darauf hingewiesen, dass in ständiger Praxis eine gerichtliche Überprüfung von geplanten und absehbaren Abschiebungen auch schon vor Ablauf der Gültigkeit einer Duldung dadurch möglich ist, dass gegen die Ausländerbehörde der Erlass einer entsprechenden einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO beantragt wird. In aller Regel werden die eine Abschiebung hindernden Gründe auch schon dann vorliegen und geltend gemacht werden können.

Soweit der Bestand der Duldung des Antragstellers auch an den Tag der Abschiebung geknüpft wird, hat dies neben der erwähnten auflösenden Bedingung keinen eigenen Regelungsgehalt. Denn die Abschiebung setzt denknotwendig voraus, dass dem Ausländer vorher die Absicht der Aufenthaltsbeendigung in (irgendeiner Form) bekannt gemacht wird.