Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 08.12.2008, Az.: Ss 389/08

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
08.12.2008
Aktenzeichen
Ss 389/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 42950
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2008:1208.SS389.08.0A

Fundstellen

  • Life&Law 2009, 674-677 (Volltext mit amtl. LS)
  • NStZ 2009, 391-392
  • RÜ 2009, 511-512
  • StV 2009, 361-363
  • ZAP 2009, 498

Amtlicher Leitsatz

Ein ausgedrucktes Telefax, das vom Absender anhand einer manipulierten Vorlage gesendet worden war, ist auch dann keine Urkunde im Sinne von § 267 StGB, wenn das Fax eine Kopfzeile mit einem Absendervermerk trägt.

In dem Strafverfahren

...

wegen Urkundenfälschung

...

auf die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Amtsgerichts Emden - Strafrichter- vom 08.07.2008

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg in der Sitzung vom 08. Dezember 2008

an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht ...

als Vorsitzender,

Richter am Oberlandesgericht ... und

Richterin am Oberlandesgericht ...

als beisitzende Richter,

Staatsanwalt ...

als Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft,

Rechtsanwältin ...

als Verteidigerin,

Justizangestellte ...

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Revision wird als unbegründet verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels einschließlich der notwenigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

1

Mit Strafbefehl vom 31.03.2008 wurde der Angeklagte beschuldigt am 24.03.2007 in E.... zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde gebraucht zu haben.

2

Ihm wurde folgendes zur Last gelegt:

3

Die Firma L.... GmbH & Co. KG, E..., erhielt im Februar 2006 vom V...-Werk in E.... den Auftrag, mehrere Deckenfelder in Halle 7 zu schließen. Als Nachunternehmer erhielt der Angeklagte den Auftrag, die Stahlbauarbeiten durchzuführen. Voraussetzung hierfür war, im Besitz der Herstellerqualifikation Klasse D nach DIN 18800 zu sein. Zum damaligen Zeitpunkt verfügte der Angeklagte jedoch nicht über eine solche Qualifikation. Er wurde mehrfach von der Firma L.... aufgefordert, diesen erforderlichen Nachweis zu erbringen. Am 06.03.2006 rief der Angeklagte bei dem Zeugen S.... an, der über die Herstellerqualifikation der Klasse E verfügte, und bat diesen, ihm diese Bescheinigung zu übersenden. Am 09.03.2006 faxte der Zeuge S.... ihm seine Qualifikation zu. Am 24.03.2006 wiederum übersandte der Angeklagte an die Firma L.... eine gefälschte Bescheinigung über die Herstellerqualifikation zum Schweißen von Stahlbauten nach DIN 18800 Klasse E, ausgestellt von der X...die auf seinen Namen am 12. September 2005 durch den Zeugen Dr.-Ing. K.... ausgestellt worden war. Der Zeuge F.... von der Firma L.... leitete dieses Fax als Qualifikationsnachweis an den Auftraggeber V...-Werk in E.... weiter.

4

Die gefaxte Bescheinigung war falsch, da für den Angeklagten am 12.09.2005 durch die X.... keine Herstellerqualifikation zum Schweißen von Stahlbauten nach DIN 18800 ausgestellt worden war. Mit diesem Telefaxschreiben wollte der Angeklagte gegenüber seinen Auftraggebern den Nachweis erbringen, dass er über eine solche Qualifikation verfügte.

5

Nach rechtzeitiger Einspruchseinlegung hat das Amtsgericht Emden den Angeklagten mit Urteil vom 08.07.2008 freigesprochen.

6

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hat sich das Tatgeschehen so abgespielt wie es auch Gegenstand des Strafbefehls ist. Weiter hat das Amtsgericht ausgeführt, der Angeklagte habe die von der Firma S.... per Telefax übermittelte Herstellerqualifikation in der Folgezeit auf nicht mehr feststellbare Weise manipuliert. Entweder habe er Teile des ursprünglichen Telefaxes vom 09.03.2006 (beispielsweise die Kopfzeile mit dem Logo X...) für eine neue Faxvorlage verwendet, oder aber er habe den nunmehr auf den Namen "G... S...- A.... GmbH" lautenden Hauptteil der Bescheinigung in das ursprüngliche Telefax eingefügt. Das Telefax des Zeugen S.... habe sodann als Manipulationsvorlage für das Telefax gedient, welches der Angeklagte am 24.03.2006 an die Firma L.... übersandt habe. Dieses Telefax trägt in der Kopfzeile folgenden Absendervermerk: "24.03.2006. 09.40 Uhr. Telefonnummer 0049.... G.... S.... Seite 01/02". Dieses Telefax bildet eine Bescheinigung über die Herstellerqualifikation zum Schweißen von Stahlbauten nach DIN 18800-7 der Klasse E ab, welches für das Unternehmen "G... S...- und A.... GmbH" durch die X.... ausgestellt ist und das Prüfdatum vom 12.09.2005 sowie die Namensunterschrift des Prüfers Dr.-Ing. K.... enthält. Dass dieser per Telefax an die Firma L.... übermittelten "Bescheinigung" kein Originaldokument zugrunde lag, hat das Amtsgericht anhand verschiedener Abweichungen festgestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

7

Das Amtsgericht hat zur Begründung des Freispruchs des Angeklagten ausgeführt, der festgestellte Sachverhalt erfülle keine der Tatbestandsvarianten einer Urkundenfälschung. Angesichts des als Manipulationsvorlage dienenden Telefaxes verwirkliche weder die Herstellung einer Vorlage noch die Verwendung der so hergestellten Vorlage (sog. Collage) für ein weiteres Telefax den Tatbestand der Urkundenfälschung. Ein Telefax enthalte nämlich lediglich die Abbildung eines Originals. Diese Ablichtung sei nicht geeignet im Rechtsverkehr den Eindruck zu erwecken, es handele sich um das Original selbst. Ein Telefax sei nicht anders zu bewerten als eine Fotokopie, die als solche erkennbar sei.

8

Die hiergegen eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird, hat keinen Erfolg. Der Ansicht der Revisionsführerin, das Amtsgericht sei unzutreffend von einer strafrechtlichen Gleichbehandlung von Fotokopie und Telefax ausgegangen, ein Telefax sei als Urkunde anzusehen, denn bei ihm handele es sich um diejenige verkörperte Gedankenerklärung des Ausstellers, die mit seinem Willen den Adressaten übermittelt werde, es sei das für den Empfänger bestimmte technisch hergestellte Original, kann nicht gefolgt werden.

9

Soweit die Staatsanwaltschaft darauf hinweist, dass bei einer Fotokopie eine Urkunde vorliege, wenn eine im Wege der Fotokopie hergestellte Reproduktion nach außen als Original erscheinen soll und der Täter diese als eine von dem angeblichen Aussteller herrührende Urschrift ausgeben will, kommt dem hier schon deshalb keine Bedeutung zu, weil für alle Beteiligten erkennbar nicht ein Original des Qualifikationsnachweises übermittelt werden sollte und übermittelt wurde. Wie die normale Fotokopie stellt auch die Fernkopie (Telekopie = Telefax) im vorliegenden Fall keine Urkunde dar. Es besteht keine Veranlassung, nur deshalb eine unterschiedliche rechtliche Bewertung vorzunehmen, weil beim Telefax der Ausdruck bei dem Empfänger erfolgt. Das Amtsgericht hat richtig gesehen, dass das Telefax vom 24.03.2006 keine Urkunde im strafrechtlichen Sinne darstellt, denn es enthält allenfalls eine bloße Abbildung einer Herstellerqualifikation und war erkennbar nicht geeignet und dazu bestimmt im Rechtsverkehr den Eindruck zu vermitteln, es handele sich um ein Originaldokument.

10

Soweit in der Literatur vertreten wird, bei einem Telefax spreche zumindest der Anschein für eine Informationsherrschaft des Erklärenden und es liege deshalb eine Urkunde vor (vgl. Hoyer in SK, 7. Aufl. § 267 Rn. 19 ff.), bzw. das Telefax enthalte anders als die Fotokopie eine Kurzbezeichnung des Absenders und die Angabe der Faxnummer und damit eine Garantieerklärung für die originalgetreue Wiedergabe des gefaxten Schriftstücks, das Telefax sei einer beglaubigten Kopie gleichzusetzen (vgl. Schönke-Schröder-Cramer-Heine, StGB, 27. Aufl. § 267 Rn. 43 m.w.N.) kann dem jedenfalls für den hier vorliegenden Fall, dass Absender und Aussteller des Schriftstücks offensichtlich nicht identisch sind, nicht gefolgt werden (vgl. Beckemper. JuS 2000, 123 ff. [OLG Zweibrücken 03.04.1998 - 1 Ss 34/98][OLG Zweibrücken 03.04.1998 - 1 Ss 34/98]). Urkundencharakter hat im Übrigen bei der beglaubigten Kopie auch nur der Beglaubigungsvermerk, der Inhalt der Kopie wird davon nicht erfasst. Erst recht ist die Ansicht, mit der Anerkennung des Faxes als urkundliche Verkörperung des Erklärungsinhalts habe die herrschende Leere auf die Erkennbarkeit der Autorisierung des Originals verzichtet, das Telefax habe im Rechtsverkehr die Funktion des früheren Schriftstückes / Briefes übernommen (Joecks in Studienkommentar, StGB, 6. Aufl. § 267 Rn. 45 m.w.N.), abzulehnen. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 11.05.1971 (BGHst 24, 140) zutreffend darauf hingewiesen, dass der Umstand, dass im Rechts- und Geschäftsverkehr der Gebrauch von Fotokopien zunehmend Bedeutung erlangt, zwar eine erhöhte Schutzbedürftigkeit bedingen mag, eine allgemeine Einbeziehung der Fotokopie in den Strafschutz des jetzt geltenden § 267 StGB aber dem Begriff der Urkunde das wesentliche Kriterium der Erkennbarkeit des Ausstellers entziehen und damit zu einer nicht zulässigen Rechtsfortbildung führen würde. Es sei Sache des Gesetzgebers der Entwicklung durch eine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen Rechnung zu tragen. Für die Ablehnung von Telefaxen als Urkunden gelten die gleichen Argumente.

11

Aus dem von der Revision angeführten Umstand, dass in der Rechtsprechung anerkannt ist, dass die Einlegung eines Rechtsmittels per Telefax erfolgen kann (vgl. BVerfG NJW 1988, 2067. BGH NJW 1990, 990) lassen sich für den vorliegenden Fall keine Folgerungen im Sinne der Rechtsmittelführerin herleiten. Da sogar ein telefonisch aufgegebenes Telegramm zur Rechtsmitteleinlegung ausreicht (vgl. BGHZ 79, 314 ff. ), die Rechtsprechung also für den Bereich der Rechtsmitteleinlegung auf das Unterschriftserfordernis ganz verzichtet hat, kann aus dieser Rechtsprechung nichts für die Frage der strafrechtlichen Urkundenqualität von Telefaxen hergeleitet werden.

12

Damit steht fest, dass das Amtsgericht zutreffend davon ausgegangen ist, dass das Telefax der Firma S.... keine Urkunde darstellte, die Manipulation des Angeklagten nicht zur Herstellung einer Urkunde führte und das zweite Telefax, da es auch nicht den Anschein eines Originals erweckte, ebenfalls keine Urkundenqualtiät hatte. Somit hat der Angeklagte weder eine (falsche) Urkunde hergestellt, noch von einer solchen Gebrauch gemacht.

13

Da mithin die Tatbestandsvoraussetzungen einer Urkundenfälschung nicht vorliegen ist der Angeklagte zu Recht freigesprochen worden, so dass die Revision der Staatsanwaltschaft als unbegründet zu verwerfen war.

14

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.