Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 06.05.2013, Az.: 1 A 4/12

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
06.05.2013
Aktenzeichen
1 A 4/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 64607
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In der Verwaltungsrechtssache
des Herrn A.,
B.,
Klägers,
Proz.-Bev.: C.,
D. -
gegen
den Landkreis Uelzen,
Veerßer Straße 53, 29525 Uelzen, - E. -
Beklagter,
Streitgegenstand: Anfechtung von Radwegebenutzungspflichten,
hat das Verwaltungsgericht Lüneburg - 1. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2013 durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Hoeft, den Richter am Verwaltungsgericht G. Ludolfs, die Richterin am Verwaltungsgericht Sandgaard sowie die ehrenamtlichen Richter F. und G. für Recht erkannt:

Tenor:

Das Verfahren wird eingestellt, soweit es die Beteiligten in der Hauptsache für erledigt erklärt haben (Lüder).

Die Radwegebenutzungspflicht (Verkehrszeichen 240 StVO) im Bereich der Ortsdurchfahrten Rosche (Uelzener Straße/Lüchower Straße, B 493), Wieren (Hauptstraße, L 270) und Langenbrügge (Lindenstraße, L 270) wird aufgehoben, für Wieren unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 4. Juni 2004.

Der Beklagte wird verpflichtet, die entsprechenden Verkehrszeichen (Zeichen 240 StVO) zu entfernen bzw. ungültig zu machen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung der Radwegebenutzungspflicht an mehreren Straßen im Gebiet des Beklagten.

Mit Schreiben vom 6. Mai 2011 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er im vergangenen Jahr als Fahrradfahrer erstmals durch Langenbrügge, Wieren, Lüder und Rosche gefahren sei. Dort sei ihm aufgefallen, dass dem Radverkehr in den Ortsdurchfahrten dieser Dörfer (L 270, K 15 und B 493) die Nutzung der Fahrbahn verboten werde. Fahrradfahrer müssten wegen der angeordneten Zeichen 240 StVO den einseitig angelegten Bürgersteig in beiden Richtungen gemeinsam mit Fußgängern nutzen. Er bat um Mitteilung, welche konkrete qualifizierte Gefahrenlage jeweils dazu geführt habe, dass Fahrradfahrer in den genannten Ortsdurchfahrten ausnahmsweise auf dem Bürgersteig fahren müssten.

Mit Schreiben vom 16. Mai 2011 teilte der Beklagte dem Kläger mit, aufgrund eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. November 2010 werde unerlässlich sein, dass nach einer Bestandsaufnahme in jedem Einzelfall eine neue Gefährdungseinschätzung gemeinsam mit Polizei, Straßenbehörde, gegebenenfalls Gemeinde vorzunehmen sein werde. Im Rahmen dieses Verfahrens könne es durchaus auch zu einem Schilderabbau in einigen Bereichen kommen. Inwieweit die vom Kläger genannten Örtlichkeiten berührt seien, vermöge er zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu beurteilen.

Unter dem 26. Mai 2011 teilte der Kläger wiederum dem Beklagten mit, dass dieser auf seine konkret gestellte Frage nicht eingegangen sei. Die Frage, welche besonderen örtlichen Verhältnisse und welche konkrete Gefahrenlage jeweils in Langenbrügge, in Wieren, in Lüder und in Rosche ausnahmsweise ein Fahrbahnverbot für den Radverkehr notwendig machten, sei nach wie vor offen. Solle es dort wieder erwarten weder besondere örtliche Verhältnisse noch konkrete qualifizierte Gefahrenlagen geben, die dort das Fahrbahnverbot erforderten, dürften die Verkehrszeichen 240 StVO an den dortigen Bürgersteigen nicht stehen und wären unverzüglich zu entfernen.

Daraufhin äußerte der Beklagte mit Schreiben vom 6. Juni 2011, ein Blick in die alten Unterlagen habe konkret nur Aufschluss darüber gegeben, dass im Zuge des Ausbaus der L 270 in der OD Wieren (2001 beginnend) Verkehrszeichen 237/240 angeordnet worden sei. Es seien keine auf Schriftwechsel gestützten Aussagen in den anderen Fällen möglich. Dies könne mit lange zurückliegenden Vorgängen zu tun haben, wobei er aber auch hier eine entsprechende Prüfung nach § 45 Abs. 9 StVO unterstelle.

Am 8. August 2011 hat der Kläger Klage erhoben.

Mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2011 hat der Beklagte den Kläger klaglos gestellt, soweit es die Radwegebenutzungspflicht in Lüder, Hauptstraße - K 15 - betrifft. Diesbezüglich haben die Beteiligten übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Der Kläger trägt vor: Er sei am 8. August 2010 erstmals durch die in Rede stehenden Ortsdurchfahrten gekommen und sei dort zum ersten Mal mit den streitbefangenen Verkehrszeichen 240 StVO konfrontiert worden. Auch in den folgenden Monaten sei er gelegentlich durch diese Dörfer gefahren. Er könne auch nicht ausschließen, dass er mit dem Fahrrad durch Rosche, Wieren, Langenbrügge oder Lüder fahren werde. Nach Aufhebung der allgemeinen Radwegebenutzungspflicht durch die Neufassung des § 2 Abs. 4 StVO sei es grundsätzlich zulässig, dass Radfahrer nicht einen vorhandenen Radweg, sondern die Fahrbahn benutzten. Rechtsgrundlage für das Anordnen einer Benutzungspflicht sei u.a. § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO, wonach Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen seien, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten sei. Nach Satz 2 dürften, abgesehen von der Anordnung von Tempo 30 Zonen nach Abs. 1 c oder Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen nach Abs. 1 d - insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage bestehe, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteige. Eine verkehrsbehördliche Anordnung, die wie hier die angefochtenen Fahrverbote für Radfahrer, eine sonst zulässige Benutzung bestimmter Straßenstrecken für bestimmte Verkehrsteilnehmer beschränke, setze das Vorhandensein besonderer, zu einer solchen Regelung zwingender Umstände voraus. Diese seien nur bei einer aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse bestehenden außergewöhnlichen Gefahrenlage gegeben, die also erheblich größer sein müsse als jene Gefahren, die aller Orten mit der Teilnahme am Straßenverkehr einhergingen. Diesen Anforderungen werde die hier angeordnete Radwegebenutzungspflicht in keiner der Ortsdurchfahrten gerecht. Besondere auf örtliche Verhältnissen zurückgehende qualifizierte Gefahrenlagen, insbesondere Unfallschwerpunkte auf der Fahrbahn durch Radfahrerbeteiligung, habe der Beklagte nicht nachweisen können. Offenbar habe der Beklagte qualifizierte Gefahrenlagen noch nicht einmal in seinen Verwaltungsvorgängen dokumentiert, bevor er die angefochtenen Verkehrszeichen angeordnet habe. Möglicherweise liege insoweit auch ein völliger Ermessensausfall vor. Hier widerspreche die Anordnung der Pflicht zur Radwegebenutzung den Anforderungen von § 45 Abs. 9 StVO. Vorliegend seien die einseitig neben der Fahrbahn angelegten Bürgersteige, auf denen wegen der dort für beide Richtungen angeordneten Zeichen 240 StVO der Radverkehr im Begegnungsverkehr fahren müsse, ca. 1,5 bis 2 Meter breit. Dass die B 493 und die L 270 ein außergewöhnlich hohes Gefahrenpotential aufwiesen, so dass gerade in den an ihnen gelegenen Ortsdurchfahrten von Rosche, Langenbrügge und Wieren dem Radverkehr ausnahmsweise das Befahren der Fahrbahn zwingend zu untersagen sei, begegne erheblichen Zweifeln. In der Ortsdurchfahrt des Fleckens Bad Bodenteich, der ebenfalls an der L 270 zwischen Wieren und Langenbrügge liege, sei die Fahrbahn nicht für den Radverkehr gesperrt. Zum anderen sei die Fahrbahn der L 270 selbst außerorts südlich von Langenbrügge und nördlich von Wieren, nicht für den Radverkehr gesperrt. Worin sich nun die qualifizierten Gefahren gerade innerhalb von Wieren und Langenbrügge bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h manifestierten, habe der Beklagte nicht darlegen können. Aus dem übersandten polizeilichen Datenblatt gehe nicht hervor, dass ein überdurchschnittlich hohes Unfallgeschehen mit Fahrradfahrerbeteiligung auf der Fahrbahn bestanden haben solle. Vielmehr würden durch die Benutzungspflichten gerade erst Gefahren geschaffen. So müsse der Radverkehr in Richtung Norden an der nördlichen Ortsausfahrt Wieren vom links neben der Fahrbahn gelegenen Bürgersteig die Fahrbahn kreuzen, um auf die rechte Fahrbahnseite zu gelangen. Ebenso verhalte es sich mit dem Radverkehr in Richtung Süden an der südlichen Ortsausfahrt von Langenbrügge. Hier habe der Beklagte selbst auf den dortigen Kurvenbereich hingewiesen, der die Übersicht beim Kreuzen der Fahrbahn erschwere. Ebenso sei nicht verständlich, worin gerade in der Ortsdurchfahrt von Rosche - B 493 - eine außergewöhnliche hohe Gefahr für den Radverkehr auf der Fahrbahn bestehen solle, wenn im Zuge derselben Straße in der Ortsdurchfahrt der Gemeinde Rätzlingen gerade kein Fahrbahnnutzungsverbot für den Radverkehr angeordnet worden sei. Soweit sich der Beklagte auch die Regelwerke der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen - Arbeitsgruppe Straßenentwurf (FGSV) - beziehe, sei anzumerken, dass die FGSV in ihren "Empfehlungen für Radverkehrsanlagen" den Mischverkehr auf Fahrbahnen in der örtlichen Hauptstraße mit Breiten zwischen 6 und 7 Metern bei Kraftfahrzeugverkehrsstärken über 400 Kfz pro Stunde für problematisch halte. Bei geringeren Fahrbahnbreiten sei Mischverkehr bis zu einer Kraftfahrzeugverkehrsstärke von 700 Kfz pro Stunde verträglich. Die vom Beklagten angegebenen aktuellen Kfz-Stärken auf den hier streitigen Strecken unterschritten diese Zahlen deutlich. Ebenso könne der Schülerverkehr zur Grundschule in Wieren keine Benutzungspflicht rechtfertigen. Grundschulkinder seien im Regelfall zwischen 6 und 10 Jahre alt und müssten bzw. dürften mit dem Fahrrad auf dem Gehweg fahren. Soweit auch älteren Kindern ermöglicht werden solle, den Gehweg zu benutzen, könne dies durch Zusatzzeichen erfolgen. Auch könne gerade der Benutzungszwang des Bürgersteiges zu einem erhöhten Unfallrisiko führen, weil der Bürgersteig zu Schulbeginn und -ende im überdurchschnittlich hohen Maße von schutzbedürftigen Fußgängern benutzt werde. Die FGSV sehe diesen Umstand als Ausschlusskriterium für eine gemeinsame Führung des Fußgänger- und Fahrradverkehrs auf derselben Fläche an. Zudem liege eine vergleichbare Verkehrssituation für Schülerinnen und Schüler in vielen Bereichen der Städte und Gemeinden vor. Viele Schulwege führten an Hauptstraßen und vom Verkehr wesentlich höher belasteten Straßen und Straßenkreuzungen vorbei, als dies bei der Hauptstraße in Wieren der Fall sei. Die Möglichkeit von Verkehrsunfällen gerade mit Schülern bestehe leider allgemein und führe nicht zur Annahme einer örtlich bedingten besonderen Gefahrensituation. Ein überdurchschnittlich hohes Gefahrenpotential im Begegnungsverkehr Radfahrer/Pkw/Lkw, das sich gerade in der Ortsdurchfahrt Rosche in belegbaren Unfallzahlen niedergeschlagen habe, sei vom Beklagten nicht nachgewiesen. Die Fahrbahnbreite lasse ein problemloses Vorbeifahren im Begegnungsverkehr mit den erforderlichen Abständen zu. Engstellen, Parkplätze oder ähnliche Hindernisse auf der Fahrbahn lägen nicht vor. Der Verlauf sei gerade und übersichtlich. Soweit der Beklagte meine, dass ein Kraftfahrer Verkehrsteilnehmer bei Gegenverkehr nicht überholen könne, sei dieser Vorgang allgegenwärtig. Anders als dies der Beklagte wohl meine, impliziere die Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht gerade kein Benutzungsverbot der Nebenanlage für den Radverkehr. Radfahrer könnten nach wie vor die Nebenanlagen benutzen, müssten es aber nicht.

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    die ihm am 8. August 2010 erstmals bekannt gegebenen Allgemeinverfügungen (Verkehrszeichen 240 StVO), die an folgenden Ortsdurchfahrten im Landkreis Uelzen auf den dortigen Bürgersteigen eine Radwegebenutzungspflicht gebieten und damit dem Radverkehr die Nutzung der Fahrbahn verbieten, aufzuheben:

    • Rosche, Uelzener Straße/Lüchower Straße (B 493)

    • Wieren, Hauptstraße (L 270)

    • Langenbrügge, Lindenstraße (L 270),

  2. 2.

    die Verkehrszeichen 240 StVO, durch die dem Radverkehr die Nutzung der Fahrbahn verboten wird, zu entfernen bzw. ungültig zu machen,

  3. 3.

    hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hinsichtlich der gegen ihn gerichteten Allgemeinverfügungen neu zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Soweit die Benutzungspflichten aufrechterhalten würden, dienten sie in den streitigen Bereichen in besonderem Maße der Wahrung der Verkehrssicherheit. Den Radfahrer hier quasi auf die Straße zu zwingen, würde genau die Gefahrensituationen herbeiführen, die vermieden werden sollten. In den Hinweisen der FGSV zur Beschilderung von Radverkehrsanlagen werde hinsichtlich der Verkehrsbelastung von Innerortsstraßen u.a. ausgeführt: "Bei Straßen mit Kfz-Stärken unter 5000 Kfz/Tag kann die Benutzungspflicht häufig entfallen.... Sie kann jedoch aus Verkehrssicherheitsgründen aufrechterhalten werden....". Hierzu heiße es an anderer Stelle, dass in diese Überlegungen einzubeziehen seien, das Unfallgeschehen, die verfügbaren Flächen im Straßenraum unter Berücksichtigung aller Nutzungsansprüche, gegebenenfalls andere ortsbezogene Faktoren. Die verkehrlichen Situationen stellten sich hier wie folgt dar:

Wieren

- Verkehrszahlen (Stand 2000) - Kfz 7167/Tag + 397 Fz./Schwerlastverkehr, für die Zeit vom 29.5. bis 7.6.2010 - Kfz 3331/Tag + 506 Fz/Schwerlastverkehr

- Das polizeiliche Unfallblatt für die OD in den Jahren 2008 bis 2010 belege die Gefahrenträchtigkeit des hier in Rede stehenden Streckenabschnitts. Auf dem Radweg finde Schülerverkehr zur Grundschule Wieren statt.

Rosche:

- Verkehrszahlen (Stand 2011) - Kfz 3730/Tag + 239 Fz./Schwerlastverkehr

- In einem auf der B 493 stattfindenden Begegnungsverkehr Radfahrer/Pkw-Lkw werde aufgrund der zum Teil engen Straßenführung ein erhebliches Gefahrenpotential gesehen.

Langenbrügge

Verkehrszahlen (Stand 2000) Kfz 2890/Tag+ 283 Fz/Schwerlastverkehr, für die Zeit vom 11.6. bis 18.6.2010 Kfz 3331/Tag plus 311 Fz/Schwerlastverkehr

- Eine Aufhebung des Verkehrsschildes 240 würde insbesondere am Ortsausgang Richtung Wittingen, der Kurvenbereich sei mit Schutzplanken versehen, dem Sicherheitsaspekt entgegenstehen.

Die vorhandenen Radwege seien im Übrigen auch hinsichtlich Beschaffenheit, Linienführung und Zustand als zumutbar im Sinne der Ziffer 2 Nr. 2 der Verwaltungsvorschriften zur StVO zu § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO anzusehen. Grundsätzlich werde die Auffassung vertreten, dass (gegebenenfalls vorhandene) geringfügige Behinderungen eher hinzunehmen seien, als die Gefährdung der Radfahrer auf der Fahrbahn. Hinzu komme, dass keinerlei Erkenntnisse über ein bestehendes Konfliktpotential zwischen Fußgängern und Radfahrern bei der jetzigen Regelung vorlägen. Dies mache deutlich, dass sowohl aus Gründen der Verkehrssicherheit aber auch der Verkehrsbelastung an den bestehenden Regelungen zum Schutz des Radverkehrs festzuhalten sei. Sowohl die zuständige Polizeiinspektion in Lüneburg als auch die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, aber auch die Gemeinden Wieren, Rosche und Bad Bodenteich teilten die dargelegte Auffassung.

Die Kammer hat die Örtlichkeiten in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Inaugenscheinnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

1, Das Verfahren ist einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Ortschaft Lüder übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hinsichtlich derer der Beklagte den Kläger klaglos gestellt hat.

2. Hinsichtlich der im Streit verbliebenen Radbenutzungspflichten in den Ortschaften Rosche, Wieren und Langenbrügge ist die Klage zulässig.

Der Kläger ist insbesondere klagebefugt. Die nach § 42 Abs. 2 VwGO zur Zulässigkeit der (Anfechtungs-)Klage erforderliche Klagebefugnis fehlt nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Vorbringens des Klägers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers verletzt sein können (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.8.2003 - 3 C 15.03 -; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 42 Rdnr. 65 m.w.N.; VG Lüneburg, Urteil vom 25.7.2006 - 2 A 8/06 -). Auszugehen ist davon, dass verkehrsbehördliche Anordnungen nach § 45 StVO nicht, zumindest nicht vornehmlich der Wahrung der Interessen Einzelner dienen, sondern regelmäßig auf den Schutz der Allgemeinheit ausgerichtet sind (stRspr des BVerwG, s. z.B. Urteil vom 22.1.1971 - VII C 48.69 -, BVerwGE, 37, 112). Dies bedeutet, dass nicht jedem Verkehrsteilnehmer, der von einer verkehrsbehördlichen Anordnung bzw. deren Auswirkungen betroffen wird, eine Klagebefugnis bzw. eine Antragsbefugnis im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO zustehen kann, weil es insoweit an einer eigenen Rechtsposition fehlt. Vielmehr muss ein sogenanntes qualifiziertes Betroffensein vorliegen. Werden zum Beispiel grundrechtliche geschützte Rechtspositionen wie das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit betroffen, so steht auch dem einzelnen Bürger im Rahmen des § 45 StVO ein - auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Straßenverkehrsbehörde begrenzter - Anspruch auf verkehrsregelndes Einschreiten der Straßenverkehrsbehörde zu.

Nach diesen Maßstäben ist hier ein qualifiziertes Betroffensein des Klägers zu bejahen. Der Kläger hat angegeben, dass er die in Rede stehenden Straßenzüge befahren hat und auch beabsichtigt, dies erneut zu tun. Die Klagebefugnis eines Verkehrsteilnehmers gegen ein Verkehrszeichen, mit dem er bereits konfrontiert worden ist, setzt nicht voraus, dass er von dem Verkehrszeichen nach seinen persönlichen Lebensumständen in einer gewissen Regelmäßigkeit oder Nachhaltigkeit tatsächlich betroffen wird. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich etwa rechtsmissbräuchlich nur eigens zum Ort einer Verkehrsregelung begeben hat, um hieraus eine Anfechtungsmöglichkeit abzuleiten. Dass er möglicherweise zugleich Interessen anderer organisierter Radfahrer bei seinem Vorgehen im Blick hat, stellt den Umstand nicht in Frage, dass er mit seiner Klage zumindest auch eigene Rechte geltend macht (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.8.2003 - 3 C 15.03 -, a. a. O.).

Es ist auch die Klagefrist gewahrt. Die Klagefrist beträgt hier gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO ein Jahr. Nach dieser Vorschrift ist u.a. die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung des Verwaltungsakts zulässig, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben ist. So ist der Fall bei Verkehrszeichen - wie hier - regelmäßig gelagert. Ein Verkehrszeichen ist ein Verwaltungsakt in der Form der Allgemeinverfügung im Sinne von § 35 Satz 2 VwVfG und wird gemäß § 43 Abs. 1 VwVfG gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekanntgegeben wird (BVerwG, Urteil vom 11.12.1996 -, BVerwGE 102, 316). Er wird durch die Aufstellung des betreffenden Verkehrsschildes bekanntgegeben, was eine besondere Form der öffentlichen Bekanntgabe ist. Sind Verkehrszeichen so aufgestellt oder angebracht, dass sie ein durchschnittlicher Verkehrsteilnehmer bei Einhaltung der nach § 1 StVO gebotenen Sorgfalt schon mit einem raschen und beiläufigen Blick erfassen können, so äußern sie ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht. Hier hat nach den glaubhaften Ausführungen des Klägers dieser am 8. August 2010 die vorliegend streitigen Straßenzüge erstmals am befahren, so dass die am 8. August 2011 erhobene Klage fristgerecht erhoben ist.

Die Klage ist mit den Hauptanträgen auch begründet.

Die angegriffenen verkehrsrechtlichen Anordnungen einer Radwegebenutzungspflicht und die in deren Folge aufgestellte Beschilderung sind im hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten tatsachengerichtlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. 9. 2010 - 3 C 32/09 -, juris) rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die Verkehrszeichen sind zu entfernen bzw. ungültig zu machen.

Die Radwegebenutzungspflicht nach Zeichen 240 (Gemeinsamer Fuß- und Radweg) ist - ebenso wie bei Zeichen 237 (Radfahrer) und Zeichen 241 (Getrennter Rad- und Fußweg) - eine Beschränkung des fließenden Verkehrs im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO und eine Beschränkung der Benutzung der Straße im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO. Diese Zeichen bedeuten nach § 41 Abs. 2 Nr. 5 a StVO, dass Radfahrer die für sie bestimmten Sonderwege nutzen müssen. Dem entspricht § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO; danach müssen Radfahrer Radwege benutzen, wenn die jeweilige Fahrtrichtung mit Zeichen 237, 240 oder 241 gekennzeichnet ist. Kehrseite dieses Nutzungsgebotes ist das Verbot für Radfahrer, auf den so gekennzeichneten Strecken die Fahrbahn zu benutzen. Das Verkehrszeichen begründet zwar kein Verbot der Benutzung der Straße, zu der auch Radwege zählen, wohl aber einen Ausschluss der Fahrradfahrer von der Benutzung der Fahrbahn und damit eine Beschränkung in Bezug auf die allgemeine Verkehrsregel, dass Fahrzeuge einschließlich Fahrräder die Fahrbahn benutzen (§ 2 Abs. 1 StVO) (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 3 C 42/09 -, juris).

Rechtsgrundlage für die Anordnung der Beschilderung ist § 45 Abs. 1 Satz 1 i.V.m Abs. 9 Satz 2 StVO. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Hinsichtlich der Anforderungen an die Möglichkeit einer entsprechenden Beschränkung ist § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO - auch im Falle der Anordnung von Radwegebenutzungspflichten - einschlägig. Ist § 45 Abs. 9 Satz 2 anwendbar, scheidet damit zugleich § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO als Rechtsgrundlage für die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht aus. Als in Bezug auf Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs speziellere Regelung konkretisiert und verdrängt § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO in seinem Anwendungsbereich die allgemeine Regelung in § 39 Abs. 1 und 45 Abs. 9 Satz 1 StVO (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 3 C 42/09 -, a. a. O.).

Nach § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Satz 2 der Vorschrift bestimmt, dass abgesehen von der Anordnung von Tempo 30 - Zonen nach Abs. 1 c oder Zonen - Geschwindigkeitsbeschränkungen nach Abs. 1 d insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden dürfen, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt.

§ 45 Abs. 9 Satz 2 StVO setzt für Verbote und Beschränkungen des fließenden Verkehrs eine Gefahrenlage voraus, die - erstens - auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen ist und - zweitens - das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der relevanten Rechtsgüter (hier insbesondere: Leben und Gesundheit von Verkehrsteilnehmern sowie öffentliches und privates Sacheigentum) erheblich übersteigt. In solchen Fällen dient die Trennung von motor- und muskelbetriebenen Fahrzeugen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs. Besondere örtliche Verhältnisse im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO können bei verkehrsbehördlichen Maßnahmen insbesondere in der Streckenführung, dem Ausbauzustand der Strecke, witterungsbedingten Einflüssen (z.B. Nebel, Schnee- und Eisglätte), der dort anzutreffenden Verkehrsbelastung und den daraus resultierenden Unfallzahlen begründet sein. Dass im Hinblick für die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht für die Beurteilung ein ganzes Bündel von Faktoren von Bedeutung ist, bestätigt die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO), wonach die Anlage von Radwegen im Allgemeinen dort in Betracht kommt, wo es die Verkehrssicherheit, die Verkehrsbelastung und der Verkehrsablauf erfordern (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.11.2010 - 3 C 42/09 -, a. a. O. und vom 23.9.2010 - 3 C 32/09 -, a. a. O.).

Nach vorstehenden Grundsätzen sind die hier streitigen Anordnungen der Beschilderung nicht ermessensfehlerfrei ergangen.

Das ergibt sich schon allein daraus, dass die Anordnung der Radwegebenutzungspflicht in den drei streitigen Ortschaften der von dem Beklagten zu beachtenden Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO, Ziff. II. widerspricht, wonach Voraussetzung für die Kennzeichnung ist, dass eine für den Radverkehr bestimmte Verkehrsfläche vorhanden ist oder angelegt werden kann. Das ist u.a. dann der Fall, wenn der Gehweg von dem Radverkehr und dem Fußgängerverkehr getrennt oder gemeinsam benutzt werden kann, die Benutzung des Radwegs nach der Beschaffenheit und dem Zustand zumutbar sowie die Linienführung stets eindeutig stetig und sicher ist. Das ist der Fall, wenn er unter Berücksichtigung der gewünschten Verkehrsbedürfnisse ausreichend breit, befestigt und einschließlich eines Sicherheitsraums frei von Hindernissen beschaffen ist. Dies bestimmt sich im Allgemeinen unter Berücksichtigung insbesondere der Verkehrssicherheit, der Verkehrsbelastung, der Verkehrsbedeutung, der Verkehrsstruktur, des Verkehrsablaufs, der Flächenverfügbarkeit unter Art und Intensität der Umfeldnutzung. Die lichte Breite (befestigter Verkehrsraum mit Sicherheitsraum) soll in der Regel durchgehend betragen bei Zeichen 240 (gemeinsamer Fuß- und Radweg) innerorts mit mindestens 2,5 Meter, außerorts mindestens 2 Meter. Ausnahmsweise und nach sorgfältiger Überprüfung kann von den Mindestmaßen dann, wenn es aufgrund der örtlichen und verkehrlichen Verhältnisse erforderlich und verhältnismäßig ist, an kurzen Abschnitten (z.B. kurze Engstelle) unter Wahrung der Verkehrssicherheit abgewichen werden.

In vorliegendem Fall entspricht der gemeinsame Fuß- und Radweg an keiner Stelle in den drei Ortschaften der in der Regel für erforderlich gehaltenen Mindestbreite, sodass von einer Unzumutbarkeit der Radwegebenutzung auszugehen ist; der Fall einer ausnahmsweisen Zulässigkeit der Abweichung von der Mindestbreite im Einzelfall liegt gerade nicht vor.

Darüber hinaus hat sich eine auf besondere örtliche Verhältnisse zurückgehende qualifizierte Gefahrenlage in den jeweiligen Ortschaften aufgrund der Ortsbesichtigung nicht ergeben.

Rosche

Die auf besondere örtlichen Verhältnissen zurückgehende qualifizierte Gefahrenlage ist nicht allein schon deshalb zu bejahen, weil es sich um die Ortsdurchfahrt einer Bundesstraße handelt. Sie ergibt sich auch nicht aus den vom Beklagten vorgelegten Verkehrszahlen im Hinblick auf den täglichen Fahrzeugverkehr, u.a. des Schwerlastverkehrs. Eine besondere Gefährdungslage ist zudem nicht im Hinblick auf den Ausbauzustand der Straße und den - in Teilen leicht kurvigen - Straßenverlauf anzunehmen und ergibt sich auch nicht aus der Gestaltung der in die Ortsdurchfahrt einmündenden Straßen. Soweit PHK Dobslaff im Rahmen der Ortsbesichtigung darauf hingewiesen hat, dass im Bereich des in der Ortsmitte befindlichen Kreuzungsbereichs (Abzweigung Bodenteicher Straße) ein Unfallschwerpunkt zu verzeichnen ist, handelt es sich dort überwiegend um Auffahr- und Abbiegeunfälle, also des Kraftfahrzeugverkehrs. Bei den Fahrradfahrern - so PHK Dobslaff - gebe es dort keinen Unfallschwerpunkt, sondern es seien ihm nur zwei Unfälle mit Fahrradfahrern im Bereich des Zebrastreifens bekannt. Dass dies vor Anordnung der Radwegebenutzungspflicht anders gewesen sein sollte, ist nicht erkennbar. Eine andere Bewertung der Gefahrenlage ergibt sich nicht daraus, dass in der Bodenteicher Straße die Grundschule belegen ist. Denn es ist davon auszugehen, dass die weit überwiegende Zahl der Schüler und Schülerinnen dieser Schule mit Fahrrädern die Gehwege benutzen muss bzw. darf. Nach § 2 Abs. 5 Satz 1 StVO müssen Kinder bis zum vollendeten 8. Lebensjahr und dürfen Kinder bis zum vollendeten 10. Lebensjahr mit Fahrrädern die Gehwege benutzen. Die bei der Ortsbesichtigung vorgefundene Beschilderung erweist sich zudem nicht als eindeutig und stetig, wie die Verwaltungsvorschriften dies erfordern. So ist 2011 im Bereich der Scheune, die den Geh-/Radweg teilweise überbaut, die Radwegebenutzungspflicht (Zeichen 240) aufgehoben und das Verkehrszeichen 239 mit Zusatzschild "Fahrräder frei" aufgestellt worden. Richtung Ortsausgang (in Richtung Lüchow) befindet sich von und bis zum Bereich der Abzweigung (Alt Prielup) wieder das Verkehrszeichen 240. Die vom Ortsausgang ortseinwärts (Richtung Uelzen) erfolgte Beschilderung verweist Fahrradfahrer bis zur Abzweigung Alt Prielup zwingend auf den Geh-/Radweg, anschließend, da dort im Weiteren die Radwegebenutzungsflicht nicht angeordet wird, auf die Fahrbahn, die der Fahrradfahrer dazu kreuzen muss. In Höhe der Kreuzung Bodenteicher Straße und dem dort befindlichen Zebrastreifen - also in dem vom Beklagten als problematisch angeführten Bereich - müssen Fahrradfahrer die Fahrbahn erneut kreuzen, um der dann im weiteren Verlauf wieder angeordneten Radwegebenutzungspflicht Folge zu leisten.

Wieren

Auch bezüglich der Ortschaft Wieren hat sich bei der Ortsbesichtigung eine auf besondere örtlichen Verhältnissen zurückgehende qualifizierte Gefahrenlage nicht feststellen lassen. Dies gilt für die vom Beklagten schriftsätzlich mitgeteilten Verkehrszahlen und unter Berücksichtigung der zusätzlich in der mündlichen Verhandlung gegebenen Information, dass für das nahe gelegene Bad Bodenteich die Verkehrszählung 10000 Fahrzeuge/Tag ergeben habe, davon ca. 8-10 % Lkw, ebenso dass durch Wieren viele Holz-Lkw fahren. Eine besondere Gefährdungslage ist ebenfalls nicht im Hinblick auf den Ausbauzustand der Straße und den - ebenfalls in Teilen leicht kurvigen - Straßenverlauf anzunehmen und ergibt sich auch nicht aus der Gestaltung der in die Ortsdurchfahrt einmündenden Straßen. Die Straßenbreite ist auch für Lkw ausreichend, um Radfahrer mit dem nötigen Seitenabstand und unter Berücksichtigung der in der Ortschaft zulässigen Geschwindigkeit von 50 km/h gefahrlos zu überholen. Dass dadurch bei Gegenverkehr ein Abbremsen der Fahrzeuge erforderlich ist, ist ein üblicher Vorgang innerhalb geschlossener Ortschaften. Soweit der Beklagte auf eine nicht näher erläuterte Unfallliste verweist, sind daraus weder Unfälle mit Fahrradfahrern zu ersehen noch ist erkennbar, inwieweit eine Häufung von Unfällen mit Fahrradfahrern für den Fall der Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht zu befürchten ist. Soweit der Beklagte eine besondere Gefahrenlage aufgrund des Fahrradverkehrs von Grundschülern annimmt, gilt das zur Ortschaft Rosche Ausgeführte auch hier. Der bloße Verweis auf ein in der Ortschaft befindliches Freibad gibt für eine besondere Gefährdungslage nichts her.

Langenbrügge

Auch bezüglich der Ortschaft Langenbrügge hat sich bei der Ortsbesichtigung eine auf besondere örtlichen Verhältnisse zurückgehende qualifizierte Gefahrenlage nicht feststellen lassen. Dies gilt für die vom Beklagten schriftsätzlich mitgeteilten Verkehrszahlen unter Berücksichtigung, dass durch die Ortsdurchfahrt Schwerverkehr in Richtung Wittingen entlangführt. Eine besondere Gefährdungslage ist ebenfalls nicht im Hinblick auf den Ausbauzustand der Straße und den Straßenverlauf anzunehmen und ergibt sich auch nicht aus der Gestaltung der in die Ortsdurchfahrt einmündenden Straßen. Auch in Langenbrügge ist die Straßenbreite für Lkw ausreichend, um Radfahrer mit dem nötigen Seitenabstand und der zulässigen Geschwindigkeit von 50 km/h gefahrlos zu überholen. Dass dadurch bei Gegenverkehr ein Abbremsen der Fahrzeuge erforderlich ist, ist - wie für Wieren ausgeführt - ein üblicher Vorgang innerhalb geschlossener Ortschaften. Als gefahrenträchtig für Radfahrer dürfte sich vielmehr erweisen, dass im Bereich der Ortsauffahrt in Richtung Süden in einem Kurvenbereich die Fahrbahn zu kreuzen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.

Hoeft
G. Ludolfs
Sandgaard