Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 16.05.2013, Az.: 2 A 97/12

Ausfertigung; Erdrosselnde Wirkung; Ermessen; Grundsteuer; Urkunde; Verbindung; Willkür

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
16.05.2013
Aktenzeichen
2 A 97/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 64240
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Heranziehung der Kläger zur Grundsteuer für das Jahr 2012.

Die Kläger sind Erbbauberechtigte des Grundstücks „B. -straße 64“ in C., das mit einem Wohnhaus bebaut ist.

Mit Bescheid vom 6. November 1980 setzte das Finanzamt Buchholz i.d.N. den Grundsteuermessbetrag für das Erbbaurecht auf 703,90 (405,44 €) DM fest.

In den Folgejahren zog die Gemeinde Bendestorf die Kläger mit einem Hebesatz von 260 % zur Grundsteuer B heran, die sich jährlich zunächst auf 1830,14 DM, dann auf 1007,72 € belief.

In einer Beschlussvorlage vom 14. Februar 2012 schlug die Verwaltung der Gemeinde Bendestorf vor, die Grundsteuerhebesätze auf 360% und den Gewerbesteuerhebesatz auf 350% anzuheben; dies entspreche dem Landesdurchschnitt. Der Ergebnishaushalt habe ein Defizit in Höhe von 199.400 € ausgewiesen. Gegenüber der ursprünglichen Planung habe sich das Defizit um ca. 20.000 € verringert, sei aber immer noch beachtlich. Eine Anhebung des Grundsteuerhebesatzes um 10 %-Punkte führe bei der Grundsteuer B zu einem Ertrag von ca. 12.500 €, bei der Gewerbesteuer zu einem Ertrag von 12.500 €. Das Defizit im Ergebnishaushalt verringere sich dadurch um ca. 150.000 € jährlich. Das verbleibende Defizit könne in den nächsten Jahren über in der Eröffnungsbilanz gebildete Ergebnisrücklage ausgeglichen werden.

Der Finanzausschuss der Gemeinde  befasste sich in seiner Sitzung am 28. Februar 2012 mit der Vorlage und sprach sich einstimmig dafür aus, auch zukünftig keine Schulden zu machen. Über die Anhebung der Steuersätze sollte auf einer weiteren Sitzung am 6. März entschieden werden, die dann aber ausfiel.

Der Verwaltungsausschuss der Gemeinde Bendestorf befasste sich in seiner Sitzung am 6. März 2012 mit der Vorlage und diskutierte auch eine Grundsteuererhöhung auf 390 %. Er gab keine Beschlussempfehlung an den Gemeinderat, der sich am 13. März mit der Erhöhung der Hebesätze befasste. Er diskutierte zunächst den Vorschlag der Gruppe BUG/CDU, der eine Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer auf 360% vorsah. Nach einer Sitzungsunterbrechung beschloss der Rat mehrheitlich, den Hebesatz für die Grundsteuer auf 390 % und den der Gewerbesteuer auf 350 % zu erhöhen. Der Vorschlag einer Erhöhung auf nur 360 % wurde von der Mehrheit abgelehnt.

Die Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2012 wurde am 15. März 2012 von der Gemeindedirektorin ausgefertigt und im Amtsblatt für den Landkreis Harburg Nr. 17 vom 26. April 2012 öffentlich bekanntgemacht. Die Satzungsurkunde besteht aus zwei aufeinander folgenden Blätter mit Seitenzahlen, die nacheinander in einen Verwaltungsvorgang geheftet sind. Die Unterschrift und das Dienstsiegel sind nur auf Seite 2 angebracht.

In § 5 der Satzung wird der Hebesatz für die Grundsteuer B mit 390 vom Hundert festgesetzt.

Mit Abgabenbescheid vom 3. Mai 2012 zog die Beklagte die Kläger zur Grundsteuer B für das Jahr 2012 in Höhe von 1.403,61 Euro (bisher: 1.007,72 Euro) heran.

Dagegen haben die Kläger am 4. Juni 2012 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, der angefochtene Bescheid sei nicht hinreichend begründet. Der Verweis auf das Grundsteuergesetz und die Gemeindesatzungen reichen nicht aus, weil damit nicht erkennbar sei, mit welchen konkreten Satzungen sie sich auseinandersetzen müsse. Außerdem habe er keine wirksame Rechtsgrundlage, weil die Haushaltssatzung der Gemeinde Bendestorf nicht rechtmäßig sei. Voraussetzung für eine rechtmäßige Festsetzung des Hebesatzes sei, dass das zuständige kommunale Rechtssetzungsorgan die maßgebliche Kalkulation kenne. Der Ausschuss für Finanzen habe eine Erhöhung des Grundsteuersatzes auf 360 % vorgeschlagen. Eine entsprechende Haushaltssatzung sei vorbereitet gewesen. Von dieser Beschlussempfehlung habe der Verwaltungsausschuss keine Kenntnis genommen, so dass die dem Bescheid zugrundeliegende Haushaltssatzung rechtsunwirksam sei.

Außerdem sei die Festsetzung des Hebesatzes auf 390 % willkürlich und verstoße gegen Art. 3 GG. Evident unsachlich sei eine Grundsteuererhöhung u.a. dann, wenn die dadurch erzielten Einnahmen nicht zur Erfüllung gemeindlicher Aufgaben, sondern der Kapitalbildung der Gemeinde dienten. Dies sei vorliegend der Fall.

Die Satzung sei formell fehlerhaft und weise einen Ausfertigungsmangel auf. Es sei eine Beurkundung des Prüfvorgangs ebenso erforderlich wie die Anbringung der Unterschrift auf allen Seiten der Urkunde. Die vorliegende Form der Ausfertigung sei unzureichend.

Die Kläger beantragen,

den Abgabenbescheid der Beklagten vom 3. Mai 2012 betreffend die Grundsteuer aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid und trägt zur Begründung vor, Rechtsgrundlage für die Erhebung der Grundsteuer seien die §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1, 1 Abs. 1 GrStG iVm § 5 der Haushaltssatzung der Gemeinde Bendestorf. Im Gegensatz zur Auffassung der Kläger sei der Bescheid hinreichend begründet. Hier erschöpfe sich die Rechtsanwendung und damit die Begründung des Bescheides in einem reinen Rechenakt (Messbetrag x Hebesatz). Mehr an Begründung sei nicht gefordert. Auch die rechtlichen Grundlagen seien hinreichend konkret angegeben. Insbesondere sie die ausdrückliche datumsmäßige Benennung der Gemeindesatzung nicht geboten. Für die Kläger sei die Einordnung der Rechtsgrundlage, wie aus ihrer Klagebegründung deutlich werde, auch ohne weiteres möglich gewesen. Im Übrigen führe ein Begründungsmangel nicht zur Nichtigkeit. Gemäß § 126 Abs. 1 Ziffer 2 iVm Abs. 2 AO trete durch die Nachholung der Begründung Heilung ein.

Die von den Klägern gegen die Rechtmäßigkeit der Haushaltssatzung vorgebrachten Einwendungen seien ohne Grundlage. Die Festsetzung des Hebesatzes für die Grundsteuer stehe im Ermessen der Gemeinde, das vom Gericht nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden könne, ob die Grenzen für die Normsetzung überschritten worden seien oder die Steuererhebung willkürlich, d.h. evident unsachlich sei oder erdrosselnde Wirkung habe. Dies sei nicht der Fall. Der Hebesatz von 390 % liege im Landesdurchschnitt und habe erkennbar keine erdrosselnde Wirkung. Die Gemeinde Bendestorf habe mit der Festsetzung auch nicht gegen das ihr als Normgeber zustehende weitere Ermessen verstoßen. Trotz der Steuererhöhung weise der Ergebnishaushalt 2012 ein Defizit aus. Damit liege eine negative Entwicklung vor, bei der es dem Satzungsgeber unbenommen sei, durch Erhöhung der Grundsteuer und Gewerbesteuer gegenzusteuern. Diese negative Haushaltsentwicklung hänge davon ab, dass der beste Gewerbesteuerzahler der Gemeinde seinen Unternehmenssitz verlagert habe. Während die Einnahmen des Hauptzahlers wegfielen, trete eine zusätzliche Belastung dadurch ein, dass die Gemeinde in 2012 auf die Steuereinnahmen der Vorjahre noch Umlagen zahlen müsse.

Unzutreffend sei die Behauptung der Kläger, der Finanzausschuss habe eine Beschlussempfehlung für einen niedrigeren Steuersatz abgegeben. Weder Finanz- noch Verwaltungsausschuss hätten diesbezügliche Empfehlungen abgegeben, die im Übrigen auch nicht bindend gewesen wären. Der Rat habe sich seine Entscheidung nicht leicht gemacht, sondern umfassend über die Hebesatzanhebung beraten. Es seien die Risiken der Haushaltsentwicklung, der Investitionsbedarf sowie die unsichere Einkommensteuerentwicklung berücksichtigt worden. Der Rat habe mit der moderaten Anhebung der Grundsteuer B auf 390 % und damit als verantwortungsvoller Haushälter agiert. Ein Verstoß gegen das ihm zustehende Normsetzungsermessen sei schlechterdings nicht ersichtlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Der angefochtene Steuerbescheid vom 3. Mai 2012 ist ebenso wie die ihm zugrunde liegenden Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B rechtlich nicht zu beanstanden.

Aufgrund der von der Gemeinde Bendestorf mit der Haushaltssatzung 2012 beschlossenen Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes auf 390 % für das Jahr 2012 musste die Beklagte die Kläger in der in dem angegriffenen Bescheid festgesetzten Höhe zur Grundsteuer heranziehen. Der Satzungsbeschluss der Gemeinde zur Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes ist materiell rechtmäßig ergangen.

Der Satzungsbeschluss ist nicht etwa deswegen rechtswidrig ergangen, weil er in der Gemeinderatssitzung vom 13. März  2012 rückwirkend zum 1. Januar 2012 erfolgt ist. Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 Grundsteuergesetz (GrStG) ist der Beschluss über die Festsetzung oder Änderung des Hebesatzes bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn dieses Kalenderjahres zu fassen.  Nach diesem Zeitpunkt kann der Beschluss über die Festsetzung des Hebesatzes gefasst werden, wenn der Hebesatz die Höhe der letzten Festsetzung nicht überschreitet (Satz 2). Bei der nach Satz 1 der Regelung zulässigen Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes während des laufenden Kalenderjahres handelt es sich um eine verfassungsrechtlich zulässige unechte Rückwirkung (OVG NRW, Beschluss vom 17.11.1999 - 14 A 4793/99 -, juris). Den Voraussetzungen der Vorschrift ist mit dem am 13. März 2012, also vor dem gesetzlichen Stichtag 30. Juni gefällten Satzungsbeschluss der Gemeinde Bendestorf genüge getan.

1. Die Satzung ist auch formell fehlerfrei zustande gekommen.

Nach § 11 Abs. 1 NKomVG sind Satzungen von der Hauptverwaltungsbeamtin zu unterzeichnen. Die Unterschrift muss auf der Urschrift des beschlossenen Satzungstextes erfolgen. Die in der Unterzeichnung liegende Ausfertigung der Satzung schafft die Originalurkunde, die Grundlage und Voraussetzung der Verkündung ist (vgl. Thiele, Nds. KomVG, Kommentar, 2011, § 11 Anm. 1). Grundsätzlich ist der vollständige Satzungsbeschluss zu unterzeichnen. Eine gesonderte Ausfertigung für alle Bestandteile eines Bebauungsplanes ist aber nach der Rechtsprechung des OVG Lüneburg ebenso wenig erforderlich wie eine körperliche Verbindung, vielmehr soll es ausreichen, wenn durch eindeutige Angaben im unterzeichneten Satzungstext, also durch eine Art „gedankliche Schnur“, jeder Zweifel an der Zugehörigkeit einer in Bezug genommenen Karte ausgeschlossen wird (vgl. Wefelmeier in Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, Stand Juni 2012, § 11 Rn. 5 m.w.N.).

Die Haushaltssatzung wurde am 15. März 2012 von der Gemeindedirektorin auf Seite 2 unterzeichnet und mit dem Dienstsiegel versehen. Danach wurde sie im Amtsblatt  für den Landkreis Harburg am 26. April 2012 bekanntgemacht und vom 27. April bis zum 10. Mai 2012 in der Gemeindeverwaltung öffentlich ausgelegt.

Zur Ausfertigung eines Bebauungsplanes hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 29. Januar 2013 (- 2 D 102/11.NE – in juris) ausgeführt:

„Für die Wirksamkeit der Ausfertigung eines Bebauungsplans reicht es mangels ausdrücklicher weitergehender normativer Vorgaben aus, wenn eine Originalurkunde geschaffen wird, auf welcher der Bürgermeister als Vorsitzender des Rats oder ein von ihm gemäß § 68 Abs. 3 Satz 1 GO NRW damit beauftragter Beamter oder Angestellter zeitlich nach dem Satzungsbeschluss des Rats und vor der Verkündung der Satzung schriftlich bestätigt, dass der Rat an einem näher bezeichneten Tag "diesen Bebauungsplan als Satzung beschlossen" hat.

Vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 22. März 2011 - 2 A 371/09 -, juris Rn. 36, m. w. N.

Eine Bebauungsplanänderung, deren zeichnerische und textliche Festsetzungen eines Bebauungsplans in verschiedenen Dokumenten verkörpert sind, muss nicht zwingend in einem Plandokument zusammengeführt werden, das den Gegenstand der Ausfertigung bildet. Der dargestellten rechtsstaatlichen Funktion der Ausfertigung kann auch dann Genüge getan sein, wenn die Satzungsteile getrennt ausgefertigt werden und sich dabei keine Zweifel hinsichtlich der Authentizität der Satzung ergeben. Besteht die Satzung aus einem Planteil und einem Textteil, die nicht auf einem Blatt zusammengefasst sind, sondern aus mehreren Blättern, sind dazu grundsätzlich alle Teile mit einem Ausfertigungsvermerk zu versehen. Unter Umständen kann sogar die Ausfertigung nur eines Teils des Bebauungsplans genügen, wenn in diesem ausgefertigten Teil mit hinreichender Bestimmtheit auf die übrigen Teile der Satzung Bezug genommen wird oder auf andere Weise jeder Zweifel an der Zugehörigkeit der nicht gesondert ausgefertigten Teile zur Satzung ausgeschlossen ist.

Vgl. insofern OVG NRW, Urteile vom 8. März 2012 - 10 D 17/10.NE -, BauR 2012, 1075 = juris Rn. 38, und vom 15. Februar 2012 - 10 D 46/10.NE -, BauR 2012, 1080 = juris Rn. 40 f.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19. September 2006 - 8 S 1989/05 -, juris Rn. 34.“

Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat in seinem Urteil vom 19. Dezember 2012 (- 4 K 16/09 – in juris) dazu ausgeführt:

„Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und anderer Oberverwaltungsgerichte, der sich der erkennende Senat anschließt, genügt es mit Blick auf die Erfordernisse der Verwaltungspraxis, wenn durch eindeutige Angaben im Verordnungstext oder auf andere Weise jeder Zweifel an der Zugehörigkeit der Karten zur Verordnung ausgeschlossen wird, diese gewissermaßen durch eine „gedankliche Schnur“ mit dem Verordnungstext verbunden sind, was insbesondere dann der Fall ist, wenn im Verordnungstext auf bestimmte, genau bezeichnete Karten Bezug genommen wird (OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 11.10.2007 – 11 A 7.05 –, juris Rn. 49). Ist dies nicht der Fall, ist erforderlich, dass sich eine Verbindung von Verordnung, d.h. dem Textteil, und Karten zumindest in den Verwaltungsvorgängen (BVerwG, U. v. 31.01.2001 – 6 CN 2/00 –, juris) findet. Diese Verbindung kann auch tatsächlicher Natur sein (VGH München, U. v. 18.05.1999 – 9 N 97.2491 –, BayVBl. 2001, 434). Es kann aber auch aus anderen Gründen, die allerdings in der Verordnung oder den Verwaltungsvorgängen ihren Niederschlag gefunden haben müssen, eine solche Verbindung vorliegen (OVG Schleswig, U. v. 03.02.2011 – 4 KN 1/10 –, juris Rn. 44 ff.). Immer ist erforderlich, dass zweifelsfrei ist, dass diese Verbindung zwischen Textteil und Verordnung besteht; dann ist dem Grundsatz der Normenklarheit genügt (OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O.; VGH München, a.a.O.).“

In Anknüpfung an diese Rechtsprechung hält das erkennende Gericht die von der Gemeinde Bendestorf hier vorgenommene Form der Ausfertigung für ausreichend. Die für die Ausfertigung erforderliche datierte Unterschrift der Gemeindedirektorin ist zwar nur auf Seite 2 der Haushaltssatzung erfolgt; jedoch sind beide Seiten des Dokuments nacheinander in einem Verwaltungsvorgang geheftet. Da die unterschriebene Seite die Seitenzahl 2 aufweist und mit § 5 beginnt, ist der Zusammenhang mit der vorangehenden Seite offensichtlich. Ernsthafte Zweifel an der Zusammengehörigkeit beider Seiten können für einen objektiven Betrachter nicht auftreten.

2. Die Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes auf 390 % ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar.

Nach § 25 Abs. 1 GrStG bestimmt die Gemeinde, mit welchem Hundertsatz des Steuermessbetrages oder des Zerlegungsanteils die Grundsteuer zu erheben ist (Hebesatz). In welchem Ausmaß die Gemeinden zur Deckung ihres Finanzbedarfs aus den ihnen zur Verfügung stehenden Steuerquellen schöpfen, ist ihrem Ermessen vorbehalten (BVerwG, Urteil vom 11. Juni 1993 - 8 C 32.90 -, DÖV 1993, 1093 = NVwZ 1994, 176), Von der Rechtsprechung kann deshalb nur die Einhaltung der äußersten Grenzen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit nachgeprüft werden, die das Willkürverbot zieht (BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 1978 - 2 BvR 154/74 -, BVerfGE 49, 344; BFH, Urteil vom 14. Oktober 1987 - II R 11/85 -, BFHE 151, 285).

Dieses weite Steuerschöpfungsermessen wird durch den in § 3 Abs. 4 NKAG und § 111 Abs. 5 NKomVG niedergelegten Grundsatz der Subsidiarität gemeindlicher Steuererhebung gegenüber anderweitiger Einnahmenbeschaffung nicht weiter eingeschränkt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verschafft dieser Grundsatz des kommunalen Haushaltsrechts den Steuerzahlern keinen einklagbaren Anspruch auf Senkung oder Beibehaltung der Hebesätze (BVerwG, Urteil vom 11.6.1993 - 8 C 32.90 -, DÖV 1993, 1093). Auch nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts handelt es sich bei dem Subsidiaritätsprinzip im Wesentlichen lediglich um eine programmatische Finanzierungsregel, die der gerichtlichen Nachprüfung ihrer Natur nach grundsätzlich nicht zugänglich ist. Zugunsten des Bürgers entfaltet der Subsidiaritätsgrundsatz mithin regelmäßig keine unmittelbare Rechtsgeltung. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn nicht dargetan oder ersichtlich ist, dass die Gemeinde den Grundsatz der vorrangigen Einnahmenbeschaffung durch spezielle Entgelte in ganz eklatanter Weise missachtet hat (Nds. OVG, Urteil vom 19.9.1990 - 13 OVG C 4/87 -, NVwZ 1991, 907 [OVG Niedersachsen 19.09.1990 - 13 C 4/87]).

Bei Anwendung dieses Maßstabes ist eine willkürliche Überschreitung des Steuerschöpfungsermessens im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Vielmehr ist der Haushaltssatzung der Gemeinde zu entnehmen, dass die angespannte Haushaltslage  eine Erhöhung der Hebesätze  erforderlich machte. Dementsprechend hat der Landkreis Harburg der Gemeinde auch mit Schreiben vom 23. April 2012 mitgeteilt, dass der ordentliche Ergebnishaushalt für 2012 – nach der Erhöhung der Hebesätze - zwar insoweit unausgeglichen sei, als dass die ordentlichen Erträge die ordentlichen Aufwendungen nicht deckten; der voraussichtliche Fehlbetrag (707.300 €) könne aber mit den Überschussrücklagen des ordentlichen Ergebnisses verrechnet werden. Der Haushaltsausgleich und die dauernde Leistungsfähigkeit seien damit doch noch sichergestellt.

Aus dem Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung (§ 110 Abs. 2 NKomVG) können ebenfalls keine Gründe für die Rechtswidrigkeit der Hebesatzerhöhung hergeleitet werden. Bei Anwendung dieses haushaltsrechtlichen Grundsatzes steht den Gemeinden ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu, der erst dann überschritten ist, wenn eine Ausgabe wirtschaftlich unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt gerechtfertigt ist (vgl. Nds.OVG, Beschlüsse vom 18.7.2008 - 9 LA 326/07 und 9 LA 327/07 -, unveröffentlicht). Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Gemeinde Bendestorf bezogen auf den Haushalt 2012 den Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung in ganz eklatanter Weise missachtet hat, sind nicht ersichtlich.

Ferner ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass sich die Gemeinde bei der Bemessung der Grundsteuer B nicht an den Kriterien orientiert hat, die § 6 NKAG für die Bemessung von kommunalen Beiträgen vorgibt. Steuern sind einmalige oder laufende Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einkünften allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft (BVerfG, Beschluss vom 6.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325, 344; Urteil vom 24.6.1986 - 2 BvF 1/83, 2 BvF 5/83, 2 BvF 6/83, 2 BvF 1/85, 2 BvF 2/85 -, BVerfGE 72, 330, 433). Sie bemessen sich daher - anders als Straßenausbaubeiträge und andere kommunale Beiträge - gerade nicht nach dem wirtschaftlichen Vorteil des Abgabenpflichtigen. Die Anwendung von § 6 NKAG auf die Bemessung des Grundsteuerhebesatzes wäre daher systemwidrig. Sie widerspräche auch dem im Wortlaut der Vorschrift klar zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, der in § 6 NKAG nur die Erhebung von Beiträgen regeln wollte und für kommunale Steuern eine eigene Vorschrift in § 3 NKAG geschaffen hat.

Anders als bei der Erhebung von Gebühren und Beiträgen muss der Gemeinderat sich bei Steuern auch nicht mit einer Kalkulation befassen, da Steuern nur der allgemeinen Einnahmeerzielung dienen und keiner konkreten Verwaltungsaufgabe dienen. Davon abgesehen enthält die Beschlussvorlage vom 14. Februar 2012 eine Berechnung dazu dass eine Anhebung des Grundsteuerhebesatzes um 10 %-Punkte bei der Grundsteuer B zu einem Ertrag von ca. 12.500 € führt. Damit hat die Gemeinde die in Frage kommenden Berechnungen durchgeführt. Welche weiteren Kalkulationen sich die Kläger vorstellen, ist nicht ersichtlich.

Ebenfalls ist nicht zu erkennen, dass die Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes auf 390 % eine erdrosselnde Wirkung hat und daher gegen das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Grundgesetz (GG) verstößt. Von einer unzulässigen Erdrosselungswirkung ist erst dann auszugehen, wenn allgemein in einer großen Vielzahl von Fällen die Steuerpflichtigen die Grundsteuer unter normalen Umständen nicht aufbringen können. Hiervon ausgehend hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung vom 1. Februar 2010 eine Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer B auf 380 % gebilligt. Nach anderen Gerichtsentscheidungen der ersten Instanz ist auch eine Erhöhung des Hebesatzes auf 490 % bzw. 495 % rechtlich zulässig (VG Ansbach, Urteil vom 16.3.2005 - AN 11 K 0403698 bis 03712 -, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 3.12.2007 - 5 K 3097 - 06 -, juris).

Hiervon ausgehend stellt die nachträgliche Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B im Haushaltsjahr 2012 von 260 % auf 390 % weder eine Überschreitung der Willkürgrenzen des Steuererschöpfungsermessens noch einen erdrosselnden Eingriff in das Eigentumsgrundrecht der Kläger dar.

3. Auch der konkrete Steuerbescheid vom 3. Mai 2012 weist keine Mängel auf. Form und Inhalt der Steuerbescheide sind in § 157 AO festgelegt. Danach müssen schriftliche Steuerbescheide die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer die Steuer schuldet. Ihnen ist außerdem eine Belehrung darüber beizufügen, welcher Rechtsbehelf zulässig ist und binnen welcher Frist und bei welcher Behörde er einzulegen ist. Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Steuerbescheid; die genaue Fassung der maßgeblichen Gemeindesatzung mit Beschlussdatum muss hingegen im Steuerbescheid nicht genannt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.6.1985 – 2 C 56/82 – BVerwGE 71, 354 ff.: „Weitergehende Angaben, etwa die ausdrückliche Nennung der als Rechtsgrundlage der Rückforderung angesehenen Rechtsvorschrift, waren durch die Begründungspflicht nicht geboten.“)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124 a Abs. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO).