Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 21.12.2001, Az.: 2 Ws 282/01
Wohnungseinbruchdiebstahl; Beschlagnahme ; Schmuckstücke ; Öffentliche Versteigerung ; Pfandrecht; Herausgabeanspruch; Gewahrsamsinhaber; Strafverfahren
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 21.12.2001
- Aktenzeichen
- 2 Ws 282/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 17164
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2001:1221.2WS282.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Lüneburg - 22 KLs 20/00
- StA Lüneburg - 706 Js 11374/00
Rechtsgrundlage
- § 111k StPO
Amtlicher Leitsatz
Sachen, die der Angeklagte durch nicht aufgeklärte Wohnungseinbruchsdiebstähle erlangt und anschließend verpfändet hat, können nach Abschluss des Strafverfahrens nach §§ 983, 979 ff. BGB versteigert werden.
Tenor:
Die Beschwerden werden auf Kosten der Beschwerdeführerinnen als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Der Angeklagte wurde am 18. September 2000 vom Landgericht Lüneburg wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in fünf Fällen sowie versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls in einem Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Im Ermittlungsverfahren hatte das Amtsgericht Lüneburg durch Beschlüsse vom 27. Juni 2000 gemäß §§ 111 b, 111 c StPO die Beschlagnahme diverser Schmuckstücke angeordnet. Der Angeklagte hatte die Schmuckstücke in der Zeit zwischen dem 12. November 1999 und dem 27. Dezember 1999 in vier ....... Pfandhäusern versetzt. Die Beschlagnahme wurde hinsichtlich der bei den Beteiligten zu 1 und 2 sichergestellten Schmuckstücke durch Beschluss des Landgerichts Lüneburg vom 30. August 2000 bestätigt. Die Schmuckstücke konnten im Verfahren keiner konkreten Straftat zugeordnet werden; Verletzte wurden nicht ermittelt. Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens ordnete der Senat auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft Lüneburg durch Beschluss vom 18. Mai 2001 gemäß § 111 i StPO an, die Beschlagnahme für weitere drei Monate aufrecht zu erhalten. Während dieser Frist meldeten sich keine weiteren Geschädigten. Das Landgericht ordnete daher an, dass die Schmuckstücke gemäß §§ 983, 979 ff BGB zugunsten nicht bekannter Verletzter öffentlich zu versteigern seien.
Hiergegen richten sich die Beschwerden der beiden Beteiligten, mit denen sie die Herausgabe der bei ihnen sichergestellten Schmuckstücke an sich als letzte Gewahrsamsinhaber anstreben.
II.
1. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Beteiligten durch die Anordnung der Versteigerung überhaupt beschwert sind. Sofern sie an den Schmuckstücken ein wirksames Pfandrecht erworben haben, setzt sich dieses gemäß § 979 Abs. 2 BGB an dem Versteigerungserlös fort. Die Frage kann jedoch dahingestellt bleiben, denn die Beschwerden sind jedenfalls unbegründet.
2. Das Landgericht hat zu Recht die Versteigerung aller beschlagnahmten Schmuckstücke angeordnet.
a) Nach Abschluss des Verfahrens sind Sachen, die durch Beschlagnahme oder auf Grund freiwilliger Herausgabe in amtliche Verwahrung gelangt sind, grundsätzlich an den letzten Gewahrsamsinhaber herauszugeben (vgl. BGHZ 72, 302, 304 [BGH 09.11.1978 - III ZR 116/77]; KG JR 1988, 390; OLG Düsseldorf NStZ 1984, 567; LR-Schäfer, StPO, 24. Aufl. , § 111 k RdNr. 1). Davon macht § 111 k StPO eine Ausnahme für die Fälle, in denen der Gegenstand einem Dritten durch die Straftat entzogen worden ist. In solchen Fällen ist die Sache dem Verletzten herauszugeben. Denn durch die Rückgabe an den Täter - und damit Verweisung des Verletzten auf den Zivilrechtsweg - würde der Staat sich an der Aufrechterhaltung des durch die Tat entstandenen rechtswidrigen Zustands beteiligen.
Dies gilt auch dann, wenn die Behörde die Verfügungsgewalt über die Sachen von einem anderen als dem Beschuldigten oder einem anderen Straftäter erlangt hat (vgl. KK-Nack, StPO, 4. Aufl. , § 111 k RdNr. 4; Bohmeyer GA Bd. 74, 191, 198; a. A. BayObLGSt Bd. 13, 404; Bd. 23, 19; OLG Frankfurt GA 1972, 212). Eine Einschränkung, dass § 111 k StPO nicht eingreift, wenn der entzogene Gegenstand zuletzt im Besitz eines Dritten war, ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift nicht. Der gesamte 8. Abschnitt der Strafprozessordnung bezieht sich vielmehr sowohl auf Gegenstände im Besitz des Täters als auch auf solche im Besitz Dritter. Auch wenn die Vorschrift nur eine vorläufige Besitzstandsregelung bewirkt und das Strafgericht keine eingehende Prüfung der zivilrechtlichen Lage vornimmt, würde jedenfalls in dem Falle, dass die Sachen dem Verletzten gestohlen wurden, wegen der Regelung des § 935 Abs. 1 BGB die Herausgabe an den Dritten die Aufrechterhaltung eines unrechtmäßigen Zustands bedeuten.
Desgleichen steht der sinngemäßen Anwendung des § 111 k StPO nicht entgegen, dass der Verletzte namentlich nicht bekannt ist (vgl. BGH NStZ 1984, 409, 410; BGHR StGB § 73 Tatbeute 1; KG JR 1988, 390, 391; KK-Nack a. a. O. RdNr. 5; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl. , § 111 k RdNr. 4; LR-Schäfer a. a. O. RdNr. 5), und dass die Straftat, durch die der Beschuldigte die Sachen erlangt hat, nicht Gegenstand des Strafverfahrens geworden ist (KG JR 1988, 390; OLG Düsseldorf NStZ 1984, 567 m. abl. Anm. Gropp; KK-Nack a. a. O. RdNr. 5; Bohmeyer GA Bd. 74, 191, 196; a. A. Kleinknecht/Meyer-Goßner a. a. O. RdNr. 6). Auch unter diesen Voraussetzungen scheidet also eine Herausgabe an den letzten Gewahrsamsinhaber aus. So liegt es hier. Das Landgericht hat in dem angefochtenen Beschluss überzeugend ausgeführt, dass die bei den vier Pfandhäusern vom Angeklagten verpfändeten und dort sichergestellten Schmuckstücke aus nicht aufgeklärten Wohnungseinbruchsdiebstählen stammen. Allerdings scheidet eine Herausgabe an die unbekannt gebliebenen Geschädigten ebenso aus. In diesem Falle ist nach § 983 BGB zu verfahren.
b) Demgegenüber berufen sich die Beschwerdeführerinnen vergeblich auf Pfandrechte. Diese sind schon dem Grunde nach zweifelhaft, weil die Schmuckstücke aus Wohnungseinbrüchen stammen. Auch die Anspruchshöhe liegt nicht fest. Bestehen aber Zweifel, ob einem Dritten Ansprüche und gegebenenfalls in welcher Höhe zustehen, so ist es dessen Aufgabe, Beweis für seine Rechtsposition zu erbringen. Notfalls muss er einen zivilrechtlichen Titel erwirken. Im Strafverfahren findet eine Beweisaufnahme nicht statt, da es nicht Aufgabe des Verfahrens nach § 111 k StPO ist, einen bürgerlich-rechtlichen Streit zu entscheiden (KK-Nack a. a. O. RdNr. 6 m. w. N. ). Der Senat sieht auch keinen Anlass, den Beschwerdeführerinnen eine Frist zur Beschaffung eines Titels einzuräumen. Dazu haben sie auch dann Gelegenheit, wenn es zur alsbaldigen Versteigerung des Schmuckes kommt, denn ihnen evtl. zustehende Ansprüche setzen sich an dem Versteigerungserlös fort.
c) Auch hinsichtlich des Ringes mit der Pfandnummer 322671 hat das Landgericht die Herkunft aus einem Wohnungseinbruchdiebstahl bejaht. Eine Beweiserhebung über den Vortrag der Beteiligten zu 1, der Angeklagte habe diesen Ring bei ihr erworben, findet im strafrechtlichen Verfahren nicht statt. Die Beteiligte zu 1 wird ihren behaupteten Anspruch auf diesen Ring, der sich an dem Versteigerungserlös fortsetzen würde, daher gleichfalls im Zivilverfahren zu verfolgen haben.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.