Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 17.11.2010, Az.: 5 A 15/10

Rechtmäßigkeit eines Waffenbesitzverbotes und der sofortigen Sicherstellung von Waffen nebst Waffenbesitzkarte; Untersagung des Waffenbesitzes und Munitionsbesitzes sowie des Erwerbs von Waffen und Munition; Verstoß gegen das Gebot der getrennten Aufbewahrung von Schusswaffen und Munition

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
17.11.2010
Aktenzeichen
5 A 15/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 32548
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2010:1117.5A15.10.0A

Verfahrensgegenstand

Waffenrecht

In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 5. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2010
durch
die Richterin am Verwaltungsgericht Düfer als Einzelrichterin
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trät die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 6.125,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen ein Waffenbesitzverbot und die sofortige Sicherstellung seiner Waffen nebst Waffenbesitzkarte.

2

Der am C. geborene Kläger ist Landwirt und erhielt erstmals im Jahr 1973 eine Waffenbesitzkarte (Nr. D.), in die bis zum Jahr 2006 insgesamt 6 Waffen eingetragen wurden. Sein Jagdschein wurde zuletzt am 30.06.2006 für die Jagdjahre 2006/07 verlängert. Der Kläger ist seit dem Jahr 2004 geschieden. Aus der Ehe ist ein am E. geborener Sohn hervorgegangen, der beim Kläger lebt.

3

Im November 2007 gab der Kläger seine Kurzwaffe (Pistole 9 mm, Mod. 52) freiwillig beim Beklagten ab, weil er nicht über ein Sicherheitsbehältnis der Stufe B verfügte und ein Verkauf der Waffe nicht zustande gekommen war. Am 23.01.2008 übergab die geschiedene Frau des Klägers dem Beklagten eine Patrone Kal. 9 mm Luger und gab an, diese bei ihrem Sohn in der Hosentasche gefunden zu haben. Sie ging davon aus, dass die Patrone vom Kläger stammte und äußerte, Angst um ihren Sohn zu haben. Der Beklagte überprüfte daraufhin die Zuverlässigkeit des Klägers und teilte ihm unter dem 14.08.2008 mit, dass seine geschiedene Frau vermutet habe, er habe dem gemeinsamen Sohn eine Patrone ausgehändigt. Der Beklagte machte den Kläger deshalb vorsorglich auf seine Pflichten als Waffenbesitzer aufmerksam, u.a. darauf, dass derjenige, der Munition Personen überlasse, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt seien, nicht die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit besitze.

4

Unter dem 29.10.2009 legte die Prozessbevollmächtigte der geschiedenen Frau des Klägers vier Fotos vor, die den gemeinsamen Sohn mit einem Gewehr in der Hand auf einem Maisfeld zeigen. Diese Fotos seien ihr vorgelegt worden, um zu dokumentieren, dass sich der Sohn im väterlichen Haushalt überaus wohl fühle. Die im Oktober 2009 aufgenommenen Fotos waren vom Kläger wir folgt unterschrieben: "Otto freut sich auf seine erste Jagd. Otto sichert zu seinem Nachbarn Wolfgang. Otto lässt die Kugel fliegen, es liegt ein 200 kg Keiler."

5

Der Beklagte hörte den Kläger unter dem 04.11.2009 zu einem beabsichtigten Widerruf seiner Waffenbesitzkarte an und verwies darauf, dass der Umgang mit Munition und Waffen nur Personen gestattet sei, die das 18. Lebensjahr vollendet hätten. Da der Kläger seinem minderjährigen Sohn eine Langwaffe überlassen habe, sei er unzuverlässig im Sinne des Waffengesetzes (WaffG). Außerdem sei er mangels Verlängerung seines Jagdscheins seit dem 01.04.2007 nicht mehr berechtigt, die Jagd auszuüben und eine Waffe zu führen. Da er nicht im Besitz eines gültigen Jagdscheins sei, habe er auch kein Bedürfnis mehr zum Waffenbesitz.

6

Der Kläger äußerte sich am 17.11.2009 dahingehend, dass die Bilder gestellt seien. Er sei mit seinem Sohn nur kurz zum Maisfeld gefahren, um für "Klein Otto" ein Andenken zu schaffen, so wie es mit ihm auch vor über 50 Jahren gemacht worden sei. Als alleinerziehender Vater habe er keine Zeit, zur Jagd zu gehen. Nach der Scheidung habe er auch nicht mehr die finanziellen Mittel dafür. Da sie ohne Fernseher leben, würde sein Sohn stattdessen in Jagdzeitungen des Klägers blättern und sich für Wald, Feld und Jagd interessieren. Sein Sohn werde christlich, ohne Gewalt erzogen, und er besuche mit ihm regelmäßig die Kirche.

7

Am 08.12.2009 war der Kläger wegen unerlaubten Führens von Waffen als Beschuldigter bei der Polizeiinspektion in F. vorgeladen. Nachdem er gefragt wurde, ob er das Gewehr, das sein Sohn auf den Fotos in der Hand hatte, freiwillig herausgeben würde, weil es als "Tatmittel" der Einziehung unterliege, reagierte er nach dem Bericht der anwesenden Polizeibeamten sehr cholerisch. Er verweigerte daraufhin die Aussage und erklärte, das Gewehr erst auf entsprechenden gerichtlichen Beschluss herausgeben zu wollen.

8

Am 22.12.2009 fand auf Anordnung des Amtsgerichts Braunschweig (Durchsuchungsbeschluss vom 16.12.2009, Az.: 3 Gs 3041/09) eine unangekündigte Durchsuchung des Wohnhauses des Klägers zur Auffindung des besagten "Jagdgewehrs (Bockbüchsflinte) Sauer Luxus"... statt. Dabei wurde in Abwesenheit des Klägers im Kleiderschrank auf der Hutablage zwischen Wäschestücken der Schlüssel für den daneben stehenden Waffen-Stahlschrank gefunden. Darin befanden sich die gesuchte "Tatwaffe" und die weiteren in der Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffen des Klägers. Letztgenannte Waffen und die im oberen, separat verschlossenen Fach des Waffenschranks befindliche Waffenbesitzkarte stellte der bei der Durchsuchung als Zeuge anwesende Mitarbeiter des Beklagten sicher. Außerdem fanden die Polizeibeamten im Waffenschrank lose Patronen, die von den Langwaffen nicht getrennt gelagert waren sowie weitere Munition im und auf dem Kleiderschrank des Klägers. Diese wurde von der Polizei zusammen mit der "Tatwaffe" beschlagnahmt.

9

Mit Bescheid vom selben Tag, dem 22.12.2009 untersagte der Beklagte dem Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung den Besitz der in seiner Waffenbesitzkarte eingetragenen Schusswaffen nebst Munition sowie den Besitz und Erwerb erlaubnisfreier Waffen und Munition. Außerdem verfügte er die sofortige Sicherstellung von vier Waffen und der Waffenbesitzkarte des Klägers. Zur Begründung führte er aus, die Reaktion des Klägers bei der Polizei habe gezeigt, dass er "möglicherweise charakterlich ein bedenkliches Verhältnis zu Waffen" habe. Die Bedenken an seiner charakterlichen Eignung würden verstärkt, weil er seinem minderjährigen Sohn den Umgang mit Waffen ermöglicht habe. Das ausgesprochene Waffenbesitzverbot sei vorläufig, die weitere Überprüfung der Zuverlässigkeit und persönlichen Eignung des Klägers werde später erfolgen. Die sofortige Sicherstellung der Waffen und der Waffenbesitzkarte solle die Effektivität des ausgesprochenen Besitzverbotes gewährleisten.

10

Am 22.01.2010 hat der Kläger Klage gegen den Bescheid des Beklagten erhoben. Er bezieht sich auf seinen bisherigen Vortrag.

11

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 22.12.2009 aufzuheben.

12

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

13

und bezieht sich zur Begründung auf den angegriffenen Bescheid.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 22.12.2009, mit dem er ein vorläufiges Waffenbesitzverbot ausgesprochen und die sofortige Sicherstellung der beim Kläger vorhandenen Waffen sowie seiner Waffenbesitzkarte verfügt hat, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

16

Rechtsgrundlage für die Untersagung des Waffen- und Munitionsbesitzes sowie des Erwerbs von Waffen und Munition ist bei Waffen und Munition, deren Erwerb erlaubnisfrei ist, § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaffG. Für die Untersagung des Besitzes erlaubnispflichtiger Waffen und Munition ist Rechtsgrundlage § 41 Abs. 2 WaffG. Voraussetzung beider Maßnahmen ist u.a., dass das Verbot zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit geboten ist. Hiervon ist auszugehen, wenn im konkreten Einzelfall durch den fortdauernden Besitz der Waffen eine nicht hinnehmbare Gefahrensituation entstehen würde, z.B. wenn der Waffenbesitzer besonders leichtfertig mit Waffen umgegangen ist, Waffen an Nichtberechtigte überlassen hat und/oder Eigenschaften aufweist, die ihn für die übrige Bevölkerung als gefährlich erscheinen lassen.(vgl. Papsthart in: Steindorf/Heinrich/Papsthart, Waffenrecht 9. Auflage, § 41 WaffG Rn. 4 und 9). Von einer nicht hinnehmbaren Gefahrenlage bei einem weiter andauernden Waffenbesitz des Klägers ist hier aufgrund seines bisherigen Verhaltens auszugehen.

17

Der Beklagte hat im angegriffenen Bescheid zutreffend ausgeführt, dass der Kläger seinem Sohn eine Langwaffe unter Verstoß gegen § 2 Abs. 1 WaffG überlassen hat. Selbst wenn berücksichtigt wird, dass diese Waffe nicht geladen war und dem Kind nur für das Foto in die Hand gegeben wurde, so hat der Beklagte dem Kläger zutreffend weiter vorgehalten, dass er mangels gültigem Jagdschein seit dem 01.04.2007 nicht mehr berechtigt war, eine Waffe zu führen. Nach § 10 Abs. 4 WaffG darf nur derjenige eine Waffe bei sich führen, der einen Waffenschein besitzt. Eine Ausnahme gilt nach § 13 Abs. 6 WaffG für Jäger, denen das Führen von Jagdwaffen zur befugten Jagdausübung gestattet ist. Diese Freistellung erfasst aber nur den Inhaber eines gültigen Jagdscheins i. S. des § 15 Abs. 1 BJagdG und somit nicht mehr den Kläger. Deshalb hat er nicht nur die Waffe (kurzfristig) einem Nichtberechtigten überlassen, sondern diese Waffe auch unbefugt bei sich geführt. Er wurde deshalb durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Goslar vom 22.04.2010 zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 10 EUR verurteilt (22 Cs 300 Js 61941/09).

18

Soweit der Kläger mehrfach erklärt hat, nicht gewusst zu haben, dass er die ungeladene Waffe wegen der Ungültigkeit seines Jagdscheins nicht mehr habe bei sich führen dürfen und meint, der Beklagte habe versäumt, ihn darauf hinzuweisen, entlastet ihn dies nicht. Zwar hätte der Beklagte ihn schon am 14.08.2008, als er ihn wegen der Patrone in der Hosentasche seines Sohnes ermahnte, künftig gewissenhaft mit seinen Waffen und seiner Munition umzugehen, darauf hinweisen können, dass nach § 13 WaffG kein Bedürfnis zum Waffenbesitz mehr bestand, weil der Kläger schon damals nicht mehr im Besitz eines gültigen Jagdscheins war. Andererseits musste die Beklagte nicht zwingend tätig werden, zumal § 45 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt WaffG auch die Möglichkeit vorsieht, dass die Behörde bei einem vorübergehenden - nach 2. Alt. sogar bei endgültigem - Wegfall des Bedürfnisses von einem Widerruf der Waffenbesitzkarte absehen kann. Hierbei handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift, die gerade zugunsten einer Person zur Anwendung kommen kann, die - wie der Kläger - über viele Jahre hinweg die Jagd ausgeübt hat (vgl. Papsthart in: Steindorf/Heinrich/Papsthart, a.a.O. § 45 Rn. 12).

19

Unabhängig von der Frage, weshalb der Beklagte dem Kläger nicht mitgeteilt hat, dass sein Bedürfnis zum Waffenbesitz entfallen ist, ist von einem gewissenhaften Jäger zu erwarten, dass er die Gültigkeitsdauer seines Jagdscheins genau kennt und weiß, dass er ohne Jagdschein eine Waffe nicht bei sich führen darf. Grundkenntnisse des Jagd- und Waffenrechts sind eine der Voraussetzungen für das Bestehen der Jägerprüfung, die deshalb auch als Wissen beim Kläger vorauszusetzen sind. Dasselbe gilt für die Kenntnis des Unterschiedes zwischen einer "nicht gebrauchsfertigen" und einer "nicht geladenen" Waffe sowie dem bei einem (langjährigen) Jäger vorauszusetzenden Wissen, dass er ohne Jagdschein die Waffe lediglich in nicht gebrauchsfertigem Zustand im Futteral transportieren darf, etwa auf dem Weg zum Waffenhändler oder zum Ordnungsamt.

20

Zu berücksichtigen ist weiter das Verhalten des Klägers am 08. und am 09.12.2009 auf der Polizeidienststelle in F. aus Anlass seiner Vernehmung als Beschuldigter. Nach den Berichten des POK G. war der Kläger sehr uneinsichtig und verhielt sich cholerisch. Da der Kläger die "Tatwaffe" nicht freiwillig herausgeben wollte, befürchtete POK G., der Kläger wolle diese Waffe verstecken (ihm seien seine Waffen offensichtlich sehr wichtig) und hielt aufgrund der ihm gegenüber gezeigten Verhaltensweise "höchste Eile" für geboten. Selbst wenn menschlich verständlich ist, dass der Kläger sich über die schwerwiegenden Konsequenzen, die er mit der Aufnahme der "Erinnerungsfotos" von seinem Sohn mit der Waffe verursacht hat, ärgert und diese ihm überzogen erscheinen, rechtfertigt dies nicht das beschriebene Verhalten auf der Polizeidienststelle. Vielmehr muss von einem verantwortungsvollen Waffenbesitzer erwartet werden, dass er auch in solch einer für ihn unangenehmen und möglicherweise ungerecht erscheinenden Situation Einsicht zeigt und in der Lage ist, sich zu beherrschen.

21

Hinzu kommt letztlich das Ergebnis der Durchsuchung der Wohnräume des Klägers. Nur ein Teil der Munition war ordnungsgemäß im zusätzlichen Fach des Waffenschrankes gelagert. Munition war auch im Kleiderschrank und in dem Teil des Waffenschranks verstreut, in dem die Langwaffen gelagert wurden. Mit dem Zugriff auf die Waffen wäre automatisch der Zugriff auf die Munition gegeben gewesen. Damit hat der Kläger vor allem gegen das Gebot der getrennten Aufbewahrung von Schusswaffen und Munition verstoßen (§ 36 Abs. 1 Satz 2 WaffG). Mit dieser wichtigen Bestimmung soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die latente Gefährlichkeit der Schusswaffe erst dadurch zu einer akuten Gefahr wird, dass aufgrund der Munitionierung eine sofortige Schadensverursachung ermöglicht wird (vgl. Steindorf/Heinrich/Papsthart, § 36 WaffG Rn. 5). Der Verstoß des Klägers hiergegen wiegt deshalb besonders schwer, zumal er den Schlüssel für den Waffenschrank in dem daneben befindlichen Kleiderschrank aufbewahrt hat und somit Unbefugten wie seinem minderjährigen Kind ein Zugriff leicht möglich gewesen wäre. Dass Waffen auf kleine, auch gewaltfrei erzogene Jungen eine besondere Faszination ausüben, ist allgemein bekannt. Da der Kläger selbst angegeben hat, dass sein Sohn, der bei ihm ohne Fernseher lebt, sich für Wald, Feld und Jagd interessiert, ist nicht auszuschließen, dass der H. Junge in einer unbeaufsichtigten Situation aus kindlicher Neugier nach dem Schlüssel sucht, den Waffenschrank öffnet und mit den Waffen nebst Munition "spielt". Diese Gefahr ist nicht hinnehmbar.

22

Rechtsgrundlage für die sofortige Sicherstellung von vier Waffen und der Waffenbesitzkarte des Klägers ist § 46 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WaffG. Danach kann die zuständige Behörde Erlaubnisurkunden und Waffen im Falle eines vollziehbaren Verbots nach § 41 Abs. 1 oder 2 WaffG sofort sicherstellen. Ein vollziehbares Verbot nach § 41 Abs. 1 und 2 WaffG liegt hier vor, denn der Beklagte hat insoweit die sofortige Vollziehung angeordnet. Die Sicherstellung ist in derartigen Fällen regelmäßig als "begleitende Sicherungsmaßnahme" angebracht (Papsthart in: Steindorf/Heinrich/Papsthart, § 46 WaffG Rn. 10) und dient - wie der Beklagte zutreffend im angegriffenen Bescheid ausgeführt hat - der "Effektivität" des ausgesprochenen Waffenbesitzverbotes. Aus den vorgenannten Gründen, die das Verbot nach § 41 Abs. 1 und 2 WaffG rechtfertigen ist auch die Sicherstellungsanordnung rechtlich nicht zu beanstanden.

23

Das Gericht hält es schließlich auch nicht für rechtsfehlerhaft, dass der Beklagte hier zunächst ein umfassendes Waffenbesitzverbot ausgesprochen hat, obgleich er voraussichtlich nach § 45 Abs. 2 WaffG auch die Waffenbesitzkarte widerrufen muss. Zwar kommt § 41 Abs. 2 WaffG grundsätzlich nur eine lückenschließende Funktion zu. Hier ist die Beklagte jedoch unter Berufung auf die besondere persönliche und familiäre Situation des Klägers (alleinerziehend nach Scheidung) zugleich nach der weitergehenden Regelung in § 41 Abs. 1 Nr. 1 WaffG vorgegangen und hat auch ein Verbot aller nicht erlaubnispflichtigen Waffen ausgesprochen. Da der Kläger - wie oben ausgeführt - seine Waffe an einen Nichtberechtigten überlassen hatte und er aufgrund seines bisheriges Verhaltens einen unbeherrschten und - soweit es um seine Waffen geht - uneinsichtigen und teilweise verantwortungslosen Eindruck gemacht hat, durfte die Beklagte das umfassende Waffenbesitzverbot aussprechen, obgleich der Kläger im Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch nicht rechtskräftig wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz verurteilt war (vgl. dazu: Papsthart in: Steindorf/Heinrich/Papsthart, a.a.O. § 41 Rn. 4).

24

Im konkreten Fall war das für sofort vollziehbar erklärte umfassende Waffenbesitzverbot in Verbindung mit der Sicherstellung der Waffenbesitzkarte und der vier Waffen die am schnellsten umsetzbare Maßnahme, die der Beklagte ergreifen konnte. Auf diese Weise hat er Zeit gewonnen, die Zuverlässigkeit und persönliche Eignung des Klägers nach §§ 5 und 6 WaffG im Verfahren nach § 45 Abs. 2 und 3 WaffG umfassend zu prüfen, um sodann eine endgültige Entscheidung über den Widerruf der Waffenbesitzkarte treffen zu können.

25

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus§§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.

26

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.

27

Dabei hat das Gericht das Waffenbesitzverbot im Hinblick auf die Vorläufigkeit der Maßnahme mit dem halben Auffangwert (2.500 EUR) angesetzt.

28

Hinsichtlich der Sicherstellung der Waffenbesitzkarte und der vier Waffen orientiert sich das Gericht am Streitwert für den Widerruf einer Waffenbesitzkarte und setzt auch hier wegen der Vorläufigkeit nur die Hälfte an. Nach dem Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 09.01.2009 (Az.: 11 0A 409/08) wird für die Festsetzung des Streitwerts unabhängig von der Zahl der Waffenbesitzkarten der Auffangwert von 5.000,00 EUR zugrunde gelegt. In diesem Auffangwert ist zugleich die erste eingetragene Waffe enthalten; alle weiteren Waffen sind mit jeweils 750 EUR anzusetzen. Daraus ergibt sich hier ein Betrag 7.250 EUR, der zu halbieren ist (3.625 EUR).

29

Rechtsmittelbelehrung:

30

Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie vom Gericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Fragen zugelassen worden ist

31

.....

Düfer