Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 02.02.1994, Az.: 2 WF 5/94

Anwaltszwang im Beschwerdeverfahren im Rahmen einer selbstständigen Familiensache; Qualifizierung des Abänderungsverfahrens nach § 17 Hausratsverordnung (HausratsVO) als selbstständige Familiensache; Entscheidung über die Verlängerung einer Räumungsfrist im Verfahren über die Zuweisung einer Ehewohnung; Ermittlung der Verfahrenskosten eines Abänderungsverfahrens

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
02.02.1994
Aktenzeichen
2 WF 5/94
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1994, 23229
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:1994:0202.2WF5.94.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Wolfsburg - 21.12.1993 - AZ: 19 F 265/86

Verfahrensgegenstand

Ehewohnungszuweisung

Verlängerung der Räumungsfrist

In der Familiensache
hat der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig
durch
die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ... sowie
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
am 02. Februar 1994
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts Wolfsburg vom 21.12.1993 wird in der Hauptsache zurückgewiesen.

Jedoch wird die Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses dahin abgeändert, daß der Antragsteller die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt und außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt; außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.

Der Beschwerdewert wird auf 1.000,00 DM festgesetzt.

Gründe

1

1.

Die Beschwerde ist zulässig. Der Sache nach handelt es sich um eine befristete Beschwerde nach § 621 e Abs. 1 ZPO, die die Antragsgegnerin durch einen nicht beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt einlegen konnte; denn nach § 78 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO besteht im Beschwerdeverfahren kein Anwaltszwang, weil der angefochtene Beschluß seinem Gegenstand nach in einer selbständigen Familiensache ergangen ist.

2

Wie die Antragsgegnerin in der Beschwerdeschrift zutreffend anführt, ist über die Gewährung einer Räumungsfrist im Verfahren über die Zuweisung einer Ehewohnung nach § 15 HausratsVO zu entscheiden (OLG München FamRZ 1978, 196, 197; OLG Stuttgart FamRZ 1980, 467; Johannsen/Henrich-Voelskow, Eherecht, 2. Aufl. 1991, § 15 HausratsVO Rdnr. 1; Fehmel, HausratsVO, § 15 Rdnr. 6). Wird dann, wie hier, die Verlängerung der ursprünglich bewilligten Frist beantragt, so ist hierüber ebenfalls nicht nach § 721 ZPO i.V.m. § 16 Abs. 3 HausratsVO zu befinden, sondern in dem in der Hausrats-VO für die nachträgliche Abänderung getroffener Entscheidungen ausdrücklich vorgesehenen Verfahren nach § 17 Abs. 1 HausratsVO (OLG München a.a.O.; OLG Stuttgart a.a.O.; OLG Karlsruhe Justiz 1979, 438; Voelskow a.a.O.; Fehmel a.a.O. Rdnr. 5). Das Abänderungsverfahren nach § 17 HausratsVO ist als selbständige Familiensache zu behandeln. Denn das als Folgesache geführte Wohnungszuweisungsverfahren war mit der im Ehescheidungsurteil getroffenen und inzwischen rechtskräftigen Entscheidung abgeschlossen; wird aber in einem gesonderten Verfahren eine wenn auch nur punktuelle Abänderung einer früheren Scheidungsfolgenentscheidung begehrt, handelt es sich dabei (wie auch in den Fällen der §§ 1696 BGB, 10 a VAHRG) um ein selbständiges Verfahren im Rahmen einer isolierten Familiensache. Da für die Verfahrensart der Gegenstand des Verfahrens entscheidend ist, ist unerheblich, daß das Amtsgericht den Fristverlängerungsantrag als unselbständiges Nebenverfahren angesehen und unter dem Aktenzeichen der Folgesache Wohnungszuweisung weitergeführt hat. Für die Parteibezeichnungen sind daher nicht die Parteirollen des Ehescheidungsverfahrens maßgebend; vielmehr ist der jetzt geschiedene Ehemann Antragsteller und die geschiedene Ehefrau Antragsgegnerin des Verfahrens über die Fristverlängerung.

3

Die Entscheidung im Abänderungsverfahren nach § 17 HausratsVO, auch wenn es nur um die Verlängerung einer Räumungsfrist geht, ist eine Endentscheidung i.S.d. § 621 e Abs. 1 ZPO, so daß die befristete Beschwerde das gegebene Rechtsmittel ist (so auch OLG München a.a.O.; OLG Karlsruhe a.a.O.; Mü-Ko ZPO-Klauser, § 621 e Rdnr. 5; Zöller-Philippi, ZPO, 18. Aufl. 1993, § 621 e Rdnr. 3; Voelskow a.a.O., § 621 e Rdnr. 3; Fehmel a.a.O., § 15 Rdnr. 7).

4

2.

Die danach zulässige Beschwerde ist jedoch lediglich im Kostenpunkt begründet.

5

a.

Die Voraussetzungen des § 17 HausratsVO für eine Abänderung der über die Räumungsfrist getroffenen Entscheidung liegen schon deswegen vor, weil die Räumungsentscheidung erst am 19.11.1993 rechtskräftig und damit nach § 16 Abs. 1 S. 1 HausratsVO auch erst wirksam geworden ist; somit war die Frist schon abgelaufen, ehe die Auszugsverpflichtung des Antragstellers aufgrund der Räumungsentscheidung überhaupt entstanden war. Im Rahmen des Abänderungsverfahrens durfte das Amtsgericht auch berücksichtigen, daß es für den Antragsteller in der gegenwärtigen Wohnungssituation und bei seiner Arbeitslosigkeit schwerfiel, eine eigene Wohnung zu finden. Zutreffend hat das Amtsgericht darauf abgestellt, daß dem Antragsteller kein Vorwurf daraus gemacht werden kann, daß er nicht schon vor Ergehen der Räumungsentscheidung sich um eine andere Wohnung bemüht hat. Auch wenn die Erfolgsaussichten im Wohnungszuweisungsstreit gering waren, durfte der Antragsteller die Gerichtsentscheidung abwarten; außerdem stand es ihm frei, innerhalb eines Monats nach Zustellung noch Beschwerde gegen die Räumungsentscheidung einzulegen. Unter den gegebenen Umständen liegt die Dauer der Räumungsfrist bis zum 01.04.1994, auf die das Amtsgericht nunmehr erkannt hat, im Bereich des Vertretbaren, zumal in dem angefochtenen Beschluß deutlich gemacht ist, daß eine weitere Verlängerung nicht mehr in Betracht kommt.

6

b.

Die angefochtene Entscheidung ist im Kostenpunkt abzuändern. Über die Verfahrenskosten ist nach § 20 HausratsVO zu entscheiden. Im Hinblick darauf, daß die Verlängerung der Räumungsfrist allein dem Interesse des Antragstellers dient, erscheint es angemessen, daß er die Gerichtskosten des Verlängerungsverfahrens (vgl. § 21 Abs. 1 S. 1 u. 2 HausratsVO) trägt. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten bleibt es bei dem Grundsatz, daß in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Regel keine Erstattung stattfindet; dies erscheint dem Senat auch für das Beschwerdeverfahren angezeigt. Die Antragsgegnerin hat allerdings, da ihre Beschwerde in der Hauptsache ohne Erfolg bleibt, die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

7

3.

Der Beschwerdewert wird entsprechend dem vom Amtsgericht angenommenen Geschäftswert auf 1.000,00 DM festgesetzt; auch im Rahmen des § 21 Abs. 2 HausratsVO ist der vom Amtsgericht hervorgehobene Gesichtspunkt zu berücksichtigen, daß im vorliegenden Verfahren lediglich um die Verlängerung der Räumungsfrist gestritten wurde.

Streitwertbeschluss:

Der Beschwerdewert wird auf 1.000,00 DM festgesetzt.