Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.09.1991, Az.: 4 L 261/89

Eingliederungshilfe; Hilfe zur Überwindung sozialer Schwierigkeiten; Gesundheitszustand; Sozialhilfe; Betreutes Wohnen; Behinderte

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
11.09.1991
Aktenzeichen
4 L 261/89
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1991, 13104
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1991:0911.4L261.89.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig - 28.09.1989 - AZ: 4 A 1/88
nachfolgend
BVerwG - 24.02.1994 - AZ: BVerwG 5 C 42.91

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 4. Kammer - vom 28. September 1989 wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000,-- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

1

Die im Jahre 1966 geborene Klägerin hielt sich von März 1982 bis Mai 1983 in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Georg-August-Universität Göttingen auf. Seit März 1983 wird sie im VSE-Jugendwohnprojekt Braunschweig des Verbundes sozialtherapeutischer Einrichtungen e.V. betreut. Die Hilfe finanzierte der Beklagte für die Zeit von Juni 1985 bis Februar 1987. Den Antrag, ihr die Hilfe weiterzugewähren, lehnte die im Auftrage des Beklagten handelnde Stadt Wolfsburg mit Bescheid vom 15. April 1987 ab. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 1987 zurück, weil sich die Klägerin nicht in einer Einrichtung befinde, wie sie § 100 BSHG bezeichne; eine Einrichtung sei nämlich dann nur vorhanden, wenn der Träger mehr als nur eine funktionale Einheit organisiere. Es müsse sich auch um eine räumliche Einheit handeln.

2

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 28. September 1989 stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, Hilfe für die Zeit vom 1. März 1987 bis zum 31. Juli 1987 zu gewähren.

3

Mit seiner Berufung vertieft und verteidigt der Beklagte seine im Verwaltungsverfahren und vor dem Verwaltungsgericht vorgetragenen Erwägungen.

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Er beantragt,

5

das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichtes.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung ist nicht begründet.

11

Die Klägerin erhielt in der Zeit von März 1987 bis Juli 1987 Hilfe in einer Einrichtung im Sinne von § 100 Abs. 1 (Nr. 1 oder Nr. 5) BSHG. Der Senat läßt offen, ob die Hilfe als Eingliederungshilfe (§§ 39 f. BSHG) oder Hilfe zur Überwindung sozialer Schwierigkeiten (§ 72 BSHG) einzuordnen ist, weil zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, daß die Klägerin wegen ihres Gesundheitszustandes Hilfe benötigte, um am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen, und sie nach der Auffassung des Senates so intensiver Hilfe bedurfte, daß sie diese nur in einer Einrichtung erfahren konnte.

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Was unter Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen zu verstehen ist, hat der Senat in einer Reihe von Entscheidungen entwickelt und jüngst in seinem Urteil vom 14. November 1990 (4 L 122/89) seine Rechtsprechung zusammenfassend dargestellt.

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"Anstalten und Heime sind nach ihrem Wortsinn und nach dem gesetzlichen Regelungszusammenhang Einrichtungen, in denen persönliche und sachliche Mittel zu Zwecken u.a. von Maßnahmen der Eingliederungshilfe zusammengefaßt sind. Ihre Ausstattung und ihr Betrieb sind bedingt durch die Intensität oder die Dauer der zweckentsprechenden Pflege- und Eingliederungsmaßnahmen. Das Bundesverwaltungsgericht hat Intensität und Dauer der Hilfsmaßnahmen als Merkmale von Bildungseinrichtungen für Blinde hervorgehoben (s. Urt. v. 22. Mai 1975 in FEVS Bd. 22 S. 403, 406; Urt. v. 26. Okt. 1978 in FEVS Bd. 27 S. 133 ff). Anstalten und Heime dienen im Gegensatz zu den teilstationären Einrichtungen der vollständigen Unterbringung und Versorgung sowie der Kontrolle, Beaufsichtigung oder sonstigen Betreuung der hilfsbedürftigen Personen bei Tag und Nacht. Betreuungspersonal ist ständig anwesend, die Versorgung der Insassen organisiert. Der Anstaltsbetrieb steht unter einer verantwortlichen Leitung. Von ihrem Zweck her sind Anstalten und Heime für einen individuell nicht festgelegten Personenkreis gedacht, für den Platz vorgehalten wird (s. Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 12. Aufl., RdNr. 40 ff zu § 103, RdNr. 21 zu § 100). Durch den organisatorischen, sachlichen und persönlichen Aufwand ist die Gründung, Unterhaltung und der Betrieb dieser Einrichtung im allgemeinen auf Dauer mit besonders hohen Kosten verbunden, die die meisten örtlichen Träger der Sozialhilfe nicht aufbringen können. Anstalten und Heime haben deshalb in der Regel einen überörtlichen Einzugsbereich. Aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe festgelegt (Amtliche Begründung des Gesetzes, abgedruckt bei Jehle/Schmitt, BSHG, 1981, Anm. 1 zu § 100). Von diesem Motiv des Gesetzgebers ausgehend ist unter einer "gleichartigen Einrichtung" eine den Anstalten und Heimen nach Kostenaufwand und Betriebsform vergleichbare Einrichtung zu verstehen, in der Hilfsbedürftige vollstationär betreut werden. Dazu mögen spezielle Einrichtungen zur Rehabilitation von seelisch Behinderten gehören. Knopp/Fichtner (BSHG, 5. Aufl., RdNr. 13 zu § 103) führen beispielhaft Übergangsheime für seelisch Behinderte (Geisteskranke) an, und Schellhorn/Jirasek/Seipp (aaO) zählen dazu Ferienlager für Behinderte, die die Zielsetzung haben, zur psychischen und physischen Rehabilitation beizutragen, insbesondere ihr Selbstvertrauen in der Begegnung mit Nichtbehinderten zu stärken.

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In seinem Beschluß vom 15. August 1988, mit dem er der Klägerin für den ersten Rechtszug in vollem Umfang Prozeßkostenhilfe gewährt hat, hat der Senat hierzu dargelegt:

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Hiervon ist die Wohngemeinschaft abzugrenzen, die - idealtypisch gesehen - eine sich selbst tragende unabhängige Gemeinschaft ist, die in ihrem Bestand, ihrer Zusammensetzung und der Regelung ihres Zusammenlebens von dritten, nicht zur Wohngemeinschaft zählenden Personen unabhängig ist und Art, Dauer und Inhalt sowie Ziel des gemeinschaftlichen Zusammenlebens durch mündliche oder schriftliche Vereinbarungen festlegt. Es handelt sich also um eine selbständige und von einem Dritten unabhängige Gruppe, die alle das Zusammenleben betreffenden Fragen eigenverantwortlich entscheidet und autonom über ihre Betreuung bestimmt sowie die gemeinsamen finanziellen Mittel eigenständig verwaltet.

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Diese - wie erwähnt idealtypische - Definition erfährt in der Praxis der Träger der Sozialhilfe Abstriche, wie dem Senat bekannt ist. So verlangt beispielsweise die Mehrzahl der Träger der Sozialhilfe bei dem "betreuten Wohnen" die Hilfe eines Trägervereins, der die Wohnungen für die Hilfeempfänger mietet. Gleichwohl ist die genannte Definition nützlich, um die Wohngemeinschaft von anderen Formen des Zusammenlebens abzugrenzen. Nach der Empfehlung der Arbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe vom 12. März 1987 (ZfF 1988, 78) ist unter der Wohngemeinschaft das Zusammenleben von mehreren Personen zu verstehen, die sich zu dieser Form des Zusammenlebens in Selbstverantwortung für die Regelung der eigenen Angelegenheiten zusammengeschlossen haben und die die Angelegenheiten des täglichen Lebens eigenverantwortlich regeln. Maßgebend wird im Einzelfall sein, in welchem Umfang das Mitglied einer Gemeinschaft sein Leben ohne den Einfluß Dritter gestalten darf. Die Empfehlung, auf deren Nr. I 6 und II 3. der Beklagte in dem Rundschreiben vom 9. Oktober 1987 (Nr. 17/87) Bezug nimmt, rechnet dagegen zutreffend (s.o.) die Außenstelle eines Heimes den Einrichtungen im Sinne von § 100 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 103 Abs. 4 BSHG zu und versteht darunter eine dem Heim organisatorisch zugeordnete betreute Wohneinrichtung des Heimes für regelmäßig mehrere Behinderte, die im Rahmen der Zweckbestimmung der Kerneinheit liegt und deren Bewohner das umfassende Förderungsangebot eines Wohnheims zwar auch regelmäßig und nicht nur gelegentlich, jedoch nur in Teilbereichen benötigen. Das Personal der Außenstelle stellt der Träger der Gesamteinrichtung; über die Aufnahme der Hilfeempfänger in die Außenstelle und ihre Entlassung entscheidet der Träger, der auch Zielsetzung und Durchführung der Unterbringung und Betreuung der Hilfeempfänger bestimmt.

17

Diese Überlegungen im Beschluß vom 15. August 1988 bedürfen der Weiterentwicklung und Ergänzung. Insoweit kann der Senat auf sein Urteil vom 10. Oktober 1990 - 4 OVG A 92/88 - zurückgreifen. Das bedeutet zunächst, daß die Begriffe "Heim, Anstalt" und "gleichartige Einrichtung" nichts unterschiedliches meinen, also dieselbe Bedeutung haben; § 100 Abs. 1 Nr. 1 BSHG wiederholt die Begriffe autologisch und bekräftigend (Bräutigam in Knopp/Fichtner, BSHG, 6. Aufl. RdNr. 16 zu § 100; RdNr. 27 zu § 103), sie werden dort aber nicht (legal-)definiert. Das erfordert es, auf das Bild der Institution zurückzugreifen, wie es sich in der sozialen Wirklichkeit zeigt. Deshalb legt das Bundesverwaltungsgericht aus heutiger Sicht in seinem Urteil vom 22. Mai 1975 (BVerwGE 48, 228 = FEVS 22, 403) bei der Auslegung der Worte "Anstalt, Heim oder gleichartige Einrichtung" zu starkes Gewicht auf die "Aufnahme in ein Gebäude oder irgendeine andere Räumlichkeit". Dem ist entgegenzuhalten, daß das, was unter einem gesetzlichen Begriff zu verstehen ist, den sich wandelnden Anschauungen der Gesellschaft unterliegt (BVerwG, Urt. v. 5. Okt. 1972, BVerwGE 41, 26), und daß die hier zu betrachtenden Begriffe nicht ohne Bezug zu der Entwicklung bei der Betreuung des in § 100 BSHG genannten Personenkreises ausgelegt werden können. Aus diesem Grunde sind Vorstellungen, die an die Aufnahme in ein Krankenhaus (so das Bundesverwaltungsgericht aaO) anknüpfen, nicht mehr zeitgerecht. Das wird bereits aus der Empfehlung der Arbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe vom 12. März 1987 (aaO) deutlich. Diese Empfehlung, die den Stand der Entwicklung aus der Sicht der Träger der Sozialhilfe wiedergibt, trennt sich bereits von der Auffassung, es könne entscheidend darauf abgestellt werden, die Aufnahme in eine Einrichtung im Sinne von § 100 Abs. 1 BSHG sei der Aufnahme in ein Krankenhaus gleichzusetzen. So sind in dieser Empfehlung bereits Außenstellen als dem Heim organisatorisch zugeordnete betreute Wohneinrichtungen genannt, die Teil eines Heimes sein können. Verstärkt wird diese Überlegung durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift (BT-Drucks. III/1799). Der Gesetzgeber hat nämlich die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe deshalb festgelegt, weil der Aufwand für Gründung, Unterhaltung und Betrieb dieser Einrichtungen im allgemeinen auf die Dauer mit besonders hohen Kosten verbunden ist, welche die meisten örtlichen Träger der Sozialhilfe nicht aufbringen können; Anstalten und Heime haben in der Regel einen überörtlichen Einzugsbereich. Der Entstehungsgeschichte des Zweiten Änderungsgesetzes zum Bundessozialhilfegesetz, das § 100 Abs. 1 Satz 1 BSHG auf "Einrichtungen zur teilstationären Betreuung" erweiterte, ist anderes nicht zu entnehmen. Mit dieser Bestimmung wollte der Gesetzgeber die Anstalten ohne geschlossenen Charakter berücksichtigen (BT-Drucks. V/3495), hingegen nicht den Begriff der Einrichtung definieren (auch der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge ist für eine funktionelle Betrachtung eingetreten, NDV 1966, 247). Legt man dies zugrunde, so ist der Begriff "Heim, Anstalt oder gleichartige Einrichtung" im Sinne von § 100 Abs. 1 BSHG dahin zu verstehen, daß es sich um eine Zusammenfassung von persönlichen und sachlichen Mitteln handeln muß, die auf eines der in § 100 Abs. 1 BSHG genannten Ziele ausgerichtet ist und innerhalb dieses Zieles für eine intensive Betreuung der ihr anvertrauten Personen sorgt. Eine räumliche Einheit, etwa im Sinne eines Krankenhauses oder einer Klinik, ist nicht erforderlich. Das Schwergewicht ist vielmehr in der organisatorischen Einheit zu sehen. Bedacht muß allerdings werden, daß der besondere institutionelle Charakter von Anstalten und Heimen (vgl. Kreikebohm, Die Einrichtungsbegriffe im Bundessozialhilfegesetz, RsDE Heft 6, S. 1 ff) noch eine räumliche Bezogenheit fordert. Ihr ist aber genügt, wenn die Räume, in denen sich der oder die Bewohner vornehmlich aufhalten, in der Sachherrschaft des Trägers der Einrichtung stehen. Zugleich ist damit gesagt, daß es entgegen der Auffassung des Bad.-Württ. Verwaltungsgerichtshofs (Beschl. v. 8. Juli 1988 - 6 S 1130/88 -) nicht erforderlich ist, daß der Hilfeempfänger ausschließlich in der Wohnung, in der er lebt, betreut wird; "Gruppenaktivitäten" dürfen auch in anderen Teilen der Einrichtung stattfinden. Auch kommt es nicht mehr auf eine "jederzeitige Rücknehmbarkeit" der Bewohner in das Stammhaus an, wie der Bad.-Württ. Verwaltungsgerichtshof (aaO) meint. In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, daß nach Auffassung des Senates (vgl. Beschl. v. 15. Aug. 1988) § 103 Abs. 4 BSHG ohnehin nicht für die Auslegung von § 100 Abs. 1 BSHG heranzuziehen ist."

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Nach diesen Maßstäben hielt sich die Klägerin in dem zu betrachtenden Zeitraum in einer Einrichtung im Sinne von § 100 Abs. 1 BSHG auf. Bedacht muß allerdings werden, ob dem erforderlichen institutionellen Charakter im Hinblick auf die räumliche Einheit noch genügt ist. Dies ist der Fall. Es steht ein örtliches zentrales Büro zur Verfügung; diesem Büro sind Wohnungen zugeordnet, die das Jugendwohnprojekt im eigenen Namen gemietet hat. Das Konzept, nach dem die Klägerin betreut wird, sieht eine intensive Betreuung vor. Auch ist das Projekt "mobile Betreuung" auf Dauer angelegt und vom Wechsel der Betreuten unabhängig. Dieses Merkmal der Kontinuität ist auch im "Räumlichen" begründet. Das "Betreuungsbüro" mit Gemeinschaftsraum, Küche mit Waschmaschine, Schleuder, Trockner, Herd sowie Kühlschrank zeigt, daß das Jugendwohnprojekt so organisiert ist wie ein Heim mit Wohngruppen; eine solche Organisation ist aber auch nach Auffassung des Beklagten eine Einrichtung im Sinne von § 100 Abs. 1 BSHG.

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Der Senat sieht sich nicht veranlaßt, auf weitere Einzelheiten einzugehen. Folgt man nämlich der Auslegung des § 100 BSHG, wie sie der Senat für richtig - der Beklagte aber für unrichtig - hält, so ergibt sich wegen der geringeren Bedeutung der räumlichen Einheit, daß Organisationen der eben beschriebenen Art Einrichtungen im Sinne des § 100 BSHG sind.

20

Die gemäß § 100 BSHG erforderliche Eignung des Trägers der Einrichtung ist auch nicht im Hinblick auf § 6 Heimgesetz zu bezweifeln (sofern die Einrichtung dem Heimgesetz unterfällt). Allerdings ist dem Verein eine Erlaubnis zum Betrieb eines Heimes nicht erteilt worden. Der Senat meint aber, daß der Verein, der dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband angehört, einer solchen Erlaubnis nicht bedarf, wie aus § 6 Abs. 1 Satz 1 Heimgesetz hervorgeht. Der Senat versteht diese Vorschrift dahin, daß von der Erlaubnispflicht die rechtsfähigen Untergliederungen der in § 10 Abs. 1 BSHG genannten Verbände ausgenommen sind (vgl. Wiedemann in Kunz/Ruf/Wiedemann, Heimgesetz, 5. Aufl., RdNr. 8 zu § 6). Diese Auslegung entnimmt der Senat dem Wortlaut und Sinn der Vorschrift. Wegen der Sachkunde und der Zuverlässigkeit der eben genannten Verbände hält es der Gesetzgeber nicht für erforderlich, diese dem Vorbehalt des § 6 Heimgesetz zu unterstellen. Diese Überlegung gilt folgerichtig auch für die Untergliederungen solcher Verbände, da der "Dachverband" die Solidität der Mitgliedsverbände sichert. Angezeigt (§ 7 Heimgesetz) hat der Verein seine Tätigkeit, wie aus den Akten zu sehen ist. Dem Beklagten und der Beigeladenen (also den Heimaufsichtsbehörden) ist seine Tätigkeit seit langem bekannt.

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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3, 188 Satz 2, 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

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Der Senat läßt die Revision zu, weil er von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Mai 1975 (aaO) abgewichen ist und es von grundsätzlicher Bedeutung ist, wie der Begriff des "Heimes, der Anstalt oder einer gleichartigen Einrichtung" im Sinne von § 100 Abs. 1 BSHG auszulegen ist.

23

Klay

24

Groepper

25

Atzler