Amtsgericht Lüneburg
Urt. v. 30.04.2009, Az.: 12 C 636/08

Geltendmachung verspäteter Mietzinszahlungen

Bibliographie

Gericht
AG Lüneburg
Datum
30.04.2009
Aktenzeichen
12 C 636/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 37785
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGLUENE:2009:0430.12C636.08.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
LG Lüneburg - 16.09.2009 - AZ: 6 S 62/09
BGH - 14.07.2010 - AZ: VIII ZR 267/09

Verfahrensgegenstand

Räumung und Forderung

In dem Rechtsstreit
...
hat das Amtsgericht Lüneburg
im schriftlichen Verfahren mit Einverständnis der Parteien
am 30. April 2009
durch
den Richter am Amtsgericht ...
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.)

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.)

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

  3. 3.)

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Beklagte hat von der Klägerin eine Wohnung angemietet zu einem monatlichen Mietzins von 580,00 €. Der Mietzins wird jedenfalls zurzeit von der ARGE für den Beklagten gezahlt.

2

Im Dezember 2006 hat die Klägerin wegen eines damaligen erheblichen Zahlungsrückstandes die fristlose Kündigung erklärt und hat nach nicht erfolgtem Auszug des Beklagten Klage erhoben. Während des Prozesses hat der Beklagte innerhalb der Schonfrist die ausstehenden Mietzinsrückstände beglichen mit der Folge, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt erklärt wurde und dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind. Diese Kosten sind seitens des Beklagten auch im Rahmen der von der Klägerin betriebenen Zwangsvollstreckung bisher nicht beglichen worden. Die Mietzinszahlungen für die Monate März und August 2008, die ebenfalls von der ARGE erbracht worden sind, sind einige Tage verspätet bei der Klägerin eingegangen mit der Folge, dass hinsichtlich der letzten verspäteten Zahlung im August 2008 die Klägerin die jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der Einziehung der Forderung beauftragt hatten, wobei eine Gutschrift auf dem Konto der Klägerin am 11.08. erfolgte und der Auftrag an die Prozessbevollmächtigten ebenfalls am 11.08.. Die Mietnebenkostenabrechnung für die Jahre 2006 und 2007 in Höhe von jeweils etwa 50,00 € wurden von dem Beklagten erst nach mehreren Mahnungen und Einwendungen des Beklagten beglichen. Die Klägerin hat sodann mit Schreiben vom 13.11.2008 die fristgemäße Kündigung des Mietverhältnisses ausgesprochen mit der Begründung, der Beklagte habe seine Pflichten aus dem Mietverhältnis schuldhaft verletzt, indem er Zahlungen verspätet erbracht habe und zudem die aus dem ursprünglichen Räumungsprozess entstandenen Kosten nicht beglichen habe.

3

Die Klägerin trägt vor, die fristgemäße Kündigung sei wirksam mit der Folge, dass der Beklagte nicht nur auszuziehen habe, sondern auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten zu ersetzen habe.

4

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.

    den Beklagten zu verurteilen, das in 21335 Lüneburg in der ... gelegene Haus, bestehend aus drei Zimmern, einer Küche, einem Bad, einer Toilette mit Bad und einem Balkon nebst Grundstück zu räumen und besenrein am 28.02.2009 an die Klägerin herauszugeben und

  2. 2.

    den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 687,47 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 83,54 € seit dem 21.08.2008 und aus 603,93 € ab dem 28.11.2008 zu zahlen.

5

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

6

Er trägt vor, die bisherige Nichtzahlung der Kosten des vorausgegangenen Rechtsstreits könnte als Begründung für eine fristgemäße Kündigung des Mietverhältnisses nicht herangezogen werden, da der Gesetzgeber, wie die Regelung der Schonfristen bei Auflaufen von erheblichen Mietzinsrückständen zeige, dieses nicht als Grund für eine Kündigung des Mietverhältnisses habe ansehen wollen. Im Übrigen sei er unverschuldet aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage nicht in der Lage gewesen, diese Kosten zu zahlen. Auch die übrigen von der Klägerin in der Kündigung angeführten Gründe rechtfertigten eine Kündigung nicht, da keine schuldhafte Pflichtverletzung seinerseits vorgelegen habe.

7

Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Klage ist unbegründet.

9

Die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung ist unwirksam, insbesondere liegen keine ausreichenden Gründe gem.§573 BGB für den Ausspruch einer fristgemäßen Kündigung vor.

10

Soweit die Klägerin ihre Kündigung auf die Nichtzahlung der Kosten, die anlässlich des zuvor geführten Rechtsstreits entstanden sind und die der Beklagte zu tragen hat, stützt, erscheint es schon fraglich, ob diese Nichtzahlung der Kosten überhaupt eine Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietverhältnis darstellt. Insoweit hat das Gericht Bedenken, von einer entsprechenden Pflichtverletzung des Beklagten überhaupt auszugehen. Letztendlich kommt es hierauf nicht entscheidend an, da eine fristgemäße Kündigung gem. §573 BGB voraussetzt, dass der Beklagte eine gegebenenfalls ihn treffende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Mietverhältnis schuldhaft verletzt hat, wobei alleiniger Verzug nicht ausreichend ist, auch wenn dieser von dem Beklagten zu vertreten wäre. Für die Frage des Vorliegens des Tatbestandsmerkmals Verschulden ist die Klägerin im vollen Umfange darlegungs- und beweispflichtig.

11

Unstreitig erhält der Beklagte Leistungen der ARGE, sodass schon einiges dafür sprechen dürfte, dass seine Nichtzahlung nicht verschuldet ist, jedenfalls aber fehlt es an einem entsprechenden Vortrag der Klägerin zum Vorliegen eines Verschuldens des Beklagten.

12

Soweit verspätete Mietzinszahlungen geltend gemacht werden, ist zu berücksichtigen, dass diese Zahlungen ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge der Klägerin lediglich einige Tage betrafen, und dass unstreitig die Zahlungen durch die ARGE erfolgt sind für den Beklagten. Eine vorherige Abmahnung der Klägerin, die Mietzinszahlungen künftig zu erbringen, ist unstreitig nicht erfolgt, sodass schon es an dem Tatbestandsmerkmal einer erheblichen Pflichtverletzung des Beklagten mangelt unabhängig davon, dass ebenfalls wiederum die Klägerin ein Verschulden des Klägers nicht ausreichend dargelegt hat. Ähnliches gilt für die Frage der verspäteten Zahlung der Nebenkosten. Abgesehen davon, dass diese Nebenkostennachzahlungen sich jeweils auf einen Betrag um die 50,00 € beliefen, fehlt es schon an einer erheblichen Pflichtverletzung, die eine fristgemäße Kündigung rechtfertigen könnte geschweige denn, dass die Klägerin ein Verschulden des Beklagten ausreichend nachgewiesen hat. Letztendlich ist auch die Nichtzahlung der Anwaltsgebühren, die von der Klägerin für die verspätete Zahlung der August-Miete 2008 eingefordert werden, weder eine erhebliche Pflichtverletzung noch ist ersichtlich, dass insoweit ein Verschulden des Beklagten vorliegt unabhängig von der Frage, ob diese Forderung dem Grunde nach überhaupt berechtigt ist.

13

Aus alledem folgt, dass die fristgemäße Kündigung der Klägerin nicht durchgreift und damit das Räumungsverlangen unbegründet ist.

14

Daraus folgt weiterhin, dass das auf das Räumungsverlangen bezogene Begehren der vorgerichtlichen Anwaltskosten ebenfalls unbegründet ist.

15

Unbegründet ist auch die Geltendmachung der vorgerichtlichen Anwaltskosten für die Geltendmachung der verspäteten Mietzinszahlung für August 2008.

16

Insoweit kann es dahingestellt bleiben, ob die Beauftragung der Bevollmächtigten der Klägerin zu dem angegebenen Zeitpunkt überhaupt noch verzugsbedingt gewesen ist, da unstreitig am selben Tage die Gutschrift der Miete erfolgt ist, oder ob nicht diese Kosten wenigstens geringer hätten gehalten werden können, wenn die Klägerin rechtzeitig ihre Bevollmächtigten über die Zahlung informiert hätte, weil letztendlich die Klägerin nicht ausreichend dargelegt hat, dass ihr überhaupt bisher ein Schaden insoweit entstanden ist. Dies würde nämlich voraussetzen, dass die vorgerichtlichen Anwaltskosten seitens der Klägerin bereits bezahlt worden sind. Dies ist von ihr bisher nicht einmal vorgetragen worden, sodass ihr allenfalls ein Freistellungsanspruch zustehen würde. Dieser ist jedoch nicht geltend gemacht worden.

17

Aus alledem folgt, dass die Klage im vollen Umfange unbegründet ist.

18

Die Kostenentscheidung folgt aus §91 ZPO.

19

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§708 Nr. 7, 711 ZPO.