Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 18.02.2004, Az.: 5 A 523/02
Altersrente; Anwartschaft; berufsständische Versorgung; Hinterbliebenenrente; Rechtsanwaltsversorgung; Zuschlag
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 18.02.2004
- Aktenzeichen
- 5 A 523/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 50511
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OVG - 18.10.2004 - AZ: 8 LA 72/04
Rechtsgrundlagen
- § 12 Abs 4 S 1 RAVersorgSa ND
- § 16 RAVersorgSa ND
- § 17 RAVersorgSa ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Einem berufsständischen Versorgungswerk (hier: Rechtsanwaltsversorgung) steht bei der satzungsrechtlichen Ausgestaltung der Altersversorgung seiner Mitglieder ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu. Die Grenzen dieses Gestaltungsspielraums sind nicht überschritten, wenn das künftige Risiko zur Zahlung einer Hinterbliebenenrente durch Vorenthaltung eines ansonsten zu zahlenden Zuschlags zur Altersrente "vorfinanziert" wird. Der Satzungsgeber ist in diesem Zusammenhang nicht zu einer Differenzierung gezwungen, ob eine Hinterbliebenenrentenanwartschaft schon bei Rentenbeginn vorliegt oder erst später - etwa wegen einer satzungsrechtlich vorgesehen Wartezeit bei Heirat nach dem 60. Lebensjahr - entstehen kann.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung einer höheren Altersrente.
Der am C. geborene Kläger ist seit dem 01.11.1984 Mitglied der Beklagten. Unter dem 09.01.2001 stellte er bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Altersrente ab dem 01.03.2001 und gab dabei an, seit dem 28.12.1999 verheiratet zu sein. Die in dem Antragsformular enthaltene Erklärung, dass bei Beginn der Altersrente keine (weiteren) rentenbezugsberechtigten Personen vorhanden seien, unterschrieb der Kläger nicht. Mit Bescheid vom 18.01.2000 (gemeint: 2001) gewährte die Beklagte dem Kläger ab 01.03.2001 aufgrund der Vollendung seines 65. Lebensjahres am D. eine monatliche Altersrente in Höhe von 1430,22 DM. Dem Bescheid wurde ein Rentenberechnungsbogen beigefügt, der neben den persönlichen Daten des Klägers seine zu berücksichtigende Versicherungszeit sowie den Rentensteigerungsbetrag 2001 ausweist. Aus der Multiplikation des durchschnittlichen persönlichen Quotienten des Klägers mit dem Rentensteigerungsbetrag 2001 sowie einer Versicherungszeit von 256 Monaten errechnete sich die festgesetzte Altersrente.
Unter dem 13.09.2001 beantragte der Kläger einen Zuschlag in Höhe von 20 % zu der festgesetzten Altersrente nach § 12 Abs. 4 Satz 1 der Satzung des Niedersächsischen Versorgungswerks der Rechtsanwälte - RAVwS -. Seine Ehefrau habe einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente erst nach dreijährigem Bestand der Ehe. Vorher sei seine Ehefrau nicht rentenbezugsberechtigt, weshalb der Zuschlag zu zahlen sei.
Mit Schreiben vom 31.10.2001 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die nächste Sitzung ihres Verwaltungsausschusses am 30.11.2001 stattfinde und der Kläger nach dessen Entscheidung sofort informiert würde. Unter dem 07.01.2002 setzte der Kläger der Beklagten eine Frist zur sachgerechten Beantwortung seines Antrags vom 13.09.2001 bis zum 15.01.2002.
Mit Bescheid vom 09.01.2002 - dem Kläger zugestellt am 17.01.2002 - lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung des Zuschlags zur Altersrente ab. Der Verwaltungsausschuss der Beklagten habe in seiner Sitzung am 30.11.2001 festgestellt, dass der Zuschlag gemäß § 12 Abs. 4 Satz 1 RAVwS nur zu gewähren sei, wenn dauerhaft keine Leistungen an rentenbezugsberechtigte Personen zu gewähren seien. Da der Kläger seit dem 28.12.1999 verheiratet sei, sei seine Ehefrau seit Rentenbeginn am 01.03.2001 eine rentenbezugsberechtigte Person im Sinne der Satzungsbestimmung.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 22.01.2002 Widerspruch ein. Der Auslegung des § 12 Abs. 4 RAVwS seitens der Beklagten sei nicht zu folgen. Das Wort "dauerhaft“ sei in dieser Bestimmung nicht enthalten. Eine entsprechende Regelung sei nicht nur sinnwidrig, sondern auch ungerecht, weil seine Ehefrau im Falle seines Versterbens vor dem 28.12.2002 keinen Rentenanspruch habe. Ihm hingegen entginge der Zuschlag, wenn seinen Ehefrau vor dem 28.12.2002 verstürbe. Solange nicht feststehe, dass Leistungen an sonstige rentenbezugsberechtigte Personen zu erbringen seien, sei der Zuschlag in Höhe von 20 % zur Altersrente zu zahlen. Der Zuschlag zur Altersrente sei mithin solange zu leisten, bis die Rentenbezugsberechtigung seiner Ehefrau feststehe.
Mit Bescheid vom 18.04.2002 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. § 12 Abs. 4 Satz 1 RAVwS formuliere nicht, dass der Zuschlag zu gewähren sei, "solange" keine Leistungen an sonstige rentenbezugsberechtigte Personen in Betracht kämen. Es sei Sinn und Zweck der mitgliederfreundlichen Regelung des § 12 Abs. 4 Satz 1 RAVwS, dass diejenigen Mitglieder einen Zuschlag erhielten, bei denen sich das Versorgungswerk nicht dem Risiko der späteren Zahlung einer Hinterbliebenenrente aussetze. Die Beklagte setze sich nur dann diesem Risiko nicht aus, wenn die Tatsache, dass keine Leistungen an sonstige rentenbezugsberechtigte Personen zu gewähren seien, gesichert sei. Diese Fallkonstellation liege beim Kläger nicht vor. Seine Ehefrau sei nur vor Ablauf des Zeitraums von drei Jahren seit Eheschließung - bis zum Dezember 2002 - nicht rentenberechtigt. Es stehe daher nicht fest, dass keinerlei Leistungen an die Ehefrau des Klägers aus der Hinterbliebenenversorgung zu gewähren seien. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger die Erklärung nach § 12 Abs. 4 RAVwS bei Beantragung der Altersrente nicht unterschrieben habe, weil ihm bewusst gewesen sei, wie sich die Sach- und Rechtslage darstelle.
Der Kläger hatte bereits am 17.01.2002 und damit noch vor der Zustellung des Ablehnungsbescheides der Beklagten - nach Verstreichen der von ihm gesetzten Frist - Klage beim Verwaltungsgericht Lüneburg erhoben. Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat die Klage mit Beschluss vom 04.02.2002 an das Verwaltungsgericht Hannover verwiesen. Zur Begründung der Klage führt der Kläger aus: Die Beklagte interpretiere § 12 Abs. 4 Satz 1 RAVwS falsch. Es stehe in seinem Fall bis zum Dezember 2002 fest, dass keine Leistungen an sonstige rentenbezugsberechtigte Personen zu gewähren seien. Der Satzungsbestimmung sei zwingend zu entnehmen, dass der Zuschlag zu zahlen sei, solange keine rentenbezugsberechtigte Person vorhanden sei. Dass seine Ehefrau erst mit dem 28.12.2002 rentenberechtigt sei, ändere nichts daran, dass sie es zuvor nicht sei. Die Beklagte sei auch zur Verzinsung des geltend gemachten Zuschlags verpflichtet.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 09.01.2002 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 18.04.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm für den Zeitraum vom 01.03.2001 bis zum 31.12.2002 einen monatlichen Zuschlag in Höhe von 20 % zur Altersrente zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Zuschlagsbetrag seit dem jeweiligen Zeitpunkt der Rentenzahlung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Für die vom Kläger behaupteten Ansprüche ab dem 01.01.2002 fehle es bereits an einem Widerspruchsverfahren. Einer erhöhten Rente stehe zudem der bestandskräftige Rentenbescheid vom 18.01.2001 entgegen. Zum Zeitpunkt des Beginns der Altersrente habe nicht endgültig festgestanden, dass keine Leistungen an sonstige rentenbezugsberechtigte Personen zu gewähren seien. Die Ehefrau des Klägers, die er nach Vollendung des 60. Lebensjahres geheiratet habe, sei drei Jahre nach der Heirat witwenrentenberechtigt. Der Zuschlag stehe nur Mitgliedern zu, die bei Rentenbeginn nicht verheiratet seien und keine unterhaltsberechtigten Kinder hätten. Schon die Tatsache, dass überhaupt einmal Witwenrente gezahlt werden müsse, lasse den Rentenzuschlag entfallen. Der Kläger könne ja eine sehr junge Frau geheiratet haben, für die dann sehr lange eine Witwenrente gezahlt werden müsse. Die Zahlung einer Hinterbliebenenrente sei bereits ein erheblicher Vorteil, der nicht durch zusätzliche Versorgungsbeiträge erworben worden sei. Ein Anspruch auf Verzinsung rückständiger Rente sei ausgeschlossen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die ursprünglich mehr als drei Monate (vgl. § 75 VwGO) nach Beantragung des begehrten Zuschlags zur Altersrente erhobene Klage ist nach Ergehen des Ablehnungsbescheides vom 09.01.2001 und des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2002 als Verpflichtungsklage statthaft. Eine ursprünglich nach § 75 VwGO erhobene Untätigkeitsklage kann unter Einbeziehung des ergangenen Verwaltungsakts bzw. Widerspruchsbescheides als Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage aufrechterhalten und fortgeführt werden, wenn der ergangene Verwaltungsakt bzw. Widerspruchsbescheid für den Kläger negativ sind (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., § 75 Rdn. 21). Auch steht der Zulässigkeit der Klage - soweit der begehrte Zuschlag für das Jahr 2002 betroffen ist - entgegen der Auffassung der Beklagten kein etwa noch erforderliches Widerspruchsverfahren entgegen. Dies folgt bereits daraus, dass in dem Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 18.04.2002 ausdrücklich auch zur Frage der Zuschlagsgewährung für das Jahr 2002 Stellung genommen worden ist. Ein Widerspruchsverfahren ist mithin bezüglich des gesamten Streitgegenstandes durchgeführt worden.
Die zulässige Klage ist indes unbegründet.
Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 09.01.2002 und ihr Widerspruchsbescheid vom 18.04.2002 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf den begehrten Zuschlag zur Altersrente in Höhe von 20 % für den Zeitraum vom 01.03.2001 bis zum 31.12.2002 (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Es kann dahinstehen, ob die Auffassung der Beklagten, einem weitergehenden Anspruch des Klägers stehe bereits der bestandskräftig gewordene Rentenbescheid vom 18.01.2001 entgegen, zutrifft. Für diese Auffassung spricht, dass die Beklagte in diesem Bescheid die monatliche Altersrente des Klägers in genau bestimmter Höhe in Kenntnis seiner Heirat vom 28.12.1999 unter Beifügung eines ausführlichen Rentenberechnungsbogens festgesetzt hat und ein Zuschlag nach § 12 Abs. 4 Satz 1 RAVwS gerade nicht gewährt worden ist. Gegen die Auffassung spricht allerdings, dass sowohl der Bescheid als auch der Rentenberechnungsbogen keinerlei ausdrückliche Ausführungen zur Frage der Zuschlagsgewährung enthalten. Daraus könnte der Schluss zu ziehen sein, dass in dem Bescheid vom 18.01.2001 nur eine positive Rentenfestsetzung als solche erfolgt ist, eine weitergehende Leistungsgewährung aber noch nicht abgelehnt worden ist. Für diesen Schluss spricht auch der Wortlaut des § 12 Abs. 4 Satz 1 RAVwS. In dieser Bestimmung wird der vom Kläger begehrte Zuschlag nicht als Teil der festgesetzten Altersrente als solcher eingeordnet, sondern als Zuschlag zur (anderweitig) festgesetzten Altersrente. Deshalb könnte es sich bei dem Rentenbescheid vom 18.02.2001, der keine Ausführungen zur Frage der Gewährung eines Zuschlags enthält, ausschließlich um eine von der Zuschlagsgewährung isoliert zu betrachtende Festsetzung der Rente handeln.
Offen bleiben kann die Frage der Folgen der Bestandskraft des Rentenbescheides vom 18.01.2001, weil auch die materiellrechtlichen Voraussetzungen für den vom Kläger begehrten Zuschlag zur Altersrente im Zeitraum vom 01.03.2001 bis zum 31.12.2002 nicht erfüllt sind.
Materiellrechtliche Grundlage für den begehrten Zuschlag ist § 12 Abs. 4 Satz 1 der Satzung des Niedersächsischen Versorgungswerks der Rechtsanwälte - RAVwS - (Bekanntmachung des MJ vom 30.11.1983 - Nds. Rechtspflege, S. 267 - in der Fassung der Bekanntmachung des MJ vom 24.09.1997 - Nds. Rechtspflege, S. 242 -), zuletzt geändert am 05.09.2001 (Bekanntmachung des MJ vom 05.06.2002 - Nds. Rechtspflege, S. 192 -). Die Bestimmung des § 12 Abs. 4 Satz 1 RAVwS hat folgenden Wortlaut:
„Steht bei Beginn der Altersrente fest, dass keine Leistungen an sonstige rentenbezugsberechtigte Personen zu gewähren sind, so erhält das versorgungsberechtigte Mitglied einen Zuschlag in Höhe von 20 % zu der festgesetzten Altersrente.“
Die Bestimmung ist nach ihrem Wortlaut und ihrem Normzweck in dem Sinne auszulegen, dass eine Zuschlagsgewährung bereits dann ausscheiden soll, wenn eine künftige Leistung an eine sonstige rentenbezugsberechtigte Person nach der Lebenserfahrung nicht auszuschließen ist. Dem Wortlaut nach soll das Ausbleiben von künftigen Leistungen an sonstige rentenbezugsberechtigte Personen "feststehen“. Damit ist ersichtlich eine Situation gemeint, in der ein Risiko der Verpflichtung zur Zahlung einer Hinterbliebenenrente nach §§ 16, 17 RAVwS mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. "Feststehen" im wahren Sinne des Wortlauts kann indes das Ausbleiben einer späteren Zahlungsverpflichtung bei Rentenbeginn auch dann nicht, wenn das Mitglied bei Rentenbeginn unverheiratet ist und keine unterhaltsberechtigten Kinder hat . Dies zeigt sich etwa in der Konstellation, dass das Mitglied der Beklagten bei Rentenbeginn noch unverheiratet ist und später heiratet. Auch in dieser Situation kann eine Anwartschaft auf Witwen- oder Witwerrente gemäß § 17 Satz 2 RAVwS nach einer Wartezeit von drei Jahren entstehen, obwohl das Mitglied zum Zeitpunkt des Beginns der Altersrente unverheiratet war. Das "Risiko“ einer erst künftigen Heirat nach Rentenbeginn soll aber ersichtlich nicht vornherein zum Ausschluss des Zuschlags führen. Für die Auslegung des Begriffs "feststehen" in § 12 Abs. 4 Satz 1 RAVwS ist mithin in Rechnung zu stellen, dass der Satzungsgeber erkennbar die allgemeine Lebenserfahrung berücksichtigt wissen wollte: Besteht zum Zeitpunkt des Rentenbeginns ein greifbares und nicht nur hypothetisches Risiko einer künftigen Leistungspflicht der Beklagten gegenüber Hinterbliebenen, so soll die Zuschlagsgewährung bereits ausgeschlossen sein. Dies ist auch der Fall, wenn ein Anspruch auf Gewährung einer Hinterbliebenenrente bei einer Heirat nach dem 60. Lebensjahr erst nach einer Wartezeit von drei Jahren entsteht. Auch in dieser Situation kann aus ex-ante Sicht nach der Lebenserfahrung vom Risiko einer künftigen Pflicht zur Gewährung von Hinterbliebenenrente ausgegangen werden, die nicht nur hypothetisch und nicht greifbar ist. Dementsprechend müssen die in § 12 Abs. 4 Satz 1 RAVwS genannten sonstigen rentenbezugsberechtigten Personen nicht bereits zu Beginn der Altersrente rentenbezugsberechtigt sein. Es reicht für eine Ablehnung der Gewährung des Zuschlags vielmehr bereits aus, dass eine Zahlungsverpflichtung an eine zukünftig rentenbezugsberechtigte Person nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Die von der Satzungsbestimmung in Rechnung gestellte mögliche Leistungsgewährung liegt ebenso wie die Rentenbezugsberechtigung der Witwe oder des Witwers bei einer Heirat nach dem 60. Lebensjahr stets notwendigerweise in der Zukunft. Dieser Auslegung steht entgegen der Auffassung des Klägers nicht entgegen, dass der Satzungsgeber nicht die Formulierung "[...],dass dauerhaft keine Leistungen an sonstige rentenbezugsberechtigte Personen zu gewähren sind[...]“ verwendet hat. Hätte der Satzungsgeber für den Übergangszeitraum bis zum Entstehen der Anwartschaft auf Hinterbliebenenrente eine Zuschlagsgewährung regeln wollen, hätte er dies ohne weiteres in entsprechender Weise formulieren können. Dies hat er aber gerade nicht getan.
Die so verstandene Regelung des § 12 Abs. 4 Satz 1 RAVwS verletzt auch kein höherrangiges Recht. Die Beklagte hat bei der satzungsrechtlichen Ausgestaltung der Altersversorgung ihrer Mitglieder einen erheblichen Gestaltungsspielraum. Es ist dem Satzungsgeber einer berufsständischen Versorgungseinrichtung innerhalb seines weitreichenden Gestaltungsspielraums nicht verwehrt, generalisierende und typisierende Regelungen unter Vernachlässigung der Besonderheiten von Einzelfällen zu treffen. Es ist weitgehend seiner Gestaltungsfreiheit überlassen, seine Vorstellungen von einer zweckmäßigen Versorgung seiner Mitglieder zu verwirklichen (BVerwG, U. v. 25.11.1982 - 5 C 69/79 -, NJW 1983, 2650; Groepper, Die Rechtsprechung des BVerwG zum berufsständigen Versorgungsrecht, NJW 1999, 3008 (3010)). Die Beklagte hat die Grenzen des ihr zustehenden weiten Gestaltungsspielraums mit der Regelung in § 12 Abs. 4 Satz 1 RAVwS nicht überschritten:
Aus dem Gesetz über das Niedersächsische Versorgungswerk der Rechtsanwälte vom 14.03.1982 (GVBl 1982, 65) ergeben sich mangels spezieller Regelungen keine Grenzen des Gestaltungsspielraums des Satzungsgebers für die Frage eines Zuschlags zur Altersrente. Zu messen sind die Bestimmungen über den Leistungsanspruch gegen eine berufsständische Versorgungseinrichtung indessen auch an materiellen verfassungsrechtlichen Gewährleistungen. Dabei sind insbesondere der Gleichheitssatz und der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Auch diese Vorgaben sind bei der Bestimmung des § 12 Abs. 4 Satz 1 RAVwS beachtet worden. Der Satzungsgeber war bei der ihm möglichen generalisierenden und typisierenden Betrachtungsweise entgegen der dahingehenden Auffassung des Klägers nicht gezwungen, eine zeitliche Deckungsgleichheit zwischen Nichtgewährung von Zuschlag zur Altersrente und Risikotragung für die Hinterbliebenenversorgung sicherzustellen. Es stellt keine unangemessene Regelung dar, den Zuschlag zur Altersrente in bestimmten Konstellationen vorzuenthalten, wenn dem noch kein aktuelles Risiko im Hinblick auf die Hinterbliebenenrente als Äquivalent unmittelbar gegenübersteht. Letztlich wird nämlich mit der Vorenthaltung des Zuschlags zur Altersrente stets ein in der Zukunft liegendes Risiko "vorfinanziert“. Deshalb ist die Beklagte nicht zu einer Differenzierung gezwungen, ob die Rentenbezugsberechtigung des (etwaigen) Hinterbliebenen schon bei Beginn der Altersrente vorliegt oder erst später vorliegen wird. Daher kann auch die Argumentation des Klägers nicht durchgreifen, dass ihm der Zuschlag zu Unrecht vorenthalten worden wäre, wenn er oder seine Ehefrau vor Ablauf der dreijährigen Wartezeit des § 17 Satz 2 RAVwS gestorben wären. Eine Satzungsregelung muss nicht jeden erdenklichen Einzelfall in spezifischer Weise regeln. Vielmehr durfte die Beklagte bei der Ausgestaltung ihrer Satzung die Gesamtheit der Mitglieder betrachten und auch eine Regelung zur "Vorfinanzierung“ künftiger Risiken zur Zahlung von Hinterbliebenenrente durch Vorenthaltung eines Zuschlags zur Altersrente im beschriebenen Sinne treffen.
Nach der in der oben dargestellten Auslegung anwendbaren Bestimmung des § 12 Abs. 4 Satz 1 RAVwS hat der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung eines Zuschlags in Höhe von 20 %, da mit seiner Heirat am 28.12.1999 zum Zeitpunkt seines Rentenbeginns eine künftige Leistungserbringung an eine (künftig) rentenbezugsberechtigte sonstige Person nicht ausgeschlossen werden konnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe, die Berufung gemäß § 124a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.