Landgericht Oldenburg
Urt. v. 11.09.1985, Az.: 9 S 101/85
Trennung der Verbindung des Vaterschaftsfeststellungsanspruchs mit dem Regelunterhaltsanspruch; Berechnung des Regelunterhalts eines Kindes
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 11.09.1985
- Aktenzeichen
- 9 S 101/85
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1985, 30776
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:1985:0911.9S101.85.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Varel
Rechtsgrundlagen
- § 643 ZPO
- § 145 ZPO
- § 1615 h BGB
- § 1602 BGB
- § 1615 f BGB
Fundstelle
- NJW-RR 1986, 78-79 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Regelunterhalt
In dem Rechtsstreit
hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juli 1985
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Landgericht ... und
der Richter am Landgericht... und
...
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des ... wird das am ... verkündete Urteil des Amtsgerichts Varel - ... - geändert, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, für die Zeit vom ... bis ... den Regelunterhalt zu zahlen: Insoweit wird die Klage abgewiesen.
Im übrigen wird die Berufung des ... zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der ... zu 1/3 und der ... zu 2/3.
Der Streitwert der Berufung wird auf ..., - DM festgesetzt.
Tatbestand und Entscheidungsgründe
Der ... ist das nicht eheliche Kind der Frau ... Er ist am ... geboren und lebt bei seiner Mutter in Sande. Mit der im September 1984 beim Amtsgericht Jever eingereichten Klage hat der ..., vertreten durch seinen Amtspfleger, den ... auf Feststellung der nichtehelichen Vaterschaft (Klageantrag zu 1.) und auf Zahlung des Regelunterhalts vom Tage der Geburt an (Klageantrag zu 2.) in Anspruch genommen. Im Verhandlungstermin vom 25.10.1984 erklärte der ... bzgl. des Klageantrags zu 1.) die Hauptsache für erledigt, weil die Vaterschaft in der Zwischenzeit anerkannt worden war, und beantragte insoweit ein Versäumnisurteil wegen der Kosten des Rechtsstreits, das antragsgemäß erging. Bzgl. des Klageantrags zu 2.) verwies das Amtsgericht Jever auf Antrag des ... den Rechtsstreit an das für den Wohnsitz des ... zuständige Amtsgericht Varel.
Durch Urteil des Amtsgerichts Varel vom 12.12.1984 ist der ... verurteilt worden, dem ... zu Händen des jeweiligen gesetzlichen Vertreters vom Tage der Geburt an bis zum vollendeten achtzehnten Lebensjahr den Regelunterhalt monatlich im voraus zu zahlen, die rückständigen Beträge sofort. Gegen dieses Urteil hat der ... Berufung zum Landgericht eingelegt, mit der er seinen Antrag auf Abweisung der Klage wegen des Unterhaltsanspruchs weiter verfolgt. Der ... hält die Berufung zum Landgericht für unzulässig, weil es sich um eine Kindschaftssache handele, für die das Oberlandesgericht in zweiter Instanz zuständig sei. Das Rechtsmittel sei auch unbegründet. In der Verhandlung, zu der das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet war, sind der ... und für den ... dessen Amtspfleger gehört worden.
Die zum Landgericht eingelegte Berufung ist zulässig, denn die Regelunterhaltsklage ist seit der Prozeßtrennung durch den Verweisungsbeschluß vom 25.10.1984 keine Kindschaftssache mehr. Gemäß § 643 ZPO kann ausnahmsweise ein Antrag auf Verurteilung zur Zahlung des Regelunterhalts mit einer Klage auf Feststellung der Vaterschaft verbunden werden (§§ 640 II Nr. 1; 640 c ZPO). Solange die Klagen verbunden sind, handelt es sich bei dem Rechtsstreit einheitlich um eine Kindschaftssache, so daß für eine Berufung das Oberlandesgericht auch dann zuständig ist, wenn nur der Regelunterhalt Gegenstand des Rechtsmittels ist (§ 119 I Nr. 1 GVG; vgl. BGH NJW 74, 751; BGH NJW 80, 292). In den entschiedenen Fällen wurde jeweils nur ein Prozeß geführt. Hier dagegen ist die in der Klage enthaltene Verbindung des Vaterschaftsfeststellungsanspruchs mit dem Regelunterhaltsanspruch zulässigerweise durch die Anordnungen vom 25.10.1984 aufgehoben worden, so daß zwei getrennte Prozesse entstanden sind (§ 145 ZPO). Die Regelunterhaltsklage ist damit keine Kindschaftssache geblieben, vielmehr ist diejenige Situation entstanden, die von Anfang an vorgelegen hätte, wenn der ..., was möglich war, getrennte Prozesse anhängig gemacht hätte. Eine Klage, die nur den Regelunterhalt betrifft, ist keine Kindschaftssache; für sie ist in zweiter Instanz die Berufungskammer des Landgerichts zuständig (§ 72 GVG).
Die Berufung ist bzgl. des Unterhalts für die zurückliegende Zeit begründet, im übrigen ist sie unbegründet.
Das Gericht ist davon überzeugt, daß der ... in der Vergangenheit seinen Unterhaltsbeitrag durch Zahlungen für den Kläger zu Händen der Mutter des ... vollständig geleistet hat. Dies ergibt sich aus den Bescheinigungen der Mutter des ... vom 10.10.1984, 21.1.1985 und 15.7.1985. Der Vortrag des ... der dazu auch persönlich gehört worden ist, ist glaubhaft. Dem Kläger steht deshalb für die Zeit bis einschließlich Juli 1985 kein Unterhaltsanspruch gegen den ... mehr zu. Insoweit bestand mangels eines Bedarfs auch kein Unterhaltsanspruch (§§ 1615 h, 1602 BGB).
Für die folgende Zeit dagegen war die vom Amtsgericht ausgesprochene Verurteilung des ... zur Zahlung des Regelunterhalts zu bestätigen. Dem ... fehlt nicht etwa deshalb, weil der Unterhalt in der Vergangenheit geleistet worden ist, das Rechtsschutzinteresse an der Erlangung eines Unterhaltstitels für die Zukunft. Der ... ist gemäß § 1615 f BGB verpflichtet, dem ... mindestens den Regelunterhalt zu gewähren. Der Regelunterhalt ist nach der gesetzlichen Bestimmung der zum Unterhalt eines Kindes, das sich in der Pflege seiner Mutter befindet, bei einfacher Lebenshaltung im Regelfall erforderliche Betrag, vermindert um die anzurechnenden Beträge (§§ 1615 f, 1615 g BGB). Es kann nicht festgestellt werden, daß der Beklagte nicht in der Lage ist, auch nur diesen Unterhalt zu leisten. Beweispflichtig für seine behauptete mangelnde Leistungsfähigkeit ist der Beklagte (§§ 1603, 1615 a, 1615 h BGB). Insoweit fehlt es aber schon an einem substantiierten Vortrag. Es ist nicht dargetan, warum der ... arbeitslos geworden ist und aus welchen Gründen er keinen neuen Arbeitsplatz findet. Es ist nicht substantiiert vorgetragen, welche Bemühungen er insoweit unternommen hat und weshalb sie keinen Erfolg gehabt haben. Falls auch gesundheitliche Gründe eine Rolle spielen, hätte dies unter Beweisantritt mitgeteilt werden müssen. Es ist auch nicht überzeugend vorgetragen, weshalb der Beklagte keine öffentliche Unterstützung beim Arbeitsamt oder Sozialamt beantragt hat. Es ist überhaupt unklar geblieben, wovon der ... eigentlich lebt.
Die Ausführungen in den nachgereichten Schriftsätzen der Parteien geben zu einer Wiedereröffnung der Verhandlung keine Veranlassung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.