Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 24.09.2002, Az.: 1 A 1115/01
Klagebefugnis; Lärmschutz; Nachbar; Sandabbau; Umweltverträglichkeit; Öffentlichkeit
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 24.09.2002
- Aktenzeichen
- 1 A 1115/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43623
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 48 NatSchG ND
- § 45 GemO ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgt allein im Allgemeininteresse und begründet keine eigene Verfahrensposition des Nachbarn.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die für erstattungsfähig erklärt werden. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Kostenvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Kostenbetrages abwenden, sofern nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Bodenabbaugenehmigung für ein in unmittelbarer Nähe seines Wohnhauses befindliches Gelände.
Die Beigeladene hatte bereits am 10. Mai 1996 einen ersten Antrag auf Erweiterung eines früheren Abbaugebietes in dem Ortsteil S. der Gemarkung N. gestellt. Das Abbaugebiet liegt unmittelbar an der Gemeindegrenze zur Gemeinde B.. Nachdem die Gemeinde N. mit Schreiben vom 5. September 1996 ihr Einvernehmen für das Vorhaben im Wesentlichen wegen der Regelungen hinsichtlich der Zu- und Abfahrt versagt hatte, war dieses Genehmigungsverfahren letztlich nicht zu Ende geführt worden. Nachdem der Antrag mit dem Ziel, einen erneuten Antrag zu stellen, zurückgenommen worden der, wurde das Verfahren durch Bescheid des Beklagten vom 29. April 1998 eingestellt.
Die Beigeladene hatte zwischenzeitlich Verhandlungen mit der Gemeinde aufgenommen, um hinsichtlich der Zu- und Abfahrten eine einvernehmliche Regelung zu erzielen. Die Verhandlungen endeten in einem Vertrag, den die Gemeinde B. am 26. März 1998 mit der Beigeladenen abgeschlossen hat. In diesem Vertrag wird im Interesse einer möglichst niedrigen Belastung der Bewohner im Ortsteil P. geregelt, dass die Beigeladene die Fahrer der Transportfahrzeuge anweisen werde, eine Geschwindigkeit von 30 km/h einzuhalten. Ferner wird ein jährlicher Geldbetrag für die Nutzung der Straße „Am S.“ an die Gemeinde für die Zeit des Bodenabbaus gezahlt. Die Beigeladene wurde verpflichtet, die Straße „Am S.“, die im Flächennutzungsplan der Gemeinde B. enthalten ist, auf ihre Kosten in einer Breite von 5,50 m und unter Festlegung eines festen, im Einzelnen geregelten Ausbaus herzustellen. Der erforderliche Kipper-Fuhrpark, bei dem mindestens 4 Personen beschäftigt werden sollen, soll in dem Gewerbegebiet P. Süd angesiedelt werden.
Dieser Vertrag wurde in der Ratssitzung der Gemeinde B. am 12. März 1998 im nichtöffentlichen Teil beraten. Gegen die Nichtöffentlichkeit dieses Sitzungsteiles hatte sich der Ratsherr x, der in dem Ortsteil P. wohnt und sich ebenfalls gegen das gesamte Vorhaben wendet, gewandt und auch eine Eingabe an die Kommunalaufsichtsbehörde eingereicht. In seinen Auswirkungen komme dem Vertrag die Wirkung eines Bebauungsplanes zu, so dass er öffentlich zu beraten und zu beschließen sei. Die Gemeinde B. erklärte in ihrer Stellungnahme gegenüber dem Kommunalaufsichtsamt, dass es sich um eine Vertragsangelegenheit mit berechtigten Interessen eines Einzelnen gehandelt habe, die in Anwendung des § 45 NGO und des § 3 der Geschäftsordnung für den Rat in nichtöffentlicher Verhandlung zu beraten sei. Der Verwaltungsausschuss habe im Übrigen die Empfehlung an den Rat gegeben, den Vertrag zu schließen. Möglicherweise habe der Verwaltungsausschuss sogar abschließend entscheiden können, so dass sich die Nichtöffentlichkeit auch aus § 59 NGO ergebe.
Mit Bescheid vom 10. Juli 1998 teilte das Kommunalaufsichtsamt des Beklagten dem Ratsherrn x mit, dass zu kommunalaufsichtlichen Mitteln kein Anlass bestehe. Die Behandlung der Vertragsangelegenheit unter Ausschluss der Öffentlichkeit stehe mit den Rechtsvorschriften in Einklang, und der Bürgermeister sei durch einen eindeutigen Beschluss des Rates ermächtigt worden, die Vereinbarung in der vorgelegten Form abzuschließen. Darüber hinaus führe die abgeschlossene Vereinbarung nicht zwangsläufig zum Bodenabbau in der Gemeinde N.. Vielmehr sei für die Zulässigkeit der Sandentnahme das besondere Genehmigungsverfahren auch unter Beteiligung der Gemeinde und auch unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchzuführen.
Am 3. August 1998 stellte die Beigeladene erneut einen Antrag auf Genehmigung von Bodenabbau im Trockenabbauverfahren im Rahmen der Vorgaben der landesplanerischen Feststellungen. Dabei soll ein ehemaliger Abbaubereich nach Süden erweitert werden. Die Abbaufläche hat insgesamt eine Größe von 10,57 ha. Zuzüglich des Randstreifens von 0,78 ha ergibt sich eine vom Abbau insgesamt betroffene Fläche von 11,350 ha. Die Abbauzeit wird bei einem durchschnittlichen Abbau von 80.000 m³ pro Jahr 15 Jahre betragen. Abgebaut werden im Wesentlichen dringend benötigte Bausande. Das Vorhaben wird von dem im Südwesten benachbarten Gewerbegebiet aus, das an die K 37 angebunden ist, erschlossen. Insoweit wird in dem Antrag auf die vertragliche Vereinbarung mit der Gemeinde Bezug genommen. Die im Südwesten befindliche Betriebsfläche, bei der der Abbau beginnt, soll bis zum Gesamtabbau als Betriebsfläche erhalten bleiben. Dort befindet sich auch die Anschlussstelle für die Zu- und Abfahrt. Die zu erstellende Zuwegung geht zunächst kurz Richtung Südwesten und dann durch das Gewerbegebiet in Richtung Westen zur Kreisstraße Nr.... Den Antragsunterlagen war u.a. auch eine lärmtechnische Untersuchung für das Vorhaben beigefügt, die bereits für das 1995 eingeleitete Verfahren von dem Ingenieurbüro XY, im April 1994 erstellt worden war. Bei dieser Untersuchung waren vier Zufahrtsvarianten erörtert worden,wobei die nun beantragte Zufahrt der Variante D in dem früheren Verfahren entsprach. Diese Variante wurde in der zusammenfassenden Feststellung des Gutachters unter schalltechnischen Gesichtspunkten nicht vorrangig empfohlen, weil sich für alle an der Kreisstraße .. gelegenen Gebäude im Ortsteil P. eine Zunahme der Immissionswerte um bis zu 1,9 dB(A) ergeben würde. Die Steigerungen lägen bei allen Varianten unterhalb des Wertes von 3 dB(A), der in der 16. BImSchV bei der Definition einer wesentlichen Änderung genannt wird. Bei keinem betroffenen Gebäude werde der Immissionsgrenzwert nach der 16. BImSchV von 64 dB(A) überschritten.
Die Gemeinde N. hatte ihr gemeindliches Einvernehmen mit Schreiben vom 6. Oktober 1998 wiederum versagt und zur Begründung auf die erhebliche Minderung der Wohn- und Lebensqualität im Ortsteil S. durch die starke Staub- und Lärmbelästigung hingewiesen. Das zukünftige Siedlungsgebiet der Samtgemeinde H. werde durch den Bodenabbau zerschnitten. Der Bebauungsplan „B .. /S./P.“ sei auch in Einklang mit der mit dem Beklagten abgestimmten Dorfentwicklungsplanung N.. Die Entwicklungsaufgabe Erholung der Gemeinde werde durch den Sandabbau ebenfalls beeinträchtigt. Im Landkreis seien im Übrigen ausreichend andere Abbaugebiete vorhanden. Die hohe Belastung des Ortsteiles P. müsse im Übrigen bei der Entscheidung berücksichtigt werden. Die starke Verkehrsgefährdung auf der K .. und der B .. werde durch langsam fahrende Transportfahrzeuge und die Verschmutzung der Straßen zusätzlich erhöht. Die Lärm- und Verkehrsprognosen seien zu aktualisieren. Mit Bescheid vom 31. März 1998 ersetzte die Bezirksregierung L. das gemeindliche Einvernehmen. Der dagegen gerichtete Widerspruch der Gemeinde wurde durch Bescheid der Bezirksregierung L. vom 26. Juli 1999 zurückgewiesen. Die Versagung des Einvernehmens sei rechtswidrig, weil sich ein aus dem Baugesetzbuch ergebender bauplanungsrechtlicher Versagungsgrund für die begehrte Bodenabbaugenehmigung nicht ergebe. Das Abbauvorhaben sei als privilegiertes Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig, weil öffentliche Belange ihm nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert sei. Die von der Gemeinde angegebenen Gründe für die Versagung des Einvernehmens stellten keine die Versagung rechtfertigenden Argumente dar, weil das Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig sei. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die Gemeinde zwar einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan erlassen habe, dass dieses Verfahren jedoch nicht fortgesetzt und abgeschlossen wurde. Bauplanungssichernde Maßnahmen habe die Gemeinde nicht beschlossen, so dass das Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig sei.
Im Übrigen hat es im Beteiligungsverfahren lediglich Einwendungen hinsichtlich des Flurstücks .. der Flur .. der Gemarkung N. und private Einwendungen der Anlieger gegeben.
Mit Bescheid vom 24. September 1999 versagte der Beklagte die Abbaugenehmigung hinsichtlich des Flurstückes .. der Flur .. Gemarkung N., weil diese Fläche für den Naturschutz eine hohe Bedeutung habe. Dies sei auch in der landesplanerischen Feststellung zum Ausdruck gekommen und sei auch von anerkannten Naturschutzverbänden eingewandt worden. Für die anderen im Einzelnen benannten Flurstücke (ohne die 1,8429 ha) erteilte der Beklagte die Genehmigung zum Bodenabbau nach dem Niedersächsischen Naturschutzgesetz mit im Einzelnen benannten Auflagen und Bedingungen.
Der Kläger ist Eigentümer eines Einfamilienhauses, das sich in nordwestlicher Richtung von dem geplanten Abbaugebiet und nördlich der geplanten Zufahrt zur K .. befindet. Er hat mit Schriftsatz vom 20. Dezember 1999 seinen am 21. Oktober 1999 eingelegten Widerspruch gegen die erteilte Abbaugenehmigung damit begründet,dass er befürchtet, durch die zu erwartende Sandabfuhr über die Straße „Am S.“ und die K .. unzumutbar durch Verkehrslärm und Gefährdungen beeinträchtigt zu werden. Die Überquerung der Straße von und zum Schulbus sei für die Kinder unzumutbar. Insoweit sei mindestens die Herrichtung eines Fußgängerüberweges mit Bedarfsampel in Höhe der Schulbushaltestelle zu fordern. Darüber hinaus sei wegen der überwiegend westlichen Winde bei der Abfuhr mit erheblichen Belästigungen durch Flugsand insbesondere für alle Grundstücke östlich der K .. zu rechnen. Die Nutzung der Grundstücke werde in unzumutbarer Weise eingeschränkt. Die Gemeinde könne auch nicht feststellen, dass die Erschließung über die Straße „Am S.“ bereits gesichert sei, denn die im Bebauungsplan der Gemeinde vorgeschriebenen Ausgleichsmaßnahmen für das Gewerbegebiet „Am S.“, insbesondere die Bepflanzung auf den das Gewerbegebiet begrenzenden Grundstücken, sei trotz der begonnenen Nutzung des Gewerbegebietes noch nicht erfolgt. Der Vertrag über die Zufahrt zum Abbaugebiet sei ohne vorhergehende öffentliche Beratung und Anhörung der betroffenen Anwohner geschlossen worden. Der Vertrag sei daher nicht rechtmäßig zustande gekommen.
Mit Bescheid vom 31. Juli 2001 wies die Bezirksregierung L. den Widerspruch zurück. Soweit sich der Kläger gegen den Vertrag zwischen der Gemeinde B. und der Beigeladenen wende, sei der Widerspruch unzulässig, weil der Kläger durch diesen Vertrag nicht in eigenen Rechten verletzt sein dürfte. Im Übrigen sei der Vertrag aber auch rechtmäßig zustande gekommen. Durch den Betrieb seien im Übrigen schädliche Umwelteinwirkungen und erhebliche Belästigungen nicht zu erwarten. Das dem Antrag zugrunde gelegte schalltechnische Gutachten sei vom Niedersächsischen Landesamt für Ökologie einer Plausibilitätsprüfung unterzogen worden. Beanstandungen hätten sich nicht ergeben. Staubbelästigungen würden sich ebenfalls nicht ergeben. Der zu errichtende und zu begrünende Schutzwall werde entsprechende Einwirkungen verhindern.
Der Kläger hat am 31. August 2001 Klage erhoben. Er meint, durch die im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Sandabbau entstehenden Straßenverkehrsverhältnisse würden seine drei Kinder erheblichen Gefahren ausgesetzt. Die schädlichen Umwelteinwirkungen durch den Betrieb seien so erheblich, dass der Kläger sie nicht hinzunehmen habe. Der Beklagte sei zu Unrecht zu dem Ergebnis gekommen, dass für das Verfahren das Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht gegeben sei. Diese Notwendigkeit ergebe sich vielmehr aus der EU-Richtlinie 85/337/EWG. Der zwischen der Gemeinde B. und der Beigeladenen geschlossene Vertrag sei rechtswidrig zustande gekommen, wodurch die Rechte des Klägers als Bürger der Gemeinde verletzt seien. Die nunmehr vorgesehene Zuwegung sei für den Kläger unzumutbar, denn sie sei auch in der lärmtechnischen Untersuchung nicht empfohlen worden. Im Übrigen hätte eine neue lärmtechnische Untersuchung durchgeführt werden müssen.
Der Kläger beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 24. September 1999 in der Form des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung L. vom 31.Juli 2001 aufzuheben.
Hilfsweise beantragt er, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens festzustellen,dass die schädlichen Umwelteinwirkungen durch den Betrieb so erheblich sind, dass der Kläger diese nicht hinnehmen muss.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er verteidigt die ergangenen Bescheide. Die Beigeladene beantragt ebenfalls, die Klage abzuweisen.
Sie meint, der Vertrag mit der Gemeinde B. sei wirksam zustande gekommen, weil alle gesetzlich vorgeschriebenen Förmlichkeiten beachtet worden seien. Die Gefährdung der Kinder sei nur pauschal behauptet worden und hätte im Übrigen von diesen selbst geltend gemacht werden müssen. Der Hinweis auf eine angeblich rechtswidrig unterlassene Umweltverträglichkeitsprüfung führe nicht zu einer Klagebefugnis des Klägers. Hier handele es sich um objektiv-rechtliche Verfahrensvorschriften, denen drittschützender Charakter grundsätzlich nicht zukomme. Im Übrigen habe im Jahre 1994 im Rahmen eines Raumordnungsverfahrens bereits eine Umweltverträglichkeitsprüfung stattgefunden. Die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den bei der Umweltverträglichkeitsprüfung relevanten Faktoren sei in der landesplanerischen Feststellung vom 7. März 1995 festgestellt worden. Aus der Beurteilung des Naturschutzamtes des Beklagten vom 5. April 2001 ergebe sich im Übrigen, dass die bei der Umweltverträglichkeitsprüfung relevanten Faktoren in der Abbauplanung für das Vorhaben konsequent beachtet worden seien. Diese fachliche Beurteilung sei zusammen mit den Verfahrensunterlagen zur allgemeinen Einsichtnahme öffentlich ausgelegt worden. Soweit der Kläger schädliche Umwelteinwirkungen auf sein Wohnhausgrundstück befürchte, könne die Klage ebenfalls keinen Erfolg haben. Die Nachbarbelange seien durch die Nebenbestimmungen zur Genehmigung ausreichend geschützt. Die von dem Kläger befürchtete Staubentwicklung sei in den Auflagen Nr. 7 und 18 in der Anlage 1 zur Genehmigung behandelt worden. Der Beigeladenen sei aufgegeben worden, einer möglichen Staubentwicklung bereits während der Bauphase durch Schutzwälle und später in geeigneter Weise zu begegnen. Das im Jahre 1994 eingeholte Lärmgutachten sei nicht durch den Zeitablauf überholt. Die für zulässig gehaltenen Immissionsrichtwerte seien ausdrücklich in den Nebenbestimmungen der Genehmigung (Ziffer 43) aufgenommen worden. Ein Nachtbetrieb des Bodenabbaus werde nicht stattfinden. Darüber hinaus ergebe sich aus Ziffer 49 der Nebenbestimmungen in Anlage 1, dass weitere Auflagen noch ergehen könnten. Die Belange des Klägers seien damit hinreichend geschützt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Streitakten, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagen und der Bezirksregierung L. und auf die Niederschrift über die Ortsbesichtigung im Rahmen der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, denn der Kläger ist möglicherweise von der der Beigeladenen erteilten Genehmigung zum Sandabbau dadurch betroffen, dass von dem Vorhaben Lärm- und Staubemissionen ausgehen, die ihn möglicherweise so belasten, dass es ihm nicht zuzumuten ist, dies hinzunehmen.
Soweit der Kläger gegen die erteilte Genehmigung zunächst geltend macht, sie sei bereits deshalb rechtswidrig, weil die Erschließung des Abbaugebietes nicht gesichert sei, weil der zu diesem Zweck zwischen der Beigeladenen und der Gemeinde B. geschlossene Vertrag vom 26. März 1998 nichtig sei, hat die Klage keinen Erfolg. Die Bezirksregierung L. hat den Widerspruch insoweit zutreffend als unzulässig abgewiesen, weil der Kläger durch diesen Vertrag in seinen Rechten nicht betroffen ist. Allein durch den Vertragsschluss wird nämlich der Beigeladenen nicht die Genehmigung zum Ausbau der Zufahrtstraße zu dem Abbaugebiet genehmigt. Eine Rechtsbeeinträchtigung des Klägers tritt zudem möglicherweise erst durch die Benutzung dieser Straße zum Abtransport des Sandes ein, nicht jedoch durch diesen Vertrag. Die Benutzung dieser Straße kann jedoch erst mit der Erteilung der in diesem Verfahren angefochtenen Bodenabbaugenehmigung erfolgen. Erst dadurch kommt eine Rechtsbeeinträchtigung der Anwohner in Betracht. Der Kläger kann daher nicht geltend machen, dass der Vertrag rechtswidrig zustande gekommen sei, weil er von dem Rat der Gemeinde B. lediglich in nichtöffentlicher Sitzung beraten worden ist. Insoweit muss darüber hinaus darauf hingewiesen werden, dass ein den Bau einer Straße regelnder Vertrag mit einem Dritten die Planung der Erschließung ohnehin nicht verändern kann, ohne dass dies in einer öffentlich zu beratenden Planänderung beschlossen wird. Im vorliegenden Fall hat die Gemeindevertretung sowohl über die Flächennutzungsplanung, die die Straße enthält, als auch über den Bebauungsplan „Gewerbegebiet P.-Süd“ öffentlich beraten und entschieden. Ebenso ist über die Stellungnahme der Gemeinde B. zum Raumordnungsverfahren für das Bodenabbauvorhaben „S.“ in dem Rat der Gemeinde N. ebenfalls öffentlich beraten und beschlossen worden. Diese beiden in öffentlichen Sitzungen gefassten Beschlüsse bilden die Grundlage des Vertrages der Gemeinde B. mit der Beigeladenen. Eine darüber hinausgehende Rechtsbeeinträchtigung kann durch den Vertrag selbst nicht erfolgen.
Auch soweit der Kläger geltend macht, der Beklagte habe zu Unrecht auf die Einholung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet, führt die Klage nicht zum Erfolg. Zu Recht hat auch insoweit die Bezirksregierung L. den Widerspruch als unzulässig abgewiesen, weil den Nachbarn ein Anspruch auf Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht zusteht. Gemäß § 9 Abs. 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 27.Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten vom 12. Februar 1990 (BGBl. I S. 205) ist die Öffentlichkeit zu beteiligen und ihr die Gelegenheit zur Äußerung zu geben, jedoch können Rechtsansprüche hieraus nicht begründet werden. Bereits aus dieser Regelung ergibt sich, dass die Vorschriften über die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung grundsätzlich nicht drittschützend sind, sondern allein dazu dienen, Informationen über die Auswirkung des Projektes auf die natürliche Umwelt einschließlich der menschlichen Gesundheit zu verschaffen. Aus der Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung lässt sich daher auch keine selbstständig durchsetzbare Verfahrensposition herleiten (vgl. auch VG Köln, Urteil vom 31.05.2000, zitiert nach Juris, ZfB 2000, 330 ff.; OVG Saarland, Urteil vom 01.09.1998, ZfB 1998,171 ff., bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 17.12.1998, 4 B 125/98, ZfB 1999, 21 ff.). Soweit die Umweltverträglichkeitsprüfung, die im öffentlichen Interesse erfolgt, Belange umfasst, die ein Planbetroffener als eigenen Belang geltend machen kann, können derartige Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung als Verletzung des Abwägungsgebotes beachtlich sein (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 02.03.1998 - Bf III 41/96 - zitiert nach Juris). Hier ist jedoch nicht ersichtlich und auch nicht dargetan, dass Rechte des Klägers dadurch verletzt wären, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ordnungsgemäß ist. Im Übrigen ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Beklagte die öffentliche Bekanntmachung der Umweltverträglichkeitsprüfung, die im Rahmen des Raumordnungsverfahrens durchgeführt worden war, während des Verfahrens um die Erteilung der Bodenabbaugenehmigung nachgeholt hat.
Auch soweit der Kläger die Beeinträchtigung der Naherholungsfunktion und der Verkehrssicherheit in der Gemeinde geltend macht, handelt es sich nicht um eigene Belange, deren Verletzung ihn in seinen eigenen Rechten beeinträchtigen kann. Diese Fragen sind daher zu Recht in dem Verfahren um die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens behandelt worden. Der insoweit ergangene Bescheid der Bezirksregierung vom 31. März 1998 ist durch Zurückweisung des Widerspruches durch Bescheid vom 26. Juli 1999 bestandskräftig geworden.
Soweit der Kläger geltend macht, seine Rechte als Nachbar würden dadurch unzumutbar beeinträchtigt, dass von dem Betrieb der Beigeladenen ausgehende Lärm- und Staubbelästigungen unzumutbar seien und deshalb von ihm nicht hinzunehmen wären, hat die zulässige Klage keinen Erfolg. Den berechtigten Interessen der Nachbarn, gegen von dem Betrieb der Beigeladenen ausgehenden Einwirkungen verschont zu bleiben, ist in der erteilten Genehmigung hinreichend Berücksichtigung gewährt worden. Soweit es die Staub- und Lärmentwicklung, die von dem Abbaubetrieb selbst ausgeht,betrifft, schützen die auf der Westseite des Abbaugeländes vor Ausbaubeginn zu errichtenden Schutzwälle, die zehnreihig mit standortheimischen Laubgehölzen zu bepflanzen sind, die Nachbarn ausreichend. Diese Frage ist in der lärmtechnischen Untersuchung für das Bodenabbauverfahren vom April 1994 ausreichend erörtert worden. Der Gutachter hat plausibel dargestellt, dass die Immissionsrichtwerte nach der TA-Lärm eingehalten werden, wenn die empfohlenen Lärmschutzwälle im Bereich der Siedlung P. errichtet werden. Hinsichtlich der Staubentwicklung hat der Beklagte in der Nebenbestimmung Nr. 18 der Anlage 1 festgelegt, dass diese während des Abbaus mit geeigneten Mitteln, z.B. Einsatz von Sprühfahrzeugen, zu verhindern ist. Dabei ist im Übrigen zu berücksichtigen, dass sich die Häuser der Siedlung P. in nordwestlicher Richtung von dem Abbaugelände befinden, so dass eine Beeinträchtigung insoweit nur an wenigen Tagen des Jahres in Betracht kommen wird. Die Häuser dieser Siedlung befinden sich zudem, wovon die Kammer sich im Rahmen der Ortsbesichtigung überzeugen konnte, in einer natürlichen Senke, so dass die Lärmimmissionen schon wegen der wie ein Wall wirkenden natürlichen Umgebung herabgemindert wird. Im Übrigen ergibt sich aus den dem Gutachten beigefügten Ergebnistabellen hinsichtlich des Anlagenlärms bezüglich aller Abbauflächen, dass die zumutbaren Lärmimmissionswerte deutlich unterschritten werden. Die in der Auflage 43 festgelegten Immissionsrichtwerte können auch hinsichtlich der Addition sämtlicher Lärmanteile eingehalten werden. Dies hat auch das Niedersächsische Landesamt für Ökologie in der Bewertung des lärmtechnischen Gutachtens in seiner Stellungnahme vom 8. Dezember 1994 bestätigt. Das Landesamt für Ökologie hat in seinem Schreiben darüber hinaus zu den verschiedenen Erschließungsvarianten festgestellt, dass die Differenz der Schallpegelzunahmen zwischen der Variante B und C oder D mit nur 0,5 dB(A) vernachlässigbar gering sei, wobei verkehrstechnische Gründe für die Zufahrt D sprechen, weil sie über Gewerbegebiet führt. Dieser Stellungnahme folgt die Kammer auch nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung unter Berücksichtigung der vorliegenden schalltechnischen Begutachtung. Bei dem mehr als 175 m von der in südlicher, in Ost-West-Richtung verlaufenden geplanten Anschlussstraße entfernten Haus des Klägers wird der Schallpegel durch den Verkehrslärm zwar erhöht, die in der Auflage Ziffer 43 der Anlage 1 zur Genehmigung festgelegten Werte werden jedoch trotz der Erhöhung nicht erreicht werden. Die Festlegung dieser Werte erscheint zunächst, soweit tagsüber der Immissionsrichtwert auf 60 dB(A) und nachts auf 45 dB(A) festgelegt wurde, zutreffend. § 2 Abs. 1 Ziffer 3 schreibt für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete vor, dass der Beurteilungspegel den Immissionsgrenzwert von tags 64 dB(A) und nachts 54 dB(A) nicht überschreiten darf. Der Beklagte hat jedoch nicht die sich aus der Verkehrslärmschutzverordnung ergebenden Immissionsrichtwerte zugrunde gelegt, sondern die sich aus der TA-Lärm, der 6. Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesimmissionsschutzgesetz vom 26. August 1998 ergebenden Immissionsrichtwerte, die für das Wohnhaus des Klägers tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) festlegen. Diese Werte werden für das Haus des Klägers nach der vom Landesamt für Ökologie für plausibel gehaltenen lärmschutztechnischen Berechnung ohne Weiteres eingehalten. Für das Haus des Klägers ist nach dem lärmtechnischen Gutachten mit einer Zunahme der Immissionswerte um bis zu 1,9 dB(A) im Falle der Verwirklichung der Zufahrtsvariante D zu rechnen. Da zur Zeit die Belastung durch Verkehrslärm bei dem Haus des Klägers zwischen 45 und 50 dB(A) beträgt, ist von einer so deutlichen Unterschreitung der Immissionsrichtwerte auszugehen, dass die Einholung eines weiteren Sachverständigen-Gutachtens nicht erforderlich erscheint. Soweit der Kläger insoweit geltend macht, die Umstände hätten sich seit Erstellung des Lärmgutachtens im Jahre 1999 derart gravierend verändert, dass die Vorbelastung bereits ein Maß angenommen hat, dass die Einhaltung der festgelegten Immissionsgrenzwerte nach Aufnahme des Betriebes der Beigeladenen nicht mehr erreichbar ist, hat die Kammer dafür keine hinreichenden Anhaltspunkte finden können. Der Verweis auf den jenseits der Kreisstraße liegenden, wenig frequentierten Hubschrauberlandeplatz kann unter Berücksichtigung der seinerzeit vorgenommenen Messungen dafür nicht ausreichend sein. Eine wesentliche Veränderung der gemessenen Pegel, die bei einer Erhöhung um 3 dB(A) angenommen werden könnte, ist durch die Veränderungen nicht eingetreten. Die Einhaltung der Festlegung der Immissionsgrenzwerte ist danach weiterhin möglich. Darüber hinaus muss darauf verwiesen werden, dass die Betroffenen die Einhaltung dieser Werte nach Aufnahme des Betriebes überprüfen lassen können, wenn Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass Überschreitungen vorliegen. Der Beklagte wäre dann im Rahmen seines Auflagenvorbehaltes gehalten, die Einhaltung durch Anordnung weiterer Maßnahmen (z.B. Schutzmaßnahmen oder Einschränkung des Betriebes) sicherzustellen. Insoweit war die Entscheidung des Beklagten, die verkehrstechnisch günstigere Variante D für die Zufahrt zu wählen, nicht nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll.
Die der Beigeladenen erteilte Genehmigung zum Bodenabbau ist daher nach Abwägung aller sich gegenüberstehenden Interessen rechtlich nicht zu beanstanden und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Klage war daher mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.