Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 29.10.2019, Az.: L 4 KR 457/16

Übernahme der Kosten für eine Haarentfernung durch eine IPL-Epilation; Nicht abrechnungsfähige ärztliche Leistung im EBM-Ä

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
29.10.2019
Aktenzeichen
L 4 KR 457/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 44540
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG Stade - 02.08.2016 - AZ: S 1 KR 134/15

Redaktioneller Leitsatz

Neu ist eine Behandlungsmethode, wenn sie bisher noch nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im EBM-Ä enthalten ist; dies ist bei der IPL-Epilation der Fall.

Tenor:

Die Berufungen gegen das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 2. August 2016 werden zurückgewiesen. Kosten sind auch in den Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird jeweils nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Kläger einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Haarentfernung durch Laser (IPL) gegen die Beklagte haben.

Die 1997 geborene Klägerin zu 1. sowie der 1998 geborene Kläger zu 2. leiden unter einer ausgeprägten Hypertrichose bei vermehrter Aktivierung der Nebennieren mit DHEHS-Erhöhung (vgl. Berichte des Hautarztes Dr. J. vom 1. Dezember 2014). Den Ausführungen des behandelnden Arztes lässt sich für die Klägerin zu 1. entnehmen, dass sie unter einem stark ausgeprägten Haarwuchs an den Beinen leidet. Für den Kläger zu 2. wird angeführt, dass der stark ausgeprägte Haarwuchs an den Beinen für ihn als besondere Belastung empfunden werde. Der behandelnde Arzt stellte für beide Kläger unter dem 10. Dezember 2014 einen Antrag auf Kostenübernahme.

Jeweils mit Bescheid vom 23. Dezember 2014 lehnte die Beklagte für beide Kläger eine Kostenübernahme für eine IPL-Therapie ab. In der inhaltsgleichen Begründung heißt es: Die Kostenübernahme für eine Therapie zur Haarentfernung von Körperteilen, die mit normaler Kleidung bedeckt werden könnten, sei grundsätzlich nicht möglich.

Dagegen richteten sich die Eltern der damals noch minderjährigen Kläger mit Widerspruch vom 13. Februar 2015. Die Kinder würden sehr unter der Hypertrichose leiden. Natürlich sei es im Alltagsgeschehen möglich, die Extremitäten zu bedecken. Aber im Sommer bei hohen Temperaturen sei es nicht zumutbar, immer nur in langärmligen Hemden und langen Hosen herumzulaufen. Besonders schwierig gestalte sich die Situation in der Schule beim Schulsport, beim Schwimmen etc. Dort sei es schlichtweg nicht möglich, die Arme und Beine komplett bedeckt zu halten. Für die Klägerin zu 1. wird zudem vorgetragen, dass diese sich wegen dieser Situation bereits in psychotherapeutischer Behandlung befinde. Auch die Psychotherapeutin empfehle dringend eine Haarentfernung, um eine Chronifizierung der psychischen Situation zu verhindern. Dem Widerspruch der Klägerin zu 1. war beigefügt eine fachärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Kinder-und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Dr. K. vom 28. Januar 2015. Aus dieser Stellungnahme geht hervor, dass die Klägerin zu 1. aus kinder-und jugendpsychiatrischer Sicht unter einer Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion (ICD-10 F43.21) leide. Um einer Chronifizierung der emotionalen Störung entgegenzuwirken und der Patientin eine normale jugendliche Entwicklung zu ermöglichen, werde die dermatologisch empfohlene dauerhafte Haarentfernung per Laserepilation für eine sinnvolle und erforderliche Maßnahme angesehen.

Die Beklagte beauftragte daraufhin für beide Kläger eine Stellungnahme durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). In den sozialmedizinischen Stellungnahmen des Sachverständigen Dr. L. vom 27. Februar 2015 heißt es inhaltsgleich, dass die IPL-Methode kein zugelassenes Behandlungsverfahren sei. Die betroffenen Körperpartien seien in der Regel gut durch Kleidung zu bedecken. Nur eine Enthaarung des Gesichts und im Einzelfall der Hände sei zulasten der Krankenkasse möglich und über die Nr. des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) 10340 (Kleinchirurgischer Eingriff und/oder primäre Wundversorgung oder Epilation durch Elektrokoagulation) abrechenbar. Es liege keine lebensbedrohliche Erkrankung vor. Es stünden andere Methoden zur temporären Enthaarung zur Verfügung, die in die Eigenverantwortung des Betroffenen fallen würden. Eine temporäre Haarentfernung sei durch Rasur, Zupfen, Bleichen, Wachsepilation oder die Anwendung einer Haarentfernungscreme möglich. Für den Kläger zu 2. wird ergänzend ausgeführt, dass eine Bewertung, ob eine ausgeprägte besondere belastende Hypertrichose gegeben sei, nicht ohne eine Fotodokumentation/Originalfotos möglich sei. In einer weiteren für den Kläger zu 2. erstellten sozialmedizinischen Stellungnahme der Sachverständigen Dr. M. vom 16. März 2015 heißt es des Weiteren unter Hinweis auf die sozialmedizinische Stellungnahme vom 27. Februar 2015, dass es bei der Einschätzung bleibe, dass eine vermehrte Behaarung an den Beinen durch entsprechende Kleidung abgedeckt werden könnte, dies sei insbesondere bei Männern der Fall. Somit würde bezüglich einer dauerhaften Haarentfernung an den Beinen auch eine zugeleitete Fotodokumentation zu keiner anderen Beurteilung führen. Es sei zudem darauf hinzuweisen, dass es sich bei der ausgeprägten Hypertrichose bei einer Nebennierenrindenfunktionsstörung nicht um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung handele. Im weiteren Verfahren wurde eine Stellungnahme der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Klinikum N. vom 20. März 2015 für beide Kläger eingereicht. In dieser Erklärung heißt es, dass eine Ablehnung der vorgeschlagenen Behandlung für die Kläger bedeuten würde, dass ihnen eine normale Inklusion in den Alltag verwehrt würde.

Mit im wesentlichen inhaltsgleichen Widerspruchsbescheiden vom 13. Mai 2015 hat die Beklagte die Widersprüche der Kläger zurückgewiesen. Da es sich bei der IPL-Therapie um keine zur kassenärztlichen Behandlung zugelassene Methode handeln würde, seien für eine Kostenerstattung die Voraussetzungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG)-Beschlusses vom 6. Dezember 2005 zu prüfen. Bei der vorliegenden Erkrankung handele es sich nicht um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung, somit seien die Voraussetzungen des BVerfG-Beschlusses nicht erfüllt. Eine Kostenübernahme zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung könne daher nicht erfolgen.

Die Kläger haben am 5. Juni 2015 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Stade erhoben. Die Kläger würden unter einer ausgeprägten Hypertrichose leiden, die sich zwischenzeitlich erheblich auf die Psyche niedergeschlagen habe. Bislang durchgeführte Hormontherapien hätten fehlgeschlagen. Der Hautarzt der Kläger habe die Durchführung einer IPL-Therapie empfohlen, die als einzige Behandlungsmaßnahme vorliegend in Betracht käme. Es gebe keinerlei Behandlungsalternativen. Das SG hat mit Urteil vom 2. August 2016 die Klagen abgewiesen. Die zulässigen Klagen seien nicht begründet. Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sei auch deshalb nicht gegeben, weil keine Krankheit im Sinne des SGB V gegeben sei. Krankheitswert im Rechtssinne käme nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich sei vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt werde und dass er an einer Abweichung vom Regelfall leide, die entstellend wirke. Weder liege eine Beeinträchtigung der Körperfunktion vor noch wirke die Beeinträchtigung durch die Hypertrichose entstellend. Die Auffälligkeit erreiche zur Überzeugung der Kammer nach der unter Teilnahme der Kläger durchgeführten mündlichen Verhandlung vorliegend nicht ein Ausmaß, das naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und somit zugleich erwarten ließe, dass die Betroffenen ständig viele Blicke auf sich ziehen, zum Objekt besonderer Beachtung anderer würden und sich deshalb aus dem Leben der Gemeinschaft zurückziehen und zu vereinsamen drohten, sodass die Teilhabe am Leben der Gesellschaft gefährdet sei. Die nach der Rechtsprechung des BSG erforderliche Ausprägung der Auffälligkeit, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi im Vorbeigehen bemerkbar mache und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führe, sei hier nicht erreicht. Die von dem Haarwuchs betroffenen Körperregionen könnten regelmäßig bedeckt werden. Der Umstand, dass eine Bedeckung in bestimmten Lebenssituationen nicht möglich sei, ändere an dieser Bewertung nichts. Hinzu trete, dass sich das Gericht nicht der Auffassung der Kläger anschließen könne, die IPL-Laserbehandlung sei die einzige zur Verfügung stehende Behandlungsmethode. Offenbar vertreten die Kläger die Auffassung, die IPL-Laserbehandlung sei die einzige Behandlungsmethode, weil die Hormonbehandlung mehr oder weniger erfolglos sei. Dies verkenne, dass durch eine Haarentfernung die bei den Klägern vorhandene Hormonstörung nicht behoben werde, sondern fortbestehe, es handele sich nicht um eine Behandlungsmethode hinsichtlich des Hormonhaushaltes, sondern nur hinsichtlich dessen Auswirkungen. Überdies sei schon im Ansatz nicht dargelegt, warum die Haarentfernung nicht auch auf anderen, konventionellen Wegen, durch Rasur, Enthaarungscreme oder ähnlichen Mitteln erfolgen könnte. Die im Rahmen der mündlichen Verhandlung glaubhaft vorgetragene psychische Belastung der Kläger rechtfertige ebenfalls keine Behandlung mit einem IPL-Laser auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies entspräche der ständigen Rechtsprechung des BSG, wonach eine Behandlung am gesamten Körper, die psychische Leiden beeinflussen solle, nicht als Behandlung im Sinne von § 27 Abs. 1 SGB V zu werten, sondern vielmehr der Eigenverantwortung der Versicherten zugewiesen sei. Gegen das am 12. August 2016 zugestellte Urteil haben die Kläger am 24. August 2016 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt. Das erstinstanzliche Urteil sei fehlerhaft und daher aufzuheben. Die Beklagte sei verpflichtet, die beantragte Behandlung zu übernehmen. Soweit das erstinstanzliche Gericht der Hypertrichose keinen eigenständigen Krankheitswert beimesse, sei dem bereits nicht zuzustimmen. Nach der Rechtsprechung sei eine Krankheit im Rechtssinne eine körperliche Unregelmäßigkeit, die den Versicherten in seinen Körperfunktionen beeinträchtige. Ob dies vorliegend bei den Klägern der Fall sei, sei seitens des SG nicht weiter aufgeklärt worden. Die Funktion der Körperbehaarung liege u.a. darin, dass normalerweise an schweißdrüsenreichen Körperstellen die Behaarung die Temperaturregelung unterstütze. Eine körperliche Störung dürfte bei der Klägerin insoweit vorhanden sein. Ferner sei nach klägerischer Auffassung eine körperliche Auffälligkeit mit entstellender Wirkung im Sinne der Rechtsprechung des BSG vorhanden. Nach der Rechtsprechung des BSG käme es auf die Auffälligkeit in alltäglichen Situationen an. Welche Situationen alltäglich seien, werde weder in der höchstinstanzlichen Rechtsprechung noch von dem SG weiter ausgeführt. So sei es nach klägerischer Auffassung alltäglich im Sinne von normal, dass der Bekleidungsstil im Laufe der Jahreszeiten wechsele. So dürfte es in Deutschland unnormal sein, dass im Hochsommer bei Temperaturen oberhalb von 30 Grad Celsius Jacken, Mäntel oder auch lange Hosen getragen würden, insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Somit sei es völlig unverständlich, dass das SG davon ausgehe, die bei den Klägern vorhandene Hypertrichose sei nicht auffällig, da die befallenen Regionen regelmäßig mit Kleidung bedeckt werden müssten. Dies sei unter Berücksichtigung der Normalität nicht korrekt. Beide Kläger würden gerne kurze Beinkleider tragen, die Klägerin zu 1. auch Miniröcke, wenn die Temperaturen dies zuließen. Unter Berücksichtigung des medizinischen Aspektes der Temperaturregelung sei dieses bei den Klägern häufig der Fall. Somit sei nach klägerischer Auffassung die Beurteilung, wann etwas auffällig sei, nicht punktuell, sondern dynamisch zu sehen, aber dennoch verallgemeinernd. Wie zuvor skizziert, sei es allgemein üblich, im Sommer kurze Kleider zu tragen, jedoch würden sodann bei den Klägern die befallenen Regionen nicht bedeckt. Aufgrund der Ausprägung der Körperbehaarung würde ein Auffallen im flüchtigen Vorbeigehen tatsächlich bejaht werden. Anderweitige Möglichkeiten der Haarentfernung, insbesondere Rasur, Enthaarungscreme oder ähnliches sei vorliegend nicht möglich. Aufgrund der Beschaffenheit der Behaarung sei eine einfache Rasur nicht möglich, sondern würde Körperschädigung, Juckreiz und ähnliches hervorrufen. Effektive natürliche Enthaarungsprodukte seien nicht bekannt; Enthaarungscremes enthielten Chemikalien, die gesundheitsschädigend seien, für den Fall, dass wie hier eine dauerhafte Anwendung notwendig werde. Dem Vortrag war beigefügt eine Stellungnahme des Leiters der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Klinikum N. Dr. O. vom 19. August 2016. In dieser Stellungnahme heißt es, dass die Patienten bei einer deutlich vermehrten Aktivierung der Nebennierenrinde ein äußerst dichtes und mit langen Haaren versehenes Körperhaarkleid hätten. Dieses sei nicht mehr im Rahmen der normalen menschlichen Varianz zu sehen. Es sei medikamentös nicht zu beeinflussen. Außer einer kompletten Haarentfernung würden keine Behandlungsmaßnahmen zur Verfügung stehen. Die Tatsache, dass diese die Ober- und Unterschenkel betreffen würde, führe zu einer massiven Einschränkung der Lebensäußerung beider Patienten. Beide würden gerne kurze Beinkleider tragen, die Klägerin zu 1. auch Miniröcke, wenn die Temperatur dies zuließe. Eine Darstellung der in diesem Ausmaß behaarten Beine führe unzweifelhaft zur Herabwürdigung und Mobbing durch andere. Auch ein Schwimmbadbesuch, dem beide gerne nachgehen würden, sei dadurch nur unter Inkaufnahme von abwertenden Äußerungen möglich. Somit seien die Beiden in alltäglichen Verrichtungen, insbesondere im Sommer, aber auch beim Sport etc., massiv in ihren Lebensmöglichkeiten eingeschränkt und einer unnötigen psychischen Belastung ausgesetzt. Es sei daher aus medizinischer Sicht völlig unnachvollziehbar, weshalb ein Gericht zu dem Schluss gekommen sei, dieses sei zumutbar. Die Kläger stellen inhaltsgleiche Anträge und beantragen nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen, das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 2. August 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 23. Dezember 2014 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 2016 zu verpflichten, die Kosten für die IPL-Behandlung zu übernehmen. Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, die Berufungen zurückzuweisen. Die Beklagte erachtet ihre Entscheidung weiterhin für zutreffend. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den gesamten Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung des Senates gewesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässigen Berufungen der Klägerin zu 1. und des Klägers zu 2. sind nicht begründet. Zutreffend hat das SG mit Urteil vom 2. August 2016 einen Anspruch der Kläger auf Übernahme der Kosten für eine IPL-Therapie abgelehnt. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 2016 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Sowohl der Klägerin zu 1. als auch dem Kläger zu 2. steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Übernahme der Kosten für die begehrte IPL-Epilation zu.

Der erkennende Senat lässt zugunsten der Kläger dahinstehen, ob es sich bei den (glaubhaft) geschilderten Beeinträchtigungen um eine Krankheit im Rechtssinne des § 27 SGB V handelt, namentlich im Sinne einer entstellenden Wirkung.

Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte - bei Vorliegen einer (hier unterstellten) Erkrankung - Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst ärztliche Behandlungen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V). Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliegt allerdings den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Der umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Letzteres ist bei der von den Klägern begehrten Therapie nicht der Fall. Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie im konkreten Fall nach Einschätzung des Versicherten oder seiner behandelnden Ärzte befürwortet wird. Die betreffende Therapie ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V vielmehr nur dann von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V bereits eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V wird nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr legen diese Richtlinien auch den Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich fest. Bei den von den Klägern begehrten IPL-Epilationen handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode, für die es an der erforderlichen positiven Empfehlung des GBA fehlt. Ärztliche Behandlungsmethoden im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes therapeutisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. Bei der ärztlich vorgenommenen IPL-Epilation handelt es sich um eine ärztliche Behandlungsmethode. Neu ist eine Behandlungsmethode, wenn sie bisher noch nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im EBM-Ä abgebildet ist. Die IPL-Epilation ist im EBM nicht enthalten. Das Gesetz ordnet in § 135 Abs. 1 SGB V an, dass Methoden ohne positive Empfehlung in Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nicht zulasten der Krankenversicherung angewendet werden dürfen (BSG, Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 12/05 R). An diese Entscheidung des GBA über den Ausschluss bestimmter Methoden sind Verwaltung und Gerichte im Grundsatz ebenso gebunden, wie wenn die Entscheidung vom Gesetzgeber selbst getroffen worden wäre. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehende Regelung des GBA nicht von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt oder die Regelung nicht in dem dafür vorgesehenen Verfahren zustande gekommen ist.

Ein Anspruch der Kläger ergibt sich auch nicht über den Grundsatz des sog. Systemversagens. Ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V geregelten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann nach der Rechtsprechung des BSG eine Leistungspflicht der Krankenkassen ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (Systemversagen). Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtwidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden. Ein derartiger Systemmangel liegt vor, wenn das Verfahren vor dem GBA von den antragsberechtigten Stellen bzw. dem GBA selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 127/05 R). In diesen Fällen ist denkbar, dass dem Versicherten eine den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V gerecht werdende Krankenbehandlung rechtswidrig vorenthalten wird. Voraussetzung für eine derartige Annahme ist insoweit, dass Qualität und Wirksamkeit der streitbefangenen Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, die sich in zuverlässigen, wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen niedergeschlagen haben müssen. Es fehlt vorliegend bereits am formalen Erfordernis einer Antragstellung durch eine antragsberechtigte Stelle. Es finden sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, die es rechtfertigen, ein Systemversagen anzunehmen (vgl. dazu auch LSG Niedersachsen, 1. Senat, Urteil vom 17. Oktober 2012, L 1 KR 443/11, zitiert nach juris; erkennender Senat, L 4 KR 640/16 B, abl. Beschluss vom 20. Januar 2017).

Hinzu kommt, dass es zugelassene wirksame Behandlungsmethoden für die betreffende Krankheit gibt. Im vorliegenden Fall steht mit der Nadelepilation eine wirksame Behandlungsmethode zur Verfügung und es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass diese Behandlungsmethode bei den Klägern unwirksam sein sollte. Dass es sich um ein langwieriges Verfahren handelt, das mit hohem Zeitaufwand und möglicherweise auch mit zeitweiligen Schmerzen der behandelten Stellen verbunden sein könnte, schließt eine Behandlung grundsätzlich nicht aus. Den auftretenden Schmerzen könnte erforderlichenfalls auch durch eine lokale Betäubung vorgebeugt werden (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, 1. Senat, Urteil vom 17.10.2012, a.a.O.; erkennender Senat a.a.O.).

Schließlich besteht kein Anspruch der Kläger auf die begehrte Behandlung aufgrund einer notstandsähnlichen Krankheitssituation. Die vom BVerfG (Beschluss vom 6. Dezember 2005, 1 BvR 347/98, zitiert nach juris) aufgestellten und inzwischen in § 2 Abs. 1a SGB V kodifizierten Voraussetzungen hierfür liegen offensichtlich nicht vor. Nach dieser Vorschrift können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von Abs. 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.

Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass ein Anspruch auf Epilation auch nicht aus § 13 Abs. 3a SGB V folgt, da betreffend beide Kläger die gesetzliche 3-Wochen-Frist gewahrt ist (Antragseingang 10. Dezember 2014; ablehnender Bescheid vom 23. Dezember 2014).

Insgesamt konnten die Berufungen daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe, jeweils die Revision zuzulassen, bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG)