Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.08.2021, Az.: 11 K 190/19

Umsatzsteuerliche Behandlung eines Büro- und Organisations-Bonus bzw. einer Förderprovision als steuerfreie Vermittlungsleistung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
19.08.2021
Aktenzeichen
11 K 190/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 68845
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstelle

  • DStRE 2022, 991-993

Tatbestand

Die Beteiligten streiten bei der Umsatzsteuer 2016 und 2017 über die umsatzsteuerliche Behandlung eines Büro- und Organisations-Bonus (BOB) bzw. einer Förderprovision in Höhe von x,xx Euro (2016) und x,xx Euro (2017) als steuerfreie Vermittlungsleistung nach § 4 Nr. 8 und Nr. 11 des Umsatzsteuergesetzes (UStG).

Der Kläger ist als selbstständiger gebundener Vermögensberater ausschließlich für die A tätig und vermittelt für diese Finanzprodukte. Die A ist ein in Deutschland tätiger Allfinanzvertrieb. Sie vermittelt Finanzprodukte zwischen Produktgebern (z.B. Versicherungen, Banken und Bausparkassen) und Endverbrauchern (Privat- und Firmenkunden). Ihre vermittelten Produkte lassen sich den Bereichen der verschiedensten Bankdienstleistungen, des Bausparens, der Investmentfonds, der Lebens-, Kranken- und anderen Versicherungen zuordnen. Für seine Tätigkeit erhielt der Kläger aufgrund des mehrschichtigen Vergütungssystems unterschiedliche Leistungen wie erfolgsabhängige Provisionen für die Eigen- und Gruppenumsätze sowie Boni und Zuschüsse (z.B. Grundprovision, Leistungsbonus-Praxis, Kundenleistungsbonus, BOB, Förderprovision).

Grundlage für seine Tätigkeit für die A bilden in den Streitjahren die Vermögensberaterverträge vom xx.xx.xxxx sowie vom xx.xx.xxxx. Danach war er u.a. berechtigt, neue Vermögensberater oder Vertrauensleute mit vertraglicher Bindung nur an die A zu gewinnen, zu schulen und zu führen und seine Vermittlungserfolge durch Einsatz dieses Stammes von Vermögensberatern (sog. Gruppenumsatz) zugunsten der A zu optimieren oder aber in Person Kunden zu beraten und ihnen die Produkte der A zu vermitteln (sog. Eigenumsatz). Dabei durfte er diese beiden Formen der Vermittlungstätigkeit nicht nur alternativ, sondern auch nebeneinander praktizieren. Wegen der Einzelheiten wird auf die beiden Vermögensberaterverträge verwiesen.

Der Kläger war sowohl im Eigen- als auch im Gruppengeschäft tätig. Im Gruppengeschäft hatte er die Position eines B und im Eigengeschäft die C erreicht. Die Anzahl der Vertragsangebote an Kunden im Gruppengeschäft betrug im Jahr 2016 xxx und im Jahr 2017 xxx. In den Streitjahren waren sechs Vermögensberater im Nebenberuf, fünf im Hauptberuf und zwei Vertrauensmitarbeiter für den Kläger tätig.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger als Vermittler sowohl aus dem Eigen- als auch aus dem Gruppengeschäft steuerfreie Leistungen gemäß § 4 Nr. 8 und Nr. 11 UStG erbrachte. In den Streitjahren erhielt er von der A zudem Sonderprovisionen wie einen BOB für den Zeitraum Januar 2016 bis März 2017 bzw. eine Förderprovision für die Zeit von April bis Dezember 2017. Diese Provisionen wurden nach vermittelten Gruppenumsatz-Einheiten bemessen und setzten in den letzten 12 Monaten einen Gruppenumsatz von 6.000 Einheiten voraus. Im Gegensatz zu dem Vermögensberatervertrag vom xx.xx.xxxx - Abschnitt V Ziff. 6 - waren diese Sonderprovisionen im Vermögensberatervertrag vom xx.xx.xxxx nicht ausdrücklich geregelt. Maßgebend waren dafür die jeweils von der A im Intranet veröffentlichten aktuellen Bedingungen, zu denen der Kläger Zugang hatte.

Die BOB-Bedingungen vom 04/2015 bis 09/2016 und vom 10/2016 bis 12/2016 enthielten unter Allgemeines folgende Regelung:

"Der Büro- und Organisations-Bonus ist eine zweckgebundene Leistung. Er ist für die Einrichtung, den Unterhalt und den Betrieb eines Büros, das einem kaufmännischen Mindeststandard entspricht und bei Bedarf Schulungen, Berufsinformationsseminare und ähnliche Veranstaltungen ermöglicht, sowie für organisatorische Maßnahmen zu verwenden, die der Förderung der Vertriebstätigkeit der betreuten Unterstruktur dienen und ihr zugute kommen. Die zweckentsprechende Verwendung - auch hinsichtlich der Höhe - ist der Gesellschaft auf Verlangen nachzuweisen. Eine zweckfremde Verwendung des Büro- und Organisations-Bonus lässt die Leistung entfallen und berechtigt die Gesellschaft zur Rückforderung der Leistung.

Eine zweckentsprechende Verwendung ist gegeben, wenn der Vermögensberater ein Büro eines Betreuers nutzt und den Büro- und Organisations-Bonus zur Begleichung der Nutzungsentgelte für diese Büronutzung einsetzt.

Der Büro- und Organisations-Bonus ist eine freiwillige Leistung der A an ihre Vermögensberater. Er ist nicht Gegenstand des Vermögensberater-Vertrages. Diese freiwillige Leistung ist abhängig vom Gesamterfolg der Gesellschaft, ein Rechtsanspruch besteht nicht. Das Vertragsverhältnis des Vermögensberaters muss zum Zeitpunkt der Zahlung ungekündigt sein."

In den BOB-Bedingungen vom 01/2017 bis 03/2017 sowie in den Förderprovisionsbedingungen 2017 war diese Regelung nicht enthalten. Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten auf die BOB- bzw. Förderprovisions-Bedingungen verwiesen.

In seiner Umsatzsteuererklärung für 2016 und seinen Umsatzsteuervoranmeldungen für 2017 gab der Kläger aus seiner Vermögensberatung jeweils steuerfreie Vermittlungsleistungen nach § 4 Nr. 8 und Nr. 11 UStG an. Für die Streitjahre fand bei dem Kläger eine Umsatzsteuersonderprüfung statt. Die Außenprüferin stellte u.a. fest, dass es sich bei dem im Jahr 2016 gezahlten BOB in Höhe von x,xx Euro sowie bei den Zahlungen von BOB und Förderprovision im Jahr 2017 in Höhe von x,xx Euro um steuerpflichtige Leistungen handele. Bei diesen freiwilligen und zum Aufbau eines Strukturvertriebs separat gezahlten Zuschüssen handele es sich nicht um eine nach § 4 Nr. 8 und Nr. 11 UStG steuerfreie Vermittlungsleistung.

Der Beklagte folgte der Auffassung der Außenprüferin und unterwarf den von der A an den Kläger im Jahr 2016 gezahlten BOB in Höhe von x,xx Euro brutto sowie die Zahlungen von BOB und Förderprovision im Jahr 2017 in Höhe von x,xx Euro brutto der Regelbesteuerung und erließ entsprechende Umsatzsteuerfestsetzungen für 2016 und 2017 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 der Abgabenordnung (AO).

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom xx.xx.xxxx als unbegründet zurückwies. Im Einspruchsverfahren ersetzte die zwischenzeitlich eingegangene Umsatzsteuerjahreserklärung 2017, die als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gilt, die angefochtenen Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide 1. bis 4. Quartal 2017 und wurde Verfahrensgegenstand.

Die Zurückweisung begründete der Beklagte damit, dass der Kläger nach dem Vermögensberatervertrag Handelsvertreter i.S.d. §§ 92, 84 ff. des Handelsgesetzbuches (HGB) sei. Hiernach sei er berechtigt, sowohl das Produktportfolio der A zu vermitteln, als auch weitere Vermögensberater zu gewinnen, die dann direkt mit der A einen Vermögensberatervertrag abschließen und der Gruppe des Klägers zugeordnet würden.

Der BOB bzw. die Förderprovision seien steuerpflichtig, weil die Voraussetzungen des § 4 Nr. 8 und Nr. 11 UStG nicht erfüllt seien. Eine steuerfreie Tätigkeit i.S.d. § 4 Nr. 11 UStG sei entscheidend dadurch gekennzeichnet, dass Versicherungskunden gesucht und mit dem Versicherer zusammengebracht würden. Diese Vermittlung, die in einer Nachweis-, Kontaktaufnahme- oder einer Verhandlungstätigkeit bestehen könne, müsse sich auf ein einzelnes Geschäft beziehen. Zweck dieser Tätigkeit sei es, dass Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schlossen, ohne dass der Vermittler ein Eigeninteresse am Inhalt des Vertrages habe. Leistungen hingegen, die keinen spezifischen und wesentlichen Bezug zu einzelnen Geschäften aufwiesen, seien nicht steuerfrei (vgl. BFH-Urteil vom 24.07.2014, V R 9/13, BFH/NV 2014, 1783 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Klägers sei bislang die für eine steuerfreie Tätigkeit erforderliche konkrete Vermittlungsleistung, die den Anspruch auf Zahlung des BOB bzw. der Förderprovision begründe, nicht nachgewiesen. Der Bezug auf die Gruppenumsätze, die als Berechnungsgrundlage für die Höhe des BOB bzw. der Förderprovision dienten, sei zur Herstellung eines entsprechenden Zusammenhangs nicht ausreichend. Diese Umsätze seien bei der Umsatzsteuerfestsetzung des Klägers bereits wie eigene Vermittlungsleistungen steuerfrei behandelt worden.

Der BOB bzw. die Förderprovision stellten keine (zusätzliche) Provision i.S.v. § 87 bzw. § 92 HGB dar. Sie würden nicht für die Vermittlung von Abschlüssen gezahlt. Mit Urteil vom xx.xx.xxxx habe der BGH zu der Frage, ob einem Handelsvertreter der BOB trotz Kündigung des Vermögensberatervertrages zu zahlen sei, festgestellt, dass nach den Vertragsbedingungen ein Anspruch auf Zahlung des BOB bestehe, soweit die im Intranet veröffentlichten Vertragsbedingungen erfüllt seien. Es handele sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), nach denen der Vermögensberater für einen erfolgreichen Gruppenaufbau einen BOB in bestimmter Höhe erhalte. Der BGH leite den zivilrechtlichen Anspruch auf Zahlung nicht aus getätigten Vermittlungsumsätzen aus den Gruppengeschäften her und würdige ihn auch nicht als handelsrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB.

Umsatzsteuerlich sei der BOB entsprechend der zivilrechtlichen Beurteilung ebenfalls als Vergütung für eine weitere Leistung - unabhängig von der Vermittlungsleistung - zu werten. Denn die A zahle den BOB für die erfolgreiche Förderung des Unternehmensaufbaus und nicht für die Vermittlungstätigkeit. Gegenleistung für die Vermittlungstätigkeit seien die jeweiligen Abschlussprovisionen. Daneben leiste die Gesellschaft ausweislich des Vermögensberatervertrags freiwillige Sonderprovisionen wie den BOB bzw. die Förderprovision.

Durch das Vergütungsmodell werde bezogen auf die Tätigkeit des Vermögensberaters ein Anreiz geschaffen, ein Lenkungsziel der A - die Unterstützung des Gruppengeschäfts als Geschäftsmodell - zu erreichen.

Vergütet werde mit dem BOB nicht der Abschluss von Verträgen, sondern das Engagement des Vermögensberaters, die erforderlichen Strukturen für das Gruppengeschäft zu schaffen und so den Aufbau des Strukturvertriebs zu fördern. Mit der Förderung des Unternehmensaufbaus wende der Kläger der A einen Vorteil zu und erbringe damit eine Leistung an die A. Denn die Anwerbung neuer Mitarbeiter sei eine Aufgabe des Anbieters eines Finanzprodukts und damit der A. Somit bestehe zwischen der Tätigkeit "Aufbau des Strukturvertriebs" und dem BOB ein unmittelbarer Zusammenhang, der einen Leistungsaustausch begründe. Soweit der Kläger erfolgreiche Vermögensberater rekrutiere, erhalte er den BOB. Außerdem werde das Herauswachsen einer neuen Direktion besonders vergütet. Durch diese Leistung würden keine potentiellen Kunden gesucht, sondern der Aufbau, die Führung und die Leistung einer Vermittlungsorganisation übernommen (vgl. BFH-Urteil vom 20.12.2007, V R 62/06, BStBl. II 2008, 641). Dass auch der Bestand der bestehenden Gruppe zu vergüteten Einheiten führe, spreche nicht gegen die o.a. rechtliche Beurteilung der Leistung, weil auch die Betreuung der gewonnenen Vermögensberater Teil der Förderung des Gruppenaufbaus sei.

Die bis zur Umbenennung in Förderprovision im Intranet dargestellte Zweckgebundenheit des BOB für die Errichtung, den Unterhalt und den Betrieb des Büros und der Schulungsräumlichkeiten mache zusätzlich deutlich, dass die Zahlung für den Aufbau des Strukturvertriebs erfolge. Dem Kläger entstünden durch den Aufbau des Strukturvertriebs Kosten, die er nicht hätte, wenn er nur eigene Geschäfte durchführen würde. Der Aufbau des Gruppengeschäfts solle aus Sicht der A ausdrücklich gefördert werden, indem die im Gruppengeschäft tätigen Vermögensberater von diesen Kosten weitgehend entlastet würden, obwohl sie diese nach dem Vermögensberatervertrag selbst zu tragen hätten.

Dass die entsprechende Verwendung der Beträge nicht überprüft worden sei, sei unerheblich, weil sie nicht Voraussetzung für die umsatzsteuerliche Beurteilung sei. Tragend für die umsatzsteuerliche Beurteilung sei allein die ausgeführte Leistung und nicht die Verwendung des Zahlbetrags. Die A habe sich sogar vorbehalten, die Beträge bei anderer Verwendung zurückzufordern. Auch dies spreche gegen eine Würdigung als Vermittlungsprovision. Im Übrigen sei es ausreichend, wenn grundsätzlich die Möglichkeit der Überprüfung bestehe.

Auch dass der BOB der Höhe nach von den tatsächlich vermittelten Geschäftsabschlüssen abhänge, sei für die umsatzsteuerliche Beurteilung unerheblich (vgl. BFH-Urteil vom 06.12.2007, V R 66/05, BStBl. II 2008, 638 und vom 30.10.2008, V R 44/7, BStBl. II 2009, 554). Es sei unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nachvollziehbar, dass die A nicht die bloße Zuführung von Personen, die als Vermögensberater in Betracht komme, vergüte, sondern nur die Zuführung von erfolgreichen Vermögensberatern mit vorweisbaren Vertragsabschlüssen honoriere. Vor diesem Hintergrund sei auch verständlich, dass stornierte Verträge sich negativ auf die Einheiten auswirkten, die Grundlage für die Ermittlung des BOB seien. Auch dieser Umstand führe aber nicht zu einer anderen Beurteilung des Wesens dieses Umsatzes.

Nach den Grundsätzen in Abschn. 3.10 Abs. 1 bis 5 des Umsatzsteueranwendungserlasses (UStAE) seien die Vermittlungstätigkeit und die Förderung des Unternehmensaufbaus auch keine einheitliche Leistung. Die A habe sowohl ein Interesse daran, dass der Kläger die Vermittlungstätigkeit ausübe, als auch daran, dass er den Unternehmensaufbau durch Gewinnung erfolgreicher Vermögensberater fördere. Beide Leistungen hätten für die A einen eigenen Wert. Die Vermittlungstätigkeit im Eigengeschäft behalte ihren Wert, wenn der Vermögensberater den Unternehmensaufbau nicht fördere. Die Förderung des Unternehmensaufbaus behalte ihren Wert, wenn er nicht unmittelbar als Vermögensberater tätig sei.

Die Leistungen stünden auch nicht im Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung zueinander. Jede Leistung erfülle einen eigenen Zweck. Die Förderung des Unternehmensaufbaus stelle nicht nur ein Mittel der A zur Inanspruchnahme der Vermittlungsleistung unter optimalen Bedingungen dar. Auch sei sie keine Ergänzung der Vermittlungstätigkeit oder werde üblicherweise stets mit der Vermittlungstätigkeit angeboten und ausgeführt.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse sei der Kläger als B zur Erzielung seiner Umsätze nicht mehr davon abhängig, eigene Vermittlungsleistungen zu erbringen. Entgegen der Auffassung des Klägers stelle in seinem konkreten Fall das Anwerben und Betreuen anderer Vermögensberater keinen minimalen Anteil im Rahmen seiner Tätigkeit dar, weil im Rahmen seiner Karrierestufe den Einheiten aus dem Eigenumsatz im Verhältnis zu den Einheiten aus dem Gesamtumsatz nur ein geringes Gewicht gegeben werde. Die der Berechnung des BOB bzw. der Förderprovision zugrundeliegenden Vermittlungsleistungen seien durch die selbstständigen Vermögensberater der Unterstrukturen im Rahmen ihres Unternehmens erbracht worden. Sie stellten den Kundenkontakt her und berieten den jeweiligen Kunden. Die Tätigkeit des Klägers bestehe in erster Linie darin, neue Vermögensberater anzuwerben, zu schulen und im Rahmen ihres Einsatzes zu betreuen und zu unterstützen. Damit habe er sich bewusst gegen den ebenfalls möglichen Praxisweg durch Gewinnung neuer Kunden entschieden.

Mangele es an der erforderlichen Vermittlungstätigkeit als Leistungshandlung, könne die Steuerfreiheit der Leistung nach der Rechtsprechung des BFH auch nicht über eine erfolgsabhängige Vergütungsregelung begründet werden (vgl. BFH-Urteile vom 06.12.2007, V R 66/05, BFHE 221, 60, BStBl. II 2008, 638 und vom 14.04.2014, XI R 13/11, BFHE 245, 424, BStBl. II 2014, 734).

Nach Auffassung des Thüringer Finanzgerichts in seinem Urteil vom 08.09.2016, 1 K 669/15 würde selbst wenn die vertriebsunterstützenden und administrativen Tätigkeiten des Klägers für den Erfolg der Vermittlungsleistung unerlässlich seien, eine allgemeine Steuerfreiheit der vertriebsunterstützenden Aufgaben über den Vermittlungsbegriff der Richtlinie 77/388/EWG bzw. der Richtlinie 2006/112/EG (Mehrwertsteuersystemrichtlinie) und des UStG hinausgehen.

Dass nach Darstellung des Klägers die A und die Vermögensberater wirtschaftlich und aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers und des Produktgebers eine Organisationseinheit bilden sollten, sei umsatzsteuerlich jedenfalls unbeachtlich, weil jeder Leistungsaustausch gesondert zu beurteilen sei. Vermögensberater und die A handelten als unterschiedliche Unternehmer und hätten unterschiedliche Leistungsempfänger. Die Vermögensberater führten ihre Leistung ausschließlich gegenüber der A aus. Im Übrigen sei der Aufbau der Vertriebsstruktur bzw. deren Erweiterung das Geschäftsmodell der A. Nach einem Teilurteil des Landgerichts Frankfurt vom xx.xx.xxxx würden durch eine Art Schneeballsystem netzwerkähnliche Strukturen geschaffen. Sämtliche neu geworbenen Untervermittler würden vertraglich an die A gebunden und ihre Tätigkeit führe letztlich zu einem höheren Umsatzvolumen für die A.

Die ab April 2017 gezahlte Förderprovision entspreche dem bis dahin gezahlten BOB und sei daher genauso zu beurteilen. In den Bedingungen für die Auszahlung sei zwar die Zweckgebundenheit gestrichen worden. Dies führe jedoch nicht zu einer Änderung der umsatzsteuerlichen Beurteilung, weil sich diese - wie oben ausgeführt - nach dem Inhalt bzw. dem Wesen der Leistung richte und nicht nach der Verwendung der Zahlung.

Die dem BOB bzw. der Förderprovision zugrundeliegende, gesondert vereinbarte und vergüteten Leistung zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung eines Strukturvertriebs erfülle zudem nicht den Vermittlungsbegriff nach der EuGH-Rechtsprechung. Danach müsse ein Mittler eine eigenständige Mittlertätigkeit ausüben, deren Zweck darin bestehe, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schlossen (s. EuGH-Urteil vom 21.06.2007, C-453/05, Ludwig, und die Leitlinie 928 des MwSt-Ausschusses).

Mit seiner am xx.xx.xxxx erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor, dass er ausschließlich die Vermittlung von Produkten schulde. Im Rahmen des Gruppengeschäfts trage er als Betreuer eines neu angeworbenen Vermögensberaters die Verantwortung dafür, dass seine Partner in der Lage seien, Vermittlungsleistungen vorzunehmen und dabei vorgegebene Qualitätsstandards zu erfüllen. Die aktive Mitwirkung und die Qualitätskontrolle liege an erster Stelle in seinem eigenen wirtschaftlichen Interesse, weil er andernfalls mit Kunden- und Vertragsverlusten belastet würde. Ebenso liege die Qualitätskontrolle auch im Interesse der A. Daher unterstütze der Kläger die Partner, indem er sie praxisorientiert schule und auf jeder Stufe des Vermittlungsprozesses betreue und überwache. Als betreuender Vermögensberater könne er durch ein von der A entwickeltes IT-gestütztes Qualitätsmanagement-System auf sämtliche Vermittlungen durch alle seine Partner einwirken.

Bei erfolgreicher Vermittlung partizipiere der Betreuer an dem mithilfe des Partners vermittelten Geschäft durch Provisionen, die sich nach der Art und Qualität des vermittelten Geschäfts bestimmten. Die Betreuung, Überwachung und Schulung und vor allem die Möglichkeit zur mittelbaren Einwirkung auf Vertragsangebote an die Kunden seien Teil der Vermittlungstätigkeit des Klägers im Gruppengeschäft. Diese Tätigkeiten dienten seinem eigenen Unternehmen.

Der Kläger sei im Jahr 2017 seit x Jahren für die A tätig gewesen. Zum 31.12.2017 habe er insgesamt 13 Partner gehabt, die er im Laufe seiner x-jährigen Tätigkeit gewonnen habe. Davon seien zwei Partner als Vertrauensmitarbeiter und elf Partner als Vermögensberater und somit vermittelnd (sechs im Nebenberuf und fünf im Hauptberuf) tätig. Zwölf Partner hätten mit einer Vertrauensmitarbeiter-Tätigkeit für den Kläger begonnen, ein Partner sei über den Direkteinstieg als Vermögensberater im Nebenberuf dazugekommen. Im Laufe seiner x-jährigen Tätigkeit für die A habe er durchschnittlich alle x Jahre einen neuen Partner gewonnen.

Für die erfolgreiche Vermittlung eines Finanzprodukts zahlten die Produktanbieter zunächst eine Provision an die A. Die A gebe ihrerseits einen Teil der erhaltenen Provision an die an der konkreten Vermittlung beteiligten Vermögensberater weiter. Wirtschaftlich betrachtet, stellten die A und sämtliche Vermögensberater gemeinsam eine Organisation dar und sie erhielten für gemeinsam vermittelte Finanzprodukte vom Produktanbieter insgesamt eine Provision, die sie nach vorhinein festgelegten Regeln untereinander aufteilten. Die Provision werde von einem Produktanbieter nur gezahlt, wenn tatsächlich an ihn ein Finanzprodukt vermittelt worden sei. Für andere Tätigkeiten bekämen die Beteiligten vom Produktanbieter keine Provisionen. Die Tätigkeit eines jeden Beteiligten der Organisation A - und somit auch vom Kläger - sei daher immer auf eine derartige Vermittlung ausgerichtet. Nur die vom Produktanbieter gezahlte Provision könne unter den beteiligten Vermittlern verteilt werden.

Nach dem Vermögensberatervertrag erhalte der Vermögensberater für seine Vermittlungstätigkeit erfolgsabhängige Vergütungen in Form von Provisionen i.S.d. §§ 87, 92 HGB. Für das Anwerben eines Vertrauensmitarbeiters oder eines Vermögensberaters im Neben- oder Hauptberuf enthalte der Vermögensberatervertrag keinen Provisionstatbestand. Im Ergebnis hänge jede Provisionszahlung der A an den Kläger von konkret vermittelten Finanzprodukten ab. Dies gelte für alle Provisionskomponenten und damit auch für die sog. freiwilligen Sonderprovisionen BOB sowie die Förderprovision.

Die A zahle über die Grundprovision hinaus freiwillige Sonderprovisionen für überdurchschnittliche Vermittlungsleistungen, und zwar nach gleichen Prinzipien sowohl im Eigen- als auch im Gruppengeschäft. Der BOB bzw. die Förderprovision würden dem Kläger für das Gruppengeschäft gezahlt und stellten eine Aufstockung der Grundprovision dar. Sie würden für dieselben Vermittlungsgeschäfte gezahlt wie die Grundprovision.

Nach dem Wortlaut der Bedingungen des BOB zahle die A diesen zur "Förderung des Unternehmensaufbaus". Dieser Hinweis beziehe sich auf das eigene Unternehmen des Betreuers und nicht auf das Unternehmen der A oder den Aufbau eines Strukturvertriebs. Die Bedingung, wonach der Kläger den BOB für bestimmte Eingangsleistungen einsetzen müsse, habe die A für die Feststellung des Anspruchs in der Praxis nie herangezogen. Diese Bedingung sei in der Praxis nicht gelebt worden. Die A habe keinerlei Prüfung vorgenommen, wofür der Kläger den BOB einsetze. Sie habe in keinem Fall die Zahlung des BOB mit dem Hinweis auf die weitergehende Bedingung verweigert.

Seit April 2017 zahle die A die Förderprovision. In ihren Bedingungen sei die Zielsetzung Förderung des Unternehmensaufbaus und der Verwendungshinweis von vornherein nicht enthalten. Der Wortlaut der Bedingungen sei an die tatsächlichen Verhältnisse angepasst worden. Die A ziehe im Ergebnis als Kriterium der Zahlung lediglich die Summe der Einheiten im Gruppengeschäft heran.

Der Gegenstand der Leistung des Klägers an die A bestehe im Gruppengeschäft allein in der Vermittlung. Eine Anwerbeleistung sei an keiner Stelle vereinbart worden. BOB und Förderprovision seien Entgelt für umsatzsteuerfreie Vermittlungsleistungen gemäß § 4 Nr. 8 und Nr. 11 UStG.

Die Sonderprovisionen seien eine wichtige Unterstützung für Investitionen in das eigene Unternehmen eines Vermögensberaters. Das Unternehmen des Klägers umfasse auch das Gruppengeschäft. Zur Erweiterung dieses Teils sei der BOB gedacht. Der Aufbau des eigenen Unternehmens sei in erster Linie ein Vorteil für den Kläger selbst. Durch ein größeres eigenes Unternehmen habe er die Möglichkeit, mehr Geld zu verdienen. Der Aufbau des eigenen Unternehmens sei aber keine Leistung des Klägers an die A, welche sie vergüte. Selbst wenn dieser Unternehmensaufbau reflexhaft in der Folge zu einem Vorteil für die A führe, sei dies keine Leistung an die A. Die Leistung des Klägers liege erst in den (vermehrten) Vermittlungen mit seinem eigenen Unternehmen. Vor diesem Hintergrund sei die Annahme des Beklagten - es gehe um die Förderung des Unternehmensaufbaus der A - auch aus den konkreten BOB- bzw. Förderprovisions-Bedingungen nicht ableitbar.

Die Verwendung des BOB richte sich nicht nach dem Verwendungshinweis in den BOB-Bedingungen unter "Allgemeines", sondern nach den tatsächlich bezogenen Eingangsleistungen, welche mit dem BOB gekauft würden. Hinzu komme, dass die unter "Allgemeines" aufgeführten Bestimmungen wegen inhaltlicher Unbestimmtheit gemäß § 307 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und § 308 Nr. 1 Buchst. b BGB unwirksam seien. Selbst wenn man die Bestimmungen anwenden würde, ließen sie nicht den vom Beklagten gezogenen Schluss zu, dass der BOB den Aufbau eines Strukturvertriebs fördere. Nach dem Wortlaut sei der BOB für die Unterhaltung und den Betrieb eines Büros gedacht. Ein derartiges Büro benötige der Kläger sowohl für das Gruppen- als auch für das Eigengeschäft. Dieses Büro müsse nach dem Wortlaut der Bestimmung einem kaufmännischen Mindeststandard entsprechen und Schulungen und ähnliche Veranstaltungen ermöglichen. Weiterhin solle das Büro für organisatorische Maßnahmen verwendet werden, die der Förderung der Vertriebstätigkeit der betreuten Partner diene und ihnen zugutekomme. Auch insoweit diene der Bonus der Förderung der steuerfreien Gruppengeschäfte. Es sei aus den Bedingungen daher nicht abzuleiten, dass die A den Bonus für Tätigkeiten zahle, die über die steuerfreien Vermittlungen im Eigen- und Gruppengeschäft hinausgingen.

Zudem sei zwischen der A und dem Kläger keine Anwerbeleistung vereinbart worden. Dies verdeutliche, dass weder die A noch der Vermögensberater darin einen Wert erkannten. Die A partizipiere nur daran, wenn erfolgreich Vermittlungsleistungen durch den Vermögensberater erbracht würden, nicht aber, wenn ein gewonnener Vertrauensmitarbeiter oder Vermögensberater einen Vertrag mit der A unterschreibe. Daher liege das zentrale wirtschaftliche Interesse der A allein darin, den Gegenstand des Unternehmens des Klägers, d.h. Vermittlungsleistungen zu fördern. Sie wolle zielgerichtet die für das Gruppengeschäft entscheidende Wertschöpfung durch Betreuung, Schulung und Überwachung neuer Vermögensberater mit einer zusätzlichen Sonderprovision für die erbrachten Vermittlungen fördern. Der wirtschaftliche Hintergrund sei als wesentlicher Umstand ebenfalls bei der Auslegung des Inhalts der Leistung zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 03.06.2009, XI R 34/08, BStBl. II 2010, 857 Rn. 12).

Systembedingt werde der BOB bzw. die Förderprovision erst fällig, wenn es dem Kläger im zweiten Schritt gelinge, mit dem Vermögensberater erfolgreich zu vermitteln. Daher sei dieses Vermitteln wirtschaftlich betrachtet entscheidend.

Des Weiteren sei die Behauptung, der Kläger habe durch die in seiner x-jährigen Tätigkeitsdauer für den A wenigen Anwerbungen einen Strukturvertrieb aufgebaut, nicht nachvollziehbar. In Anbetracht des geringen Aufwands für die Anwerbung eines Berufsanfängers im Vergleich zu den umfangreichen Tätigkeiten bei der Vermittlung von Produkten, stehe die Höhe der angeblichen Werbevergütung in keinem Verhältnis zur angeblichen Leistung. Vermögensberater in der untersten Karrierestufe im Hauptberuf erzielten im Jahr 2016 und 2017 durchschnittlich x,xx Euro Provisionseinnahmen pro Jahr. Daraus ergebe sich eine einmalige Anwerbevergütung je Vermögensberater von x,xx Euro. Lt. dem Beklagten solle die A für die angenommene Anwerbeleistung also fast das neunfache des marktüblichen Entgelts gezahlt haben. Es bestehe damit offensichtlich ein krasses Missverhältnis.

Darüber hinaus sei die Anwerbung - entgegen der Auffassung des Beklagten - nicht Aufgabe der A, sondern des Klägers selbst. Zum einen sei es Teil der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit, wer, welche Aufgaben übernehme. Da die A es dem Kläger freistelle, im Gruppen- und/oder im Eigengeschäft tätig zu sein, zeige sie gerade, dass sie die Anwerbung nicht als ihre eigene Aufgabe ansehe. Der Kläger habe entschieden, seine eigene unternehmerische Tätigkeit auch im Gruppengeschäft auszuführen. Durch diese Entscheidung mache er die Anwerbung zu seiner Aufgabe, weil er seine Entscheidung sonst nicht umsetzen könne.

Selbst wenn man annehme, dass das Anwerben neuer Vermögensberater - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht Teil der Vermittlung sei, sondern eigenständig zu beurteilen wäre, läge ebenfalls keine Leistung an die A vor. Wesentliches Interesse des Klägers sei es, sein eigenes Unternehmen zu fördern. Er werbe neue Vermögensberater für sein Unternehmen nur an, um selbst erfolgreich vermitteln zu können. Die Gewinnung neuer Vermögensberater sei zwingende Voraussetzung, um Vermittlungen im Gruppengeschäft tätigen zu können. Indem der Kläger sein eigenes Unternehmen fördern wolle, erbringe er insoweit keine Leistung an die A.

Selbst wenn eine Leistung des Klägers an die A in Form des Anwerbens neuer Vermögensberater angenommen werden würde, wären der BOB und die Förderprovision hierfür kein Entgelt, weil es auch am unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Zahlung fehle (vgl. BFH-Beschluss vom 22.05.2019, XI R 20/17, UR 2019, 764 Rn. 16). Der Kläger könne unendlich viele neue Vermögensberater anwerben. Er erhielte hierfür von der A keinerlei Zahlung. Die Zahlung erhalte der Kläger nur, wenn er gemeinsam mit dem Vermögensberater im Rahmen des Gruppengeschäfts Finanzprodukte vermittele.

Bei einer Anwerbeleistung habe ein Personalvermittler Anspruch auf die vereinbarte Fixvergütung mit Abschluss des Vertrags zwischen Auftraggeber und rekrutierter Person, unabhängig vom späteren Erfolg der rekrutierten Personen. Der Beklagte verkenne, dass der Vermögensberater für den Provisionsanspruch erst noch eine Vielzahl anderer Tätigkeiten zu erbringen habe, die den weitaus größeren zeitlichen und finanziellen Aufwand ausmachten. Deshalb vergüte die A nicht die Anwerbung, sondern die Vermittlung.

Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteile vom 10.11.2016, Rs. C-432/15, Bastova, UR 2016, 913 und vom 27.09.2001, Rs. C-16/00, Cibo Participations, UR 2001, 500 Rn. 43) und des BFH (Urteile vom 30.08.2017, XI R 37/14, DStR 2017, 2330 Rn. 23, 25 und vom 02.08.2018, V R 21/16, DStR 2018, 2628 Rn. 20 ff.) stünden Unwägbarkeiten zum Zeitpunkt der Leistungserbringung einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Zahlung entgegen. Derartige Unwägbarkeiten bestünden bei der vom Beklagten angenommenen Leistung des Anwerbens neuer Vermögensberater. Denn zum Anwerbezeitpunkt - Abschluss eines Vermögensberatervertrages mit einem neuen Vermögensberater - sei unklar, ob die daraus resultierende Vermittlung überhaupt erbracht und dafür ein Entgelt gezahlt werde. Zu diesem Zeitpunkt sei auch unklar, ob und in welcher Höhe der Kläger aufgrund von Tätigkeiten des neuen Vermögensberaters einen BOB oder eine Förderprovision erhalten werde. All dies hänge von der Ungewissheit ab, ob und wann der neue Vermögensberater tatsächlich erfolgreich eine Vermittlungsleistung erbringe.

Der BGH gehe im Urteil vom xx.xx.xxxx - entgegen der Auffassung des Beklagten - nicht von einer Leistung für einen erfolgreichen Gruppenaufbau aus. Er treffe darin keine Entscheidung über den Leistungsgegenstand oder die Art der Leistung. Vielmehr ziehe er lediglich den Schluss, dass die A aufgrund der Auslobung der Sonderprovision und deren Wortlaut zur Zahlung des BOB verpflichtet sei. Denn die BOB-Bedingungen würden jedenfalls ergänzender Inhalt des Vermögensberatervertrages, weil der Vermögensberatervertrag und die BOB-Bedingungen eine Gesamtzusage darstellten.

Ausgangspunkt der Ermittlung des Leistungsinhalts müsse das vertraglich vereinbarte sein (so auch BFH-Urteil vom 19.04.2007, V R 31/05, UR 2007, 646, Rn. 25 ff.). Entgegen der Auffassung des Beklagten seien der BOB bzw. die Förderprovision Gegenstand des Vermögensberatervertrages. Außerdem sei für die Frage, welche Leistung der Kläger für die Zahlung des BOB bzw. der Förderprovision erbringe, allein die Art der Leistung und der unmittelbare Zusammenhang mit dem erhaltenen Entgelt entscheidend.

Der BFH habe im Urteil vom 09.07.1998, V R 62/97, BStBl. II 1999, 253 eindeutig festgestellt, dass Anwerben, Betreuen, Überwachen und Schulen Teil der Vermittlungsleistung seien. Weitergehende Tätigkeiten bzw. andere Leistungshandlungen nehme der Kläger in Bezug auf seine Vermögensberater nicht vor.

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    den Umsatzsteuerbescheid 2016 vom xx.xx.xxxx in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom xx.xx.xxxx dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer vermindert um x,xx Euro auf 0,00 Euro festgesetzt wird,

  2. 2.

    den Umsatzsteuerbescheid in Form der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2017 von xx.xx.xxxx in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom xx.xx.xxxx dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer vermindert um x,xx Euro auf 0,00 Euro festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt er zur Vermeidung von Wiederholungen auf seine Ausführungen im Einspruchsverfahren Bezug. Ergänzend trägt er vor, dass die freiwilligen Sonderprovisionen - entgegen der Darstellung des Klägers - nicht als Provisionsbestandteil im Vermögensberatervertrag aufgenommen worden seien. Entgegen der Auffassung des Klägers sei der Umfang des Anwerbens von neuen Vermögensberatern für die umsatzsteuerliche Beurteilung unerheblich. Es gehe lediglich darum, ob der gezahlte BOB bzw. die Förderprovision für einen steuerpflichtigen Umsatz gezahlt worden sei.

Welchen Zeitaufwand der Kläger - neben seiner eigenen Vermittlungstätigkeit - aufgewendet habe, um neue Partner zu generieren, zu betreuen oder zu schulen und damit auch für den Ausbau bzw. Erhalt des Strukturbetriebs tätig gewesen sei, sei zudem offen.

Für die umsatzsteuerliche Beurteilung auf der Vertragsebene A und Vermögensberater sei unerheblich, dass die A nur von Produktanbietern gezahlte Provisionen zur Weitergabe an die Vermögensberater und Vertrauensmitarbeiter zur Verfügung habe. Es könne nicht daraus hergeleitet werden, dass auch die A nur Provisionen für Abschlüsse und keine weiteren Leistungen der Vermögensberater vergüte.

Im Übrigen werde bestritten, dass der BOB bzw. die Förderprovision für überdurchschnittliche Vermittlungsleistungen gezahlt werde. Der Zahlungsgrund - also der der Zahlung zugrundeliegende Leistungsaustausch - ergebe sich dagegen nicht daraus, wie die Vergütung berechnet werde (vgl. BFH-Urteile vom 06.12.2002, V R 66/05 und vom 30.10.2008, V R 44/07). Dass nur die Gruppenumsätze Berechnungsgrundlage seien, indiziere jedoch, welche Leistung unterstützt werden solle - die möglichst breite Aufstellung der A durch den Aufbau und Erhalt des Strukturvertriebs. Dadurch, dass ein Mindest-Vermittlungsvolumen erreicht werden müsse, um den BOB bzw. die Förderprovision zu erhalten, werde nur der Aufbau erfolgreicher Gruppen gefördert und nicht von "Köpfen".

Des Weiteren seien die für den Aufbau des Strukturvertriebs geleisteten Sonderprovisionen kein zusätzliches Entgelt für die Vermittlungsleistungen. Das vom Kläger angeführte BFH-Urteil vom 09.07.1998, V R 62/97, BStBl. II 1999, 253 sei für die streitigen Umsätze nicht einschlägig. Indirekte Vermittlungsleistungen i.S.d. Urteils lägen vorliegend den bereits steuerfrei behandelten Gruppengeschäften zugrunde. In dem Urteil gehe es nur um Leistungen, die im Rahmen des Vermögensberatervertrages als Handelsvertreter ausgeführt worden seien. Die mit dem BOB bzw. der Förderprovision vergüteten Leistungen seien aber nicht Bestandteil des Vermögensberatervertrages.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom xx.xx.xxxx hat das Gericht Beweis erhoben zu der Frage, für welchen Zweck der BOB bzw. die Förderprovision an die Vermögensberater gezahlt werden, durch Vernehmung des D als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom xx.xx.xxxx verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist begründet.

Der Umsatzsteuerbescheid 2016 vom xx.xx.xxxx und der Umsatzsteuerbescheid 2017 vom xx.xx.xxxx jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom xx.xx.xxxx sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.

Der Beklagte ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der BOB bzw. die Förderprovision in Höhe von x,xx Euro (2016) und x,xx Euro (2017) bei der Umsatzsteuer 2016 und 2017 nicht der Steuerbefreiung für Vermittlungsleistungen nach § 4 Nr. 8 und 11 UStG unterliegt und als steuerpflichtig zu behandeln ist.

Gemäß § 4 Nr. 11 UStG sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler befreit. In § 4 Nr. 8 UStG ist die Steuerbefreiung für Vermittlungsumsätze im Zusammenhang mit Bank- und Finanzdienstleistungen geregelt.

§ 4 Nr. 11 UStG dient der Umsetzung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL. Danach befreien die Mitgliedstaaten Versicherungs- und Rückversicherungsumsätze einschließlich der dazu gehörenden Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden. § 4 Nr. 8 UStG setzt Art. 135 Abs. 1 Buchst. b - h MwStSystRL in nationales Recht um.

1.

Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, hängt vom Inhalt der in Rede stehenden Tätigkeiten ab (EuGH-Urteile Aspiro vom 17.03.2016, C-40/15, EU:C:2016:172, Rn. 36; J.C.M. Beheer vom 03.04.2008, C-124/07, EU:C:2008:196, Rn. 17; Arthur Andersen vom 03.03.2005, C-472/03, EU:C:2005:135, Rn. 32). Dabei müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:

a.

Zum einen muss der Dienstleistungserbringer sowohl mit dem Versicherer als auch mit dem Versicherten in Verbindung stehen (EuGH-Urteile Aspiro, EU:C:2016:172, Rn. 36; Taksatorringen vom 20.11.2003, C-8/01, EU:C:2003:621, Rn. 44). Diese Verbindung kann auch nur mittelbarer Natur sein, wenn der Dienstleistungserbringer ein Unterauftragnehmer des Versicherungsmaklers oder -vertreters ist (EuGH-Urteile Aspiro, EU:C:2016:172, Rn. 37; J.C.M. Beheer, EU:C:2008:196, Rn. 29; BFH-Urteil vom 24.07.2014, V R 9/13, BFH/NV 2014, 1783, Rn. 14).

b.

Zum anderen muss seine Tätigkeit wesentliche Aspekte der Versicherungsvermittlungstätigkeit, wie Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzubringen, umfassen (EuGH-Urteile Aspiro, EU:C:2016:172, Rn. 37; Arthur Andersen, EU:C:2005:135, Rn. 33 und 36; J.C.M. Beheer, EU:C:2008:196, Rn. 18; Taksatorringen, EU:C:2003:621, Rn. 45). Die Vermittlung kann in einer Nachweis-, einer Kontaktaufnahme- oder in einer Verhandlungstätigkeit bestehen, wobei sich die Tätigkeit auf ein einzelnes Geschäft, das vermittelt werden soll, beziehen muss (BFH-Beschluss vom 27.05.2015, V B 31/15, BFH/NV 2015, 1274). Bei einem Unterauftragnehmer ist entscheidend, dass er am Abschluss von Versicherungsverträgen beteiligt ist (EuGH-Urteile Aspiro, EU:C:2016:172, Rn. 39; J.C.M. Beheer, EU:C:2008:196, Rn. 9 und 18).

Die typischerweise mit dem Aufbau und der Aufrechterhaltung eines Strukturvertriebes einhergehende Betreuung, Schulung und Überwachung von Versicherungsvertretern, die Festsetzung und Auszahlung der Provisionen sowie das Halten der Kontakte zu den Versicherungsvertretern gehört hingegen nicht zu den Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters. Derartige Leistungen sind nur steuerfrei, wenn der Unternehmer durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann, wobei auf die Möglichkeit, eine solche Prüfung im Einzelfall durchzuführen, abzustellen ist (BFH-Urteil vom 30.10.2008, V R 44/07, BFHE 223, 507, BStBl. II 2009, 554, Rn. 23). Eine Steuerfreiheit für Leistungen, die keinen Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften aufweisen, sondern allenfalls dazu dienen, im Rahmen der Administration einer Vertriebsorganisation einen anderen Unternehmer, der Vermittlungsleistungen erbringt, zu unterstützen, besteht nicht (BFH-Urteil vom 30.10.2008, V R 44/07, BFHE 223, 507, BStBl. II 2009, 554, Rn. 18).

2.

Nach diesen Grundsätzen sind die vom Kläger an die A erbrachten und hier in Rede stehenden Leistungen von den Steuerbefreiungen des § 4 Nr. 8 und Nr. 11 UStG umfasst.

Nach Überzeugung des erkennenden Senats stellten der BOB bzw. die Förderprovision in den Streitjahren eine Aufstockung der von der A für Gruppenumsätze gezahlten - und vom Beklagten als steuerfrei behandelten - Grundprovision dar. Zwischen der Zahlung des BOB bzw. der Förderprovision bestand jeweils ein spezifischer und wesentlicher Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften, weil er auf das jeweilige steuerfreie Gruppengeschäft zurückzuführen ist. Dabei ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Kläger über die erforderliche Einwirkungsmöglichkeit auf die einzelnen Vermittlungsverträge im Rahmen des Gruppengeschäfts verfügte. Entgegen der Auffassung des Beklagten zahlte die A den BOB bzw. die Förderprovision nicht für eine Anwerbetätigkeit neuer Vermögensberater und den Aufbau eines Strukturvertriebs. Dafür bestehen im Streitfall keinerlei Anhaltspunkte.

Der Zeuge D hat hierzu glaubhaft bekundet, dass die in den BOB-Bedingungen enthaltene Zweckbestimmung in der Praxis bereits seit vielen Jahren nicht mehr gelebt und deshalb bei der Überarbeitung der Bedingungen ab dem Jahr 2017 herausgenommen worden sei. Die Bedingungen seien dabei an die gelebte Praxis angepasst worden. Die Zweckbestimmung sei damals in die Bedingungen aufgenommen worden, allerdings sei die Verwendung des BOB von der A niemals überprüft worden. Zudem werde der BOB bzw. die Förderprovision unabhängig davon gezahlt, ob der jeweilige Vermögensberater in dem jeweiligen Jahr tatsächlich neue Vermögensberater für die A gewonnen habe. Der BOB bzw. die Förderprovision hänge lediglich vom Gesamterfolg der A und dem erwirtschafteten (Mindest-)Gruppenumsatz des Vermögensberaters ab. Sinke der Gesamtumsatz der A, könne auch der BOB bzw. die Förderprovision seitens der A entsprechend angepasst werden. Im Übrigen könne der BOB bzw. die Förderprovision auf den einzelnen vermittelten Versicherungsvertrag zurückverfolgt werden. Dass diese freiwillige Sonderzahlung der A erst nach Überschreiten eines bestimmten Schwellenwertes erfolge, hänge damit zusammen, dass die A für besonders überdurchschnittliche Leistungen der Vermögensberater Anreize bieten wolle. Der erkennende Senat hat keine Zweifel, dass der Zeuge wahrheitsgemäße Angaben gemacht hat. Seine Schilderungen waren sachlich, plausibel und widerspruchsfrei.

II.

Die Revision war nicht zuzulassen. Da die Sache keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen enthält, sind weder die Voraussetzungen für eine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO)) erfüllt noch sonstige Gründe ersichtlich, die eine Entscheidung des BFH aus Gründen der Rechtsklarheit, Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) als notwendig erscheinen lassen. Der erkennende Senat hat seiner Entscheidung die in der Rechtsprechung des BFH entwickelten Rechtsgrundsätze zugrunde gelegt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).