Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 31.05.2005, Az.: 6 A 143/05
Ablehnung von Urlaub; Ablehnung von Vollzugslockerungen; Ausländer; Ausweisung; besonderer Ausweisungsschutz; Beurteilungszeitpunkt; deutscher Ehepartner; dreijährige Freiheitsstrafe; Ehe; Einstellungsänderung; Erlass des Widerspruchsbescheides; Ermessen; Ermessenserwägungen; familiäre Bindung; familiäre Lebensgemeinschaft; Gewaltbereitschaft; Kosovo; Liebesheirat; mündliche Verhandlung; Regelausweisungsgrund; Schutz des Familienlebens; schwerwiegende Gründe; Serbien und Montenegro; straffreies Leben; strafrechtliche Verurteilungen; Straftaten; öffentliche Ordnung
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 31.05.2005
- Aktenzeichen
- 6 A 143/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 50738
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 6 GG
- § 102 AufenthG
- § 47 Abs 1 Nr 1 AuslG
- § 48 Abs 1 S 1 Nr 4 AuslG
- Art 8 MRK
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt (offen gelassen)
2. Ehe mit deutschem Ehepartner schützt nicht schlechthin vor Ausweisung
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung.
Der am 23.05.1973 im Gebiet von Lipljan im Kosovo geborene Kläger ist serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am 29.05.1998 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 03.06.1998 seine Anerkennung als Asylberechtigter. Diesen Antrag lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 08.02.1999, bestandskräftig seit dem 27.02.1999, ab. In der Folgezeit wurde der Kläger wegen der tatsächlichen Unmöglichkeit der Abschiebung in das Kosovo geduldet. Nach einer Ausreiseaufforderung vom Mai 2000 heiratete er am 19.06.2000 die im Jahre 1953 geborene deutsche Staatsangehörige G. B.. Daraufhin erteilte die Beklagte ihm erstmals am 06.10.2000 eine Aufenthaltserlaubnis, die sie in der Folgezeit regelmäßig erneuerte, zuletzt am 03.04.2002 bis zum 02.04.2003. Der am 25.01.2003 vorläufig festgenommene und seither inhaftierte Kläger ist während seines Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
Wegen am 03.07.1998 begangenen gemeinschaftlichen Diebstahls verurteilte das Amtsgericht Braunschweig ihn mit Urteil vom 14.09.1998 zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 15,00 DM.
Wegen gemeinschaftlichen Diebstahls in zwei Fällen, zuletzt am 24.03.1999, verurteilte das Amtsgericht Burgdorf den Kläger am 25.03.1999 zu einer Gesamtgeldstrafe von 45 Tagessätzen wiederum zu je 15,00 DM. Zugleich sprach es eine Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis bis zum 24.09.1999 aus.
Wegen am 27.11.1998 begangener wiederholter Zuwiderhandlung gegen eine Aufenthaltsbeschränkung nach dem Asylverfahrensgesetz verurteilte das Amtsgericht Braunschweig ihm mit Urteil vom 26.04.1999 zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 15,00 DM.
Wegen gemeinschaftlichen Diebstahls geringwertiger Sachen in zwei Fällen, zuletzt am 15.02.1999, verurteilte das Amtsgericht Braunschweig den Kläger am 25.06.1999 zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20,00 DM.
Am 13.01.2000 bildete das Amtsgericht Braunschweig unter Einbeziehung der Verurteilung zu 3. eine Gesamtstrafe von 85 Tagessätzen zu je 15,00 DM.
Mit Urteil vom 14.12.1999 verurteilte das Amtsgericht Braunschweig den Kläger wegen eines am 24.08.1999 versuchten Diebstahls in besonders schwerem Fall zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, wobei die Vollstreckung der Strafe bis zum 21.12.2002 zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Aus den Verurteilungen des Amtsgerichts Burgdorf vom 25.03.1999 (Nr. 2) sowie des Amtsgerichts Braunschweig vom 26.04.1999 und 25.06.1999 (Nr. 3. und 4.) bildete das Amtsgericht Burgdorf durch Beschluss vom 25.01.2000 nachträglich eine Gesamtstrafe von 85 Tagessätzen zu je 15 DM.
Wegen gemeinschaftlichen Wohnungseinbruchsdiebstahls in drei Fällen und gemeinschaftlichen Diebstahls in vier Fällen, davon in drei Fällen im Versuch, begangen in der Zeit vom 22. oder 25.11.2002 bis zum 24.01.2003, wurde der Kläger am 21.07.2003 vom Landgericht Hildesheim zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Schließlich wurde der Kläger mit Strafbefehl des Amtsgerichts Hildesheim vom 21.01.2002 wegen Bedrohung eines Bediensteten der Justizvollzugsanstalt am 21.08.2003 zu einer Geldstrafe in Höhe von 25 Tagessätzen zu je 10,00 Euro verurteilt.
Mit Bescheid vom 06.09.2004 wies die Beklagte den zuvor dazu angehörten Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland aus und kündigte ihm die Abschiebung aus der Haft heraus an, hilfsweise forderte sie ihn zur Ausreise innerhalb eines Monats nach Vollziehbarkeit der Verfügung auf und drohte ihm für den Fall der nicht fristgemäßen Ausreise die Abschiebung an.
Mit Schreiben vom 28.09.2004 legte der Kläger dagegen Widerspruch ein und beantragte zugleich, ihm eine weitere Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15.11.2004 ab, wogegen der Kläger mit dem Widerspruch vom 15.12.2004 vorging.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.02.2005 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers zurück. Zugleich lehnte sie den am 15.12.2004 gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ab.
Dagegen hat der Kläger am 11.03.2005 Klage erhoben. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend: Er habe nach wie vor Kontakt zu seiner Ehefrau und wolle an der ehelichen Lebensgemeinschaft festhalten. Der Schutz von Ehe und Familie überwiege das Interesse an seiner Ausweisung aus dem Bundesgebiet. Er sei durch die Inhaftierung so sehr beeindruckt, dass er künftig Straftaten nicht mehr begehen werde. Für die Zeit nach seiner Haftentlassung habe er eine Arbeitsstelle in Aussicht.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger die Klage zurückgenommen, soweit sie auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gerichtet war.
Der Kläger beantragt nunmehr,
den Bescheid der Beklagten vom 06.09. i. d. G. ihres Widerspruchsbescheides vom 10.02.2005 aufzuheben.
Die Beklagte verteidigt ihre Entscheidungen und beantragt,
die Klage abzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht die Ehefrau des Klägers, Frau C., mit Einverständnis der Beteiligten informatorisch angehört. Wegen ihrer Angaben sowie der weiteren Erklärungen des Klägers wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, auf die beigezogenen Strafakten, den Bericht der Justizvollzugsanstalt Vechta an die Strafvollstreckungskammer bei dem Amtsgericht Vechta vom 17.02.2005 sowie auf den Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 07.04.2005 (Az.: D.) Bezug genommen. Diese Unterlagen waren ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand des Verfahrens.
Entscheidungsgründe
Im Umfang der Klagerücknahme ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
Die im Übrigen zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 06.09.2004 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 10.02.2005 ist rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Das Gericht kann es dahingestellt sein lassen, ob sich die Rechtmäßigkeit der Ausweisung nach der Sach- und Rechtslage bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens (mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2005) beurteilt, wie dies jüngst etwa vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht unter Hinweis auf die ständige Rechtspraxis vertreten worden ist (Beschluss vom 13.04.2005 - 4 ME 73/05), oder ob der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Gerichts maßgeblich ist, wie der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Urteil vom 27.01.2004 - 10 S 1610/03, InfAuslR 2004, 189 ff) mit Blick auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) meint. Diese Frage braucht hier nicht beurteilt zu werden, da sich die Ausweisung nach beiden Zeitpunkten, die ohnehin nahe beieinander liegen, als rechtmäßig erweist, zumal unstreitig in der Zwischenzeit nichts geschehen ist, das für die Beurteilung der angefochtenen Verfügung von erheblichem Belang wäre.
Das Gericht macht sich zunächst die ausführliche Begründung der noch streitgegenständlichen Bescheide zu Eigen und nimmt darauf zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 117 VwGO Bezug. Die Beklagte hat bei ihrer nach § 102 Abs. 2 AufenthG i. V. m. §§ 47 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 AuslG zu beurteilenden Entscheidung alle wesentlichen Umstände, die für oder gegen die verfügte Ausweisung des Klägers sprechen, gesehen und ihr Ermessen in einer Weise ausgeübt, die rechtliche Fehler nicht erkennen lässt.
Die Beklagte hat zutreffend erkannt, dass der Kläger mit der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten wegen vorsätzlich begangener Diebstahlstaten den Tatbestand des § 47 Abs. 1 Nr. 1 AuslG verwirklicht hat, ihm aber wegen des Umstandes, dass der Kläger mit seiner deutschen Ehefrau in familiärer Lebensgemeinschaft gelebt hat, der besondere Ausweisungsschutz des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG zugute kommt, sodass ein sogenannter Regelausweisungsgrund vorliegt, der eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erlaubt, die jedoch gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 in der Regel in den Fällen des § 47 Abs. 1 AuslG vorliegen.
Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Beklagte zu Recht nicht angenommen, dass ein sog. Ausnahmefall vorliegt, der es erlauben würde, im Rahmen der dann nach § 45 AuslG gebotenen Ermessenserwägungen von einer Ausweisung abzusehen. Ein solcher Ausnahmefall kann angenommen werden, wenn ein atypischer Geschehensverlauf vorliegt, der ein Absehen von der vom Gesetzgeber vorausgesetzten „Normallage“ gebietet, weil die Besonderheiten so bedeutsam sind, dass die Anwendung der gesetzlichen Regel im Einzelfall zu einer unangemessenen Härte führen würde. Ob die Voraussetzungen für eine Zurückdrängung der gesetzlichen Regel vorliegen, unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung. Auch unter Berücksichtigung der Umstände der strafgerichtlichen Verurteilungen des Klägers und seiner sonstigen persönlichen Verhältnisse ergeben sich solche Besonderheiten hier indessen nicht.
Der Kläger war schon vor seiner für die Ausweisung maßgeblichen Verurteilung vielfach straffällig geworden und hat gezeigt, dass er nicht bereit ist, sich an die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu halten. Bereits 34 Tage nach seiner Einreise hat er den Diebstahl begangen, dessentwegen er am 14.09.1998 zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist. Kaum mehr als zwei Monate nach dieser Verurteilung, am 27.11.1998, hat er einen wiederholten Verstoß gegen die asylverfahrenrechtlichen Vorschriften begangen. Auch die weiteren drei Verurteilungen wegen Diebstahls haben ihn nicht gehindert, in der Zeit vom November 2002 bis Januar 2003 die Taten zu begehen, die der Verurteilung vom 21.07.2003 zugrunde gelegt worden sind. Dass der Kläger, der vom Juli 2001 bis Januar 2002 sowie von März 2002 bis Ende 2002 als Kellner in einem Eiskaffee gearbeitet hat, alle den Verurteilungen zugrunde liegenden Taten begangen hat, während er ohne legales Arbeitseinkommen war, kann ihm nicht zugute gehalten werden. Auch die im Juni 2000 geschlossene Ehe und die damit einhergehende rechtliche Absicherung seines weiteren Aufenthalts in Deutschland haben den Kläger nicht motivieren können, zukünftig ohne weiteren Verstoß gegen die Strafgesetze zu leben. Ob die Nachhaltigkeit seiner auch für die Zukunft zu befürchtenden Bestrebungen, sich illegale wirtschaftliche Vorteile zu beschaffen, durch die Ehe mit einer arbeitslosen Deutschen womöglich sogar noch gesteigert worden ist, kann hier dahingestellt bleiben. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger durch die Strafhaft so geläutert worden ist, dass er nunmehr als in Zukunft gesetzestreuer Mitbürger angesehen werden könnte. Davon kann schon mit Blick auf die Verurteilung vom 21.01.2002 keine Rede sein; der Kläger hat einen Bediensteten der Justizvollzugsanstalt damit bedroht, dass er ihm eine Gabel in den Kopf rammen und ihn dabei auch töten könnte. Er hat damit aus vergleichsweise nichtigem Anlass (wegen eines angeblich verweigerten Telefonats) eine Gewaltbereitschaft zur Durchsetzung seiner Interessen zum Ausdruck gebracht, die in einer demokratischen Gesellschaft nicht toleriert werden kann. Daran änderte sich auch nichts, wenn es sich um die Verweigerung eines Telefonats mit der Ehefrau gehandelt haben sollte, wie der Kläger gegenüber dem Gericht (im Übrigen nicht sonderlich überzeugend) angegeben hat. Auch der Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt Vechta zur Entwicklung des Klägers während seiner Strafhaft lässt sich nichts entnehmen, was auf eine zuverlässige Einstellungsänderung des Klägers schließen ließe. Dem entspricht es, dass auch die Strafvollstreckungskammer mit dem Beschluss vom 07.04.2005 es für rechtmäßig erachtet hat, dass die Anträge des Klägers auf Vollzugslockerungen, Urlaub sowie seine Verlegung in den offenen Vollzug abgelehnt worden sind. Die bereits von den beiden Vorgenannten gewürdigte Arbeitsplatzbescheinigung eines Gastronomen vom März 2004, der angibt, der Kläger könne nach seiner Haftentlassung jederzeit in seinem Restaurant in Gifhorn arbeiten, kann ebenfalls nicht belegen, dass der Kläger dieses Angebot - sollte es ernst gemeint und noch gültig sein - zu einem straffreien Leben nutzen würde.
Eine andere Beurteilung ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht mit Blick auf den verfassungsrechtlichen Schutz der Ehe sowie der Besonderheiten seiner Ehe mit Frau Schaper geboten. Art 6 Abs. 1 GG schützt den ausländischen Ehepartner einer Deutschen nicht schlechthin vor einer Abschiebung (vgl. BVerfG, Beschl. vom 18.07.1973, - 1 BvR 23/73, 1 BvR 155/73 -, BVerfGE 35,382; Beschl. vom 18.07.1979,
- 1 BvR 650/77 -, BVerfGE 51, 386 [BVerfG 18.07.1979 - 1 BvR 650/77]). Die in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach der der Staat Ehe und Familie zu schützen und zu fördern hat, verpflichtet Ausländerbehörde und Gerichte, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiäre Bindung des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, d.h. entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfG, Beschl. vom 01.03.2004, - 2 BvR 570/03 -, NVwZ 2004, 852 [BVerfG 01.03.2004 - 2 BvR 1570/03] m. w. Nw.). Es liegen keine Besonderheiten vor, die es entgegen den genannten gesetzlichen Regelungen rechtfertigen würden, dem bekundeten Interesse des Klägers und seiner Ehefrau Rechnung zu tragen, ihre Ehe im Bundesgebiet fortführen zu können, ohne durch die Ausweisung für eine noch zu bestimmende Zeit daran gehindert zu werden.
Das Gericht braucht nicht zu beurteilen, ob es sich bei der Ehe zwischen dem Kläger und seiner 20 Jahre älteren Ehefrau um eine Verbindung handelt, die wesentlich über das hinausgeht, was den weiteren Aufenthalts des Klägers in Deutschland zu sichern bestimmt ist. Auch wenn dem Kläger und seiner Ehefrau abgenommen wird, dass es sich um eine echte „Liebesheirat“ gehandelt hat, dass sie ihn in Vechta nicht besuchen konnte, weil sie schon wegen einer Platzangst nicht bis dorthin reisen konnte und sie im Übrigen auch nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügte, um öfter mit ihm telefonieren oder korrespondieren zu können (nach dem Bericht der Justizvollzugsanstalt hat der Kläger in der Zeit vom 07.10.2004 bis zum 21.04.2005 ca. 100 mal telefoniert, davon 10 mal mit seiner Ehefrau über eine Gesamtdauer von einer Stunde und ca. 68 mal mit seiner „Cousine“ E. aus F., die ihn auch mehr als 20 mal und damit mehr als doppelt so oft wie seine Ehefrau in den für sie eher einfach zu erreichenden Haftanstalten in Braunschweig und Wolfenbüttel besucht hat), ergäbe sich kein hinreichender Anhaltspunkt dafür, dass die Ausweisung den Kläger und seine Ehefrau unzumutbar hart träfen. Die Ehefrau hat in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben, derzeit nicht auf eine Betreuung durch den Kläger angewiesen zu sein und auch „weiterhin zu ihm halten“ zu wollen, wenn er ausgewiesen wird und „drei bis fünf Jahre“ lang nicht in Deutschland sein kann.
Vor diesem Hintergrund erweist sich die Ausweisung auch im Hinblick auf Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) als rechtmäßig. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, der in der Bundesrepublik Deutschland infolge des Zustimmungsgesetzes im Rang eines einfachen Bundesgesetzes gilt und an dem Ausweisungen nach §§ 45 ff. AuslG gemessen werden müssen, hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Vorliegend ist die Ausweisung des Klägers als Eingriff im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK gesetzlich vorgesehen (§ 102 Abs. 2 AufenthG i. V. m. §§ 47 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 AuslG). Sie dient auch dem berechtigten Ziel der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch die Anordnung der Ausweisung wegen strafbarer Handlungen verurteilter Ausländer. Ferner muss die Maßnahme, um Art. 8 Abs. 2 EMRK zu genügen, notwendig in einer demokratischen Gesellschaft sein. Sie muss einem dringenden sozialen Bedürfnis entsprechen und insbesondere verhältnismäßig zu dem verfolgten legitimen Ziel sein (vgl. dazu auch EGMR, Urt. v. 27.09.1999, NJW 2000, 2089, 2092, Rn. 87; Urt. v. 31.10.2002, InfAuslR 2003, 126, 128, Rn. 41 m. w. Nw.). Das ist bei den §§ 45 ff AuslG grundsätzlich so (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.06.1998, - 1 C 27.96 -, BVerwGE 107, 58, Beschl. vom 11.07.2003, - 1 B 252/02 -, Buchholz 140 Art 8 EMRK Nr. 14) und trifft aus den genannten Erwägungen auch im Falle des Klägers zu.
Die Klage ist deshalb mit der Kostenfolge aus den §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO abzuweisen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 2 GKG. Hierbei legt das Gericht den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327, II. Nr. 8.1 und 8.2) zu Grunde, der sowohl für die Ausweisung als auch für den zunächst ebenfalls streitgegenständlichen Aufenthaltstitel einen Wert von 5000,00 Euro veranschlagt.