Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 14.03.2001, Az.: 6 A 79/00

Asylantrag; Daoud; Demonstration; exilpolitische Aktivität; Kurdische Volksunion; Mitgliedschaft; Referenzfälle

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
14.03.2001
Aktenzeichen
6 A 79/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 39270
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Mitgliedschaft in der Kurdischen Volksunion ohne besondere Öffentlichkeitswirksamkeit der Aktivität begründet keine Verfolgungsgefahr.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten

(Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festgesetzten Vollstreckungsbetrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

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Der Kläger ist syrischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er reiste nach eigenen Angaben am 31. Januar 1999 auf dem Luftweg über Hannover in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter.

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Zur Begründung dieses Begehrens trug er vor:

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Er habe in Syrien zwölf Jahre lang die Schule besucht, dann als Dekorateur gearbeitet und zuletzt als Händler landwirtschaftliche Produkte verkauft. Ihm sei es in Syrien gut gegangen. Im Sommer 1996 habe der Chef des Sicherheitsdienstes in Kamishli ihn zu sich kommen lassen, um gemeinsam Kaffee zu trinken. Vorsichtshalber habe er 50.000 syr. Lira mitgenommen und das Geld während des Gesprächs dem Chef, der im Rang eines Brigadegenerals gewesen sei, in einem Umschlag übergeben. Der Chef sei damit aber nicht zufrieden gewesen und habe gesagt, dass die servierte Tasse Kaffee schon mehr wert gewesen sei. Der Chef sei wütend gewesen, habe ihm den Umschlag zurückgegeben und aus dem Büro geworfen. Die Erntesaison sei seinerzeit gut gewesen. Sein Bruder und er hätten 4.000 Säcke Getreide geerntet. Als sie das Getreide abgeliefert und den dafür erhaltenen Überweisungsschein bei der Bank hätten einlösen wollen, habe man ihnen anstelle der ihnen zustehenden 6,6 Mill. Lira nur 1,4 Mill. gezahlt. Sie hätten Klage dagegen erhoben, aber keinen Erfolg gehabt. Später habe er erfahren, dass der Brigadegeneral zwei Bankdirektoren angewiesen habe, von ihrem Geld die Hypothek des Eigentümers der Getreideländereien abzulösen. Danach hätten der Brigadegeneral und die Bankdirektoren das Land an sich gebracht. Die Auseinandersetzungen mit dem Brigadegeneral seien weitergegangen. Mit anderen Dorfbewohnern habe er zum Newroz-Fest 1998 ein Theaterstück einstudiert. Dabei habe er einen Gefangenen gespielt und eine Rede gehalten. Es sei um den Gefängnisbrand in Al Hassake gegangen, auch um einen Brand in einem Kino von Amouda und den Giftgasanschlag von Halabja. Während des Theaterstückes habe er Mut bekommen und davon geredet, das syrische Regime zu stürzen und ein Kurdistan zu gründen. Alle hätten geklatscht. Am nächsten Tag sei sein Haus gestürmt und er geschlagen worden. Man habe ihn zu dem Brigadegeneral gebracht und zwölf Tage in einem Keller festgehalten. Man habe ihn dabei gefoltert. Einen jungen Mann, der durch das Kellerfenster gesehen habe, habe er aufgefordert, zu seinem Bruder zu gehen, damit dieser ihn freikaufen solle. Für 200.000 Lira sei er dann freigekommen. Man habe den Polizeibericht geändert und angegeben, dass er bei der Rede nicht vom arabischen Faschismus, sondern von zionistischem Faschismus gesprochen habe. Danach sei es aber weitergegangen. Wenn er in seinem Geschäft mit kurdischen Kunden gesprochen habe, hätten sich die Leute vom Sicherheitsdienst, die sich dort aufgehalten hätten, in die Gespräche eingemischt. Das sei bis Oktober 1998 gegangen. Am 02. November 1998 hätten Wahlen in Syrien stattgefunden. Am 15. Oktober 1998, 15 Tage vor der Wahl, hätten seine Freunde von der Volksunion gefordert, dass er ihnen einen Platz im Dorf zur Verfügung stelle, um Wahlpropaganda zu machen. Er sei Sympathisant der Volksunion gewesen und habe den Rohbau eines Kuhstalles besorgt. Er habe auch zu der Versammlung etwas beigetragen, indem er draußen Wache gehalten und Tee geholt habe. Früher, bis zum Jahre 1986, habe er für die Volksunion gearbeitet. Später habe er nur noch weiter Beiträge für die Partei gesammelt. Zwei Tage später sei der Sicherheitsdienst zu ihm gekommen. Der Brigadegeneral sei inzwischen nach Aleppo versetzt worden. Er habe sich jetzt bei dem neuen Chef, einem Oberst, melden müssen und sei sieben Tage dort behalten worden. Man habe ihn aufgefordert, mit dem Sicherheitsdienst zusammen zu arbeiten, und ihm gedroht, dass er andernfalls die Sonne nicht wiedersehen würde. Sie hätten ihn als Händler zwischen der Türkei, dem Irak und Syrien pendeln lassen wollen. Dabei habe er Verbindungen zum israelischen Geheimdienst im Nordirak knüpfen sollen, um Kenntnisse über dessen Stützpunkte zu erhalten. Außerdem sollten Mitglieder der Muslim-Bruderschaft, die in die Türkei geflohen seien, vernichtet werden. Er habe sich dazu bereit erklärt, aber um Zeit gebeten, um seine Geschäfte abzuwickeln. Auch die vom Sicherheitsdienst hätten noch neun oder zehn Tage Zeit gebraucht. Er sei am 22. oder 23. Oktober freigelassen worden und habe mit seinem Bruder und den ehemaligen Parteifreunden gesprochen. Diese seien einverstanden gewesen, dass er aus Syrien ausreise. Er sei dann zu seinem Paten gegangen und habe sich dort bis zum

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17. Januar 1999 versteckt. Von dort aus sei er in die Türkei gegangen und nach Deutschland weitergereist. Sein Bruder habe währenddessen die finanziellen Angelegenheiten erledigt.

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Mit Bescheid vom 22. Juni 1999 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Asylantrag als unbegründet ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG ebenfalls nicht gegeben seien und die Voraussetzungen des § 53 AuslG nicht vorlägen. Außerdem forderte die Behörde den Kläger zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland innerhalb von einem Monat nach Unanfechtbarkeit der ablehnenden Entscheidung des Bundesamtes auf und drohte für den Fall, dass dieser Anordnung nicht fristgerecht nachgekommen werde, die Abschiebung an.

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Gegen den am 28. Juni 1999 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 05. Juli 1999 Klage erhoben.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid des Bundesamtes vom 22. Juni 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und

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außerdem festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG, hilfsweise des § 53 AuslG vorliegen.

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Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid,

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die Klage abzuweisen.

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Auf die gerichtliche Verfügung nach § 87b VwGO führt der Kläger ergänzend aus:

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Er habe am 01. April 2000 in Bielefeld als Redner seiner Partei an der Newroz-Feier teilgenommen. Er habe eine politische Rede über die politische Situation in Syrien gehalten und ausgeführt, dass die Kurden sich für ihre Heimat Freiheit, Demokratie und Frieden wünschten. Die Rede, in der er auch auf die Unterdrückung der Kurden in Syrien eingegangen sei, habe etwa zehn Minuten gedauert. Er habe außerdem am 08. Mai 2000 in Wolfenbüttel eine Veranstaltung von amnesty international organisiert und daran teilgenommen. Referent sei der bekannte kurdische Schriftsteller Jemal Nebez gewesen. Bei der Veranstaltung seien kurdische Publikationen verkauft worden. Außerdem habe er an allen regionalen und überregionalen kurdischen Veranstaltungen teilgenommen und an der Organisation mitgewirkt. Zu beachten sei ferner, dass ein anderes Mitglied der kurdischen Volksunion namens H.D.O. nach seiner Abschiebung aus Deutschland am 10. Dezember 2000 in Syrien festgenommen worden sei und sich weiterhin in Haft befinde.

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Der Kläger legte außerdem eine Bescheinigung der Kurdischen Volksunion - Komitee der Auslandsorganisation - vom 22.12.2000 vor, in der dem Kläger "nach der Rückfrage bei der Führung unserer Partei/Parteivorstand in unserer Heimat" bescheinigt wird, Mitglied der Partei zu sein.

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Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung zu seinem Asylvorbringen informatorisch ergänzend angehört worden; hinsichtlich seiner Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie auf die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel verwiesen. Diese Unterlagen waren ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand des Verfahrens.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG noch auf die Feststellung durch die Beklagte, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG oder des § 53 AuslG vorliegen.

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Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger tatsächlich auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Denn dem Begehren kann aus den nachfolgenden Gründen nicht entsprochen werden.

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Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte haben politisch Verfolgte (Art. 16 a Abs. 1 GG). Dieses Individualgrundrecht kann in Anspruch nehmen, wer bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland politische Verfolgung (erneut oder erstmals) zu befürchten hat. Politische Verfolgung liegt vor, wenn dem Einzelnen durch den Heimatstaat oder durch Maßnahmen Dritter, die diesem Staat zurechenbar sind, in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden oder unmittelbar drohen, die ihn nach ihrer Intensität und Schwere aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschl. vom 10.07.1989, BVerfGE 80, 315, 333). Dabei beschränkt sich der asylrechtliche Schutz nicht auf die Rechtsgüter Leib und Leben, sondern erfasst auch Einschränkungen der persönlichen Freiheit; die hierin eingeschlossenen Rechte der freien Religionsausübung und ungehinderten beruflichen und wirtschaftlichen Betätigung lösen einen Asylanspruch indessen nur aus, wenn deren Beeinträchtigung nach ihrer Intensität und Schwere zugleich die Menschenwürde verletzen und über das hinausgehen, was die Bewohner des Herkunftsstaates allgemein hinzunehmen haben (BVerfG, Beschl. vom 24.06.1992 - 2 BvR 176/92 u.a., S. 12 f. des Abdrucks unter Hinweis auf BVerfGE 76, 143, 158). Die Gefahr eigener politischer Verfolgung kann sich auch aus gegen Dritte gerichteten Verfolgungsmaßnahmen ergeben, wenn der Asylbewerber sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und auch im Übrigen vergleichbaren Lage befindet, so dass seine (etwaige) Nichtbetroffenheit von ausgrenzenden Rechtsverletzungen eher als zulässig anzusehen ist (BVerfG, Beschl. vom 23.01.1991, BVerfGE 83, 216, 230). Eine solche sog. mittelbare Gruppenverfolgung liegt danach typischerweise vor bei Massenausschreitungen (Pogromen), die das ganze Land oder große Teile desselben erfassen, aber etwa auch dann, wenn unbedeutende oder kleine Minderheiten mit solcher Härte, Ausdauer und Unnachsichtigkeit verfolgt werden, dass jeder Angehörige dieser Minderheit sich ständig der Gefährdung an Leib, Leben oder persönlicher Freiheit ausgesetzt sieht, wobei allerdings nicht ein ganzes Land gewissermaßen flächendeckend erfasst sein muss (BVerfG, Beschl. vom 23.01.1991, BVerfGE 83, 216, 232). Auch ohne Pogrome und diesen vergleichbare Massenausschreitungen liegt eine mittelbare Gruppenverfolgung immer dann vor, wenn die Verfolgungsschläge, von denen die Angehörigen einer Gruppe betroffen werden, so dicht und eng gestreut fallen, dass für jedes Gruppenmitglied die Furcht begründet ist, in eigener Person Opfer der Übergriffe zu werden (BVerwG, Beschl. vom 24.09.1992, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 156; Urt. vom 05.07.1994, BVerwGE 96, 200, 203). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. vom 02.08.1983, BVerwGE 67, 317 m. w. N.) wird eine solche von nichtstaatlicher Seite, insbesondere von Privatpersonen oder nichtstaatlichen Organisationen ausgehende Verfolgung dem Staat zugerechnet, wenn dieser die Verfolgung billigt oder fördert, ferner wenn er nicht willens oder - trotz vorhandener Gebietsgewalt - nicht in der Lage ist, die Betroffenen gegen Übergriffe Privater zu schützen. Dabei besteht die Zurechenbarkeit begründende Schutzunfähigkeit oder Schutzunwilligkeit nicht bereits dann, wenn in dem zu beurteilenden Einzelfall effektiver staatlicher Schutz nicht geleistet worden ist. Kein Staat vermag einen schlechthin perfekten lückenlosen Schutz zu gewährleisten und sicherzustellen, dass Fehlverhalten, Fehlentscheidungen oder "Pannen" sonstiger Art bei der Erfüllung der ihm zukommenden Aufgaben der Wahrung des öffentlichen Friedens nicht vorkommen. Deshalb schließt weder Lückenhaftigkeit des Systems staatlicher Schutzgewährung überhaupt noch die im Einzelfall von dem Betroffenen erfahrene Schutzversagung als solche schon staatliche Schutzbereitschaft oder Schutzfähigkeit aus. Vielmehr sind Übergriffe Privater dem Staat als mittelbare Verfolgung dann zuzurechnen, wenn er gegen Verfolgungsmaßnahmen Privater grundsätzlich keinen effektiven Schutz gewährt. Umgekehrt ist eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des Staates zu bejahen, wenn die zum Schutz der Bevölkerung bestellten (Polizei-) Behörden bei Übergriffen Privater zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und dazu von der Regierung auch landesweit angehalten sind, vorkommende Fälle von Schutzverweigerung mithin ein von der Regierung nicht gewolltes Fehlverhalten der Handelnden in Einzelfällen sind (BVerwG, Urt. vom 05.07.1994, InfAuslR 1995, 24 [BVerwG 05.07.1994 - BVerwG 9 C 1.94]).

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Da das Asylgrundrecht auf dem Zufluchtgedanken beruht und von seinem Tatbestand her grundsätzlich den Ursachenzusammenhang von Verfolgung/Flucht/Asyl voraussetzt (BVerfG, Beschl. vom 26.11.1986, BVerfGE 74, 51, 60; Beschl. vom 10.07.1989, BVerfGE 80, 344), ist ferner von maßgeblicher Bedeutung, ob der Asylbewerber vorverfolgt oder unverfolgt ausgereist ist. Ist der Asylsuchende wegen erlittener oder unmittelbar bevorstehender politischer Verfolgung ausgereist und war ihm auch ein Ausweichen innerhalb seines Heimatstaates wegen Fehlens einer inländischen Fluchtalternative unzumutbar, ist er als Asylberechtigter anzuerkennen, sofern die fluchtbegründenden Umstände im maßgeblichen Zeitpunkt fortbestehen. Er ist ferner anzuerkennen, wenn diese zwar entfallen sind, aber an seiner Sicherheit vor abermals einsetzender Verfolgung bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat ernsthafte Zweifel bestehen. Hat der Asylsuchende seinen Heimatstaat hingegen unverfolgt verlassen, kann er nur dann anerkannt werden, wenn ihm politische Verfolgung aufgrund eines asylerheblichen Nachfluchttatbestandes mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (BVerfG, Beschl. vom 26.11.1986, aaO., 64 f.; Beschl. vom 10.07.1989, aaO., 344; BVerwG, Urt. vom 20.11.1990, BVerwGE 87, 152; Urt. vom 23.07.1991, DVBl. 1991, 1089). Für die Annahme einer drohenden Verfolgung ist entscheidend, ob aus der Sicht eines besonnen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat unzumutbar erscheint (BVerwG, Urt. vom 05.11.1991, BVerwGE 89, 162, 169). Die dazu erforderliche Zukunftsprognose hat auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung abzustellen (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) und muss auf einen absehbaren Zeitraum ausgerichtet sein (BVerwG, Urt. vom 03.12.1985, EZAR 202 Nr. 6). Sie hat die vom Asylbewerber geschilderten Ereignisse zu würdigen und insbesondere auch den politischen Charakter der Verfolgungsmaßnahme festzustellen (§§ 15, 25, 74 Abs. 2 AsylVfG). Bei der Darstellung der allgemeinen Umstände im Herkunftsland genügt es, dass die vorgetragenen Tatsachen die nicht entfernt liegende Möglichkeit politischer Verfolgung ergeben (BVerwG, Urt. vom 23.11.1982, BVerwGE 66, 237). Die Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung kann schließlich nur festgestellt werden, wenn sich das Gericht in vollem Umfang die Überzeugung von der Wahrheit des von dem Asylbewerber behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals verschafft, wobei allerdings der sachtypische Beweisnotstand hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerstaat bei der Auswahl der Beweismittel und bei der Würdigung des Vortrags und der Beweise angemessen zu berücksichtigen ist (BVerwG, Urt. vom 12.11.1985, EZAR 630 Nr. 13).

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Dies setzt voraus, dass der Asylbewerber die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorträgt. Hierzu hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung eine politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (BVerwG, Beschl. vom 18.09.1989, InfAuslR 1989, 350 [BVerwG 18.09.1989 - BVerwG 9 B 308.89] m.w.N.). Dazu gehört, dass der Asylbewerber zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Asylanspruch lückenlos zu tragen. Ein im Laufe des Asylverfahrens sich widersprechendes oder sich steigerndes Vorbringen kann die Glaubwürdigkeit des Asylsuchenden in Frage stellen. Ändert der Asylsuchende in seinem späteren Vortrag sein früheres Vorbringen, so muss er überzeugende Gründe darlegen, weshalb sein früheres Vorbringen falsch gewesen ist, will er nicht den Eindruck der Unglaubwürdigkeit erwecken (BVerwG, Beschl. vom 26.10.1989, InfAuslR 1990, 38 [BVerwG 26.10.1989 - BVerwG 9 B 405.89]; Beschl. vom 21.07.1989, Buchholz 402.24 § 1 AsylVfG Nr. 113). Zwar spricht nicht jede Widersprüchlichkeit im Vortrag eines Asylbewerbers zugleich auch gegen seine Glaubwürdigkeit; vielmehr ist bei der Wertung seiner Aussage zu berücksichtigen, dass sich Missverständnisse aus Verständigungsproblemen ergeben haben können und dass zwischen Asylantragstellung, der Anhörung im Verwaltungsverfahren, der schriftlichen Klagebegründung sowie ggf. der persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor Gericht jeweils größere Zeiträume liegen können. Auch dürfen die besonderen Schwierigkeiten, denen Asylbewerber aus anderen Kulturkreisen bei der Darstellung ihrer Verfolgungsgründe besonders dann ausgesetzt sind, wenn sie über einen geringen Bildungsstand verfügen, nicht außer Acht gelassen werden. Grundlegende, für das Verlassen des Heimatlandes und den Asylantrag maßgebende Umstände im individuellen Lebensweg des Asylbewerbers bleiben jedoch im Normalfall zumindest in ihren wesentlichen Einzelheiten in Erinnerung. Widersprüche und Ungereimtheiten, die sich hierauf beziehen, machen das Vorbringen des Asylbewerbers zu seinem persönlichen Verfolgungsschicksal in der Regel insgesamt unglaubwürdig. Vor allem für diejenigen Umstände, die den eigenen Lebensbereich des Asylbewerbers betreffen, ist ein substantiierter, im Wesentlichen widerspruchsfreier Tatsachenvortrag zu fordern. Dabei ist die wahrheitsgemäße Schilderung einer realen Verfolgung erfahrungsgemäß gekennzeichnet durch Konkretheit, Anschaulichkeit und Detailreichtum.

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Hiernach kommt eine Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter nicht in Betracht. Soweit der Kläger finanzielle Nachteile beklagt hat, die auf Betreiben des örtlichen Geheimdienstchefs zurückzuführen gewesen sein sollen, würde es sich - soweit sich diese Begebenheiten tatsächlich in dieser Weise zugetragen haben sollten - um einen typischen Amtswaltermissbrauch handeln, der seinen Ausgangspunkt nicht in einer dem Schutzbereich des Asylrechts unterfallenden Beeinträchtigung, sondern in der wirtschaftlich guten Lage des Klägers gehabt hat. Zudem fehlt es sowohl hinsichtlich dieser Vorfälle als auch in Bezug auf das vorgebliche Verhalten des Klägers bei einem Theaterstück während des Newroz-Festes im März 1998 an dem für eine Asylgewährung erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zwischen diesen längere Zeit zurückliegenden Begebenheiten und der erst im Januar 1999 erfolgtem Ausreise des Klägers aus Syrien (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8.2.2000, 9 B 4.00; VG Braunschweig, Urteil vom 30.3.2000, 6 A 261/99).

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Soweit der Kläger als weiteren Grund für seine Ausreise aus Syrien Drohungen und Versuche des syrischen Geheimdienstes geschildert hat, ihn zu einer Zusammenarbeit mit dem Sicherheitsdienst gegen den israelischen Geheimdienst im Nord-Irak sowie gegen Angehörige der Muslim-Brüderschaft in der Türkei zu bewegen, hält das Gericht diese Behauptung für unglaubhaft. Hierzu wird gemäß § 77 AsylVfG auf die diesbezüglichen Ausführungen des Bundesamtes in dem angefochtenen Bescheid verwiesen, die das Gericht sich zu Eigen macht.

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Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf eine Mitgliedschaftsbestätigung der Kurdischen Volksunion erstmals auf die gerichtliche Verfügung nach § 87 b VwGO vorgetragen hat, bei einer Newroz-Feier vom 1. April 2000 in Bielefeld für seine Partei einige Begrüßungsworte an die Teilnehmer gerichtet zu haben, kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger tatsächlich ein Mitglied dieser Organisation oder - wie bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt festgehalten wurde - lediglich ein Sympathisant der Partei ist. Denn sowohl die Mitgliedschaft in der Volksunion als auch Betätigungen für diese Partei führen selbst in Syrien nur in besonderen Fällen zu einer politischen Verfolgung, wenn der Betreffende sich öffentlichkeitswirksam gegen die syrische Regierung engagiert. Solange diese Engagement einen gewissen Rahmen nicht überschreitet und ein Eintreten für kurdische Belange - zumal im Ausland - als unbedeutend einzustufen ist, besteht grundsätzlich keine Verfolgungsgefahr durch den syrischen Staat. Hiervon ist auch in Bezug auf den Kläger auszugehen. Es ist schon zweifelhaft, ob das Auftreten des Klägers bei dem vornehmlich von türkischen Kurden veranstalteten Newroz-Fest in Bielefeld seitens der Syrer wahrgenommen worden ist, weil nicht jede derartiger Veranstaltungen für die syrische Regierung interessant ist. In Bezug auf die vom Kläger außerdem erwähnte Veranstaltung vom

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8. Mai 2000 in Wolfenbüttel hält das Gericht dies für ausgeschlossen. Selbst wenn jedoch die Begrüßungsworte des Klägers vom Newroz-Fest des Jahres 2000 der Auslandsvertretung Syriens bekannt geworden sein sollten, ist deshalb eine Verfolgungsgefahr des Klägers bei einer Rückkehr nach Syrien nicht wahrscheinlich. Denn die Forderung gegenüber der syrischen Regierung, den Kurden die ihnen zukommenden Rechte zu gewähren, sowie der Appell an die kurdischen Parteien, stärker zusammenzuarbeiten, unterscheiden sich nicht von den vielfach, insbesondere aus Anlass der jährlichen Demonstration vor der syrischen Botschaft in Bonn artikulierten Forderungen. Solche Parolen und auch in der Öffentlichkeit vorgebrachte Wendungen geben nach der dem Gericht vorliegenden Auskunftslage dem syrischen Staat in aller Regel keine Veranlassung, gegen die Betreffenden vorzugehen. Dies wäre erst dann anders zu beurteilen, wenn der Betreffende sich massiv und gezielt gegen die syrische Regierung wendet und dies in einer Weise tut, die geeignet ist, auch nach Syrien hineinzuwirken (Deutsches Orient-Institut, Gutachten vom 22.3.1996; amnesty international, Auskunft vom 20.6.1996 an das VG Koblenz, Auswärtiges Amt, Auskünfte vom 19.3.1997 und vom 17.7.1996 an das VG Braunschweig).

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Der Kläger ist auch nicht wegen seiner Eigenschaft als Kurde Verfolgungsmaßnahmen des syrischen Staates ausgesetzt. Nach der Auskunftslage ist davon auszugehen, dass die ethnische Minderheit der Kurden als solche in Syrien einer staatlichen Verfolgung nicht unterworfen ist. Fälle politischer Verfolgung allein wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Kurden sind nicht bekannt. Die in den 60-iger Jahren von der damals regierenden syrischen Führung begonnene und von Präsident Assad bis 1976 zunächst noch fortgeführte Politik der "Arabisierung" der kurdischen Siedlungsgebiete Syriens ist noch im Jahre 1976 von der Assad-Regierung eingestellt worden (vgl. etwa die Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Berlin vom 10.01.1990). Zwar betont die Ideologie der Baath-Partei den arabischen Charakter Syriens. Seit Ende der 70-iger Jahre sind jedoch Bestrebungen zur Zwangsarabisierung ethnischer Minderheiten oder staatliche Repressionen gegen nichtarabische Minderheiten allein aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit nicht mehr feststellbar (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19.07.2000).

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Anhaltspunkte für sonstige Nachfluchtgründe liegen ebenfalls nicht vor. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass dem unverfolgt ausgereisten Kläger bei seiner Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer politischen Verfolgung droht. Die Tatsache, dass der Kläger in Deutschland um Asyl nachgesucht hat, ist kein Umstand, dessentwegen eine solche Befürchtung begründet wäre. Die Asylantragstellung als solche hat keine Maßnahmen syrischer Behörden zur Folge (vgl. den o.g. Lagebericht sowie das Urteil des Nds. OVG Lüneburg vom 04.08.1993, 2 L 5341/92; Beschl. vom 22.08.2000, 2 L 3024/00). Nichts anderes gilt auch für den mit der Dauer des Asylverfahrens zusammenhängenden Auslandsaufenthalt. Dieser wird von den syrischen Behörden ganz regelmäßig nicht zum Anlass für Verfolgungsmaßnahmen genommen (vgl. Nds. OVG Lüneburg, aaO.; OVG Bremen, Urt. vom 13.04.2000, OVG 2 A 466/99.A; VGH Mannheim, Urt. vom 19.05.1998, A 2 S 28/98; OVG Saarlouis, Urt. vom 08.12.1998, 3 R 72/98). Es entspricht deshalb der ständigen Rechtsprechung der Kammer, dass weder allein der Auslandsaufenthalt noch die Asylantragstellung zu einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit für eine politische Verfolgung bei einer Rückkehr nach Syrien führen, sofern die Betroffenen - wie hier - sich nicht in herausgehobener Funktion politisch betätigt haben. Aus den Lageberichten des Auswärtigen Amtes (z. B. vom 19.07.2000) ergibt sich, dass die Einreise abgeschobener Antragsteller ohne Anhaltspunkte für eine aus der Sicht des syrischen Staates bedeutsamen politische Betätigung weitgehend unbehelligt verläuft und die Asylantragstellung als solche oder ein längerer Auslandsaufenthalt für sich in der Regel keine Anknüpfungspunkte für ein erhöhtes Interesse der Geheimdienste sind. Aus den der Kammer vorliegenden Auskünften von amnesty international (z.B. vom 20.06.1996 an das VG Koblenz) ergibt sich im Ergebnis nichts anderes. Darin wird insoweit übereinstimmend mit den Angaben des Auswärtigen Amtes ausgeführt, dass mit zielgerichteter politischer Verfolgung in der Regel dann gerechnet werden muss, wenn sich jemand aktiv politisch und in herausgehobener Funktion oppositionell oder anderweitig regimekritisch verhält. Es wird zwar auch ausgeführt, dass syrische Asylantragsteller bei der Abschiebung gefährdet seien, von staatlichen Stellen verfolgt zu werden, da sie einem eingehenden Verhör durch die Einwanderungs- und Sicherheitsbehörden unterzogen werden. Außerdem wird aber dargelegt, dass die abgeschobenen Asylantragsteller dann in ein Haft- und Verhörzentrum in Damaskus gebracht werden, wo sie gefährdet sind, gefoltert zu werden, wenn sich bei der Überprüfung der Verdacht auf eine regimekritische Haltung oder frühere oppositionelle Betätigung ergibt. Bei der Befragung am Flughafen sei es hingegen lediglich nicht ausgeschlossen, dass es zu Misshandlungen durch Schläge oder zu anderen Maßnahmen komme. Auch aus dieser Stellungnahme kann daher nicht die erforderliche beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine politisch motivierte Verfolgung bei einer Rückkehr nach Syrien für diejenigen entnommen werden, die sich - wie der Kläger - nicht politisch betätigt haben und die daher auch nicht in den Verdacht einer regimekritischen Haltung kommen können. Übereinstimmend hiermit gibt das Deutsche Orient Institut (z. B. Auskunft an das VG Ansbach vom 08.05.1995) an, dass auch staatenlose Kurden aus Syrien allein wegen ihrer Asylantragstellung keine Bestrafung zu erwarten haben, da die staatlichen Organe Syriens die Bedeutung eines Asylverfahrens durchaus realistisch einschätzen können und das Asylverfahren in den Augen der syrischen Staatsorgane für nicht bereits in ihrem Heimatland politisch Verfolgte dieselbe Bedeutung hat wie in den Augen der Asylbewerber, die einer Formalie.

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Der Kläger erfüllt auch nicht die Voraussetzungen eines Abschiebungsschutzes nach § 51 Abs. 1 AuslG.

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Nach dieser Vorschrift darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Der Anwendungsbereich des § 51 Abs. 1 AuslG betrifft neben den Fällen der politischen Verfolgung i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG auch solche Fälle, in denen eine Anerkennung als Asylberechtigter nach den §§ 26a und 27 AsylVfG ausgeschlossen ist oder wegen selbst geschaffener (subjektiver) Nachfluchtgründe scheitert (§ 28 AsylVfG). Indem diese Regelung voraussetzt, dass der Ausländer im Herkunftsland von einer der genannten Rechtsgutverletzungen bedroht ist, lässt sie erkennen, dass eine beachtliche Wahrscheinlichkeit dieser Rechtsgutverletzung bestehen muss und eine bloße, selbst durch Präzedenzfälle bestätigte Möglichkeit solcher asylerheblicher Nachteile nicht ausreiche (BVerwG, Beschl. vom 13.08.1990, Buchholz 402.25, § 28 AsylVfG Nr. 18).

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Eine derartige beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine politische Verfolgung bei einer Rückkehr in das Heimatland besteht aus den bereits dargelegten Gründen nicht. Der Hinweis des Klägers auf die vermeintliche Verhaftung des zurückgeschobenen Asylbewerbers H.D. (O.) begründet ebenfalls nicht die berechtigte Annahme, dass dem Kläger Gleiches widerfährt. Ungeachtet des Umstandes, dass dieser Vorgang bisher durch offizielle Stellen - soweit ersichtlich ist - nicht bestätigt worden ist, wäre dieser Fall mit dem des Klägers deshalb nicht vergleichbar, weil der Kläger sich nicht in ähnlicher Weise auffällig exilpolitisch verhalten hat. Außerdem ist der Kläger nicht in ähnlicher Weise wie der Asylbewerber Daoud, der offenbar Differenzen mit der syrischen Botschaft wegen der Ausstellung von Personalpapieren hatte, in den Blickpunkt geraten. Schließlich ließe sich aus den wenigen bekannt gewordenen Fällen von Schwierigkeiten bei der Rückführung nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ableiten, dass der Kläger in ähnlicher Weise festgesetzt und/oder gefoltert werden könnte.

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Schließlich sind auch Abschiebungshindernisse i.S.d. § 53 AuslG nicht ersichtlich. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erfasst allgemeine Gefahren i.S.d. § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG auch dann nicht, wenn sie den einzelnen Ausländer konkret und in individualisierbarer Weise betreffen. Lediglich dann, wenn dem einzelnen Ausländer kein Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 1 bis 4 und Abs. 6 Satz 1 AuslG zusteht, er aber gleichwohl nicht abgeschoben werden darf, weil die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG wegen einer extremen Gefahrenlage die Gewährung von Abschiebungsschutz unabhängig von einer Ermessensentscheidung nach den §§ 53 Abs. 6 Satz 2, 54 AuslG gebieten, ist § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG verfassungskonform einschränkend dahin auszulegen, dass eine Entscheidung nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht ausgeschlossen ist (BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, NVwZ 1996, 199 [BVerwG 17.10.1995 - BVerwG 9 C 9/95]). Es ist jedoch nicht wahrscheinlich, dass der Kläger sich bei einer Rückkehr nach Syrien in einer solchen extremen Gefahrenlage befinden würde.

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Da das Bundesamt den Kläger zu Recht nicht als Asylberechtigten anerkannt hat und er keine Aufenthaltsgenehmigung besitzt, hatte die Behörde ihn gemäß den §§ 34 f. AsylVfG zur Ausreise aufzufordern und die Abschiebung anzudrohen.

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Die Klage ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b Abs. 1

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AsylVfG abzuweisen. Die Nebenentscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.