Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 17.08.2005, Az.: 1 A 1045/04

Zahlungsbescheid für zwei Nachkontrollen in einem Viehstall ; Voraussetzungen der Kostenerhebung für Amtshandlungen im übertragenen Wirkungskreis der Gebietskörperschaften; Zuständigkeit für Aufgaben des Tierschutzes nach dem Tierschutzgesetz; Voraussetzungen für die Veranlassung einer Amtshandlung durch den Betroffenen; Reduzierung des Milchkuhbestandes auf 50 Tiere wegen auffällig hoher Sterblichkeit

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
17.08.2005
Aktenzeichen
1 A 1045/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 19401
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2005:0817.1A1045.04.0A

Verfahrensgegenstand

Tierschutzrechtliche Nachkontrollen (Kostenfestsetzung)

Das Verwaltungsgericht Stade - 1. Kammer - hat
auf die mündliche Verhandlung vom 17. August 2005
durch
den Präsidenten des Verwaltungsgerichts Schmidt als Einzelrichter
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen zwei Kostenbescheide des Beklagten, mit denen er zu den Kosten für Durchführung von Nachkontrollen im Viehstall des Klägers herangezogen wurde. Der Kläger betreibt eine landwirtschaftliche Hofstelle und ist nebenher Mitglied des Rates der Gemeinde C.. Im Frühjahr 2002 hatte er den Viehbestand aus dem Betrieb seiner Schwiegereltern übernommen, was zur Überbelegung im eigenen Stall führte. Auf den Kadaverabholnachweisen der Tierkörperbeseitigungsanstalt D. vom 3. Februar 2003 ergab sich, dass im Zeitraum vom 4. Januar bis 21. Januar 2003 14 tote Kälber und im Zeitraum 6. November bis 6. Dezember 2002 10 tote Tiere (Ferkel, Kälber, Rinder, Kühe) angefallen waren. Eine klare Ursache für die auffällig hohen Zahlen konnten auch durch ein Gespräch mit dem für den Kläger tätigen Tierarzt nicht aufgeklärt werden. Am 5. Februar 2003 führte die Amtstierärztin des Beklagten daher eine Besichtigung des Stalles durch. Daran nahm auch der Kläger teil. Während der Besichtigung wurden Mängel, insbesondere eine Überbelegung des Boxenlaufstalles und erhebliche Mängel bezüglich der Schweinehaltung festgestellt. Dem Kläger wurde ein "Gebührennachweis für amtstierärztliche Dienstgeschäfte" übersandt, wonach 53,60 EUR für die Tätigkeit zu zahlen hatte.

2

Am 6. Februar 2003 erging sodann eine amtstierärztliche Verfügung. Danach wurde dem Kläger unter Anordnung des Sofortvollzuges Folgendes aufgegeben:

Die Bereiche im Maststall und im Neubau, in denen Rinder gehalten werden, sind unverzüglich, spätestens aber bis zum 12. Februar 2003, anschließend regelmäßig, auszumisten.

Die Liegeplätze in dem Boxenlaufstall sind unverzüglich zu reinigen und ständig sauber zu halten.

Die Anzahl der in dem Boxenlaufstall gehaltenen Kühe ist unverzüglich so zu reduzieren, dass jedem Tier jederzeit eine Liegebox und ein Fressplatz zur Verfügung steht.

In dem Boxenlaufstall ist die Kraftfuttervorrichtung unverzüglich so herzurichten dass für jeweils 25 Tiere mindestens eine Kraftfutterstation zur Verfügung steht.

In dem Boxenlaufstall ist die Tränkevorrichtung unverzüglich so herzurichten, dass für alle Tiere jederzeit Zugang zu ausreichenden Tränken besteht.

Es ist unverzüglich eine Untersuchung und Behandlung aller klinisch erkrankten Rinder vornehmen zu lassen.

Es sind unverzüglich und regelmäßig die erforderlichen Gesundheitsvorsorgemaßnahmen nach näherer Anweisung des Tierarztes für den Rinderbestand vornehmen zu lassen.

Die Saugstelle der automatischen Warmmilchtränke ist unverzüglich zu reinigen und ständig in einem hygienisch einwandfreien Zustand zu halten.

Das Bestandsregister über den Rinderbestand ist bis zum 13. Februar 2003 zur Einsichtnahme vorzulegen und das arzneirechtliche Bestandsbuch über den Rinderbestand ist ebenfalls bis zum 13. Februar 2003 vorzulegen.

3

Hauptgrund für die Verfügung war, dass die Kälber insgesamt einen hochgradigen Flechtenbefall aufgewiesen hatten und dass die Ställe überbelegt waren.

4

Dieser Bescheid wurde dem Kläger, mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehen, am 8. Februar 2003 zugestellt. Rechtsmittel sind nicht eingelegt worden.

5

Am 13. Februar 2003 führte die Amtstierärztin eine Nachkontrolle durch. An dieser nahm auch der Kläger teil und er unterzeichnete im Anschluss an die Überprüfung ein Mängelprotokoll hinsichtlich der Arzneimittelüberwachung. Im Übrigen ergaben sich Mängel ausweislich des gefertigten Protokolls nur noch bezüglich der Überbelegung. Eine Reduzierung des Tierbestandes war noch nicht vorgenommen worden, dem Kläger wurde eine weitere Frist bis zum 20. Februar 2003 eingeräumt. Dem Kläger wurde wiederum ein Gebührennachweis für amtstierärztliche Dienstgeschäfte vom 13. Februar 2003 übergeben, nach dem 118,60 EUR zu zahlen waren.

6

Am 26. Februar 2003 fand eine weitere Nachkontrolle durch die Amtstierärztin statt. Der Kläger war dabei nicht zugegen, sodass das Gespräch mit dessen Ehefrau geführt wurde. Dabei wurde festgestellt, dass im Boxenlaufstall zurzeit 56 Tiere untergebracht waren. Das Verhältnis von 56 Kühen zu 46 Liegeboxen und Fressplätzen sei immer noch zu hoch. Eine Reduzierung des Tierbestandes oder eine räumliche Zwischenlösung bis zur Weidegangsperiode sei dringend erforderlich. Der Außenstall sei mit 24 Kühen besetzt, obwohl nur 17 Hochliegeboxen vorhanden seien. In einem Telefonat vom 27. Februar 2003 erklärte sich der Kläger gegenüber der Amtstierärztin bereit, seinen Milchkuhbestand auf 50 Tiere durch Trockenstellen zu reduzieren. Soweit keine Krankheitsprobleme im Kuhbereich auftreten, werde eine 10%ige Überbelegung hingenommen. Für die amtliche Überprüfung vom 26. Februar 2003 ließ der Beklagte dem Kläger einen Kostennachweis für amtstierärztliche Dienstgeschäfte zukommen, nach dem 54,60 EUR zu übernehmen waren.

7

In der Zeit vom Februar bis Dezember 2003 ergaben sich nach Mitteilung der Tierkörperbeseitigungsanstalt drei tote Tiere, nämlich zwei Kälber und ein Rind, die jeweils im Februar 2003 gestorben waren. Am 2. April 2003 unternahm die Amtstierärztin gemeinsam mit einem Kollegen eine weitere Überprüfung des Betriebes des Klägers. An dem Rundgang nahm auch der Kläger teil. In einem Vermerk hielt die Amtstierärztin fest, dass die Buchten der Bullen und des Jungviehs nicht ausreichend gemistet seien und dass die tierärztlichen Untersuchungen nicht wie angeordnet durchgeführt waren. Im Anschluss an die Nachuntersuchung überließ der Beklagte dem Kläger einen Gebührennachweis für amtstierärztliche Dienstgeschäfte vom 2. April 2003, nach dem 38,60 EUR Kosten zu tragen waren.

8

Am 16. Juni 2003 teilte der Tierarzt mit, dass Pellets gegen Flechte abgegeben worden seien, sodass die Kälber Anfang Juni gut ausgesehen haben. Die trockenstehenden Kühe würden gegen Rota-, Corona- und Coliviren geimpft, die Durchfallerkrankung der Kälber sei eingedämmt, es gebe keine Todesfälle mehr. Der Tierarzt werde den Kläger noch einmal auf eine bessere Einstreu und die notwendige Entmistung hinweisen. Eine Umgebungsbehandlung mit einem fungizid wirkenden Desinfektionsmittel im Kälberstall halte er auch für sehr sinnvoll. Er habe einen so hochgradigen und langwierigen Flechtebefall bei Kälbern in seiner Praxistätigkeit selten gesehen.

9

Am 10. Juli 2003 nahm die Amtstierärztin eine erneute Kontrolle vor. Nach einem von ihr im Anschluss daran gefertigten Vermerk hat sie festgestellt, dass die Buchten des Jungviehs nicht ausreichend gemistet und eine Einstreu nicht erkennbar war. Die bereits im Februar 2003 festgestellte hochgradige Hautpilzerkrankung aller Kälber sei in einer Bucht immer noch hochgradig. Der Befall bei den etwas älteren Kälbern sei mittelgradig. Die Buchten der Kälber seien nicht ausreichend gemistet und zu gering eingestreut. Wegen des Flechtebefalls sollten die Tiere so trocken wie möglich liegen. Der Überbesatz bestehe immer noch fort. Es würden 63 Kühe gemolken, für die 24 Boxen zur Verfügung stünden. Die hinzunehmende Überbelegung von bis 10 % sei damit immer noch überzogen. Im Anschluss an den von der Amtstierärztin allein vorgenommenen Betriebsrundgang führte die Amtstierärztin ausweislich des Vermerkes mit dem Kläger ein Gespräch über sein mangelndes Engagement zur Abstellung der tierschutzrechtlichen Mängel seit Anfang Februar, insbesondere die mangelnde Einstreu, die nicht ausreichend behandelte Flechte der Kälber und den unerlaubten Überbesatz im Kuhstall. Nachdem der Kläger sich über die häufigen kostenpflichtigen Kontrollen ohne schriftlichen Bericht beschwert hatte, erklärte ihm die Amtstierärztin, dass dies erforderlich sei, weil er die in der bestandskräftigen Verfügung beschriebenen Mängel nicht abgestellt habe. Eine Wiederholung der Auflistung der festgestellten Mängel sei nicht üblich.

10

Auch für diesen Überprüfungstermin wurde dem Kläger ein Gebührennachweis für amtstierärztliche Dienstgeschäfte in Höhe von 38,60 EUR überlassen.

11

Bei einem weiteren Termin zur Nachkontrolle am 14. August 2003, der offenbar im Zusammenhang mit der Anhörung zu einem inzwischen eingeleiteten Bußgeldverfahren stattgefunden hatte, wurden keine Mängel mehr festgestellt. Die Ursache für die hohe Kälbersterblichkeit sei gefunden und eine entsprechende Behandlung der Flechteerkrankungen habe seit April stattgefunden. Auch das arzneimittelrechtliche Bestandsbuch werde ordnungsgemäß geführt. Daraufhin entschied sich ausweislich des Vermerkes des Veterinäramtes der Beklagte, das in der Verfügung vom 6. Februar 2003 angedrohte Zwangsgeld nicht festzusetzen.

12

In einer Dienstaufsichtsbeschwerde vom 10. Juli 2003 hatte der Kläger sich auch gegen die Kostenerhebungen für die vier Nachkontrollen vom 13. Februar, 26. Februar, 2. April und 10. Juli 2003 in Höhe von insgesamt 250,40 EUR beschwert. Im Hinblick darauf, dass die Gebührennachweise keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielten, hat der Beklagte diese Beschwerde als zulässigen Widerspruch gegen die Bescheide angesehen. Im Laufe des Widerspruchsverfahrens hat er sodann neue Kostenbescheide, die die Rechtsgrundlagen bezeichnen und mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen sind, am 11. November 2003 erlassen. Dabei wurden zugleich kleine Rechenfehler berichtigt. Für die Nachkontrolle vom 13. Februar 2003 wurden nunmehr 117,55 EUR, für die Nachkontrolle vom 26. Februar 2003 54,15 EUR, für die Nachkontrolle vom 2. April 2003 und für die Nachkontrolle vom 10. Juli 2003 weiterhin jeweils 38,30 EUR festgesetzt. Mit Schreiben vom 5. Dezember 2003 verlangte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Einstellung des Bußgeldverfahrens und weist hinsichtlich der Kostenbescheide darauf hin, dass der Kläger die Kosten für die Nachkontrollen vom 13. und 26. Februar beglichen habe. Diese Bescheide würden auch anerkannt. Bezüglich der Nachkontrollen vom 2. April und 10. Juli 2003 würde Widerspruch gegen die Kostenbescheide eingelegt, weil diese weiteren Nachkontrollen ohne Vorankündigung erfolgt seien. Dies Verfahren sei fehlerhaft, insbesondere deshalb, weil für den Kläger nicht erkennbar gewesen sei, was ihm vorgehalten werde und warum die Nachkontrolle erfolgt sei.

13

Mit Bescheid vom 8. Juni 2004 wies die Bezirksregierung Lüneburg den Widerspruch gegen die Kostenfestsetzungsbescheide zurück. Der Kläger habe die Nachkontrollen verursacht und zu vertreten, weil er als Tierhalter dadurch Anlass zu den Kontrollen gegeben habe, dass er die bestandskräftig festgesetzten Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt habe. Im Übrigen sein die Kostenbescheide nicht zu beanstanden.

14

Der Kläger hat am 22. Juni 2004 Klage erhoben. Er meint, die beiden Nachkontrollen vom 2. April und 10. Juli 2003 seien nicht von ihm veranlasst gewesen, insbesondere seien dem Kläger Beanstandungen nicht erklärt worden. Eine schriftliche Dokumentation sei überhaupt nicht erfolgt. Der Kläger sei nach den beiden ersten Kontrollen davon ausgegangen, dass nunmehr alles in Ordnung sei. Die Amtstierärztin habe den Hof des Klägers vielmehr kommentarlos verlassen. Schriftliche Vorhaltungen seien nicht mehr erfolgt. Daher habe der Kläger keine Beanstandungen ausräumen könne.

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Der Kläger beantragt,

die Kostenfestsetzungsbescheide des Beklagten vom 11. November 2003 für die Nachkontrollen vom 2. April und 10. Juli 2003, sowie teilweise den Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2004 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

17

Der Kläger habe die Nachkontrollen veranlasst. Der Beklagte habe die Durchführung der mit bestandskräftigen Bescheid vom 6. Februar 2003 dem Kläger auferlegten Forderungen kontrollieren müssen. Aus den Vermerken über die durchgeführten Nachkontrollen ergäbe sich eindeutig, dass erst im August 2003 alle Auflagen befolgt waren. Dass von einer mangelfreien Rinderhaltung nicht gesprochen werden konnte, sei nach dem Akteninhalt offenkundig.

18

Gegen den Kläger ist ein Bußgeldverfahren bei dem Amtsgericht E. zum Aktenzeichen: F.) anhängig. Der Beklagte hatte den Kläger mit Schreiben vom 21. Juli 2003 zu der Absicht angehört, einen Bußgeldbescheid zu erlassen, nachdem die Amtstierärztin in einer dienstlichen Erklärung vom 16. Juli 2003 erklärt hatte, dass die Mängel nach jedem Kontrollrundgang mit dem Kläger besprochen worden seien. Einen Bußgeldbescheid hat der Beklagte dann erst am 2. September 2004 erlassen. Das Amtsgericht hat die Hauptverhandlung am 7.Juli 2005 keine Entscheidung getroffen, weil noch eine Auskunft des behandelnden Tierarztes eingeholt werden sollte.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streitakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

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Die Klage hat keinen Erfolg, weil die Kostenfestsetzungsbescheide des Beklagten vom 2. April und 10. Juli 2003 in der Fassung vom 11. November 2003 und der Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2004 rechtmäßig sind und den Kläger nicht in einen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

21

Die Rechtsgrundlage für die den Kläger belastenden Verwaltungsakte, mit denen er zu insgesamt 77,20 EUR für zwei Nachkontrollen in seinem Viehstall herangezogen wurde, ergibt sich aus dem Niedersächsischen Verwaltungskostengesetz vom 7. Mai 1962 (Nds. GVBl. S. 43), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. November 2001 (Nds. GVBl. S. 701). Nach § 1 Abs. 1 NVwKostG werden unter anderem für Amtshandlungen im übertragenen Wirkungskreis der Gebietskörperschaften Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben, wenn die Beteiligten zu der Amtshandlung Anlass gegeben haben.

22

Der Beklagte ist vorliegend im übertragenen Wirkungskreis tätig geworden, denn die Aufgaben des Tierschutzes nach dem Tierschutzgesetz sind den Landkreisen als staatliche Aufgaben zugewiesen worden und gehören somit zum übertragenen Wirkungskreis (§ 4 NLO).

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Die mit den Kontrollen vom 2. April und 10. Juli 2003 von dem Beklagten vorgenommenen Amtshandlungen waren auch im Sinne des § 1 des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes von dem Kläger veranlasst worden. Anlass gegeben im Sinne dieser Vorschrift hat nicht nur derjenige, der einen Antrag gestellt hat oder derjenige, der polizeirechtlich verantwortlich ist. Vielmehr hat das Nds. Verwaltungskostengesetz sich mit seiner in § 1 Abs. 1 Satz 1 und § 5 Abs. 1 Satz 1 und § 5 Abs. 1 Satz 1 enthaltenen umfassenden Formel im Gegensatz zu dem Begünstigungs-, Vorteils-, Interessen- oder Verschuldensprinzip zu dem umfassendsten denkbaren Anknüpfungsmaßstab entschieden. Im Sinne des Nds. Verwaltungskostengesetzes hat derjenige zu einer Amtshandlung Anlass gegeben, der einen Tatbestand geschaffen hat, der die Behörde zu der Amtshandlung veranlasst hat (vgl. Nds. OVG Lüneburg, OVGE 26, 446, 447;  37, 464, 466). Danach ist es nicht erforderlich, dass die Amtshandlung von dem Betroffenen willentlich herbeigeführt worden ist, sondern es genügt, wenn der Betroffene den Tatbestand willentlich gesetzt hat, der unmittelbar Anlass für die Amtshandlung war. Bereits die amtliche Begründung zum Entwurf des Verwaltungskostengesetzes, Landtagsdrucksache 4/222, Abschnitt B zu § 1 zu b) stellt klar, dass der Begriff der Veranlassung nicht voraussetzt, dass der Einzelne die Amtshandlung willentlich in Anspruch nimmt, vielmehr sei anerkannt, dass Gebühren ohne eine Inanspruchnahme der Verwaltung für Verwaltungsmaßnahmen, insbesondere Überwachungsmaßnahmen gefordert werden können (vgl. BVerwGE, 12, 162; Nds. OVG Lüneburg, OVGE 24, 321). Bei der Frage, ob eine Heranziehung zu den Kosten im Sinne des Verwaltungskostengesetzes möglich ist, kommt es daher anders als im Verfahren um die Frage, ob das Verhalten eine Ahndung nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz zur Folge haben muss, nicht darauf an, ob der Kläger die in der Ordnungsverfügung vom 6. Februar 2003 bestandskräftig auferlegten Pflichten schuldhaft nicht (rechtzeitig) erfüllt hat, sondern allein darauf, ob der Kläger den Tatbestand gesetzt hat, der den Beklagten veranlassen konnte, weitere Amtshandlungen (Nachkontrollen) für notwendig zu halten. Eine Aussetzung des Verfahrens wegen des anhängigen Bußgeldverfahrens war daher schon wegen der unterschiedlichen Fragestellungen nicht erforderlich, zumal der Bußgeldbescheid erst im September 2004, also erst mehr als ein Jahr nach den hier in Streit befindlichen Nachkontrollen ergangen ist.

24

Dass hinsichtlich der ersten zwei, hier nicht in Streit befindlichen, Nachkontrollen nach den oben dargelegten Maßstäben eine Notwendigkeit zur Überprüfung durch den Beklagten gegeben war, kann keinem Zweifel unterliegen. Die Notwendigkeit der Kontrollen, die der Beklagte im Laufe des Monats Februar 2003 durchgeführt hat, werden auch von dem Kläger nicht bestritten. Aber auch die Kontrollen vom 2. April und 10. Juli 2003, für die der Beklagte jeweils 38,60 EUR verlangt, sind im Sinne des Verwaltungskostengesetzes durch den Kläger veranlasst. Bezüglich der Nachkontrolle vom April 2003 musste der Kläger zweifellos mit einer Überprüfung durch die Amtstierärztin rechnen, nachdem ihm im Anschluss an den vorausgegangenen Termin vom 26. Februar 2003 durch diese in einem Telefonat vom 27. Februar 2003 erklärt worden war, dass eine 10 %ige Überbelegung hingenommen werde, soweit keine Krankheitsprobleme im Kuhbereich auftreten. Der Kläger hatte sich in diesem Gespräch zu einer Reduzierung des Milchkuhbestandes auf 50 Tiere bereit erklärt. Im Hinblick darauf, dass Auslöser der dem gesamten Streit zugrunde liegenden Verfügung vom 6. Februar 2003 eine auffällig hohe Zahl toter Tiere, nämlich innerhalb eines Monats zehn Tiere, war und im Hinblick darauf, dass im Februar 2003 weitere drei weitere tote Tiere von der Tierkörperbeseitigungsanstalt gemeldet worden waren, besteht insoweit kein Zweifel an der Berechtigung des Beklagten, eine weitere Nachkontrolle durchzuführen. Den zugrunde liegenden Tatbestand hat im Sinne des Verwaltungskostenrechts zweifellos der Kläger durch Überbelegung und durch nicht ausreichende ärztliche Versorgung seiner Tiere gesetzt, die zu einer im Verhältnis zu seinem Gesamtbesatz enorm hohen Todesrate geführt hat. Im Hinblick auf den langwierigen und hochgradigen Flechtebefall, der auch nach Aussage des behandelnden Tierarztes in diesem Ausmaß selten vorkommt, musste der Kläger mit weiteren Nachkontrollen rechnen. Der Beklagte hatte zwar die Abstände der Nachkontrollen im Hinblick auf die allmählich eintretende Besserung zu Recht verlängert, gleichwohl war er aber schon im Interesse der Tiere und der Vermeidung weiterer Schäden und einer Ausweitung der Krankheit gehalten weitere Überprüfung der Zustände bis zur endgültigen Beseitigung der Hautflechte vorzunehmen. Auch die Nachkontrolle vom 10. Juli 2003 war danach im Sinne des Kostenrechts von dem Kläger veranlasst, weil, wie sich auch aus der am 16. Juni 2003 erfolgten Mitteilung des Tierarztes ergibt, eine nachhaltige Bereinigung der in der bestandskräftigen Verfügung vom 6. Februar 2003 enthaltenen Beanstandungen noch nicht ergeben hatte.

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Soweit der Kläger mit seiner Klagebegründung beanstandet, der Beklagte bzw. die Amtstierärztin habe im Anschluss an die Nachkontrollen nicht mit der gebotenen Deutlichkeit klar gemacht, was von dem Kläger noch im Einzelnen verlangt werde, mag dies zutreffend sein. Für die Entscheidung dieses Falles ist es jedoch nicht entscheidungserheblich, wenngleich es sicher im Interesse der Klarheit besser gewesen wäre, dem Kläger die im Anschluss an den jeweiligen Termin zur Nachkontrolle gefertigten Vermerke zukommen zu lassen oder in diesen jedenfalls den abschließenden Gesprächsinhalt festzuhalten. Im Übrigen hätte im vorliegenden Fall im Hinblick auf den Zeitablauf auch die Festsetzung von Zwangsgeldern erfolgen können. Aus der Tatsache, dass dies letztlich zugunsten des Klägers nicht erfolgt ist, kann er jedoch in diesem auf Erstattung der Kosten gerichteten Verfahren keine Rechte herleiten.

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Insgesamt muss die Klage daher abgewiesen werden.

27

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert wird auf 77,20 Euro festgesetzt.

Schmidt