Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 21.09.1998, Az.: 7 W (L) 51/98

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
21.09.1998
Aktenzeichen
7 W (L) 51/98
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1998, 34098
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1998:0921.7W.L51.98.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Stolzenau - 13.01.1998 - AZ: 2 Lw 26/97

In der Landwirtschaftssache

betreffend den Antrag auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses

hat der 7. Zivilsenat -; Senat für Landwirtschaftssachen -; des Oberlandesgerichts Celle durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ., den Richter am Oberlandesgericht . und die Richterin am Oberlandesgericht . als Berufsrichter sowie die Landwirte . und . als ehrenamtliche Richter am 21. September 1998 beschlossen:

Tenor:

  1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 und 3 gegen den Beschluss des Amtsgerichts -; Landwirtschaftsgericht -; Stolzenau vom 13. Januar 1998 wird zurückgewiesen.

    Die Beteiligten zu 2 und 3 tragen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und haben der Beteiligten zu 1 . deren im Beschwerdeverfahren erwachsenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

    Gegenstandswert der Beschwerde: 128. 400 DM.

Tatbestand:

1

I.

Die am 9. Juli 1918 geborene Beteiligte zu 1, die Antragstellerin, ist die Witwe des am 22. November 1911 geborenen und am 17. November 1995 verstorbenen Landwirts . (Erblasser). Dieser hatte keine Abkömmlinge, seine Eltern leben nicht mehr. Von seinen Geschwistern leben nur noch die Beteiligte zu 2, die am 8. Mai 1909 geborene vollbürtige Schwester . geb. ., und die Beteiligte zu 3, die am 20. Mai 1928 geborene halbbürtige Schwester . geb. ., die beide nach der Hofübergabe ihres Vaters an den Erblasser 1943 Abfindungen in Höhe von 5. 000 DM bzw. 4. 000 DM und bei ihrer Heirat jeweils ein trächtiges Rind erhalten haben. Ob die vorverstorbenen sechs Geschwister des Erblassers Abkömmlinge hinterlassen haben, ist nicht vollständig bekannt.

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Der Erblasser, der keine Verfügung von Todes wegen hinterlassen hat, war Eigentümer des im Grundbuch von Großenvörden Blatt 249 eingetragenen Hofes im Sinne der Höfeordnung zur Größe von 26.16.90 ha mit einem Einheitswert von 32. 100 DM und einem Wirtschaftswert von 22. 616 DM. Lebendes Inventar war im Zeitpunkt des Erbfalls nicht vorhanden, von dem toten Inventar nur einige wenige ältere Gerätschaften. Die Ländereien hatte der Erblasser bereits 1988 stückweise verpachtet, wobei jährliche Pachteinnahmen von 16.434,10 DM erzielt werden. Näheres zu den Pachtverträgen ist nichts bekannt.

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Die Beteiligte zu 1 hat beantragt,

ihr ein Hoffolgezeugnis zu erteilen, durch das sie als Hoferbin nach dem Erblasser ausgewiesen wird.

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Dem haben die Beteiligten zu 2 und 3 widersprochen mit der Begründung, der Hof solle zurück in den Stamm . fallen, die Beteiligte zu 1 sei nicht wirtschaftsfähig, es stehe ein wirtschaftsfähiger Neffe zur Verfügung. Sie haben ferner vorgetragen, die Hofeigenschaft der landwirtschaftlichen Besitzung sei entfallen, weil die Ländereien an verschiedene Pächter verpachtet worden und Vieh sowie landwirtschaftliche Geräte nicht mehr vorhanden seien.

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Das Landwirtschaftsgericht hat durch den Beschluss vom 13. Januar 1998 angekündigt, dass der Beteiligten zu 1 das beantragte Hoffolgezeugnis erteilt werde, falls gegen diesen Beschluss nicht binnen zwei Wochen Beschwerde erhoben werde. Die Beteiligten zu 2 und 3 haben innerhalb der Frist Beschwerde eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen ihr Vorbringen wiederholt. Das Landwirtschaftsgericht hat im Abhilfeverfahren die Hofstelle besichtigt und sodann durch Beschluss vom 29. Juni 1998 der Beschwerde nicht abgeholfen. Auf die Begründung beider Beschlüsse wird Bezug genommen.

Gründe

6

II.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 und 3 ist zulässig, aber nicht begründet. Die vom Landwirtschaftsgericht beabsichtigte Erteilung eines Hoffolgezeugnisses an die Beteiligte zu 1 ist gerechtfertigt.

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1. Die Beteiligte zu 1 ist gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Höfeordnung in der zum Zeitpunkt des Erbfalls geltenden Fassung gesetzliche Hoferbin der zweiten Hoferbenordnung. Die vom Erblasser hinterlassene Besitzung ist Hof im Sinne der Höfeordnung. Sie hat einen Wirtschaftswert von mehr als 20. 000 DM, und für sie ist der Hofvermerk eingetragen.

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Die Beteiligte zu 1 ist aber auch als gewillkürte Hoferbin anzusehen. Der Erblasser hat zwar keine so bezeichnete Verfügung von Todes wegen hinterlassen, mit der er gemäß § 7 HöfeO die Beteiligte zu 1 als Hoferbin hätte bestimmen können. Indessen kommt nach der Einführung des sog. fakultativen Höferechts durch das zweite Änderungsgesetz zur Höfeordnung vom 29. März 1976 (BGBl. I S. 881) der damit vorgesehenen Möglichkeit, dass der Hofeigentümer durch Erklärung gegenüber dem Landwirtschaftsgericht die Hofeigenschaft aufheben oder begründen kann (negative oder positive Hoferklärung), sofern weitere Voraussetzungen gegeben sind, eine besondere weitere Bedeutung zu. Die (positive oder negative) Hoferklärung des Hofeigentümers bestimmt das Erbstatut, dem die landwirtschaftliche Besitzung unterliegt. Sie ist selbst keine Verfügung von Todes wegen und hat auch keine Merkmale einer solchen. Mit ihr bestimmt der Erblasser jedoch u. a. auch, wer aus dem Kreis seiner gesetzlichen Erben, sofern er diese nicht noch durch Verfügung von Todes wegen bestimmt, den Hof nach seinem Tod erhalten soll. Im Falle der positiven Hoferklärung, der die bewusste ausdrückliche oder stillschweigende Aufrechterhaltung der Hofeigenschaft gleichsteht, wird nur die eine nach der gesetzlichen Hoferbenordnung der §§ 5, 6 HöfeO in Betracht kommende Person Hoferbe, im Falle der negativen Hoferklärung werden die nach §§ 1924 f. BGB in Betracht kommenden Personen Erben. Es ist danach gerechtfertigt, aus der Hoferklärung zugleich eine Bestimmung des oder der Erben des Hofeigentümers zu entnehmen, die er wie eine (einseitige) Verfügung von Todes wegen jederzeit durch entgegengesetzt lautende Hoferklärung wieder ändern kann. Weitergehend ist zwar darin der Wille des Erblassers, auf den es im Erbfall entscheidend ankommt und den zu ermitteln stets Aufgabe des mit der Erbenfeststellung betrauten Gerichts ist, zu sehen, seiner Ehefrau unter allen Umständen Alleinerbschaft vorzubehalten und, da er selbst von der Hofeigenschaft seiner Besitzung ausging, dies auch für den Fall, dass seine Besitzung möglicherweise kein Hof im Sinne der Höfeordnung (mehr) war.

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Ist danach die Beteiligte zu 1 nicht nur als gesetzliche, sondern auch als gewillkürte Hoferbin anzusehen, scheitert ihre Berufung nicht etwa an mangelnder Wirtschaftsfähigkeit. Der überlebende Ehegatte des Hofeigentümers braucht gemäß § 6 Abs. 6 Satz 2 HöfeO nicht wirtschaftsfähig zu sein. Dass sich der Hof zukünftig möglicherweise außerhalb der Familie Niemeier vererbt, ist eine anzuerkennende Folge des fakultativen Höferechts.

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Dass der Ausschluss der Beteiligten zu 2 und 3, der Schwestern des Erblassers nicht grob unbillig i. S. d. § 6 Abs. 2 Nr. 1 HöfeO ist, hat das Landwirtschaftsgericht zutreffend im Einzelnen ausgeführt. Dagegen erinnert die Beschwerde nichts. Bei dieser Sach- und Rechtslage ist für eine Erörterung der Problematik des höferechtlichen Zwecks und des leistungs- oder lebensfähigen Hofes kein Platz.

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2. Es kommt auch nicht entscheidend darauf an, ob die Hofeigenschaft der hinterlassenen landwirtschaftlichen Besitzung schon zu Lebzeiten des Erblassers entfallen war. Es ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass die Hofeigenschaft auch "außerhalb des Grundbuchs", d. h. ohne Löschung des Hofvermerks im Grundbuch, entfallen kann, wenn der Hofeigentümer willentlich und erkennbar die Hofeigenschaft endgültig aufgibt. Das kann sich darin äußern, dass er lebendes und totes Inventar veräußert, die Ländereien langfristig verpachtet, die Hofstelle als solche entwidmet und einer anderen Nutzung, z. B. als Mehrfamilienhaus, Gasthof, Altersheim und dergleichen, zuführt. Maßgeblich ist stets der Wille des Hofeigentümers. Hat er die Landwirtschaft etwa aus Gesundheits- oder Altersgründen nur auf Zeit aufgegeben, bedeutet das nicht in jedem Falle eine endgültige Aufgabe der Landwirtschaft. Gehindert wird die Annahme einer eines solchen dieser Maßnahme stehenden Willens z. B. dann, wenn der Hofeigentümer für die Weiterführung der Landwirtschaft von seinem Betrieb aus die Möglichkeit sieht oder erhofft, etwa weil, wenn nicht unter seinen eigenen Abkömmlingen, in der nächsten Generation oder in der Seitenlinie ein Hofnachfolger heranwächst. Weiterer Ermittlungen in diesem Sinne bedurfte es wegen des gefundenen Ergebnisses nicht, und der Senat war nicht verpflichtet, die Beteiligten zu entsprechendem Vortrag zu veranlassen.

12

Die Entscheidung über die Gerichtskosten beruht auf §§ 34 Abs. 1, 44 Abs. 1 LwVG. Die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten beruht auf § 45 Abs. 1 Satz 2 LwVG. Den Geschäftswert hat der Senat gemäß §§ 33 LwVG, 20 Satz 2 HöfeVfO, 19 Abs. 4 KostO festgesetzt.