Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 28.08.2013, Az.: 1 A 82/12

Beamtenrecht; dienstliche Interessen; Nebentätigkeit; dienstliche Pflichten; Verhältnismäßigkeit; Waffenhandel

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
28.08.2013
Aktenzeichen
1 A 82/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 64365
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Der legale Waffenhandel durch einen Beamten, der als Händler behördlich zugelassen ist, ist für sich genommen nicht geeignet, ihn in einen Konflikt mit seinen dienstlichen Pflichten zu bringen; es müssen vielmehr zusätzliche Umstände hinzutreten, die zu einer Beeinträchtigung dienstlicher Interessen führen könnten.

2. Sind die waffenrechtliche Zuverlässigkeit eines Beamten und seine persönliche Eignung zum Waffenhandel durch die Waffenbehörde bejaht worden, so kann der Dienstherr im Rahmen der Prüfung, ob eine entsprechende Nebentätigkeit geeignet ist, dienstliche Interessen zu beeinträchtigen, nicht darauf abstellen, der Beamte verfüge als Anwärter nicht über eine ausreichende Berufs- und Lebenserfahrung.

Tatbestand:

Mit der Klage wendet sich der Kläger gegen die Untersagung einer Nebentätigkeit.

Der am … geborene Kläger ist Polizeikommissar-Anwärter und wird am Dienstort Q. der Beklagten ausgebildet. Unter dem 18.01.2011 zeigte er bei der Beklagten die Nebentätigkeit eines Handels mit Waffen und Zubehör bzw. Munition im Umfang von vier Wochenstunden und mit einem geschätzten monatlichen Gewinn von 200,00 Euro an. Hierzu legte er einen Bescheid des R. vom 23.09.2008 vor, mit dem ihm eine waffenrechtliche Erlaubnis zum Internethandel mit Waffen und Munition erteilt worden war. Aus diesem Bescheid ergibt sich, dass der Kläger am 01.09.2008 die Prüfung für die Fachkunde im Waffenhandel erfolgreich abgelegt hatte. In seiner Nebentätigkeitsanzeige teilte der Kläger mit, die Tätigkeit betreffe hauptsächlich Sammlerobjekte und Objekte von kulturhistorischer Bedeutung in geringen Stückzahlen.

Nachdem die Beklagte ihn zur beabsichtigten Versagung der Nebentätigkeit angehört hatte, teilte der Kläger mit Schreiben vom 07.04.2011 mit, es bestehe kein Konflikt zwischen seinen Dienstpflichten und der Nebentätigkeit. Der Waffenhandel sei anerkannt und behördlich legitimiert. Ohne ihn gäbe es weder den Schießsport noch die Jagd oder kulturhistorische Waffensammlungen. Auf derartige Waffen sei er spezialisiert, sodass sein Umsatz gering sei. Der Erwerb von Waffen durch Dritte sei gesetzlich streng geregelt und sein Umfang werde durch seine Tätigkeit nicht beeinflusst. Ein Beamter des Landeskriminalamts in H. betreibe seit 1989 einen Waffenhandel als Nebentätigkeit. Er selbst habe im Alter von 19 Jahren die Prüfung zum Erwerb der Waffenhandelslizenz mit Bestnote absolviert. Durch zwei psychologische Gutachten sei ihm der verantwortungsvolle Umgang mit Waffen bescheinigt worden und seine persönliche Eignung sei daher erwiesen.

Mit Bescheid vom 09.02.2012 untersagte die Beklagte dem Kläger die Ausübung der von ihm angezeigten Nebentätigkeit als Waffen- und Munitionshändler. Sie führte aus, Polizeibeamte müssten sich im Rahmen ihrer Aufgabe, Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zu verfolgen und Gefahren abzuwehren, fast täglich mit der Gefährdung durch legalen und illegalen Waffenbesitz auseinandersetzen. Der Kläger beabsichtige, mit dem Waffenverkauf einen möglichst hohen Umsatz zu erzielen und Waffen einem möglichst großen Personenkreis zugänglich zu machen. Diese Interessenlage stehe in eindeutigem Konflikt zu seinen dienstlichen Pflichten. Der Umstand, dass der Käuferkreis begrenzt sei, schließe die Gefahr des unsachgemäßen Gebrauchs und der unsachgemäßen Verwahrung im Fall von Amok- oder Geisellagen nicht aus. Auch in derartigen Situationen würden regelmäßig legale Waffen benutzt, die in die Hände unberechtigter Personen gelangt seien. Generell widerspreche eine Ansammlung von erlaubnispflichtigen Waffen in Privathaushalten den polizeilichen Interessen. Der vom Kläger genannte Beamte des Landeskriminalamts sei ausgebildeter Polizist, während der Kläger sich noch in der Ausbildung befinde. In diesem Zusammenhang sei allerdings zu berücksichtigen, dass er in der Öffentlichkeit als Polizeibeamter wahrgenommen werde. Es stehe ihm offen, nach der Ernennung zum Polizeikommissar einen erneuten Antrag zu stellen.

Am 09.03.2012 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, ein Widerstreit zwischen der Nebentätigkeit und seinen dienstlichen Pflichten sei nicht zu erwarten. Der zeitliche und wirtschaftliche Umfang der Nebentätigkeit sei gering. Diese betreffe vornehmlich historische Waffen und Sammlerstücke, die an einen überschaubaren Personenkreis verkauft würden. Nach der Wertung des Gesetzgebers sollten Personen, die die gesetzlich geforderten Voraussetzungen erfüllten, zum Waffenhandel berechtigt sein. Dies gelte auch für ihn selbst. Solange eine entsprechende Einschränkung nicht erfolge, sei die Entscheidung des Gesetzgebers auch im Hinblick auf vereinzelte Unglücksfälle im Zusammenhang mit dem Besitz von Waffen zu akzeptieren. Es sei von Sachverständigen bestätigt worden, dass legale Waffen nur zu einem sehr geringen Teil in Straftaten verwickelt seien. Eine Gefahr gehe in erster Linie von illegal erworbenen bzw. aufbewahrten Waffen aus. Angesichts dessen dürfe auch die Auffassung der Beklagten, eine Verbreitung von Waffen widerspreche polizeilichen Interessen, nicht zu einem Verbot der Nebentätigkeit führen. Er biete als Polizeikommissar-Anwärter besonders die Gewähr dafür, dass die gesetzlichen Bestimmungen beim Waffenhandel genau beachtet würden. Soweit die Beklagte darauf abstelle, dass er im Gegensatz zu dem LKA-Beamten kein ausgebildeter Polizist sei, stehe dies im Widerspruch zu ihrer Erwägung, er werde in der Öffentlichkeit als Polizeibeamter wahrgenommen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 09.02.2012 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, es sei nicht auszuschließen, dass mit einer vom Kläger veräußerten Waffe eine Straftat begangen würde. Damit bestehe auch die Möglichkeit, dass der Kläger mit Straftätern geschäftliche Kontakte pflege. Um dies zu verhindern und sowohl das Ansehen der Polizei zu bewahren als auch den Kläger zu schützen, sei es notwendig gewesen, die Nebentätigkeit zu untersagen. Die Entscheidung des Landeskriminalamts, einem Bediensteten den Waffenhandel als Nebentätigkeit zu gestatten, binde sie nicht. Im Übrigen handele es sich dort um einen Beamten mit langer Berufs- und Lebenserfahrung, die der Kläger als Anwärter nicht vorweisen könne.

Im gerichtlichen Verfahren hat der Kläger im Vorfeld der Erteilung der waffenrechtlichen Erlaubnis eingeholte amtsärztliche Stellungnahmen vom 20.02.2007 und vom 30.06.2008 vorgelegt, wegen deren Inhalts auf Blatt 91 f. und 93 f. der Gerichtsakte Bezug genommen wird. Die zuständige Sachbearbeiterin des R. hat dem Gericht am 30.07.2013 auf telefonische Anfrage mitgeteilt, ihr seien Verkaufsaktivitäten des Klägers im November 2012 bekannt. Außerdem sei dem Kläger im November 2012 durch das S. ergänzend zur bestehenden waffenrechtlichen Erlaubnis eine bis zum 30.11.2015 gültige Ausnahmegenehmigung zum Import, Export, Erwerb und Weiterverkauf von nach dem Waffengesetz verbotenen Waffen erteilt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 09.02.2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Rechtsgrundlage für das Nebentätigkeitsrecht von Beamten liegt in § 40 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) sowie in den §§ 70 ff. des Nds. Beamtengesetzes (NBG). Gemäß § 40 BeamtStG ist eine Nebentätigkeit grundsätzlich anzeigepflichtig. Sie ist unter Erlaubnis- oder Verbotsvorbehalt zu stellen, soweit sie geeignet ist, dienstliche Interessen zu beeinträchtigen. Nach § 70 Abs. 1 NBG ist Nebentätigkeit die Wahrnehmung eines Nebenamts oder eine Nebenbeschäftigung. Nebenamt ist ein nicht zu einem Hauptamt gehörender Kreis von Aufgaben, der aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses wahrgenommen wird (§ 70 Abs. 2 NBG). Nebenbeschäftigung ist jede sonstige, nicht zu einem Hauptamt gehörende Tätigkeit innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes (§ 70 Abs. 3 NBG). Gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 NBG ist eine Nebentätigkeit zu untersagen, soweit sie geeignet ist, dienstliche Interessen zu beeinträchtigen. Ein Untersagungsgrund liegt unter anderem insbesondere vor, wenn die Nebentätigkeit die Beamtin oder den Beamten in einen Widerstreit mit den dienstlichen Pflichten bringen (§ 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 NBG; diese Regelung hat die Beklagte in ihrem Bescheid ausdrücklich als Rechtsgrundlage bezeichnet) oder wenn sie dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann (§ 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 NBG). Die beispielhaft genannten Untersagungsgründe enthalten unbestimmte Rechtsbegriffe, die durch das Verwaltungsgericht voll überprüfbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.06.1980 - 2 C 37/78 -, BVerwGE 60, 254).

Bei der Prüfung, ob die Untersagung einer Nebentätigkeit gerechtfertigt ist, ist zu berücksichtigen, dass die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit das Recht zur Verwertung der eigenen Arbeitskraft und damit auch eine außerhalb des Hauptamts ausgeübte Nebentätigkeit von Beamtinnen und Beamten einschließt (BVerwG, Urteil vom 26.06.1980, a.a.O.; Kümmel, Beamtenrecht, Stand: Juni 2013, § 73 NBG Rn. 3). Hieraus folgt, dass grundrechtsrelevante Eingriffe durch nebentätigkeitsrechtliche Bestimmungen verhältnismäßig sein müssen und dass auch der Dienstherr bei der Prüfung, ob eine Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigen kann, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachten muss (Kümmel, a.a.O., Rn. 5 m.w.N.).

Der Kläger beabsichtigt, den Handel mit Waffen und Munition außerhalb eines öffentlichen-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses wahrzunehmen, und hat somit eine Nebenbeschäftigung i.S.v. § 70 Abs. 3 NBG angezeigt. Eine Nebentätigkeit ist im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 NBG geeignet, dienstliche Interessen zu beeinträchtigen, wenn bei verständiger Würdigung der gegenwärtig erkennbaren Umstände des jeweiligen Einzelfalls eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen unter Berücksichtigung der erfahrungsgemäß zu erwartenden Entwicklung wahrscheinlich ist und mithin ein vernünftiger Grund dafür besteht, dass eine solche Beeinträchtigung voraussichtlich eintreten wird. Die Geeignetheit einer Nebentätigkeit, dienstliche Belange zu beeinträchtigen, ist mehr als die bloße, nicht auszuschließende Möglichkeit einer abstrakten Gefahr der Beeinträchtigung und weniger als eine in hohem Maß bestehende Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung in absehbarer Zeit (BVerwG, Urteil vom 30.06.1976 - VI C 46.74 -, ZBR 1977, 27 m.w.N.; Kümmel, a.a.O., Rn. 6). Die Gefährdung muss sich zudem auf dienstliche Interessen beziehen, während eine Beeinträchtigung außerdienstlicher Interessen nicht ausreicht. Die möglicherweise betroffenen dienstlichen Interessen sind nicht auf solche beschränkt, die mit der unmittelbaren Erledigung der dienstlichen Aufgaben zusammenhängen (vgl. zu alledem Kümmel, a.a.O., Rn. 7 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts). Öffentliche Interessen, zu deren Wahrnehmung andere Verwaltungen als die des Dienstherrn der Beamtin oder des Beamten verpflichtet sind, stellen keine dienstlichen Interessen im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 NBG dar (Kümmel, a.a.O., Rn. 7 unter Hinweis auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.06.1980, a.a.O., und vom 30.06.1983 - 2 C 57/82 -, BVerwGE 67, 287).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erweist sich die Entscheidung der Beklagten, die Nebentätigkeit des Klägers zu untersagen, als rechtswidrig. Dabei geht die Kammer nach dem Vortrag der Beklagten davon aus, dass sie ihre Entscheidung über den ausdrücklich genannten § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 NBG hinaus auch auf den Untersagungsgrund gemäß Nr. 6 der Vorschrift stützen wollte.

Zur Begründung ihrer Auffassung, der Handel mit Waffen und Munition könne den Kläger in einen Widerstreit mit seinen dienstlichen Pflichten bringen, führt die Beklagte aus, die beabsichtigte Nebentätigkeit stehe in Konflikt zu der polizeilichen Aufgabe, sich mit der Gefährdung durch legalen und illegalen Waffenbesitz auseinanderzusetzen. Es bestehe die Gefahr des unsachgemäßen Gebrauchs sowie der unsachgemäßen Verwahrung der Waffen im Fall von Amok- oder Geisellagen und eine Ansammlung von erlaubnispflichtigen Waffen in Privathaushalten widerspreche den polizeilichen Interessen. Insbesondere die letzte Erwägung spricht dafür, dass die Beklagte ihre Entscheidung aufgrund einer generell kritischen Einstellung zum Waffenhandel getroffen hat. Sie übersieht dabei, dass der Handel mit Waffen ein erlaubtes Verhalten darstellt, das durch den Gesetzgeber lediglich restriktiv geregelt worden ist. Der legale Waffenhandel durch einen Beamten, der als Händler behördlich zugelassen ist, ist deshalb für sich genommen nicht geeignet, ihn in einen Konflikt mit seinen dienstlichen Pflichten zu bringen. Es müssten vielmehr zusätzliche Umstände hinzutreten, die zu einer Beeinträchtigung dienstlicher Interessen führen könnten.

Derartige Umstände lassen sich nach Auffassung der Kammer nicht durch die Erwägung der Beklagten begründen, es bestehe die Möglichkeit, dass der Kläger mit Straftätern geschäftliche Kontakte pflege, und er sei insoweit als Anwärter, dem Berufs- und Lebenserfahrung fehlten, besonders gefährdet. Die Beklagte wirft hierdurch Zweifel an der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit und persönlichen Eignung des Klägers (§§ 5, 6 WaffG) bzw. an seiner Fähigkeit auf, den Waffenhandel entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zu führen. Diese Fragen unterliegen jedoch der Beurteilung durch die zuständigen Waffenbehörden und sind mangels anderer Anhaltspunkte als geklärt anzusehen. Der R. hat nach Beteiligung verschiedener anderer öffentlicher Stellen und seines eigenen Gesundheitsamts durch Bescheid vom 23.09.2008 festgestellt, dass der Kläger die gesetzlichen Voraussetzungen für den Handel mit Waffen und Munition erfülle, und ihm eine waffenrechtliche Erlaubnis erteilt. Diese Erlaubnis ist nicht gemäß § 21 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 WaffG erloschen, denn der Kläger hat seinen Waffenhandel nach den Feststellungen des Gerichts nach Untersagung der Nebentätigkeit weiterhin ausgeübt, wozu er im Hinblick auf die aufschiebende Wirkung seiner Klage auch berechtigt war. Ergänzend hat ihm das S. - und damit eine Polizeibehörde - im November 2012 eine Ausnahmegenehmigung zum Import, Export, Erwerb und Weiterverkauf von verbotenen Waffen gemäß § 40 Abs. 4 WaffG erteilt. Die persönliche Eignung des Klägers zum Handeln mit Waffen und Munition ist somit durch andere Stellen festgestellt worden und unterliegt nicht der Beurteilung durch die Beklagte (vgl. Kümmel, a.a.O., Rn. 7 m.w.N.). Entsprechende Erwägungen sind daher auch nicht geeignet, die Gefahr eines Pflichtenwiderstreits gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 NBG zu belegen.

Sonstige Aspekte, die einen solchen Widerstreit begründen könnten, sieht die Kammer nicht. Auch die bloße Möglichkeit, dass mit einer vom Kläger verkauften Waffe eine Straftat begangen wird, führt dabei zu keiner anderen Beurteilung. Bei regelgerechtem Verlauf wird der Kläger Waffen ausschließlich an Personen verkaufen, die ihrerseits Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis gemäß § 4 WaffG sind und die erforderliche Zuverlässigkeit, persönliche Eignung und Sachkunde besitzen. Weil der Kläger seinerseits zuverlässig ist, ist davon auszugehen, dass er die rechtlichen Vorgaben einhält. Sollte der Erwerber der Waffe später mit dieser eine Straftat begehen oder eine solche durch einen Verstoß gegen waffenrechtliche Bestimmungen ermöglichen, so wäre dies ein atypischer Sachverhalt, der von dem rechtlich beanstandungsfreien Erwerbsvorgang zu trennen und dem Kläger nicht anzulasten wäre. Die Befürchtung der Beklagten, der Kläger könnte mit Straftätern geschäftliche Kontakte pflegen, teilt die Kammer nicht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich der Kläger in besonderem Maß um die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen bemühen wird, um sich nicht dem Vorwurf eines Dienstvergehens und den dann zu erwartenden disziplinarrechtlichen Ermittlungen auszusetzen.

Das Gericht ist auch nicht der Auffassung, dass die vom Kläger angezeigte Nebentätigkeit dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein könnte (§ 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 NBG; vgl. VG Minden, Urteil vom 21.02.2013 - 4 K 1627/12 -, juris, zu einem Justizvollzugsbeamten). Soweit die Beklagte hierzu ausführt, der Kläger werde in der Öffentlichkeit als Polizeibeamter wahrgenommen, spricht dieser Umstand eher dafür, dass er aus Sicht der Öffentlichkeit einen Vertrauensbonus genießt. Zudem beschränkt die waffenrechtliche Erlaubnis die Tätigkeit des Klägers auf einen Internethandel, bei dem enge persönliche Kontakte zwischen den Geschäftspartnern regelmäßig nicht entstehen, sodass kaum zu erwarten ist, dass sein Beruf einem größeren Personenkreis bekannt wird. Schließlich spricht gegen eine Ansehensschädigung, dass das Landeskriminalamt I. und damit eine andere, gleichfalls landesweit tätige Polizeibehörde einem ihrer Beamten die Nebentätigkeit des Waffenhandels gestattet, ohne offenbar eine Schädigung des Ansehens der niedersächsischen Polizeiverwaltung zu befürchten.

Selbst wenn man der Auffassung der Beklagten folgen und für den Fall eines uneingeschränkten Waffenhandels eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen bejahen würde, würde eine vollständige Untersagung der Nebentätigkeit das Grundrecht des Klägers auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit rechtlich unzulässig einschränken und sich als unverhältnismäßig erweisen. Die Beklagte hat in ihrem Bescheid vom 09.02.2012 ausgeführt, der Kläger verfolge die Absicht, mit dem Waffenverkauf einen möglichst hohen Umsatz zu erzielen und Waffen einem möglichst großen Personenkreis zugänglich zu machen. Diese Formulierungen lassen erkennen, dass sie sich mit dem konkreten Sachverhalt nicht hinreichend auseinandergesetzt hat. Der Kläger hat von Anfang an vorgetragen, er beabsichtige, mit historischen Waffen und Sammlerstücken zu handeln, der Umfang seiner Tätigkeit sei gering und er schätze den monatlichen Gewinn auf etwa 200,00 Euro ein. Aufgrund dieses Vortrags hätte sich die Beklagte im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung mit der Frage einer qualitativen und/oder quantitativen Einschränkung der beabsichtigten Nebentätigkeit auseinandersetzen zu müssen. Dies hat sie unterlassen, sodass sich der Bescheid auch aus diesem Grund als rechtswidrig erweist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.