Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 28.08.2013, Az.: 1 A 116/12

Fortbildungsordnung; Fortbildungspflicht; Fortbildungspunkte; Fortbildungsveranstaltungen; Niedersächsische Psychotherapeutenkammer; Psychotherapeut

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
28.08.2013
Aktenzeichen
1 A 116/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 64370
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn eine Berufskammer bestimmte Fortbildungsveranstaltungen mit weniger Fortbildungspunkten bewertet als andere Fortbildungsmaßnahmen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergabe von Fortbildungspunkten.

Der Kläger ist approbierter Psychotherapeut, Mitglied der Beklagten und nimmt an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Seine kassenärztliche Zulassung wurde ihm im Februar 2012 mangels Erfüllung seiner Fortbildungspflicht entzogen. Hiergegen hat er Klage beim Sozialgericht N. eingereicht, über die noch nicht entschieden ist.

Die Mitglieder der Beklagten sind sowohl nach dem Kammergesetz für Heilberufe als auch nach dem Sozialgesetzbuch V verpflichtet, sich beruflich fortzubilden. Sie müssen für ihre Kassenzulassung innerhalb eines Fünfjahreszeitraums 250 Fortbildungspunkte nachweisen. Der Nachweis kann durch ein Fortbildungszertifikat der Beklagten erbracht werden. Im Zeitpunkt der Entziehung seiner kassenärztlichen Zulassung wies das Fortbildungskonto des Klägers bei der Beklagten 51 Fortbildungspunkte in dem maßgeblichen Fortbildungszeitraum auf. Davon entfielen 50 Fortbildungspunkte auf sein Selbststudium und ein Fortbildungspunkt auf eine „Forschungsarbeit“. Im vorliegenden Verfahren wendet er sich gegen die punktemäßige Bewertung der „Forschungsarbeit“. Hierbei handelt es sich um eine fünfzehnseitige, als „Forschungsprojekt“ bezeichnete Abhandlung mit dem Titel „Grundbegriffe und Grundkonzepte der Psychoanalyse in Theorie, Therapie und allgemeine Literatur“, mit der er sich ab 2008 jährlich ohne Erfolg um den „Marianne-Ringler-Forschungspreis“ bewarb. Im Mai 2011 legte er der Beklagten seine Projektanträge für die Bewerbung um den „Marianne-Ringler-Preis“ aus den Jahren 2008, 2009, 2010 und 2011 und zwei Leserbriefe, die er 2010 an die Zeitungen „Die Welt“ und „Die Zeit“ geschickt hatte, mit der Bitte um Anerkennung als geeignete Fortbildungsmaßnahmen vor. Mit Bescheid vom 28.09.2011 bewertete die Beklagte die vom Kläger eingereichte „Forschungsarbeit“ gemäß Anlage 2 ihrer Fortbildungsordnung mit einem Punkt. Zur Begründung führte sie aus, bei der Arbeit handele es sich nach Angaben des Klägers um eine Forschungsarbeit, die 2009 noch einmal erweitert worden sei. Nach der Fortbildungsordnung werde ein Aufsatz unabhängig von seinem Umfang mit einem Punkt pro Beitrag bewertet. Die Leserbriefe könnten nach der Fortbildungsordnung nicht berücksichtigt werden. Der Bescheid enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung.

Der Kläger hat am 16.04.2012 Klage erhoben. Er behauptet, den Bescheid vom 28.09.2011 nie erhalten zu haben. Er habe erst durch die Akteneinsichtnahme seiner Prozessbevollmächtigten in den Verwaltungsvorgang der Beklagten am 16.03.2012 Kenntnis von dem Bescheid erlangt.

Er ist der Ansicht, die Beklagte habe seine „Forschungsarbeit“ mit zu wenig Fortbildungspunkten bewertet. Sie stufe seine Arbeit unzutreffender Weise als Aufsatz ein. Zwar seien Forschungsarbeiten nicht in dem Katalog der geeigneten Fortbildungsveranstaltungen in § 3 Fortbildungsordnung enthalten. Nach dieser Vorschrift könnten aber auch den aufgelisteten Fortbildungsveranstaltungen inhaltlich entsprechende Maßnahmen als Fortbildung anerkannt werden. Von dieser Möglichkeit hätte die Beklagte hinsichtlich seiner Forschungsarbeit Gebrauch machen müssen. Die von ihm eingereichten Unterlagen seien das Ergebnis seiner Erkenntnisse, die er durch das tägliche Nacharbeiten seiner Therapiesitzungen unter Berücksichtigung der neuesten Fachliteratur und der neuesten wissenschaftlich anerkannten Psychotherapieverfahren gewonnen habe. Er bilde sich somit durch eigene Forschungen fort. Aufgrund seiner täglichen, praxisbezogenen Forschungen betreibe er Fortbildung der intensivsten Weise und halte so seine Kenntnisse und Fähigkeiten fortwährend auf dem neuesten Stand der wissenschaftlichen Entwicklung. Aus diesem Grunde hätte seine zusätzliche Teilnahme an anderen Fortbildungsmaßnahmen für ihn keinerlei Synergieeffekte. Anknüpfungspunkt für eine Bewertung seiner Fortbildungstätigkeit müsse jeweils der Umfang seiner therapeutisch-praktischen und seiner theoretisch-forschenden, analysierenden Tätigkeit sein. Da seine Forschung an seine Therapiesitzungen anknüpfe, hätte deren Umfang ermittelt und nach § 4 Satz 1 Fortbildungsordnung, wonach eine Fortbildungseinheit von 45 Minuten in der Regel mit einem Fortbildungspunkt bewertet werde, beziffert werden können. Ihm müssten wie den Leitern von Fortbildungsveranstaltungen Fortbildungsstunden anerkannt werden. Dagegen sei die Bewertung durch die Beklagte rechtswidrig und greife in verfassungswidriger Weise in seine Grundrechte aus Artikel 2 und Artikel 12 Grundgesetz ein. Die Bewertung verstoße auch gegen Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz, da ein Aufsatz und eine Forschungsarbeit bei der Punktevergabe gleichgestellt würden, obwohl sie sich grundlegend, sowohl inhaltlich dogmatisch als auch im Umfang, unterscheiden würden. Die Fortbildungsordnung verstoße auch deshalb gegen Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz, weil danach ein Autorenbeitrag unabhängig von seinem Umfang und der Art des Beitrags stets mit einem Punkt bewertet werde, während bei der Bewertung anderer Fortbildungstätigkeiten nach der Dauer und dem Umfang der jeweiligen Tätigkeit differenziert werde. Insofern werde Ungleiches in verfassungswidriger Weise gleich behandelt.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 28.09.2011 zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Punktevergabe bezüglich seiner jährlichen Forschungsarbeiten zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, der Bescheid vom 28.09.2011 sei am selben Tag an den Kläger versandt worden. Der Kläger habe nach der Fortbildungsordnung keinen Anspruch darauf, dass die von ihm eingereichte Arbeit mit mehr als einem Punkt bewertet werde. Ungeachtet dessen, dass bereits zweifelhaft sei, ob es sich hierbei tatsächlich um eine Forschungsarbeit handele, würden Forschungsarbeiten nicht zu den geeigneten Fortbildungsveranstaltungen nach § 3 Fortbildungsordnung zählen. Die Arbeit sei zu Recht gemäß § 3 Fortbildungsordnung i.V.m. Anlage 2 als einer Fachpublikation vergleichbar mit einem Fortbildungspunkt bewertet worden. Um eine Fachpublikation im eigentlichen Sinne dieser Vorschrift handele es sich nicht, da die Arbeit nicht in einer Fachzeitschrift veröffentlicht worden und die mit einer solchen Veröffentlichung einhergehende fachwissenschaftliche Überprüfung der Veröffentlichungswürdigkeit des Beitrags nicht erfolgt sei. Im Übrigen sei auch zweifelhaft, ob der Ersteller eines Projektantrags überhaupt Autor im Sinne der Fortbildungsordnung sei. Die Fortbildungsordnung verstoße nicht gegen Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz, weil sie jeden Autorenbeitrag unabhängig vom Umfang und Inhalt des Beitrags mit einem Punkt bewerte. Diese Regelung entspreche der Musterfortbildungsordnung der I.. Fortbildungsmaßnahmen dienten der Vermittlung des aktuellen Stands von Wissenschaft und Praxis. Eine solche Vermittlung setze in der Regel Kontakte zu einem Dozenten oder Kollegen voraus. Soweit Anlage 2 der Fortbildungsordnung zugestehe, dass auch Selbststudium und Autorentätigkeit zur Fortbildung beitragen könnten, sei der Anteil dieser Fortbildungsmaßnahmen jedoch beschränkt, um sicherzustellen, dass zumindest anteilig auch „klassische“ Fortbildungsveranstaltungen besucht würden. Im Übrigen sei die vom Kläger gewünschte differenzierte Bewertung jedes einzelnen Autorenbeitrags nach Umfang und Inhalt von der Akkreditierungs- und Zertifizierungsstelle der Beklagten fachlich gar nicht zu leisten. Der damit verbundene Verwaltungsaufwand wäre nicht vertretbar, denn hierfür müssten externe Gutachter herangezogen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den vom Gericht beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Sie ist zulässig. Der Kläger hat die einmonatige Klagefrist nach § 74 VwGO gewahrt. Dabei ist davon auszugehen, dass er erst am 16.03.2012 durch die Akteneinsichtnahme seiner Prozessbevollmächtigten in den Verwaltungsvorgang Kenntnis von dem streitbefangenen Bescheid erlangt hat, denn die Beklagte hat den Nachweis für den Zugang des Bescheids beim Kläger nicht erbracht. Der Bescheid wurde nicht förmlich zugestellt.

Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Neubewertung der streitbefangenen „Forschungsarbeit“ zu (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Bescheid der Beklagten vom 28.09.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Kammergesetzes für die Heilberufe (HKG) sind die Kammermitglieder - u.a. diejenigen der I. J. (§ 1 Nr. 5 HKG) - verpflichtet, sich nach näherer Maßgabe der von der Kammer zu erlassenden Berufsordnung (§ 33 Abs. 1 Satz 3 HKG) beruflich fortzubilden. Daran anknüpfend bestimmt § 15 Satz 1 der Berufsordnung der I. J. (BO-PKN i.d.F. des Beschlusses der Kammerversammlung vom 21.04.2012), dass Psychotherapeuten, die ihren Beruf ausüben, verpflichtet sind, entsprechend der Fortbildungsordnung der Kammer ihre beruflichen Fähigkeiten zu erhalten und weiterzuentwickeln. Mit dieser Fortbildungspflicht korrespondiert ein subjektives Recht der Kammermitglieder darauf, dass ihnen eine entsprechende Fortbildung und insbesondere auch der erforderliche Nachweis einer solchen Fortbildung (vgl. § 15 Satz 2 BO-PKN) ermöglicht wird, sofern die hierfür in der maßgeblichen Fortbildungsordnung genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Vorgaben kann der Kläger nicht beanspruchen, dass ihm für sein „Forschungsprojekt“ mehr als ein Punkt auf seinem Fortbildungskonto gutgeschrieben wird.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 der Fortbildungsordnung der I. J. (FBO-PKN i.d.F. des Beschlusses der Kammerversammlung vom 07.05.2011) sind Fortbildungsveranstaltungen dann anerkennungsfähig, wenn sie sich thematisch mit mindestens einem der nachfolgend unter Nr. 1-5 aufgeführten Inhaltsbereiche beschäftigen. § 3 Satz 1 FBO-PKN enthält eine Aufzählung von Fortbildungsveranstaltungen bzw. Fortbildungsmaßnahmen, die als Fortbildung anerkannt werden. Dazu gehören in Übereinstimmung mit § 3 Abs. 1 Ziff. I. der Musterfortbildungsordnung der I. (MFBO-BPtK), an der sich die FBO-PKN ausweislich ihrer Präambel im Übrigen orientiert, Fachpublikationen (in der MFBO-BPtK heißt es „Autorenschaft“). Forschungsarbeiten zählen weder nach der FPO-PKN noch nach der MFBO-BPtK zu den geeigneten Fortbildungsveranstaltungen. Die Bewertung der einzelnen Fortbildungen mit Fortbildungspunkten ist in § 4 i.V.m. Anlage 2 zur FBO-PKN geregelt. Diese Regelungen sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Zunächst begegnet es keinen Bedenken, dass der niedersächsische Gesetzgeber die nähere Ausgestaltung der in § 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HKG normierten Fortbildungspflicht der Beklagten überlassen hat (§ 25 Nr. 1 f i.V.m. § 33 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 Satz 1 Nr. 13 HKG). Die nähere Ausgestaltung der beruflichen Fortbildungsverpflichtung nach Inhalt und Umfang der zu absolvierenden Veranstaltungen unterliegt nicht dem Parlamentsvorbehalt. Danach ist der Gesetzgeber verpflichtet, in grundlegenden normativen Bereichen, insbesondere bei der Einschränkung der Ausübung von Grundrechten, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen. Regelungen, die die Freiheit der Berufswahl treffen, müssen deshalb grundsätzlich vom Gesetzgeber selbst getroffen werden. Hingegen können Berufsregelungen, die - wie hier die Fortbildungsordnung - lediglich die Freiheit der Berufsausübung betreffen, einer Selbstverwaltungskörperschaft zur Normgebung übertragen werden. Lediglich einschneidende, das Gesamtbild der beruflichen Betätigung wesentlich prägende Vorschriften über die Ausübung des Berufs sind auch hier dem parlamentarischen Gesetzgeber zumindest in Grundzügen vorbehalten (sog. Wesentlichkeitstheorie, BVerfG, Beschluss vom 23.08.2010 - 1 BvR 1141/10 - unter Hinweis auf Beschluss vom 09.05.1972 - 1 BvR 518/62 u. 1 BvR 308/64 -, s. auch Hess VGH, Beschluss vom 17.03.2010 - 7 A 1323/09.Z -, jeweils juris).

Unter diesem Blickwinkel ist die nähere Ausgestaltung der in § 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HKG für Kammermitglieder begründeten Fortbildungspflicht nach Inhalt, Art und Bewertung der geleisteten Fortbildung in der Fortbildungsordnung der Beklagten nicht zu beanstanden. Ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) liegt nicht vor. Die Fortbildungsordnung bietet in § 2 Absatz 1 Satz 3 Nr. 1 - 5 HKG ein großes Spektrum von Themengebieten an, auf denen sich die Kammermitglieder theoretisch und/oder praxisorientiert (Abs. 1 Satz 2) fortbilden können. Dabei werden nicht nur psychotherapeutische, sondern auch andere berufsrelevante Inhalte wie z. B. berufsrechtliche, sozialrechtliche, juristische Fragestellungen, Qualitätssicherung und -management, Personalführung, EDV (Nr. 5) erfasst. Auch die Art der möglichen Fortbildungsveranstaltungen weist mit 21 explizit genannten Maßnahmen (Balintgruppe, Fachkonferenz [Klinik], Fachpublikationen, Hospitation, Kasuistik, Kollegiale Supervision [Intervision], Kolloquium, Kongress, Kurs, Lehrtätigkeit in Fort- und Weiterbildung, Literaturstudium, Mediengestützte interaktive Fortbildung, Postererstellung, Qualitätszirkel, Selbsterfahrung [einzeln, Gruppe], Seminar, Supervision [einzeln, Gruppe], Symposium, Tagung, Vortrag und Workshop) und darüber hinaus der Möglichkeit, auch den genannten Vorgaben inhaltlich vergleichbare Maßnahmen sich als Fortbildung anerkennen zu lassen, ein so großes Spektrum an anerkannten/anerkennungsfähigen Fortbildungsmaßnahmen auf, dass es keine wesentliche Beeinträchtigung der Kammermitglieder darstellt, wenn weitere nicht in § 3 FBO-PKN genannte Fortbildungsveranstaltungen im Rahmen der Fortbildungspflicht nicht berücksichtigungsfähig sind. Ungeachtet dessen ist fraglich, ob eine Forschungstätigkeit überhaupt Fortbildung ist. Forschung ist die Suche nach neuen Erkenntnissen (wikipedia). Genau dies nimmt der Kläger hinsichtlich der vorgelegten „Forschungsarbeit" für sich in Anspruch. Unter Fortbildung sind dagegen der Erwerb und die Vermittlung von Kenntnissen zu verstehen, die andere bereits gewonnen haben. Im Übrigen wird dem Anliegen des Klägers, seine Forschungstätigkeit als Fortbildung anzuerkennen, insoweit Rechnung getragen, als ihm jedes Jahr 10 Fortbildungspunkte für sein Selbststudium auf seinem Fortbildungskonto gutgeschrieben werden. Es stellt auch keine wesentliche Beeinträchtigung der Berufsfreiheit dar, dass die Fortbildungsmaßnahme Publikation/Autorenbeitrag unabhängig vom Umfang und dem damit verbundenen Zeitaufwand stets mit einem Fortbildungspunkt pro Beitrag bewertet wird. Den Kammermitgliedern steht nach der Fortbildungsordnung eine Vielzahl von Fortbildungsmaßnahmen zur Auswahl, bei denen der Zeitaufwand für eine Fortbildung mit einer höheren Anzahl von Fortbildungspunkten „honoriert“ wird (z. B. Seminar, Workshop, Kurs, Qualitätszirkel, Supervision/Intervision, Balintgruppe, Selbsterfahrung, Interaktionsbezogene Fallarbeit, Kasuistisch-technisches Seminar: 1 Punkt pro Fortbildungsstunde, s. Anlage 2, Kategorie C).

Die Einwände des Klägers gegen die Fortbildungsordnung greifen auch ansonsten nicht durch. Die Beklagte hat bei Erlass der Fortbildungsordnung ein weites Ermessen, das niedersächsische Heilberufe-Kammer-Gesetz enthält hinsichtlich der Fortbildungspflicht der Kammermitglieder keinerlei Vorgaben. Die Beklagte hat dieses Ermessen nicht überschritten. Die getroffenen Regelungen verstoßen weder gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch gegen Artikel 3 Abs. 1 GG.

Nach § 1 FBO-PKN dient die Fortbildung der Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten insbesondere der Sicherung, Aktualisierung und Erweiterung der fachlichen Kompetenz durch Aneignung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten auf dem neuesten Stand der wissenschaftlichen Entwicklung (Absatz 1). Fortbildungsmaßnahmen sollen dazu beitragen, die Fähigkeit zur selbstständigen Beurteilung wissenschaftlicher Grundlagen und Perspektiven verschiedener theoretischer Positionen und klinischer Vorgehensweisen in der Psychotherapie zu fördern (Absatz 2). Die Fortbildung soll in besonderem Maße die kontinuierliche Reflexion der praktisch-klinischen Tätigkeit fördern (Absatz 3). Wie ein Blick in die Liste der geeigneten Fortbildungsveranstaltungen in § 3 FBO-PKN (s.o.) zeigt, sollen diese Ziele hauptsächlich durch den Austausch und die Zusammenarbeit mit Kollegen und Vorträge von Dozenten erreicht werden. Dementsprechend werden nach § 4 FBO-PKN i.V.m. Anlage 2 zur Fortbildungsordnung Fortbildungsmaßnahmen wie Selbststudium und das Verfassen von Autorenbeiträgen, bei denen diese Kommunikation nicht stattfindet, im Vergleich zu anderen Fortbildungsmaßnahmen mit weniger Fortbildungspunkten bewertet (1 Punkt pro Autorenbeitrag, Kategorie F) bzw. wird die Vergabe von Fortbildungspunkten gedeckelt (50 Fortbildungspunkte in 5 Jahren für Selbststudium, Kategorie E). Hierbei handelt es sich um geeignete Mittel, um die von der Beklagten verfolgten Fortbildungsziele zu erreichen. Es ist naheliegend, dass der Erkenntnisgewinn durch Fortbildungsveranstaltungen, bei denen eine Kommunikation mit Kollegen stattfindet, größer ist, als ein Selbststudium oder die Arbeit an einem Aufsatz oder einem Buch. Der mit der Bevorzugung bestimmter Fortbildungsmaßnahmen verbundene Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung ist auch erforderlich, denn weniger einschneidende als die getroffenen Maßnahmen sind nicht ersichtlich. Die Regelungen sind auch angemessen. In Anbetracht der großen Auswahl an geeigneten Fortbildungsveranstaltungen handelt es sich um einen geringfügigen Eingriff, wenn mit einzelnen Fortbildungsmaßnahmen im Verhältnis weniger Fortbildungspunkte erreicht werden können als mit anderen Fortbildungsmaßnahmen.

Die Punkteregelung in Anlage 2 Kategorie F, wonach ein Autorenbeitrag unabhängig vom Umfang des Beitrags und der dahinter stehenden Arbeit stets mit einem Punkt bewertet wird, verstößt auch nicht gegen Artikel 3 Abs. 1 GG, denn für diese Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte gibt es einen sachlichen Grund. Hiermit verfolgt die Beklagte wie oben dargelegt das legitime Ziel, überwiegend Fortbildung zu fördern, die durch den Austausch mit Kollegen und nicht im „stillen Kämmerlein“ erfolgt. Ein weiterer sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung ist auch darin zu sehen, dass eine individuelle qualitative Bewertung jedes Autorenbeitrags mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre; allein das Abstellen auf die Seitenanzahl ist kein geeignetes Qualitätskriterium.

Der Kläger kann auch nicht damit durchdringen, die Beklagte hätte seine „Forschungsarbeit“ als eine den Vorgaben von § 3 Abs. 1 FBO-PKN inhaltlich entsprechende Maßnahme mit mehr als einem Punkt bewerten müssen. Die Arbeit des Klägers entspricht - wie von der Beklagten angenommen - allenfalls den inhaltlichen Vorgaben eines Autorenbeitrags und wurde deshalb nach Anlage 2 Kategorie F zu Recht mit einem Fortbildungspunkt bewertet. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf eine höhere Anzahl von Fortbildungspunkten zu, weil er mehrere Projektanträge eingereicht hat, denn inhaltlich handelt es sich hierbei lediglich um einen Beitrag. Seine Leserbriefe sind unzweifelhaft weder Autorenbeiträge im Sinne der Fortbildungsordnung noch sind sie solchen inhaltlich vergleichbar. Soweit der Kläger meint, seine Arbeit sei mit der Tätigkeit von Leitern von Fortbildungsveranstaltungen (Lehrtätigkeit in Fort- und Weiterbildung) vergleichbar, entbehrt dies jeder Grundlage und ist nicht nachvollziehbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.