Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 01.12.2021, Az.: 1 A 4004/17

Entwurf; Ermessensreduzierung auf Null; Zusicherung; Kein strikter Rechtsanspruch auf Erteilung eines wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
01.12.2021
Aktenzeichen
1 A 4004/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 50614
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2021:1201.1A4004.17.00

[Tatbestand]

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung eines von ihr beantragten wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses, hilfsweise begehrt sie die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung ihres Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.

Die Klägerin ist ein Unternehmen, das sich mit der Gewinnung von Torf in Niedersachsen einschließlich des Erwerbs und der Pacht von Abbaugebieten befasst.

Unter dem 10. Februar 2015, eingegangen am 12. Februar 2015, stellte die Klägerin beim Beklagten einen Antrag auf Erteilung eines wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses mit dem Ziel der Torfgewinnung auf einer Fläche von 94,28 ha im Gnarrenburger Moor in den Gemarkungen Klenkendorf und Sandbostel. Die vorgesehene Abbaustätte befand sich im Zeitpunkt der Antragstellung nach dem Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) 2005 des Beklagten sowie dem Landes-Raumordnungsprogramm (LROP) des Landes Niedersachsen 2012 in einem Vorranggebiet für Rohstoffgewinnung (Torf). Wegen der Einzelheiten dieses Antrags und des weiteren Ablaufs des daraufhin eingeleiteten Planfeststellungsverfahrens wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Bereits vor dieser Antragstellung hatte das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Nds. MBl. vom 7. August 2013 allgemeine Planungsabsichten zur Änderung des LROP öffentlich bekanntgegeben. In der Bekanntmachung wurde u.a. darauf verwiesen, dass beabsichtigt sei, bestehende Vorranggebiete Rohstoffgewinnung (Torf) zu Torferhaltungsgebieten umzuwandeln, um ihren Charakter als CO2-Senken zu erhalten sowie die biologische Vielfalt zu schützen. Die Bekanntmachung enthielt eine Liste der zu streichenden Vorranggebiete Rohstoffgewinnung. Darunter befand sich auch das hier in Rede stehende Vorranggebiet Rohstoffgewinnung Nr. 23 (Gnarrenburger Moor).

Nach mehrjähriger Dauer des Planfeststellungsverfahrens beabsichtigte der Beklagte zunächst dem Antrag der Klägerin nach Maßgabe näherer Bestimmungen zu entsprechen.

Mit Rücksicht auf das in Fortschreibung befindliche LROP übersandte der Beklagte mit Schreiben vom 29. März 2016 einen 39-seitigen "Entwurf des Planfeststellungsbeschlusses" an das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zur Prüfung, ob von dort eine befristete raumordnerische Untersagung ausgesprochen werde.

Mit Anhörungsschreiben vom 27. April 2016 teilte das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz dem Beklagten mit, dass der Erlass einer befristeten raumordnerischen Untersagung im Hinblick auf die Entscheidung des Beklagten über die Zulassung des Vorhabens der Klägerin beabsichtigt sei. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben verwiesen.

Die Klägerin erhielt ein gleichlautendes Schreiben.

Mit E-Mail vom 27. April 2016 übersandte der Beklagte unter Bezugnahme auf das vorgenannte Anhörungsschreiben den "Entwurf des Planfeststellungsbeschlusses" zur Kenntnisnahme an die Klägerin.

In der Folge wurde das Planfeststellungsverfahren auf Bitte der Klägerin zur Vervollständigung der Antragsunterlagen im Bereich der Klimakompensation ausgesetzt. Vor diesem Hintergrund sah auch das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom Erlass der angekündigten raumordnerischen Untersagung ab.

Durch die im Nds. GVBl. vom 16. Februar 2017 (S. 26) verkündete "Verordnung zur Änderung der Verordnung über das Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen (LROP)" vom 1. Februar 2017 wurde u.a. das - die vorgesehene Abbaustätte betreffende - Vorranggebiet Rohstoffgewinnung Nr. 23 (Gnarrenburger Moor) mit Wirkung vom 17. Februar 2017 gestrichen und durch ein Vorranggebiet für Torferhaltung ersetzt.

Am 24. Juli 2017 stellte die Klägerin beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht einen Normenkontrollantrag (Az. 1 KN 103/17), mit dem sie sich im Wesentlichen gegen die Streichung des Vorranggebiets Rohstoffgewinnung Nr. 23 (Gnarrenburger Moor) sowie die Ersetzung durch ein Vorranggebiet für Torferhaltung im LROP 2017 wandte.

Mit Schreiben vom 1. September 2017 übersandte die Klägerin ergänzende Unterlagen zur Klimakompensation an den Beklagten und wies darauf hin, dass der Antrag aus ihrer Sicht nunmehr entscheidungsreif sei.

Mit Bescheid vom 17. November 2017, zugestellt am 22. November 2017, lehnte der Beklagte den Antrag auf Erteilung eines wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses ab. Das Vorhaben widerspreche dem raumordnerischen Ziel der Torferhaltung im LROP 2017. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid verwiesen.

Hiergegen hat die Klägerin am 15. Dezember 2017 die vorliegende Klage erhoben.

Mit Beschluss vom 28. Mai 2018 ist das vorliegende Klageverfahren bis zu einer Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts im Normenkontrollverfahren (Az. 1 KN 103/17) ausgesetzt worden. Nachdem das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 29. April 2020 (Az. 1 KN 103/17) die Streichung des bisherigen Vorranggebietes Rohstoffgewinnung Nr. 23 (Gnarrenburger Moor) und die dortige Festlegung eines Vorranggebietes Torferhaltung einschließlich einer dort eröffneten Ausnahmeregelung für geringfügigen Torfabbau auf Basis eines integrierten Gebietsentwicklungskonzepts im LROP 2017 für unwirksam erklärt hatte, ist das vorliegende Klageverfahren mit Beschluss vom 22. Juli 2020 fortgesetzt worden.

Zur Begründung der Klage führen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin u.a. das Folgende aus:

Die Klägerin besitze einen strikten Rechtsanspruch auf Erteilung des von ihr beantragten wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses. Zu diesem Ergebnis sei nach Durchführung eines umfangreichen Planfeststellungsverfahrens mit Beteiligung diverser Stellen offensichtlich auch der Beklagte gekommen, bevor das LROP im Jahr 2017 geändert worden sei. Dies beweise der im Verwaltungsvorgang enthaltene, umfangreiche Entwurf eines der Klägerin zu erteilenden Planfeststellungsbeschlusses vom 30. März 2016. Entgegen der Auffassung des Beklagten im Ablehnungsbescheid vom 17. November 2017 stünden einem Erteilungsanspruch insbesondere raumordnungsrechtliche Belange nicht entgegen. Soweit das vom Beklagten im Ablehnungsbescheid angeführte LROP 2017 für die hier betroffenen Flächen ein Vorranggebiet Torferhaltung zielförmig festgelegt habe, sei dies vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 29. April 2020 für unwirksam erklärt worden. Damit gelte insoweit wieder das LROP in der Fassung aus dem Jahr 2012. Dieses sehe ein Vorranggebiet Rohstoffgewinnung (Torf) vor. Diesem Ziel werde mit dem klagegegenständlichen Planfeststellungsbeschluss entsprochen. Auch das vom Kreistag des Beklagten am 29. April 2020 als Satzung beschlossene RROP 2020, das am 28. Mai 2020 in Kraft getreten sei, stehe einem Erteilungsanspruch nicht entgegen. Daraus gehe zwar hervor, dass die im LROP 2017 ausgewiesenen Vorranggebiete Torferhaltung, darunter auch das hier streitgegenständliche und vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht für unwirksam erklärte Vorranggebiet Torferhaltung im Gnarrenburger Moor, in die zeichnerische Darstellung übernommen und dort räumlich näher festgelegt worden seien. Die entsprechende Zielfestsetzung im RROP 2020 verstoße jedoch offensichtlich gegen das übergeordnete Ziel der Raumordnung im LROP 2012 (Festlegung eines Vorranggebietes Rohstoffgewinnung) und sei wegen einer Verletzung von § 4 Abs. 1 ROG rechtswidrig und inzident zu verwerfen. Dieses Ergebnis werde auch durch Erwägungen zum Entwicklungsgebot des § 13 Abs. 2 ROG i.V.m. § 5 Abs. 3 NROG sowie den dem Entwicklungsgebot zugrundeliegenden Rechtsgedanken der hierarchischen Abstimmung der Planungsebenen zueinander gestützt.

Die Sache sei zudem spruchreif i.S.d. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Liege aufgrund einer, wie hier, bereits umfassend durchgeführten Abwägung, bei der die Tatbestandsvoraussetzungen für die Planfeststellung bejaht worden seien, eine Ermessensreduzierung auf Null vor, bestehe ein strikter Rechtsanspruch auf Erteilung des Planfeststellungsbeschlusses. Der Beklagte habe das ihm zustehende Planungsermessen im Sinne einer umfassenden Abwägung ausgeübt, wie sich aus dem Entwurf des Planfeststellungsbeschlusses ergebe. Der Beklagte habe darin bestätigt und umfassend dargelegt, dass kein weiterer Prüfungsbedarf bestehe. Er habe in dem Entwurf ausgeführt, dass das beantragte Vorhaben mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Einklang stehe und er eine Planfeststellungsentscheidung treffen würde, sofern die raumordnungsrechtliche Frage im Sinne des Vorhabens geklärt werde. Da diese Frage nun geklärt sei, sei der Beklagte zum Erlass des beantragten Planfeststellungsbeschlusses zu verpflichten, der ohnehin schon fertig in der Schublade liege. Einem strikten Rechtanspruch der Klägerin könne der Beklagte aus im Einzelnen benannten Gründen auch keine veraltete Datengrundlage entgegenhalten. Ungeachtet dessen habe die Klägerin inzwischen eine Plausibilitätsprüfung der Datengrundlage vorgenommen, auf die Bezug genommen werde.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, ihr den mit Antrag vom 10. Februar 2015 beantragten Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau mehrerer Gewässer in Verbindung mit dem Abbau von Torf in den Gemarkungen Klenkendorf und Sandbostel zu erteilen,

hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, über ihren Antrag vom 10. Februar 2015 auf Erteilung eines Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau mehrerer Gewässer in Verbindung mit dem Abbau von Torf in den Gemarkungen Klenkendorf und Sandbostel unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte, der den Ablehnungsbescheid vom 17. November 2017 während des Klageverfahrens bereits aufgehoben hat, tritt der Klage u.a. wie folgt entgegen:

Ein Anspruch auf Erteilung des Planfeststellungsbeschlusses bestehe nicht. In der prozessualen Situation einer Verpflichtungsklage komme es auf die aktuelle Sach- und Rechtslage an. Die Anspruchsvoraussetzungen lägen aktuell nicht vor. Die Datengrundlage des seinerzeitigen Antrags stamme aus dem Jahr 2012 und sei mithin acht Jahre alt. Nach der Rechtsprechung seien Erhebungen variabler Daten im Bereich des Naturschutzes, die älter als fünf Jahre seien, grundsätzlich veraltet. Diesen Ansatz verfolgten auch diverse Arbeitshilfen der Länder. Daher habe zunächst eine Plausibilitätsprüfung der Biotoptypenkartierung, der faunistischen Erfassungen und der Abarbeitung des Schutzgutes Landschaftsbild zu erfolgen, bevor über den Antrag entschieden werden könne.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage bleibt insgesamt ohne Erfolg.

Im Hauptantrag ist die von der Klägerin erhobene Klage zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung des von ihr unter dem 10. Februar 2015 beantragten wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Das gilt ungeachtet der Frage, ob für das Verpflichtungsbegehren der Klägerin auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht (vgl. Bay VGH, Urteil vom 31. Mai 2011 - 8 A 08.40016 -, Rn. 29, juris; Decker, in: BeckOK, VwGO, Stand: 1. Oktober 2021, § 113 VwGO, Rn. 74) oder auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Ergehens der Ablehnungsentscheidung abgestellt wird (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 23. Mai 2019 - 7 KS 78/17 -, Rn. 55, juris; Nds. OVG, Urteil vom 31. Januar 2017 - 7 KS 97/16 -, Rn. 32, juris; VGH BaWü, Urteil vom 10. November 2011 - 5 S 2436/10 -, Rn. 26, juris).

Ein strikter Rechtsanspruch auf Erteilung des begehrten wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses nach §§ 67 ff. WHG, §§ 107 ff. NWG und §§ 72 ff. VwVfG besteht nicht.

Der von der Klägerin beabsichtigte Ausbau mehrerer Gewässer in Verbindung mit dem Abbau von Torf bedarf zwar nach §§ 67 Abs. 2 Satz 1 WHG, 68 Abs. 1 WHG der Planfeststellung. Dass es sich hier um einen nicht der UVP-Pflicht unterliegenden Gewässerausbau i.S.d. § 68 Abs. 2 Satz 1 WHG handelt, bei dem anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung erteilt werden kann, ist weder nach dem Vorbringen der Beteiligten noch von Amts wegen ersichtlich.

Mit diesen Regelungen wird der Planfeststellungsbehörde aber eine planerische Gestaltungsfreiheit eingeräumt, die sich in umfassender Weise auf schlechthin alle planerischen Gesichtspunkte erstreckt, die zur Verwirklichung der gesetzlich vorgesehenen Planungsaufgabe und zugleich zur Bewältigung der von dem Planvorhaben in seiner räumlichen Umgebung aufgeworfenen Probleme von Bedeutung sind. Die besondere Struktur einer solchen fachplanerischen Entscheidung schließt in Fällen der vorliegenden Art, in denen der Vorhabensträger gegen eine ablehnende Entscheidung der Planfeststellungsbehörde klagt, einen strikten Anspruch der Klägerin auf Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses in dem Sinne aus, dass bei Erfüllung bestimmter tatbestandlicher Voraussetzungen dem Antrag zwingend stattgegeben werden muss. Vielmehr hat der Vorhabensträger nur einen Rechtsanspruch auf die fehlerfreie Ausübung des Planungsermessens, der sich auf alle abwägungserheblichen Gesichtspunkte erstreckt; dies gilt auch für einen privaten Vorhabensträger (vgl. Bay VGH, Urteil vom 30. März 2006 - 22 A 01.40059 -, Rn. 14, juris; s. auch BVerwG, Urteil vom 24. November 1994 - 7 C 25.93 -, Rn. 21 f., juris; Bay VGH, Urteil vom 31. Mai 2011 - 8 A 08.40016 -, Rn. 32, juris; VG Hannover, Urteil vom 22. Oktober 2019 - 4 A 4950/18 -, Rn. 17, juris; Spieth, in: BeckOK, Umweltrecht, Stand: 1. Juli 2021, § 68 WHG, Rn. 32; Schenk, in: Siedler/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, Stand: September 2020, § 68 WHG, Rn. 28; Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Auflage, 2019, § 68 WHG, Rn. 4 und 13 sowie § 70 WHG, Rn. 43; Riese, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Mai 2021, § 68 WHG, Rn. 57).

Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn sich der Abwägungsspielraum des Beklagten ausnahmsweise auf Null reduziert hätte (vgl. dazu sowie zum Folgenden: Bay VGH, Urteil vom 31. Mai 2011 - 8 A 08.40016 -, Rn. 32, juris). Das ist etwa der Fall, wenn sich das Planungsermessen aus besonderen Gründen im Einzelfall zu einer Planungspflicht verdichtet. Eine solche Fallkonstellation liegt hier indes nicht vor. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich eine Reduzierung des planerischen Ermessens insbesondere nicht aus dem von ihr angeführten Schreiben des Beklagten vom 29. März 2016 an das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, dem der als solches bezeichnete "Entwurf" eines Planfeststellungsbeschlusses beigefügt gewesen ist und in dem es u.a. hieß:

"Die Entscheidungsreife wurde nach eingehender Abwägung der eingegangenen Stellungnahmen und Einwendungen hergestellt".

Hierbei handelt es sich lediglich um eine gegenüber der obersten Landesplanungsbehörde i.S.d. § 18 Abs. 1 Satz 1 NROG geäußerte, also verwaltungsinterne Rechtsauffassung, die keine Bindungswirkung gegenüber der Klägerin zu entfalten vermag. Auch mit der E-Mail vom 27. April 2016, in welcher der Beklagte den ausdrücklich als "Entwurf" bezeichneten Planfeststellungsbeschluss zur Kenntnisnahme an die Klägerin übersandt hat, ist der Klägerin kein Planfeststellungsbeschluss mit rechtsverbindlicher Wirkung in Aussicht gestellt oder eine Zusage i.S.d. § 38 VwVfG erteilt worden, die zur Einschränkung des Planungsermessens führen könnte. Eine Zusage ist die verbindliche Selbstverpflichtung einer Behörde gegenüber bestimmten oder bestimmbaren Adressaten, die auf ein künftiges Tun, Dulden oder Unterlassen gerichtet ist und einen entsprechenden Rechtsanspruch des Adressaten begründet. Ob eine behördliche Erklärung mit dem für eine Zusicherung erforderlichen Bindungswillen abgegeben wurde, ist durch Auslegung nach der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Regel des § 133 BGB zu ermitteln. Maßgebend ist danach der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei Würdigung des objektiven Erklärungswerts und der weiteren Begleitumstände, insbesondere des Zweckes der Erklärung, verstehen konnte (vgl. Tiedemann, in: BeckOK, VwVfG, Stand: 1. Oktober 2021, § 38 VwVfG, Rn. 2 ff. m.w.N.). Dies zugrunde gelegt kann in der E-Mail vom 27. April 2016 unter Berücksichtigung ihres Inhalts sowie des Umstandes, dass diese im Zusammenhang mit der angekündigten raumordnerischen Untersagung des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz nach § 14 Abs. 2 Satz 1 ROG a.F. lediglich zur Kenntnisnahme an die Klägerin übersandt worden ist, keine verbindliche Selbstverpflichtung des Beklagten erblickt werden, den als "Entwurf" beigefügten Planfeststellungsbeschlusses zu erlassen. Im Übrigen setzt die Annahme einer wirksamen Zusicherung auch voraus, dass diese schriftlich i.S.d. § 37 Abs. 3 VwVfG oder elektronisch i.S.d. § 3a Abs. 2 VwVfG erteilt wurde (vgl. Schröder, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Stand: Juli 2020, § 38 VwVfG, Rn. 42). Eine E-Mail, wie hier, ohne qualifizierte elektronische Signatur wahrt die für eine wirksame Zusicherung erforderliche Form nicht (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17. Januar 2005 - 2 PA 108/05 -, juris).

Gegen eine Reduzierung des dem Beklagten eingeräumten Abwägungsspielraums auf Null mit der Folge eines strikten Rechtsanspruchs der Klägerin auf Erteilung des wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses, (exakt) so wie er von ihr unter dem 10. Februar 2015 beantragt worden ist und nunmehr im Klageverfahren begehrt wird, spricht im Übrigen auch, dass der Beklagte dem Antrag ausweislich des von der Klägerin ins Feld geführten "Entwurfs" nur nach Maßgabe diverser - im Antrag der Klägerin allerdings gerade nicht enthaltener - Nebenbestimmungen zu entsprechen beabsichtigte.

Soweit die Klägerin hilfsweise die Verpflichtung des Beklagten begehrt, über ihren Antrag auf Erteilung des Planfeststellungsbeschlusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), ist die Klage bereits unzulässig.

Das folgt zwar nicht daraus, dass der Beklagte den Bescheid bereits von Amts wegen aufgehoben hat. Denn Streitgegenstand einer Bescheidungsklage ist nicht die Aufhebung der Ablehnungsentscheidung, sondern der Anspruch auf Neubescheidung (vgl. dazu Decker, in: BeckOK, VwGO, Stand: 1. Oktober 2021, § 113 VwGO, Rn. 71a; Riese, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2021, § 113 VwGO, Rn. 210). Es fehlt der Klägerin aber am erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Darunter ist das Interesse eines Rechtsschutzsuchenden zu verstehen, zur Erreichung des begehrten Rechtsschutzziels ein Gericht in Anspruch nehmen zu dürfen (vgl. Ehlers, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2021, Vorb. § 40 VwGO, Rn. 74). Das Rechtsschutzinteresse ist bei Leistungs- und Gestaltungsklagen im Regelfall zu bejahen, da die Rechtsordnung immer dann, wenn sie ein materielles Recht gewährt, grundsätzlich auch ein Interesse an dessen gerichtlicher Durchsetzung anerkennt (vgl. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage, 2018, § 113 VwGO, Rn. 37). Hier liegen jedoch besondere Umstände vor, die einem Rechtsschutzinteresse der Klägerin ausnahmsweise entgegenstehen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der begehrte Verpflichtungsausspruch für die Klägerin relevante rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann. Der Beklagte hat nach Ergehen der Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 29. April 2020 (Az. 1 KN 103/17) keine Zweifel daran aufkommen lassen, dass er an der - für seine Ablehnungsentscheidung allein tragenden und für den vorliegenden Neubescheidungsanspruch daher lediglich relevanten - Auffassung, wonach das Vorhaben der Klägerin dem raumordnerischen Ziel der Torferhaltung im LROP 2017 widerspricht, nicht mehr festhält. Insbesondere steht für keinen der Beteiligten ansatzweise in Frage, dass die vorgenannte Entscheidung zur Folge hat, dass das im LROP 2012 festgelegte Vorranggebiet Rohstoffgewinnung Nr. 23 (Gnarrenburger Moor) weiterbesteht und das als solches gekennzeichnete Ziel der Raumordnung - trotz des nach § 5 Abs. 3 Satz 3 NROG anpassungsbedürftigen RROP 2020 des Beklagten - zu beachten ist (s. dazu auch die Angaben des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: "Das bedeutet, dass die im LROP festgelegten Vorranggebiete Rohstoffgewinnung Nr. 23 [...] für die Rohstoffart Torf weiterbestehen und als Ziele der Raumordnung zu beachten sind", abrufbar unter https://www.ml.niedersachsen.de/startseite/themen/raumordnung_landesplanung/landes_raumordnungsprogramm/neubekanntmachung-der-lrop-verordnung-2017-158596.html). Zudem hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, dass er "selbstverständlich" über den Antrag der Klägerin neu entscheiden wird.

Ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin kann auch nicht im Hinblick auf die zwischen den Beteiligten diskutierte Frage begründet werden, ob die Neubescheidung von der Vorlage ergänzender Antragsunterlagen abhängig gemacht werden kann bzw. ob der Antrag anderenfalls im Rahmen einer Neubescheidung allein deshalb abgelehnt werden kann. Zum einen war dies kein tragender Gesichtspunkt für die seinerzeitige Ablehnungsentscheidung. Zum anderen hat die Klägerin erst am 23. November 2021 und damit unmittelbar vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung ergänzende Antragsunterlagen vorgelegt, deren Bewertung durch den Beklagten naturgemäß noch aussteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.