Amtsgericht Gifhorn
Urt. v. 20.06.2008, Az.: 33 C 366/08 (VII)

Auslegung von i.R.e. abstrakten Schuldanerkenntnisses vereinbarten Vergütungsansprüchen für konkrete Tätigkeiten bei Zahlungsverzug als Allgemeine Geschäftsbedingungen und dem Inhalt nach als pauschalierte Schadensersatzvereinbarungen

Bibliographie

Gericht
AG Gifhorn
Datum
20.06.2008
Aktenzeichen
33 C 366/08 (VII)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 38141
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGGIFHO:2008:0620.33C366.08VII.0A

In dem Rechtsstreit
...
hat das Amtsgericht Gifhorn im Verfahren gem. §495 a ZPO
durch
die Richterin am Amtsgericht Dr. Kieler
am 20.06.08
fürRecht erkannt:

Tenor:

  1. 1.)

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.)

    Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. 3.)

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  4. 4.)

    Der Wert des Streitgegenstandes beträgt 442,53 Euro.

Entscheidungsgründe

1

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen, weil gegen das Urteil ein Rechtsmittel nicht zulässig ist.

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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

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Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Feststellung einer Forderung in Höhe von 442,53 Euro zur Insolvenztabelle bzgl. der Insolvenzschuldnerin L., da ungeachtet des teilweise erhobenen Verjährungseinwandes schon dem Grunde nach die geltend gemachten Forderungen nicht bestehen.

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Insoweit handelt es sich bei den zwischen dem Kläger und der Insolvenzschuldnerin im Rahmen des abstrakten Schuldanerkenntnisses vereinbarten Vergütungsansprüchen für konkrete Tätigkeiten des Klägers bei Zahlungsverzug der Beklagten dem Grunde nach um Allgemeine Geschäftsbedingungen und dem Inhalt nach um pauschalierte Schadensersatzvereinbarungen, die der Regelung des §309 Nr. 5 b BGB widersprechen und damit unzulässig sind, so dass keine wirksame Zahlungsvereinbarung für die einzelnen verzugsbedingten Maßnahmen des Klägers mit der Beklagten vereinbart wurden.

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Der Charakter der Allgemeinen Geschäftsbedingungen folgt aus dem Umstand, dass die klägerseits vorgegebenen Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen gegenüber Schuldnern verwendet werden, die keine Einflußmöglichkeit auf die Gestaltung der Bedingungen haben. Dass die Vereinbarung insoweit je Schuldner variiert, dass unterschiedliche Schuldbeträge mit unterschiedlicher Ratenhöhe eingesetzt werden, macht die Vereinbarung noch nicht zu einer individuellen Abrede, da es maßgeblich auf die zwingend vorgegebenen Tarife für die einzelnen Maßnahmen bei Verzug ankommt. Dass hier unterschiedliche Tarife je Schuldner angesetzt werden, ist klägerseits nicht vorgetragen und angesichts einer einheitlichen Kalkulation auf Klägerseite für derartige Kostenaufwendungen auch nicht zu erwarten. Selbst wenn diese Tarife variieren sollten, bliebe es doch bei einer einseitigen regelmäßigen Vorgabe von konkreten Tarifen der Klägerseite für regelmäßig benannte Maßnahmen. Soweit der Kläger daher schlicht das Vorliegen von AGB bestritten und damit der Bewertung durch den Beklagten widersprochen hat, blieb doch der Vortrag der Beklagtenseite zu klägerseits einseitig verbindlich vorgegebenen gleichlautenden Tarifvorgaben für einzelne Maßnahmen nicht nur unbestritten, sondern bestätigte der Kläger die Verwendung der Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen durch einseitige Vorgabe und verwies lediglich auf die individuelle

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Gestaltung je nach Vermögenslage und Situation des Schuldners. Damit aber war unstreitig, dass klägerseits den Schuldnern die Verpflichtung zur Zahlung verbindlicher vorgegebener Beträge für einzelne verzugsbedingte Maßnahmen regelmäßig vorgegeben werden.

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Inhaltlich handelt es sich bei den vereinbarten pauschalen Zahlungen auch um Schadensersatz, weil die Zahlungen jeweils für Maßnahmen erfolgen sollen, die infolge Zahlungsverzuges der Schuldnerin anfallen. Damit handelt es sich um Verzugsschäden, die ihren Charakter nicht dadurch verlieren, dass sie als Vergütungsabrede tituliert werden. Denn Grundlage der Durchführung der Maßnahmen als Ursache der Forderungsberechtigung soll jeweils Zahlungsverzug der Schuldnern sein, so dass sich die verzugsbedingten Maßnahmen in ihrer Kostengestaltung als Verzugsschaden darstellen. Dieser Schaden ist auch pauschaliert, indem konkrete Zahlungsbeträge für einzelne Maßnahmen zwingend vorgegeben werden ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Kostenhöhe. Der Schuldnerin wird dabei auch gerade nicht die Möglichkeit eröffnet, zu belegen, dass die Kosten im Einzelfall für Maßnahmen geringer sind, was sich bei bestimmten Kostenansätzen durchaus aufdrängt.

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Die Zahlungsvereinbarung verstößt somit inhaltlich gegen §309 Nr. 5 b BGB mit der Folge, dass keine wirksame Vereinbarung über die Zahlungsverpflichtung dem Grunde und der Höhe nach getroffen wurde, so dass aus der Zahlungsabrede im Rahmen des abstrakten Schuldanerkenntnisses keine Zahlungsansprüche hergeleitet werden können.

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Klägerseits wurde auch kein Beweis dafür angeboten, dass die abgerechneten Maßnahmen tatsächlich ergriffen wurden und die berechnete Kostenhöhe hatten, so dass das Gericht auch nicht im Schätzwege gemäß §287 ZPO die Ansprüche der Höhe nach ermitteln konnte, da schon die Ansprüche dem Grunde nach bestritten wurden.

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Auf die Frage, ob die Vereinbarung sittenwidrig war, weil neben der Höhe der einzelner Tarife die Schuldnerin auch keinerlei Einflußmöglichkeit darauf hatte, in welchem Umfange der Kläger verzugsbedingt Maßnahmen ergreift und Kostenansprüche produziert, kam es daher ebenso wenig wie auf die erhobenen Verjährungseinrede oder die Frage an, welche Forderungspositionen davon umfaßt waren.

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Die Kostenentscheidung folgt aus §91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus§§708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

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Die Streitwertfestsetzung folgt aus §48 GKG i.V.m. §3 ZPO. Aufgrund des geringen Streitwertes ist das Urteil nicht berufungsfähig. Die Berufung war auch nicht ausnahmsweise zuzulassen, da die Sache rechtlich und tatsächlich einfach gelagert ist und nicht der Rechtsfortbildung zu dienen vermag.

Dr. Kieler Richterin am Amtsgericht