Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 12.03.2012, Az.: 7 B 50/12
Zuständigkeit eines Mitgliedsstaates für einen Asylantrag
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 12.03.2012
- Aktenzeichen
- 7 B 50/12
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 16512
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2012:0312.7B50.12.0A
Rechtsgrundlagen
- § 27a AsylVfG
- VO 343/2003/EG
Fundstellen
- InfAuslR 2012, 200
- ZAR 2012, 13
In der Verwaltungsrechtssache
des Herrn A. ,
Staatsangehörigkeit: ivorisch,
Antragstellers,
Proz.-Bev.: Rechtsanwälte Lerche und andere,
Blumenauer Straße 1, 30449 Hannover,
g eg en
die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge,
Klostermark 70-80, 26135 Oldenburg,
Antragsgegnerin,
Streitgegenstand: Asylrecht - Eilverfahren
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 7. Kammer - am 12. März 2012 durch den Einzelrichter
beschlossen:
Tenor:
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 11.03.2012 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 28.02.2012 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Der Antrag ist zulässig. Ihm steht nicht § 34a Abs. 2 AsylVfG entgegen (vgl. zu einem gleichgelagerten Fall VG Göttingen, Beschl. vom 06.02.2012 - 2 B 341/12 -, [...]).
Der Antrag ist auch begründet. Die Antragsgegnerin beruft sich zu Unrecht auf § 27a AsylVfG i.V.m. der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedsstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (so genannte Dublin-II-Verordnung).
Die Anwendung des Artikels 1 Abs. 1 der Dublin-II-Verordnung durch die Antragsgegnerin begegnet ernsthaften Zweifeln. Danach ist der Mitgliedsstaat für die Prüfung des Asylantrages zuständig, dessen Land-, See- oder Luftgrenze der Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend erstmals überschritten hat. Zwar sind dem Antragsteller vor Einreise in das Bundesgebiet bereits in Spanien Fingerabdrücke am 03.06.2011 abgenommen worden. Damit steht fest, dass der Antragsteller sich vor Einreise in das Bundesgebiet in Spanien aufgehalten hat. Der Anwendung des Artikel 10 Abs. 1 Dublin-II-Verordnung steht jedoch Artikel 6 Abs. 2 Dublin-II-Verordnung entgegen. Danach ist der Mitgliedsstaat für die Prüfung des Asylantrages zuständig, in dem ein Minderjähriger seinen Asylantrag gestellt hat, falls er nicht in einem anderen Mitgliedsstaat Familienangehörige hat. Der Antragsteller hat in Spanien keinen Asylantrag gestellt. Dass er in einem anderen Mitgliedsstaat Familienangehörige hat, ist weder vom Antragsteller noch von der Antragsgegnerin vorgetragen und sonst ersichtlich.
Das Gericht muss auch derzeit davon ausgehen, dass es sich beim Antragsteller um einen Minderjährigen handelt. Der Antragsteller hat mehrfach sein Geburtsdatum mit B. angegeben. Soweit die Antragsgegnerin dem gegenüber auf ein Schreiben der Stadt Dortmund vom 04.10.2011 verweist, wonach der Antragsteller in Augenschein genommen worden sei, Dokumente, die das von ihm angegebene Geburtsdatum belegen könnten, nicht vorlägen und deshalb davon auszugehen sei, dass er mindestens 18 Jahre alt sei, liegen keine für das Gericht verwertbaren Nachweise über ein anderes als das vom Antragsteller angegebene Geburtsdatum vor. Selbst der Grund der abweichenden Annahme des Geburtsdatums des Antragstellers wird nicht klar. Zu vermuten steht, dass nach der "Augenscheinseinnahme" des Antragstellers sich ein anderes Geburtsdatum aufdrängt. Selbst dies ergibt sich jedoch nicht aus dem Schreiben der Stadt Dortmund unmittelbar, so dass das Gericht nicht ohne nachvollziehbare Gründe aufgrund von Vermutungen ein anders als das vom Antragsteller angegebene Geburtsdatum anzunehmen vermag.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 83b AsylVfG, 154 Abs. 1 VwGO.